Schändliche Spezialdemokraten

Göttingen. Zu einem kommunalparlamentarischen Nachspiel des letzten Polizeiüberfalles auf die Solidaritätsdemonstration für die verfolgten Passauer AntifaschistInnen vom 16. Mai '98 in Göttingen kam es nicht. Ein Antrag des Ratsherren der Linken Liste/PDS Patrick Humke der den Polizeiüberfall vom 16. Mai verurteilen sollte wurde auf der letzten Ratssitzung per Antrag auf "Nichtbefassung" unter den Teppich gekehrt. Bürgermeister Kallmann (SPD) begründete sein spitzfindiges Vorgehen mit der lapidaren Begründung, bei dem Fall würde es sich um ein "schwebendes Verfahren handeln".

Parlament als Bühne - Protestaktion der Antifa Jugend Aktion im Ratssaal anläßlich des Polizeiangriffs auf den Jugendblock während der Demonstration am 16. Mai '98
Auch Humkes Einwände gegen eine derartige Abhandlung und das Streichen der Punkte aus dem Antrag die Humke selbst betreffen, ließen Kallmann nicht von seiner Position abweichen. Humke selbst war als Anmelder der Demonstration von einem Beamten der Bereitschaftspolizei krankenhausreif geschlagen worden. Humke stellte Strafanzeige, die Polizei konterte mit einer Gegenanzeige. Nur die Grünen stimmten neben der Linken Liste einer Behandlung des Antrages zu. Helmhard Ungerer von den Grünen merkte außerdem an, das sich die Polizeistrategie seit der Stationierung der Bereitschaftspolizei im Mai 1996 auf eine Eskalation ausgerichtet sei.

Die zahlreichen BesucherInnen im ansonsten zuschauerleeren Ratssaal quittierten diese demokratische Lehrstunde der Sozialdemokraten mit Unmutsäußerungen, woraufhin Kallmann den Saal räumen ließ und eine einstündige Pause der Sitzung anordnete.

Schon zuvor hatten sich die Spezialdemokraten als eine progressive Kraft verkauft und eine Resulotion gegen die Wiedereinführung von Wertgutscheinen für Flüchtlinge mit den Grünen und der Linken Liste verabschiedet. Innenminister Glogowski hatte die Wiedereinführung dieses rassistischen Zahlungsmittels für Flüchtlinge zum 1. Juli angeordnet. Wieviel eine derartige Schönwetterpolitik jedoch wert ist, zeigt die Entscheidung zur Gesetzesverschärfung des sogenannte Asylbewerber-Leistungsgesetzes am 25. Juni '98 im Bundestag, das mit den Stimmen der SPD verabschiedet wurde.

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