Nazi-Szene
 
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Internet: Nazi-Seiten aus Schleswig Holstein
 

Dieser Artikel soll einen kleinen Teil der schleswig-holsteinischen Naziszene im Internet behandeln. Bevor ich auf die Internetseiten der in Schleswig-Holstein sitzenden Nazigruppierungen eingehe, muß mensch sich erstmal mit der Frage beschäftigen, warum das Internet für Nazis in den letzten zwei Jahren so interessant geworden ist, und was sie mit ihrer Internetpräsenz bezwecken wollen.   

Diese Frage wird sehr schnell beantwortet, wenn mensch sich die im Internet angebotenen Nazi-Seiten genau durchliest. So heißt es in einem Beitrag im Thule-Netz: „Das Unbequeme am Internet ist, daß es international ist, und sich der offiziellen deutschen Zensur entzieht, daß dort jeder mit vergleichsweise geringem Aufwand eine große Öffentlichkeit erreichen kann, und sich so der inoffiziellen Zensur entzieht und das es Blockwarte und Gesinnungshüter quasi entmachtet, weil jeder widersprechen kann. Das Prinzip wenige Informationslieferanten – viele passive Empfänger wird durch elektronische Kommunikation zunehmend gebrochen, und damit die Machtbasis der herrschenden Kreise. Das beunruhigt  Regierung und die bundesdeutschen Medien-(und Gesinnungs) Monopolisten gleichermaßen. 
Im Grunde ist das Internet das demokratischste Medium schlechthin. Daß es von staatlichen und staatstra-genden Kräften derart angefeindet wird, ist höchst aufschlußreich. Hier zeigt sich wieder, was Demokratie im heutigen Sinne ist: Nicht Volksherrschaft, sondern Herrschaft der Information. Wer bestimmt, welche Information das Volk bekommt und welche nicht, der hat die Macht. Also: auf zur Wortergreifung”. 
Das Internet wird seit 1993 verstärkt primär von unterschiedlichen Naziorganisationen  zur Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit genutzt, um ihre Standpunkte, Aktivitäten und Publikationen im Internet einer größeren Zahl von LeserInnen zugänglich zu machen. Eine weitere Präsentationsform der Nazis im Internet ist auch zunehmend  der Versandhandel mit Nazimusik und Devotionalien, der auch gleich mit einer direkten Bestellmöglichkeit verbunden wird. Da es bei den meisten Netzbetreibern die Möglichkeit gibt, kostenlos bei ihnen eine Homepage zu veröffentlichen und Programmier-kenntnisse bei der Erstellung einer Homepage kaum erforderlich sind, fällt es selbst einem Naziskin mit dem erweiterten Horizont einer Ameise nicht allzu schwer, seine eigene „Heimatseite” zu basteln. So zum Beispiel die Webpage von Sven Grade der den Versand Leserland Nord über den Netzanbieter AOL betreibt und mit seinem Versand im schleswig-holsteinischen Jübeck ansässig ist. Sven Grade zählt sich nach seinen eigenen Angaben zu den Progressiven Nationalisten, zu denen als führende Köpfe auch der ehemalige FAP-Aktivist Andre Goertz und der ehemals zur JN gehörende Jan Zobel aus Hamburg gehören. Aus seinem Online-Angebot kann der Progressive Nationalist  die Broschüre „Progressiver Nationalismus contra nationalsozialistische Polemik”, welche Sven Grade als sehr empfehlenswert bezeichnet, bestellen, und für den echten Nationalsozialisten, der mit dem schwierigen Wort Polemik nichts anfangen kann, gibt es außer einem Angebot an CD´s mit echter deutscher „Oi!nk“- Musik unter anderem auch Bücher mit Titeln wie „Gutachten zur Frage der Echtheit des sogenannten Wannsee-Protokolls” oder das indizierte Faksimile „Gattenwahl-zu ehelichem Glück und erblicher Ertüchtigung”, um sich im Lesen zu versuchen. Im weiteren Angebot findet sich unter der Rubrik „Kleinanzeigen” eine Anzeige, wo die Redaktion der Internet-Publikation Widerstand darum bittet, ihr  alte und neue Antifa-Publikationen aus dem schleswig-holsteinischen Raum zuzusenden. Sowie eine weitere Rubrik mit einer Gedäch-nisseite  für den im letzten Jahr in Kiel abgetretenen Herausgeber der „Bauernschaft” Thies Christo-phersen. Eine ganz andere Richtung schlägt die in Henstedt-Ulzburg hergestellte Internet-Zeitung „Perspektive” ein, die sich im Verbund mit der Sauerländischen Aktionsfront (SAF) und einer Werbeanzeige für das Nordland-Mailbox-Netz  den Platz auf einer Internet-Seite unter dem Namen „Widerstand.com” teilt. Unter den Artikeln „Nationaler Widerstand” und „was ist der nationale Widerstand im Internet?” wird versucht den Oberbegriff „Nationaler Widerstand” auf  4 Seiten zu definieren. Unter anderem heißt es da: „Der Nationale Widerstand (NW) ist deshalb keine Partei oder Organisation im üblichen Sinn. Der Nationale Widerstand stellt einen Oberbegriff dar, der die Einigkeit formieren soll und somit die Strukturen für die Zukunft vorzubereiten hat.” Und unter der Überschrift „die wichtigsten Ziele” heißt es weiter: „Ausschaltung aller volksfeindlichen und naturfeindlichen Vorgänge in unserer Heimat!” Perspektive bietet ein informatives Angebot für die schleswig-holsteiner Naziszene, das sich aus Berichten zu abgehaltenen Kundgebungen, Bildern und Erlebnisberichten einzelner Nazis zusammensetzt. Im Angebot der Perspektive gibt es unter anderem auch die Möglichkeit, diverse Vorlagen für Flugblätter, die zu verschiedenen Themen in Norddeutschland verteilt wurden, oder noch verteilt werden sollen, sich auf den eigenen Computer zu laden. Auf der Seite der Sauerländischen Aktionsfront wird um die zwei sich selbstentsorgten  Führungskader der SAF, Andre Zimmermann und Thomas Kubiak getrauert und gleichzeitig darauf hingewiesen, daß Verständnis dafür aufgebracht werden sollte, wenn  die Internetseiten der SAF in den nächsten Wochen nicht regelmäßig aktualisiert werden würden. Woraus mensch schließen könnte, daß es wohl die beiden Verantwortlichen für die SAF-Seite getroffen hat. Es wird außer Traueranzeigen auch noch die SAF-Publikation „Freie Stimme” auf der Internet-Seite Angeboten. Die gleiche Postfach Adresse wie die Perspektive bietet auch die Internet-Seite des Hamburger Sturm an, der durch einen amerikanischen Netzbetreiber mit der Ausgabe Nr.16  im Internet vertreten ist. Der Hamburger Sturm ist eine Publikation, die sich zum größten Teil auf die Nazi- Skinhead-Szene beschränkt und sich selbst als „Skinhead und Polit Fan-zine” beschreibt. Das Angebot des Hamburger Sturm setzt sich aus Berichten, CD-Kritiken und Fanzine-Besprechungen zusammen. Als Schwerpunktthema wird die Aufarbeitung der Rudolf-Hess-Aktionswochen genannt. 
Als Letztes will ich in diesem Artikel  auf das Nordland-Netz eingehen. Obwohl das Nordland-Netz nicht über das Internet zu erreichen ist und sich auf reinen Mailboxbe-trieb aufbaut, sollte es trotzdem in diesem Artikel Erwähnung finden. Das Nordland-Netz setzt sich aus derzeit zwei Mailboxen im norddeutschen Raum zusammen, einmal aus der AS-GARD BBS aus Bad Segeberg, deren Betreiberin  Thekla Kosche, auch die treibende Kraft im Nordland-Netz darstellt, und als zweite Mailbox die Störtebeker BBS aus Stavenhagen in der nähe Rostocks, deren Betreiber das Pseudonym Siggi benutzt. Das Nordland-Netz enstand am 6. März 1997, nachdem drei Mailboxen vom Thule-Netz abgetrennt wurden, und die Betrei-berInnen den Entschluß faßten, als eigenständiges Netz weiterzuarbeiten. Es definiert sich selbst als Nachrichten- und Informationsaustausch-Medium und erst in zweiter Linie als Diskussionsforum für Nazis. Das Ziel des Nordland-Netzes deklariert Thekla Kosche folgendermaßen „Ziel des Netzwerkes ist es, als Struktur-verstärker zu dienen, damit endlich Realität wird, was schon lange Ziel ist: Die organisationsübergreifende Vernetzung autonomer Kameradschaften, Parteien,Gruppen, Einzelpersonen”. Da Thekla Kosche sich selbst als Anti-Antifa-Aktivistin bezeichnet, ist es denkbar, daß im Nordland-Netz auch ein Austausch von Informationen über politische GegnerInnen stattfindet. Die Zahl der im Nordland-Netz verbundenen BenutzerInnen beträgt ca. 40 Personen. Wie kann mensch was gegen Internet-Nazi-Seiten unternehmen? Als erstes gibt es die Möglichkeit, die Netzanbieter wie z.B. AOL oder CompuServe  davon zu  unterrichten, daß sie Faschisten ermöglichen, sich im Internet zu präsentieren. Denn die meisten Online-Dienste haben Nutzungsbedingungen, die rassistische sowie strafbare Inhalte verbieten. Meistens werden dann die Inter-netseiten der Nazis gelöscht. Aber oft genug suchen sich die Nazis dann einen ausländischen Server, wo es keine Straftatbestände wie Aufstachelung zum Rassenhaß oder Volksverhetzung gibt und entziehen sich somit der deutschen Justiz. In den meisten Fällen sind es Länder wie die USA, Kanada, Dänemark, Schweden und Norwegen.  Und daher ist es sehr wichtig, die Aufklärung über die Zensur zu setzen, denn wie es der Journalist Burkhard Schröder aus Berlin schreibt: „Die Tatsache, daß nationale Gesetze im Internet ins Leere laufen, zwingt zum Nachdenken: Wie kann man gegen neonazistische Propaganda vorgehen, ohne gleich nach Zensur zu rufen? Eine Überlegung, die viele antifaschistische Gruppen schon viel früher hätten anstellen sollen. Das Internet zwingt dazu. Nur Aufklärung und Argumente zählen. Wer glaubt, im Zeitalter des World Wide Web das Böse von den Menschen fernhalten zu können, ist nicht nur technisch, sondern auch politisch auf dem Holzweg. Und wenn die chinesische Regierung ihren Bürgern die Web-Seiten des Dalai Lama und dessen Meinung zu Tibet vorenthalten will, wird sie genauso scheitern wie die bayerische Staatsanwaltschaft, die Nazipropaganda von heimischen PC-Monitoren verbannen will.”

 
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