-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE----- Wichtig! Bitte beachten Copyright ========= Archiv-Version der Antifaschistischen Nachrichten ================================================= Da mich immer wieder Anfragen nach älteren Ausgaben der Antifaschistischen Nachrichten erreichen, stelle ich die gesammelten älteren Ausgaben im Archiv der Nadeshda zum Download zur Verfügung. Bitte beachten Sie, daß das Copyright der Texte bestehen bleibt. Die Nutzung der elektronischen Ausgabe ist auf private Zwecke beschränkt. Im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte an die Redaktion. ™ŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽœ Diese Datei darf nicht verändert werden. Zur Sicherung ist sie mit einem elektronischen Schutzumschlag versehen. Zur  Überprüfung brauchen Sie das Programm PGP und meinen  öffentlichen Schlüssel (bitte per e-mail oder per Diskette mit frankiertem Rückumschlag bei mir anfordern).  ÓŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽŽ® Die Verbreitung durch rechtsextreme Mailboxen, insbesondere des sog. Thule-Netzes, ist ausdrücklich untersagt. Sie erhalten die gesammelten Ausgaben der AN über den Fileserver der NAD-MEER. Er ist über das Internet weltweit erreichbar. Bitte senden sie eine elektronische Nachricht mit dem Inhalt HELP an: Inform@Nad-Meer.gun.de Online erreichen Sie uns unter den Nummern: 0211-212494 Nadeshda 02159-81961 Nad-Meer - ---------------------------------------------------------------- Meine Netzadressen: Internet, CL, Z-Netz M.DIETZSCH@nadeshda.gun.de Fido Martin Dietzsch 2:2440/225.27 Die AN-Redaktion ist zu erreichen unter dem Account J.DETJEN@link-k.cl.sub.de Martin Dietzsch (Stand: 12. Oktober 1994) - ---------------------------------------------------------------- Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Demonstration gegen NF 5.2.94 Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 3369 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Demonstration gegen Zentrum der NF in Detmold - --------------------------------------------- Am 5. 2. 94 wird in Detmold-Pivitsheide eine Demonstration stattfinden gegen das Zentrum der verbotenen "Nationalistischen Front" (NF), zu der ein Bündnis von verschiedenen regionalen und überregionalen Gruppen aufruft. Obwohl die NF offiziell verboten ist, ist die Bedeutung ihres Zentrums nicht geringer geworden. Im Gegenteil: Die NF-Mitglieder halten dort weiterhin ungestört regelmäßige Treffen ab und arbeiten an einer Nachfolgeorganisation. Dabei treten sie offener und aggressiver auf als zuvor, ohne daß es bisher dagegen nennenswerten Widerstand gibt. Das staatliche Vorgehen gegen das Zentrum bleibt zweifelhaft und gering. Nach zunächst medienwirksamen Hausdurchsuchungen wurde ein Großteil der beschlagnahmten Gegenstände, darunter Waffen und Propagandamaterial zurückgegeben. Der florierende Versandhandel mit neofaschistischem Material über den "Klartext-Verlag" des NF- Vorsitzenden und Besitzers des Zentrums Meinolf Schönborn wurde gar nicht erst verboten. Ähnlich verhielt es sich z.B. am Samstag, 23. 10. 93, als im Zentrum in der Pivitsheider Quellenstraße ein Treffen von 150 bis 200 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet stattfand, bei dem die Nazis provozierend und aggressiv auf der Straße herumliefen, Parolen gröhlten und faschistische Lieder sangen. Die Polizei beendete das Treffen erst nach massiven Protesten aus der Nachbarschaft. Meinolf Schönborn plant währenddessen, das Zentrum noch weiter auszubauen: Er stellte mit begründeter Aussicht auf Erfolg eine Bauvoranfrage für den Bau zweier Einfamilienhäuser auf dem Grundstück neben seinem Haus. Antifaschistisches Vorgehen darf nicht heißen, Hoffnungen in den Staat zu setzen, der die Nazis sogar begünstigt, und dabei selbst in Resignation und Untätigkeit zu verfallen. Wir dürfen nicht nur zu solchen Anlässen wie Mölln oder Solingen kurzzeitig aufschreien. Im Gegenteil, wir selbst müssen kontinuierlich die Faschisten und ihre Hintermänner und Wegbereiter auf allen Ebenen bekämpfen, um ihnen wirkungsvoll Widerstand entgegenzusetzen. Ein konkreter Schritt dazu soll eine Demonstration gegen das Zentrum der NF in Pivitsheide sein. Wir wollen den Faschisten zeigen, daß wir sie nicht in Frieden lassen werden und ihnen die Ruhe nehmen, sich auf dem Land weiter festzusetzen. Die Demonstration soll dazu dienen, öffentlichkeitswirksam auf die aktuelle Situation und die Unwirksamkeit des Verbots aufmerksam zu machen. Dabei soll sie nur ein Auftakt für weitere Aktionen gegen das Fortbestehen des NF-Zentrums darstellen. - -- (Auszüge aus dem Aufruf zur Demonstration). Nähere Informationen über: Unabhängige Antifa Bielefeld, c/o Infoladen Anschlag, Heeperstr. 132, 33607 Bielefeld. # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Neue Morddrohungen von Neonazis Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 1564 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Neue Morddrohungen von Neonazis - ------------------------------- Hamburg. Seit Jürgen B. im Offenen Kanal eine Sendung über den Hamburger Aufstand von 1923 zeigte, erhält er telefonische Morddrohungen (taz, 31. 12.). Tenor eines Anrufes : "Ich habe die Ehre, Ihnen das Urteil des Volksgerichtshofes zu verkünden. Sie sind wegen Hochverrats zum Tode verurteilt worden. Das Urteil wird demnächst vollstreckt." Oder : "Rote Drecksau, Du bist zum Abschuß freigegeben. Sieg Heil." Obwohl die Nazis bekanntermaßen immer brutaler gegen politische GegnerInnen vorgehen, rät die Polizei Jürgen B., die Anrufe nicht so wörtlich zu nehmen. Personenschutz wurde abgelehnt. Für die Neonazis hat der Einblick, eine Nazipublikation, in der Namen und Treffpunkte von AntifaschistInnen veröffentlicht wurden (siehe letzte Lokalberichte), wie befürchtet die Rolle des Initialzünders gespielt. Dennoch bleibt die Polizei weiter untätig. Das wird die Nazis anspornen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzumachen. -- (F) # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Nazi-Parteien in Kommunalparlamenten in Hessen Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 17036 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Nazi-Parteien in Gemeinderäten in Hessen nach den Wahlen - -------------------------------------------------------- Bei der hessischen Kommunalwahl am 7. 3. 93 erzielten die REP teilweise große Wahlerfolge. In den Gemeinden erzielten sie einen Stimmenanteil von 2,9 % (1989 0,1 %, wobei zu beachten ist, daß die REP auch 1993 nicht flächendeckend in den Gemeinden antraten) und in den Kreisen und kreisfreien Städten 8,3 % (1989 0,7 %). Hochgerechnet auf das ganze Bundesland ergab der Stimmenanteil ebenfalls 8,3 % (245.344 Stimmen). - Oskar Traugott stellte in der antifaschistischen Zeitschrift "Der Rechte Rand" einige Fakten zusammen. Wir dokumentieren diesen Beitrag wegen der ansonsten seltenen Behandlung kommunalpolitischer Tätigkeiten faschistischer Parteien hier ausführlich. - -- (bef) Sie sitzen nun in den Parlamenten von 18 Kreistagen und 4 kreisfreien Städten. Auch sind sie in 27 Gemeindeparlamenten vertreten. Die NPD hatte bei der Wahl ebenfalls Erfolge zu verzeichnen. Sie erreichte insgesamt zwar "nur" 0,7Ñ (= 21.195 Stimmen), ist aber in 9 Gemeindeparlamenten und einem Kreistag (Darmstadt/ Dieburg) vertreten. Auffällig war, daß es offensichtlich Absprachen zwischen NPD und REP gab. So verzichtete die NPD auf eine erneute Kandidatur für den Kreistag im Main-Kinzig-Kreis (wo sie seit 1989 vertreten waren), so daß die REP ungefährdet die Mandate der NPD übernehmen konnten. Im Gegenzug verzichteten die REP auf eine Kandidatur für das Stadtparlament Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis), wo die NPD mit 8,5 % ins Parlament einzog. Da das "Superwahljahr" 1994 vor der Tür steht, soll hier die (wenig) vorhandene Parlamentsarbeit bzw. die unendlichen Geschichten der internen Intrigen an einigen Beispielen aufgezeigt werden. Interessant ist auch das Verhalten anderer Parteien, deren Lippenbekenntnisse, nichts mit den Rechten zu tun haben zu wollen, auf der kommunalen Ebene oft Makulatur sind. REP in Fulda ... In der Dyba-Stadt errangen die REP 9,2 % der Stimmen für das Stadtparlament. Bekanntlich fand ja am 14.August der "Heß-Gedenkmarsch" in Fulda statt. Anfang September kam es zu einer Stadtverordnetensitzung "zum Thema". Dabei verteidigte der REP-Sprecher Rainer Jahn die Sprüche "Deutschland den Deutschen" oder "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" mit folgender Begründung: Dies seien doch nationale Beknntnisse und nicht anders zu werten, als wenn dies ein Franzose unter dem Eifelturm oder ein Engländer im Hyde- Park von sich gebe! Kritik lösten diese Sätze bei allen Fraktionen aus. Nur aus den CDU-Reihen war nichts zu vernehmen. Kein Wunder. Eine Resolution unter dem Motto "Demokraten gemeinsam gegen rechts" wurde von der CDU-Mehrheit per Geschäftsordnung einfach von der Tagesordnung abgesetzt. Der Text wurde erst gar nicht diskutiert ! ... in Kassel Im Mai 1993 wurden erstmals in einer hessischen Großstadt mit Stimmen der REP (5,4 %) Mehrheitsbeschlüsse in zwei Sachfragen durchgesetzt. Die "Koalition" bestand aus CDU, FDP und REP. Dabei ging es um die Entfernung der sogenannten "Lollis" (die der Verkehrsberuhigung dienen sollten) und dem Abbau der wenig beliebten hölzernen "Treppe" auf dem Königsplatz. ... in Maintal Die REP zogen hier mit 9,7 % ins Gemeindeparlament ein. Im Juli 1993 stimmten CDU und REP gemeinsam für einen Antrag, der sich gegen weitere Einstellungen von Angestellten zur Betreuung von Asylbewerbern aussprach und forderte: "Asylbewerber ohne gesetzlich vorgeschriebene Gesundheitsbescheinigungen werden sofort isoliert und schnellstens amtsärztlich untersucht, um eine Ansteckung mit Krankheiten und deren Ausbreitung zu vermeiden". Weiter: "Asylbewerber und Sozialhilfeempfänger müßten zur Zwangsarbeit verpflichtet werden". In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 12. 8. 93 nahm Roland Koch, CDU-Fraktionschef der Landtagsfraktion, Stellung zum Abstimmungsverhalten in Maintal: "Ich glaube, daß es die Aufgabe der CDU ist, so schnell in der Sachpolitik zu sein, daß eine solche Situation praktisch nicht vorkommen kann - und daß die CDU die Kraft hat, eigene Anträge zu formulieren, daß es dazu nicht kommen kann ..." Alles klar ? ! ... in Wiesbaden Hier erreichten die REP 13,1 %. Die elf Mandate hatten sie allerdings nur zwei Wochen. Der ex-REPler Wolfgang Schütz hatte in Anzeigentexten u.a. für Umweltschutz geworben: "Bäume parken - Stadtautos ins Hochregal". "Damit habe er sich vom Parteiprogramm verabschiedet", begründete der REP- Fraktionsvorsitzende Mark Olaf Enderes den Rausschmiß des "Parteirebellen". Schütz behielt allerdings sein Mandat, sodaß die REP nur noch zehn Mandate haben. Die Absprachen der anderen Parteien (SPD, CDU, FDP und Grüne), die REP aus möglichst vielen Ämtern herauszuhalten, platzte schon bei der konstituierenden Sitzung des Stadtparlamentes: Bei der geheimen Wahl der vier stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher gab es von 81 genau 13 (!) ungültige Stimmen. Per Losentscheid wurde dann der REP-Kandidat als fünftes Präsidiumsmitglied bestimmt. Auch bei der abschließenden Abstimmung über die Magistratsmitglieder gab es eine "Panne": Ein Wahlzettel war falsch ausgefüllt. So erhielten die REP zwei statt einem Beigeordneten im Magistrat. ... im Kreis Bergstraße Die fünf Abgeordneten der REP (9,6 %) stimmten gemeinsam mit den Grünen gegen einen Abberufungsantrag der CDU/FWG-Fraktion. Die den Grünen nahestehende hauptamtliche Beigeordnete Eva-Maria Krüger konnte so im Amt bleiben. ... in Kreis und Stadt Gießen Seit den Kommunalwahlen am 7. 3. sitzen die REPs im Stadtparlament Gießen (6 Sitze, 10,38 %) und im Kreistag des Landkreises Gießen (8 Sitze, 9,3 %). Bereits Ende März fing das Chaos an. Frank Backes (Kreistag) und Dieter Ilgenfritz (Stadtparlament Gießen) nahmen, ohne Angabe von Gründen, ihre Mandate nicht an. Der "Fall" Ilgenfritz wurde dann in der lokalen Presse noch ausführlich behandelt. Er gab an, bereits im Dezember 1992 (also vor der Kommunalwahl) aus der Partei ausgetreten zu sein. Der für die REP im Kreistag sitzende Günter Franz war vor rund 10 Jahren wegen Volksverhetzung (Drucken von antisemitischen Plakaten "Juden raus") zu sechs Monaten Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Gerhard Keil, bis Frühjahr 1990 Generalsekretär der hessischen REP, bestätigte, daß Ulrich Kolan, REP-Kreisvorsitzender, über Franz "Bescheid" wußte (der dies natürlich leugnete). Franz trat nach Bekanntwerden der Vorwürfe aus der Partei aus, behielt aber sein Kreistagsmandat. Die bürgerlichen Parteien im Kreistag ignorierten bei der folgenden Kreistagssitzung am 7. 6., bei der Franz wegen "Krankheit" fehlte, diesen Vorfall weitgehend. Für Empörung allerdings sorgte ein Antrag der REP (vorgetragen von Björn Clemens, der u.a. Landesjugendbeauftragter der REP Hessen ist). Die REP-Fraktion beantragte, eine Schule im Kreis nicht nach Willy Brandt, sondern nach Kurt Schumacher zu benennen. Schließlich sei Brandt während des deutschen Faschismus ins Ausland geflüchtet, während Schumacher im Land blieb und das KZ auf sich genommen habe. Der REPler Normann Claus sollte als einer von drei Vertretern der REP in den Anhörungsausschuß der Stadt Gießen gewählt werden. Claus saß 1979 und von 1981 bis 1983 im Gefängnis. Außerdem wurden seit 1988 folgende Untersuchungen eingeleitet: 1988 und 1991 wegen Diebstahls, 1989 wegen fahrlässiger Körperverletzung, Nötigung und eines Verkehrsdelikts. Bei der Stadtverordnetenversammlung am 22.7.93 wurde Claus ohne Begründung von der Kandidatenliste gestrichen. Die Parlamentsarbeit ist "beeindruckend": Bei Anträgen von anderen Fraktionen stimmen sie je nach Lust und Laune. So mußte bei der ersten Kreistagssitzung eine Abstimmung wiederholt werden, da die REP-Fraktion nicht sagen konnte, wer für bzw. gegen einen Antrag gestimmt hatte. Eine klare Aussage machte Ulrich Kolan allerdings, als in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Gießen eine Resolution gegen Ausländerfeindlichkeit zur Abstimmung stand. Kolan stimmte dagegen: "In dem Text werde fälschlich der Eindruck erweckt, als ob wir Deutsche ein Verbrechervolk sind." Auffällig ist das Abstimmungsverhalten der anderen Fraktionen in den Parlamenten. Bei der ersten Kreistagssitzung am 3. 5. 93 kandidierten Kolan und Horst Öhl als stellvertretende Kreistagsvorsitzende. Die Liste der REP bekam neun Stimmen, zwei Stimmen waren ungültig. Da die REP nur acht Mandate haben, mußte mindestens eine Stimme von einer anderen Fraktion stammen. Bei der Stadtverordnetensitzung in Gießen am 17. 6. kandidierte Bernd Gattwinkel für einen Sitz in der Betriebskommission der Stadtwerke. Rein rechnerisch hatte er keine Chance, gewählt zu werden. Da aber ein SPDler eine ungültige Stimme abgab, wurde Gattwinkel mit den sechs Stimmen der REP doch in die Kommission gewählt. ... im Hochtaunuskreis Bereits Mitte Mai 1993, auf dem Landesparteitag der hessischen REP, kam es zu Spannungen zwischen dem wiedergewählten hessischen REP-Vorsitzenden Jochen Klings (Bad Homburg) und seinem Gegenkandidaten Peter Münch (ebenfalls aus Bad Homburg). Ende Juni kam dann der offene Bruch in der Kreistagsfraktion des Hochtaunuskreises (9,4 %). Münch und drei weitere Abgeordnete der REP traten aus der Partei und der Fraktion, die somit halbiert wurde, aus. Sie sitzen nun als "Freie Fraktion" im Kreistag und überlegen, sich dem unionsnahen "Deutschland-Forum" anzuschließen. Durch die Parteiaustritte verloren die REP zudem zwei ihrer fünf Abgeordneten im Bad Homburger Stadtparlament (9,0 %) und ihre einzige Vertreterin beim Umlandverband. Peter Münch warf Klings "kriegsverherrlichende Äußerungen" und mangelnde Distanz zur NS-Diktatur vor. Die auf drei Abgeordnete geschrumpfte REP-Fraktion in Bad Homburg ist als "Mehrheitsbeschaffer" gefragt. Ende September wurde der Stadtrat Heinrich Gerhold (FDP) mit Stimmen von FDP, CDU, REP, zwei ehemaligen REPlern und zwei unbekannten Abweichlern aus den Reihen der Fraktionen, die die Wiederwahl ablehnten (SPD, Grüne, Freie Wähler), für weitere sechs Jahre im Amt bestätigt. ... im Main-Kinzig-Kreis Hier erreichten die REP, nach dem Verzicht der NPD auf eine Kandidatur, 12,4 % der Stimmen für den Kreistag. Mitte März 1993 war es mit der Euphorie schon wieder vorbei. Die engen Verbindungen zwischen REP-Leuten und der NPD im Kreis schien einigen REPlern plötzlich nicht mehr zu passen. Zwei Abgeordnete, Roland Franke und Ferdinand Filthaut, sollten mit einem Parteiausschlußverfahren belegt werden, da sie "die Wege zu einer Zusammenarbeit mit der NPD ganz offensichtlich schon geebnet hatten". Diese "Erklärung" dürfte lediglich eine Alibi- Funktion im internen Machtkampf gewesen sein, denn Filthaut war immerhin Spitzenkandidat auf der REP-Liste und hat die offensichtlichen Absprachen mit der NPD sicher nicht unbemerkt und alleine getroffen. Franke und Filthaut kamen dem Ausschlußverfahren zuvor und sitzen nun als fraktionslose Abgeordnete im Kreistag. ... im Rheingau-Taunus-Kreis Auch in diesem Kreistag hatten die REP (13,2 %) einen Mandatsverlust hinzunehmen. Karl Kayser, für die REP gewählt, aus der Partei ausgetreten und nun der CDU "nahestehend", prangerte das Finanzgebaren der REP an. So würde Geld für einen Fraktionsassistenten bezogen, obwohl dieser gar nicht existiere. Nach Angaben der CDU-Spitze sei dies schon seit Jahren bekannt. Anlaß zum Eingreifen sah bisher niemand. ... im Vogelsbergkreis Wenn es um die Neubesetzung von Posten geht, verlieren etliche Vertreter von Parteien der "demokratrischen Mitte" schon mal den Überblick. Die Abwahl des ersten Kreisbeigeordneten des Vogelsbergkreises (FDP) im Mai 1993 brachte eine neue Variante von "Koalition" zum Vorschein: Gemeinsam stimmten CDU, Freie Wähler, REP und drei von vier Abgeordneten der Grünen für die Abwahl. Grünen- Fraktionsvorsitzender Erik Siefart begründete die Haltung seiner Fraktion damit, daß die Grünen angetreten seien, die FDP als politischen Faktor "verschwinden zu lassen" und nun den Wählern gegenüber Wort halten müßten. Ein politisches Isolieren der REP nannte Siefart eine Fiktion!! Ähnlich sah es auch REP-Sprecher Rolf von Ahrenschildt: "Wenn wir erst mal im Landtag und im Bundestag sitzen, dann werden sich die anderen Parteien schon an uns gewöhnen." Knapp vier Wochen später fand eine Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen statt. Es wurde ein "Unvereinbarkeitsbeschluß" gefaßt, der "in Zukunft ausschließen soll, daß grüne Mandatsträger bei Abwahl- oder Wahlvorgängen und bei Haushaltsentscheidungen offen oder verdeckt Stimmen der REP ins Kalkül ziehen." Die Debatte darüber war teilweise peinlich: Ein Vertreter des Kreisverbandes Hersfeld-Rotenburg hatte beantragt, das Verhalten gegenüber den REP mit dem früheren Verhalten gegenüber den Grünen gleichzusetzen!!! Andere wandten sich gegen "Edikte des Landesvorstandes" und fühlten sich auch Abwahlaussagen verpflichtet, die sie in kommunalen Wahlprogrammen gemacht hatten. Der Vorstoß verschiedener RednerInnen, die REP-Debatte auf die "Zusammenarbeit mit anderen rechtsradikalen Politikern, auch wenn sie demokratischen Parteien angehören" zu erweitern, scheiterte am Realo-Kurs der hessischen Grünen. Im Vogelsbergkreis zeigte der Druck auf die Grünen-Abgeordneten Wirkung. Bei der erforderlichen zweiten Abwahl des Kreisbeigeordneten enthielten sie sich der Stimme. Die Abwahl fand wenige Tage nach dem Parteitag der Grünen statt. ... in Waldeck-Frankenberg Bei den Wahlen im März erzielten die REP 7,8 %. Auch hier ist es offensichtlich, daß die sechs REP-Abgeordneten auf die Unterstützung durch ein bis zwei Abgeordneten anderer Parteien setzen können. In der konstituierenden Sitzung des Kreistages im Mai konnten die REP den Posten des vierten Stellvertreters des Kreistagschefs ergattern - zwei Stimmen aus anderen ermöglichten dies, die Grünen gingen dadurch leer aus. Bei den Ausschußwahlen im Mai erhielten die REP bei einigen Ausschußwahlen wieder bis zu zwei Stimmen mehr - die Grünen blieben in zwei Ausschüssen außen vor. Auch im Juli wurde bei einer Abstimmung die "Rotation" erkennbar - SPD eine Stimme weniger, REP eine mehr! Die Grünen vermuten, daß die zusätzlichen Stimmen nicht nur aus der SPD sondern auch aus der FWG kommen. Chef der sechsköpfigen REP-Fraktion ist Bernhard Klyscz. Der an der Dortmunder Fachhochschzule als Marketingexperte lehrende Professor kam in die Schlagzeilen, als er das "perfekte Marketing" von Adolf Hitler lobte. NPD im Lahn-Dill-Kreis ... Aßlar: FWG, CDU, FDP und NPD bringen gemeinsam einen Antrag für ein Etat-Sparprogramm ein. Ehringhausen: Ein Antrag der NPD im Parlament, daß die Gemeinde verpflichtet wird, zukünftig Grund und Boden der Gemeinde vorrangig nur noch an Deutsche zu verkaufen, findet die Unterstützung von FWG und CDU. Nur die Stimmen der SPD verhindern die Weiterleitung des Antrages an die Ausschüsse. Doris Zutt, im Landesvorstand der NPD, wird mit den Stimmen von CDU und FWG zur Vorsitzenden des Umweltausschusses gewählt. Ein SPD-ler wird mit Stimmen von SPD und NPD zum stellvertretenden Vorsitzenden der Gemeindevertretung gewählt. Leun: Ein NPDler wird von der CDU zum Vorsitzenden des Finanzausschusses vorgeschlagen (aber nicht gewählt). ... und im Wetteraukreis Nidda: Die NPD erreichte hier 8,5 % der Stimmen und drei Mandate. Bis Mitte November 1993 hat sich die Fraktion komplett aufgelöst. Münzenberg: Auch in der Nachbargemeinde der bundesweit bekannten NPD-Hochburg Wölfersheim zog die NPD mit 5,7 % ins Gemeindeparlament ein. Hier existierte die Fraktion aber auch nur bis Ende Mai. Der Grund: AntifaschistInnen verhinderten Mitte April eine Pressekonferenz des NPD-Bundesvorsitzenden in Münzenberg. Danach äußerte sich der aufgebrachte Vorsitzende: ("... der an einen unseriösen Staubsaugervertreter erinnert ..." Zitat aus einer Lokalzeitung) beleidigend über das Städtchen ("Exotenberg"). Das war den beiden NPDlern Heinrich Becker und seinem Sohn Reiner Becker zuviel: Sie verließen die NPD und sitzen nun als "Die Parteilosen" im Parlament. - -- (Oskar Traugott, in "Der Rechte Rand" Nr. 26 - Dez.93 / Jan.94) # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Junge Freiheit und Caecilienhof Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 3788 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Junge Freiheit lädt zum Pressegespräch - -------------------------------------- Die Redaktion der Jungen Freiheit (Chefredakteur: Christoph Stein) beabsichtigt, am 20. 1. im Hotel Cecilienhof in Potsdam mit einem Pressegespräch öffentlich zu werden. Als Drahtzieher im Hintergrund soll ein Unternehmensberater aus Stuttgart in dieser Richtung tätig geworden sein. Die Junge Freiheit scheint mit ihrem Versuch, sich am 20. Januar im Cecilienhof zu Potsdam öffentlich zu machen, an Traditionen anknüpfen zu wollen, die sich mit den Namen Kronprinz Wilhelm, General Schleicher, dem "Stahlhelm" und Hitlers späterem >Vizekanzler<, Franz von Papen in Verbindung bringen lassen. Bekanntlich residierte Kronprinz Wilhelm bis ins Frühjahr 1945 im Schloß Cecilienhof, obwohl er nach dem 1.Weltkrieg als >Schlächter von Verdun< von einem allierten Gericht als Kriegsverbrecher verurteilt worden war und einige Jahre außerhalb Deutschlands auf einer friesischen Insel in der Verbannung leben mußte. Herr von Papen hat 1968 seine Rechtfertigungsschrift "Vom Scheitern einer Demokratie" herausgebracht, aus der aufschlußreiche Bezüge zu dem Geschehen im Januar 1933 herauszulesen sind. Da heißt es zum Beispiel: "Schleicher und Kronprinz Wilhelm waren Duzfreunde. Kronprinz Wilhelm machte Schleicher alle Berichte zugänglich, die er von seinen, meist in München agierenden, Vertrauensleuten erhielt..." (S.349) "Von den zahlreichen Briefen und Billets, die der Kronprinz im Januar 1933 Schleicher zugeschickt hatte, war eigentlich nur noch sein Brief vom 19. Januar 1933 bedeutsam. Dieser Brief gab die Eindrücke wieder, die der Kronprinz am Vortage anläßlich der Reichsgründungsfeier des Stahlhelm in Berlin gewonnen hatte. Der Kronprinz schilderte die verzweifelte Stimung in den landwirtschaftlichen Kreisen, speziell beim bäuerlichen Besitz: >Es wird bereits ganz offen von einem Bauernkrieg gesprochen.< Der Kronprinz empfiehlt dringende Hilfe wie Zinssenkung, Steuerherabsetzung etc. Die Zusammenarbeit der Reichswehr mit dem Stahlhelm sei ganz ungenügend..." (S.353). "Der 29. Januar 1933 verlief als weiterer Tag voller Gespräche und Sondierungen. Meine ersten Besucher waren Hitler und Göring. Sie er klärten mir, daß der Abgeordnete Frick für den Posten des Reichsinnenministers und Göring für den des preußischen Innenministers präsentiert würden ... Hugenberg war erfreut über die ihm zugedachte Aufgabe eines Koordinators aller wirtschaftlichen Angelegenheiten und durchaus überzeugt, diese Aufgabe meistern zu können. Dr. Dingeldey, der Vorsitzende der Deutschen Volkspartei, versprach die parlamentariche Unterstützung des Kabinetts durch seine Gruppe. Alsdann führten die beiden Vorsitzenden des >Stahlhelm<, Seldte und Duesterberg, aus, auch sie wünschten mit ihrer Organisastion die neue Regierung zu unterstützen..." (S.381). Soweit der Herr von Papen zum "Stahlhelm" und dessen kriegsverbrecherischem Schirmherrn, dem Kronprinzen Wilhelm auf Schloß Cecilienhof zu Potsdam ! Wer wagt da noch zu behaupten, die Junge Freiheit und ihre finanzkräftigen, unternehmensberaterischen Hintermänner, wüßten nicht, was sie täten, zehn Tage vor dem 30. Januar 1994 ?! -- (H.O.L.) # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Kurzmeldungen Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 6601 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Kooperation zwischen Brunner und Haider - --------------------------------------- Regensburg. Manfred Brunner, ehemaliger bayerischer FDP-Chef, Maastricht-Gegner und Gründer der "Bürgerbewegung für ein Europa der Nationen" hat mit Jörg Haider, Vorsitzendem der "Freiheitlichen Partei Österreichs" (FPÖ), Kooperation vereinbart. Brunner will mit seiner "Bürgerbewegung" bundesweit zu den Europaund den Bundestagswahlen antreten. Haider wird in jedem deutschen Bundesland für Brunners "Bürgerbewegung" auftreten und Brunner wird vor den österreichischen Parlamentswahlen im Oktober für Haider werben. Mit den Republikanern sieht Brunner keine Übereinstimmung, "eher umgekehrt". Er will keine Politiker aus etablierten Parteien herausbrechen, sondern eher "Verzahnungspunkte mit dem bürgerlichen Lager" gewinnen. In den Wahlen will er sich unter anderem dafür einsetzen, daß "Ausländerfeindlichkeit nicht länger mit Einwanderungsfeindlichkeit gleichgesetzt wird". Sich selbst bezeichnet er als "einwanderungsfeindlich aber ausländerfreundlich". - Ab 1.Januar verfügt die FPÖ über einen Privatsender (Radio freies Europa), der von Italien aus täglich ein mehrstündiges Programm ausstrahlen wird.- - (uth) "Runde Tische" von Rechts - ------------------------- Neuss. Das "Christlich-Konservative Deutschland-Forum in der CDU / CSU - Landesforum NRW" plant die Ausweitung von "Runden Tischen", von konservativen Gesprächskreisen. Diese haben sich "stellenweise bereits bewährt" und sollen nun weiter ausgebaut werden. Für den 19. Februar ist von 10.30 bis ca. 16 Uhr im Bonner Konrad- Adenauer-Haus (Congress-Centrum) ein Runder Tisch auf Landesebene geplant. Ein Grußwort des Geschäftsführers des Landesforums NRW, Christian Otte (Kaarst), mit der Bitte um Unterstützung des Anliegens des Deutschland-Forums im Kreis Neuss veröffentlichte kürzlich auch das Neusser "Bürger-Forum". In der lokalen Wählergemeinschaft "deutschbewußter Mitbürger", die sich als "Alternative gegen grenzenlose Multikultur" bezeichnet, arbeiten aktiv langjährige NPD-Funktionäre mit. -- (peb, siehe auch AN 14 / 93) NPD-Deckert erneut wegen Beleidigung verurteilt - ----------------------------------------------- Weinheim. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate wurde der NPD-Vorsitzende Deckert Ende 1993 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 5000 DM (100 Tagessätze) verurteilt. In drei Punkten der Anklage wurde er freigesprochen (Beleidigung eines Antifaschisten, Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Kennzeichen, Veröffentlichung seiner Anklageschrift vor dem Landgerichtsprozeß November 1992). Eine geringe Verurteilung erhielt er von dem "gütigen" Amtsgericht-Richter für die Beleidigung eines anderen Antifaschisten (20 Tagessätze für "Kein Normalbürger", "Altkommunist im Geiste des Massenmörders Stalin"). Schließlich hätte sich Deckert durch Antifaschisten durchaus provoziert fühlen können, so der Richter. Ganz schlimm (90 Tagessätze) endete dagegen die Bezeichnung der politischen Polizei durch Deckert als "stasi": Dieser "unverschämte" Vorwurf löse ein besonderes Strafbedürfnis aus. Bereits im Oktober war Deckert in Bensheim wegen Beleidigung des Weinheimer Ordnungsamtsleiters und CDU- Rechtsaußen Heckmann als "Lügner, subalterner Stasi-Schnüffler und Stadt- Linksdirektor" zu 120 Tagessätzen 60 DM verurteilt worden. In beiden Prozessen ging Deckert (und teilweise auch die Staatsanwaltschaft bzw. Nebenkläger) in Berufung - wie in dem 92'er Landgerichtsprozeß (Verurteilung zu 1 Jahr Gefängnis auf Bewährung und 10000 DM Geldstrafe wegen Volksverhetzung, Aufforderung zu Rassenhaß und Verunglimpfung der Opfer des Holocaust) dürften demnächst also Neuauflagen bevorstehen. In allen drei Prozessen wurde Deckert von Majdanek- Verteidiger Bock verteidigt. - -(ant) Deutsche Liga bereitet für Februar große Show vor - ------------------------------------------------- Köln. Vom 3. bis 6. Februar will die Ratsfraktion der Deutschen Liga in Köln eine große Konferenz der europäischen Rechten durchführen. In einer Presseerklärung heißt es: "Auf Wunsch der Technischen Fraktion der Europäischen Rechten unter dem Vorsitz von Le Pen wird die Fraktion der Deutschen Liga im Rat der Stadt Köln vom 3. bis 6. Februar 1994 in Köln einen europäischen Kongreß unter dem Motto >Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der europäischen Rechten - Gemeinsam die Zukunft Europas gestalten< durchführen." Als Superstar hat die Liga Schirinowski eingeladen. Ob die ganze Sache stimmt, bleibt abzuwarten, da der Russe sehr eng mit Dr. Frey's DVU zusammenwirkt. Die Liga will sich für ein Einreisevisum für Schirinowski einsetzen. Für den 5. Februar von 15 bis 18 Uhr hat die Liga eine Kundgebung auf dem Neumarkt angemeldet, auf der Schirinowski, Neubauer, MdEP, sowie Markus Beisicht von der Liga-Ratsfraktion sprechen sollen. Auf Anfrage teilte das Auswärtige Amt am 7. 1. mit, daß ein Visumsantrag auf Einreise von Herrn Schirinowski nicht vorliegen würde. - (jöd) Kanther: "Wirksame Grenzsicherung" - ---------------------------------- Regensburg. Innenminister Kanther hat sich in der Lesung des Haushalts vor dem Bundestag zur Grenzsicherung und zur Ausstattung des Bundesgrenzschutzes geäußert: Die Grenzsicherung werde vor dem Hintergrund der massenhaften illegalen Grenzübertritte, vor allem an den Ostgrenzen immer notwendiger. Rund 16 000 Asylbewerber pro Monat kommen nach der Grundgesetzänderung gerade noch in die Bundesrepublik, auch diese Anzahl ist Kanther "noch bei weitem zu viel". Dem BGS komme in dieser Situation eine besondere Bedeutung zu. 1993 seien alle 2 800 Ausbildungsplätze im BGS besetzt worden, damit befinden sich jetzt 4 700 Polizeibeamte beim BGS in Ausbildung. Das Personal an der Ostgrenze wurde 1993 nahezu verdoppelt auf 4 500, 1994 sollen weitere 3 700 Beamte im BGS eingestellt werden. Im Haushalt 1994 sind für den BGS 2 328 Mio DM vorgesehen, das sind 177 Mio DM mehr als im Vorjahr.- - (uth) # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* McDonalds und das Arbeitsamt Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 3870 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Mc Donalds und das Arbeitsamt - ----------------------------- Ausländerentrechtung auf dem Arbeitsmarkt Mc Donalds Geschäftsführer De Santo hat öffentlich Beschwerde über das Arbeitsamt Schweinfurt geführt, weil Wiederholungsanträge auf Genehmi- gung einer "Allgemeinen Arbeitser- laubnis" für bei Mc Donalds beschäf- tigte ausländische Arbeiter abgelehnt wurden, und Mc Donalds jetzt wegen illegaler Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis mit einem Bußgeldverfahren überzo- gen wird. Das aufgrund des neuen Ausländergesetzes neu geregelte Arbeitserlaubnisrecht unterscheidet zwischen der "Besonderen Arbeitserlaubnis", der "Allgemeinen Arbeitserlaubnis" und der "3-monatigen Saisonarbeit". Die "Besondere Arbeitserlaubnis" wird unbefristet und ohne Beschränkungen erteilt - unabhängig von der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Ausländische Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf die "Besondere Arbeitserlaubnis" unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. wenn sie sich ununterbrochen seit sechs Jahren in Deutschland aufhalten und eine Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltsbefugnis haben. Die "Allgemeine Arbeitserlaubnis" dagegen wird grundsätzlich befristet (derzeit auf ein Jahr) und auf den Arbeitgeber beschränkt ausgestellt. Danach muß ein Wiederholungsantrag gestellt werden, dem bisher in aller Regel stattgegeben wurde, wenn das beim Erstantrag angegebene Arbeitsverhältnis weiter bestand. Wird dem Arbeitnehmer gekündigt, oder will er selbst den Arbeitsplatz wechseln, so kann es passieren, daß ihm eine neue Arbeitserlaubnis verweigert wird, woran man sehen kann, daß die auf einer "Allgemeinen Arbeitserlaubnis" begründeten Arbeitsverhältnisse äußerst unsicher sind und zu größter Abhängigkeit vom Arbeitgeber führen. Mc Donalds hat genau mit solchen Arbeitskräften, die auf Gedeih und Verderb von dem Job abhängig waren, seit Jahren sein Geschäft mit bekannt elendigen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemacht, und beschwert sich jetzt, daß neue Kräfte eine "lange und harte Einarbeitungszeit" benötigten. Die "Allgemeine Arbeitserlaubnis" unterliegt zusätzlich der besonderen Diskriminierung, daß sie nur erteilt werden darf, wenn die Stelle nicht von "bevorrechtigten Personen", (das sind gemeldete Arbeitslose in folgener Reihenfolge: 1. deutsche Staatsangehörige, 2. Angehörige eines EG-Staates, 3. Ausländer mit besonderer Arbeitserlaubnis) zu besetzen wäre. Von dieser Bestimmung mußte das Arbeitsamt 1993 per Erlaß des Bundesarbeitsministeriums grundsätzlich Gebrauch machen, so im Fall Mc Donalds geschehen. D.h. Ausländer werden vom Arbeitsmarkt gedrängt und in ihre Jobs werden andere reingedrückt. Da Jobs wie die bei Mc Donalds nicht sehr beliebt sind, versucht die Bundesanstalt für Arbeit mit weiteren Maßnahmen, die den Zwang zur Annahme von Arbeit zu jeder Bedingung verschärfen, nachzuhelfen. Dazu gehören die Einführung einer monatlichen Meldepflicht und die strengere Ausschöpfung der Zumutbarkeits-Anordnung, z.B. Zwang zur Arbeitsaufnahme unterhalb des Qualifikationsniveaus bei Androhung von Sperrzeiten. Auf diese Weise wird eine allgemeine Abwärtsspirale der Arbeits- und Lohnbedingungen auf Basis der bahnbrechenden besonderen Entrechtung ausländischer Arbeitskraft in Gang gesetzt. -- (pes, cls) # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Faschisten an der Uni Muenchen Datum : Do 13.01.94, 00:00 (erhalten: 13.01.94) Groesse : 2956 Bytes - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Faschisten an der Münchner Uni - ------------------------------ München. Im Sommer 92 trat die "Liste Unabhängiger Studenten" erstmalig im Uniwahlkampf in Erscheinung. Daß sich hinter dem vermeintlich spaßigen unpolitischen Kürzel LUST etwas ganz anderes verbarg, ahnte bereits jeder, der das Wahlkampfplakat der LUST zu sehen bekam. Dort hatte man auf einem ehemaligen NSDAP Plakat, auf dem stand "Unsere letzte Hoffnung Hitler", einfach "Hitler" gegen "LUST" ausgetauscht und das Nazi-Machwerk von 1932 erneut in den Wahlkampf geschickt. Diese offensichtliche Standortbestimmung läßt sich jedoch noch genauer belegen. Ein Blick auf die Kandidatenliste der LUST zeigt, daß der Begriff "unabhängig" nur als schlechter Witz gemeint sein kann; denn zumindest 4 Kandidaten sind Mitglieder des offiziell aufgelösten Rep. Hochschulverbandes (RHV). Personelle Verflechtungen gibt es auch noch in eine andere Richtung: Hans-Ulrich Kopp (Kandidat der LUST) ist Redaktionsmitglied der rechtsextremen Zeitschrift "Junge Freiheit" und Mitglied der Burschenschaft Danubia, in deren Verbindungshaus auch besagte Gründungsversammlung stattfand ... Der Kölner REP-Kandidat Beisicht saß mit den heutigen LUST Kandidaten Schrenk-Notzing, Alexander Wolf und Hans-Ulrich Kopp im Bundesvorstand des RHV; dieser r.f.s (ring freiheitlicher studenten), so Beisicht, sei Keimzelle des Kölner Kreisverbandes der REP. Bei REP und RHV also dasselbe Verfahren: Die REP greifen zurück auf NPD und DVU, der RHV bedient sich des NHB (Nationaldemokratischer Hochschulbund), der Danubia oder auch der Kader der r.f.s, über den der Verfassungsschutz stapelweise Berichte besitzt. Nach Auflösung des RHV folgte schließlich die Gründung der LUST. Seitdem gibt es Drohbriefe an Studenten und sind "schwarze Listen" im Umlauf, um politisch mißliebige Kommilitonen gezielt abzuservieren und in Angst zu versetzen. In der rechtsnationalen Monatszeitschrift "Nation und Europa" wurden die Namen und Adressen von einigen linken Münchner StudentInnen veröffentlicht, was zur Folge hatte, daß einer studentischen Sprecherrätin zweimal das Auto demoliert wurde. Weitere Informationen sind erhältlich über das Asta-Antifa-Referat: Jeden Donnerstag um 19.30 Uhr treffen wir uns im ASTA, Leopoldstr. 15, EG. Wer mit uns gemeinsam etwas gegen neofaschistische Tendenzen an der Uni tun will, ist herzlich dazu eingeladen. # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Erklaerung von Stephan Waldberg Datum : Fr 14.01.94, 00:00 (erhalten: 14.01.94) Groesse : 23062 Bytes Datei : 8057.msg, 13.01.94, 17:46:50 - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. 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Die Rolle der Bundesregierung war die ganze Zeit über in erster Linie durch die Absicht gekennzeichnet, auf keinen Fall die gute Zusammenarbeit mit der Türkei zu gefährden oder der öffentlichen Kritik an dieser politischen und militärischen Zusammenarbeit neue Nahrung zu geben. Dies bestätigte das Auswärtige Amt erneut auch kurz vor der Freilassung Stephan Waldbergs: Ein Dr. Platiel, Arzt des Auswärtigen Amtes, und ein Dr. Steinkrüger, ebenfalls AA, kündigten der Mutter von Stephan ihren "Besuch" in Waldkirch an. Zweck dieses "Besuchs" sollte sein, mit Frau Waldberg das Verhalten ihres Sohnes nach seiner Rückkehr zu "erörtern". Nachdem diese Absicht deutlich wurde, lehnte Frau Waldberg ein solches Gespräch ab. Im veröffentlichen wir die Erklärung von Stefan Waldberg. -- (mab) Bis zu meiner Verhaftung am 23. Oktober 1992 habe ich seit 1989/1990 als freier Mitarbeiter bei Radio Dreyeckland Freiburg, in der Internationalismus-Redaktion und der Waldkircher Lokalredaktion gearbeitet und arbeite dort auch weiterhin. Bei meiner damaligen vierten Reise im September/Oktober 1992 in die Türkei und Kurdistan war ich - wie auch bereits zuvor - mit Rechercheaufgaben zu folgenden Themen betraut: allgemeine, soziale und politische Situation in Kurdistan, Aufbau einer Krankenstation in Cizre, Einsatz deutscher Waffen gegen die kurdische Bevölkerung, Wiederaufbau zerstörter kurdischer Dörfer im Nordirak. Diese Dörfer waren kurz vor meinem Aufenthalt im Oktober 1991 in der Region nahe der Stadt Zakho durch Bombardierungen der türkischen Luftwaffe zerstört worden. Bei diesen Bombardierungen war u.a. auch Napalm eingesetzt worden. Ich bin in die Türkei am 18. 9. 92 über Ankara nach Diyarbakir per Flugzeug eingereist. Vom 18. 9. bis zum 29. 9. habe ich mich in den Städten Viransehir, Nusaybin, Cizre und Sirnak aufgehalten. Zeitweise war ich mit einer Begleiterin unterwegs. Ich habe u.a. Freunde besucht sowie Interviews über die alltägliche Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung durchgeführt. Am 29. 9. bin ich in den Nordirak bei dem Grenzübergang Habur eingereist. Ich bin in das Dorf Banik nahe Zakho gefahren und habe mich mit Leuten getroffen, die ich vor einem Jahr kennengelernt hatte. Dort bekam ich Kontakt zu Personen, die sich als PKK- Mitglieder vorstellten. Es wurde mir angeboten, mich in Lager des Gebietes Haftanin zu führen. Für mich war das natürliche eine interessante Sache, und ich hatte vor, drei oder vier Tage dort zu verbringen. Dort habe ich Interviews zur Situation der Frauen in den Lagern und zur Gesundheitsversorgung durchgeführt. Weiterhin habe ich Flüchtlinge, die aus der zerbombten Stadt Sirnak im August 92 geflüchtet sind und den Lagerkommandanten Hüseyin Celebi über die weitere politische Perspektive des Befreiungskampfes der PKK interviewt. Am 4. Oktober begannen die täglichen Angriffe der türkischen Luftwaffe, der Pesmergas der KDP und der PUK gegen die PKK-Lager. KDP bedeutet "Demokratische Partei Kurdistan", ihr Vorsitzender ist Barzani. PUK steht für "Patriotische Union Kurdistan", ihr Vorsitzender ist Talabani. Durch diese Angriffe wurde mir eine Rückkehr unmöglich gemacht. Ich mußte aus Sicherheitsgründen zweimal die Camps wechseln. Während der Kämpfe fiel der PKK umfangreiches Waffenmaterial und Dokumente der KDP und PUK in die Hände. Es handelte sich dabei um G3-Gewehre, Munition mit den dazugehörigen Munitionskisten - die Aufschrift und Kennzeichnung war in deutsch - sowie um Ferngläser der Firma Zeiss. Laut Informationen von PKK-Seite wurde dieses Kriegsmaterial von der Türkei an die Pesmergas geliefert. Es ist zu überprüfen, ob durch diese Lieferungen NATO-Verträge bzw. das Kriegswaffenkontrollgesetz verletzt wurden. In den Camps traf ich einige gefangene Pesmergas sowie türkische Soldaten, die vor diesen Kämpfen gefangengenommen wurden, an. Nach meinen Beobachtungen wurden diese gut behandelt. Mir wurde gesagt, daß die türkischen Soldaten dem Internationalen Roten Kreuz übergeben werden sollten. Ich erwähne das deshalb, weil ich später noch auf die Behandlung von mutmaßlichen Mitgliedern der PKK in türkischen Knästen zu sprechen kommen werde. In der zweiten Woche meines Aufenthaltes verschärfte die türkische Luftwaffe ihre Bombardierungen. In der Woche vom 12. bis 20. Oktober wurde nicht nur gegen die Lager der PKK vorgegangen, sondern auch gegen die kurdische Zivilbevölkerung der Umgebung dort, gegen kurdische Bauern, deren kleine Ansiedlungen und Felder. Dabei wurden 20 mm Geschosse eingesetzt mit der Kennzeichnung "LOS ..., BCK ...", die in unmittelbarer Nähe lagen. BCK steht laut Angaben des Rüstungsinformationsbüros Baden-Württemberg für die Firma Buck in Neuenburg, 20 km südlich von Freiburg. Geschosse gleicher Bauart, mit der gleichen Beschriftung sind mir schon vor einem Jahr in dem Dorf Banik aufgefallen. Eines davon habe ich 1991 als Beleg in die BRD mitgenommen. Ebenfalls in der letzten Woche wurde bei einem direkten Angriff auf das Lager meine Unterkunft mit einem Teil meiner Materialien zerstört. Am 21., 22. und 23. Oktober, nachdem die Kämpfe zeitweise etwas nachgelassen hatten, wurde ich in Begleitung dreier Guerillas aus den Camps geführt. Zweimal wurde auf diesem Weg mit Maschinengewehren und Raketen von einem KDP-Stützpunkt aus auf uns geschossen. Am 23. Oktober wurde ich morgens von einem Kontrollposten der KDP ein km vor Zakho angehalten und durchsucht. Anschließend wurde ich in ein Gebäude der KDP gebracht. Ein KDP-Mitglied telefonierte in meiner Anwesenheit. Ich konnte mehrmals das Wort "Habur" verstehen. Zwei bewaffnete KDP-Mitglieder brachten mich daraufhin nach Habur, wo ich den Grenzübergang passierte, mir einen Einreisestempel geben ließ und mir ein Taxi nahm. Nach 100 m wurde ich von bewaffneten Personen in Zivilkleidung verhaftet und zurück nach Habur gebracht. Dort mußte ich mich völlig ausziehen. Bei der Durchsuchung meines Gepäcks wurden mein Fotoapparat, Filme, ein Aufnahmegerät, Kassetten, ERNK-Aufnäher, das Geschoss mit der Aufschrift BCK sowie der Brief von Hüseyin Celebi gefunden. Unter Fußtritten, mit verbundenen Augen und gefesselten Händen, wurde ich mit einem Auto in eine Militärkaserne nahe der Stadt Silopi, ca. 30 km von Habur entfernt, verschleppt. Ich mußte mich zwei bis drei Stunden dort aufhalten, meine Personalien wurden aufgenommen sowie Kopien meiner Materialien angefertigt. Bereits dort wurde ich als PKK- Agent beschuldigt und ich wurde an den Haaren gerissen und bespuckt. Danach wurde ich in die Zelle einer Polizeistation gebracht. Mir wurde da zum ersten Mal die Augenbinde entfernt. Meine Brille wurde mir abgenommen, ich bekam keine Decke und mußte auf dem nackten und feuchten Betonboden schlafen. Bis zum Abend des nächsten Tages bekam ich nichts zu essen und durfte nicht zur Toilette gehen. Erst nach heftigen Protesten und nachdem ich von einem Polizisten geschlagen wurde, wurden meine Forderungen erfüllt. Am 25. 10 wurde ich in einem Schützenpanzer einer Militärkolonne nach Sirnak in die Brigadestation gebracht. Auf dem Weg dorthin wurde bei einer Militärkaserne angehalten. Immer noch mit verbundenen Augen wurde ich Treppen hoch- und runtergeschleift und wieder noch draußen geführt. Ich mußte mich an eine Wand stellen und wurde in perfektem deutsch angebrüllt, daß ich erschossen werden soll. Gewehre wurden durchgeladen. Nahe an der Besinnungslosigkeit wurde ich erneut auf deutsch angebrüllt, ich solle endlich die Wahrheit sagen. Kurze Zeit nach dieser Scheinexekution wurde ich wieder unter heftigen Fußtritten in den Panzer gestoßen. In der Brigadestation Sirnak mußte ich mich wieder nackt ausziehen. Ich wurde von ca.fünf Männern umringt, heftig geschlagen, bespuckt und brutalst herumgestoßen. Nach dieser Tortur wurde ich eine Einzelzelle geworfen. Die Zelle war ca. 2 m lang, höchstens 1 m breit und völlig dunkel. Sie war so angelegt, daß man nicht darin stehen konnte. In dieser Zelle wurde ich zwei Tage in Einzelhaft gehalten. Vor der Zelle lief Tag und Nacht ein Kassettenrecorder in voller Lautstärke. Nachts wurde unregelmäßig an die Zellentür getreten; alle zwei Stunden stürmte ein Mann mit Knüppel bewaffnet in die Zelle und befahl: "Stand up, sit down". Am 26. 10. wurde ich morgens mit verbundenen Augen zu einem 3-4stündigen Verhör geholt. Man fragte mich u.a. wie ich in die Camps der PKK reinund rauskam, mit welchen Leuten ich Kontakt gehabt habe, zu Kontakten in der BRD und wer mich finanziell unterstützen würde. Nachmittags wurde das Verhör weitergeführt. Hierbei machte ich Angaben über meine journalistische Arbeit bei Radio Dreyeckland. Bei beiden Verhören sollte ich durch Schläge eingeschüchtert werden. Abends wurde ich in einen Raum gebracht. Nach wenigen Minuten hörte ich aus dem Nebenraum entsetzliche Schreie. Es waren die Schreie gefolterter Gefangener. Die ganze Nacht mußte ich mir die Schmerzensschreie anhören. Ich mußte mich mehrmals übergeben. Öfters kam eine Person in den Raum und machte mir klar, ich sollte endlich die Wahrheit sagen, sonst würde ich das gleiche mitmachen. Ich war am Ende meiner Kräfte, war nahe daran zusammenzubrechen. Am 27. 10. wurde mir gesagt, daß ich zu einer Untersuchung müßte. An einer Tür konnte ich ein Schild mit der Aufschrift "Doktor" erkennen. Man stieß mich mit Fußtritten in diesen Raum. Es war eine Folterkammer. Auf dem Boden lag überall sehr viel bläuliches Salz, in einer Ecke befanden sich zwei übereinandergelegte Autoreifen und in unmittelbarer Nähe einer Wand stand ein ungefähr 3 m hohes Holzgerüst. An den Querbalken hingen rechts und links Seilschlaufen. Die Foltermethode ist als Palästinahaken bekannt. In einer anderen Ecke sah ich Stromkabel und Elektroden. Erneut mußte ich mich nackt ausziehen und mir wurden Folterungen angedroht. Währenddessen wurde eine Nebentür des Folterraums geöffnet. Ich sah ca. 20 abgemagerte, frierende Gefangene, deren Augen verbunden waren, nur mit Unterhosen bekleidet, dicht zusammengedrängt in Hockstellung auf dem Boden. Eine der Personen, die mich verhörten, zeigte auf die Gefangenen und erklärte, daß diese alle heute noch drankämen. Gegen Ende des Verhörs kam ein Mann in weißem Kittel hinzu, begutachtete mich und schrieb etwas. Ich mußte unterschreiben und wurde daraufhin sofort nach Cizre transportiert. Später traf ich im Militärgefängnis Diyarbakir einige Gefangene, die ebenfalls in der Brigadestation Sirnak inhaftiert waren. Sie alle waren dort im Durchschnitt 10 bis 30 Tage und waren täglich gefoltert worden. Bei dem Verhör in Cizre am 27. 10. erklärte mir eine Person, daß ich mich in einer Polizeistation befände. Er machte mir in akzentfreiem deutsch sehr deutlich klar, daß das meine letzte Station wäre. Man hätte mir bisher kein Wort geglaubt. Dies wäre meine letzte Chance, lebend herauszukommen. Er gab mir 10 Minuten Bedenkzeit. Ich war so erschöpft, physisch und psychisch fertig, daß ich kaum noch ein Wort herausbrachte. Ich versuchte nochmals alles zu erklären. Am 28. 10. wurde ich wieder nach Silopi gebracht. An diesem Tag fanden keine Verhöre mehr statt. Am 29.10. wurde ich zu einer Zivilperson gebracht, die mir einen Stapel Fotos zeigte. Es waren meine Fotos aus den PKK- Camps. Ich sollte die Personen identifizieren. Anschließend wurde ich einem Haftrichter vorgeführt. Ein Soldat, der völlig unzureichend deutsch sprach, wurde als Dolmetscher von der Straße geholt. Die Fragen des Haftrichters konnte ich wegen der miserablen Übersetzung kaum verstehen. Ich verzweifelte daran fast. Ich stellte auch hier wieder eindeutig klar, daß ich Journalist, freier Mitarbeiter von Radio Dreyeckland bin. Wie ich später in Diyarbakir von meinem Rechtsanwalt erfahren mußte, wurden diese Aussagen gefälscht. Zusammen mit anderen Gefangenen war ich einen Monat im Militärgefängnis von Silopi inhaftiert. Am 30.11.92 wurde ich in einem Gefangenentransporter von Silopi in das Militärgefängnis von Diyarbakir verlegt. Das gelbe Fahrzeug trug die Aufschrift P.T.T., also ein als Postauto getarnter Gefangenentransporter. 18-20 Gefangene wurden in eine 2,50 m breite und 4 m lange Zelle eingepfercht. Einige waren schon tagelang unterwegs. Es war total feucht und stickig, Verdunstungstropfen fielen ständig von der Decke auf uns. Es herrschte totaler Sauerstoffmangel, wir waren dem Ersticken nahe. Einige mußten sich übergeben, wir standen im Erbrochenen. Diese Höllenfahrt dauerte 10 Stunden. Selbst auf Proteste hin ließ die Wachmannschaft keine frische Luft hinein. Man verweigerte uns Nahrung und Toilettengang. Einige ältere Gefangene fielen immer wieder um; sie wurden bewußtlos. Bevor ich auf die Haftbedingungen in Diyarbakir zu sprechen komme, nur kurz etwas zum Prozeß vor dem Staatssicherheitsgericht. Der Prozeß fand im Ausnahmezustandsgebiet statt. Ein Militärrichter war mit vertreten. In der türkischen Presse wurde ich als PKK-Kurier vorverurteilt. An allen vier Verhandlungstagen wurde mir der Journalistenstatus aberkannt. Die gegen mich vorgebrachten Anschuldigungen wurden nicht überprüft. Am 22. Januar 93 wurde ich nach @ 169 des türkischen Strafgesetzbuchs und Art. 5 des "Antiterrorgesetzes" zur drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dies wurde auch international als Kriminalisierung von kritischem Journalismus interpretiert. Im Militärgefängnis von Diyarbakir waren insgesamt 1.200 Gefangene inhaftiert. Die 800 politischen Gefangenen waren auf 13 Großzellen verteilt. Im folgenden rede ich von der Zelle 36, in der ich vier Monate inhaftiert war. Dort waren wir 80-96 Gefangene. Die Zelle war ca. 20 m lang, 8 m breit und 10 m hoch. Auf der rechten Seite war der sogenannte Käfig, in dem sich die auf vier Stockwerke verteilten Schlafzellen befanden. In jeder Schlafzelle, 2,50 m breit und 4 m lang, mußten drei Gefangene schlafen. Im März 93 waren die Zellen total überfüllt, so daß einige im Treppenaufgang schlafen mußten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Käfigs war eine genauso hohe Betonmauer. Nur ganz oben befanden sich kleine Fenster, durch die aber so gut wie kein Licht durchkam. Dieser Lichtmangel belastete zusätzlich den physischen und psychischen Gesundheitszustand. In der gesamten Zelle war es so kalt, daß an der zu trocknenden Wäsche nach wenigen Stunden Eiszapfen hingen. Wir mußten uns ständig in den dicksten Kleidern bewegen. Vorhandene Heizkörper wurden von der Gefängnisleitung nur für wenige Minuten eingeschaltet. Das war eine Schikane unter vielen. Die Versorgung mit Essen von der Großküche war völlig unzureichend, sehr arm an Mineralstoffen und Vitaminen. Wir waren darauf angewiesen, zusätzliche Lebensmittel von Familienangehörigen und Komitees zu bekommen. Die Versorgung mit Medikamenten war ebenfalls katastrophal. Es gab viele Kranke. Besonders in den heißen Sommermonaten, so berichteten die Gefangenen, erkranken deswegen und wegen mangelnder Hygiene viele Gefangene an Gelbfieber, Typhus und anderen Darmerkrankungen. Einige Zellen wurden von den Gefangenen umfunktioniert in Toiletten, in eine Teeküche, in eine Lebensmittelvorratskammer. Daneben wurden ein Archiv, Bibliothek und eine Redaktion eingerichtet. Die Gefangenen haben sich in Kommunen organisiert. In den Kommunen wurden unterschiedliche Aufgaben an verantwortliche Gruppen verteilt. Diese selbstbestimmten Gruppen waren erst nach Kämpfen in den 80er Jahren mit zahlreichen Toten und Verletzten gegen die Gefängnisleitung und den Behördenapparat durchgesetzt worden. Jedoch wurde immer wieder versucht, grundlegende Rechte zu beschneiden. Während eines unbefristeten Hungerstreiks gegen die Zurücknahme wesentlicher erkämpfter Rechte überfiel ein Militärkommando mit Schlagstöcken und Eisenstangen bewaffnet am 9.2.93 die Gefangenen und verletzten insgesamt 262, 35 davon so schwer, daß sie mit Knochenbrüchen, Schädelrissen, inneren Verletzungen etc. ins Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Auch ich mußte wegen Prellungen, Blutergüssen, starker Unterkühlung und Gehirnerschütterung ärztlich behandelt werden. Unter den politischen Gefangenen in Diyarbakir waren alle Altersgruppen von 15 bis 70jährigen sowie alle Gesellschaftsschichten wie Bauern, Arbeiter, Kleinhändler, Ärzte, Lehrer, Schüler, Studenten etc. vertreten. Ein Großteil der Gefangenen war willkürlich verhaftet worden. Ein Beispiel dafür ist, daß mir ein ca. 65jähriger Mitgefangener berichtete, daß er sich in seinem Dorf abends bei einer befreundeten Familie aufgehalten hatte. Während dem Abendessen durchsuchte das Militär das Dorf. Weil er nicht zu Hause war, war er verdächtigt worden PKK-Propaganda zu machen. Alle Gefangenen, die ich in Diyarbakir antraf und mit denen ich sprechen konnte, waren systematisch gefoltert worden, u.a. in Militär- und Polizeischulen sowie in Militärkrankenhäusern. Einige Gefangene die neu eingeliefert wurden, konnten nicht mehr laufen, kamen in Rollstühlen, auf Krücken, einige waren von der Folter wahnsinnig geworden, einige hatten taube Hände und Beine von den Elektroschocks. Dazu drei kurze Beispiele: der politische Gefangene Talat Aycicek aus Diyarbakir wurde am 7. September 1992, aufgrund des Verdachts ein Helfer und Sympathisant der PKK zu sein, verhaftet und in die Polizeischule von Diyarbakir, ca. 600 m vom E-Typ Militärgefängnis entfernt, gebracht. Dort wurde bei den Verhören neben den üblichen Foltermethoden wie Elektroschocks, Palästinahaken, das Schlagen mit Gummiknüppel auf den Körper und die Geschlechtsteile, mit einem schweren Eisenhammer auf seinen Kopf eingeschlagen. Er berichtete mir, daß er dem Tode nahe war. Er hatte eine riesige ca. 8 cm im Durchmesser große und sehr tiefe Wunde, die notdürftig genäht worden war. Einem anderen Gefangenen der neu kam, fehlte ein Auge. Dieses war ihm bei der Folter mit einem Gewehrkolben ausgeschlagen worden. Anderen Gefangenen, die aktiv im Widerstand waren, hohe Positionen in der PKK hatten, waren während und nach den Folterungen in vielen Fällen starker Alkohol, sehr starke Medikamente wie Psychopharmaka und auch Drogen wie Heroin, Morphium unter Zwang verabreicht worden, damit diese Aussagen, Geständnisse ablegen oder auch, um sie für immer zu brechen. Über Situation in den türkischen Gefängnissen haben Sie jetzt wohl einen hinreichenden Eindruck erhalten, so daß ich auf das letzte Gefängnis nicht näher einzugehen brauche. Auch in Buca gingen die Provokationen weiter. Zum einen von inhaftierten türkischen Polizisten und ehemaligen Soldaten, zum anderen von Militärs, die mich ins Krankenhaus brachten. Zum Beispiel wurde ich am 25.10.93 mit gezogener Pistole aufgefordert zu fliehen. Da ich in Buca nicht mehr mit den politischen Gefangenen zusammen war, war die Situation von Apathie geprägt. Meine Inhaftierung dort dauerte über acht Monate. Am 23.12. hatten die Bemühungen für meine Freilassung endlich zum Erfolg geführt. Am 24.12. traf ich in Stuttgart ein. Zum Schluß möchte ich noch etwas zur politischen Einschätzung des gesamten Verfahrensablaufes sagen. U.a. wurde mir vorgeworfen, daß ich mich nicht speziell bei der Bundesregierung bedankt habe. Ich möchte dazu folgendes sagen: - - Die BRD hat von Anfang an auf ein "rechtsstaatliches Verfahren" gesetzt, obwohl bekannt war, daß der Prozeß im Ausnahmezustandsgebiet mit Militärrichter stattfand. - - Die verantwortlichen Stellen und Institutionen der BRD haben viel zu spät reagiert und dem Druck des türkischen Regimes nichts entgegengesetzt. Daß es durchaus möglich gewesen wäre mich herauszuholen, zeigt das Beispiel des englischen Journalisten Norman Penny, dem die selben Anklagepunkte vorgeworfen wurde und der aufgrund des massiven Drucks des britischen Außenministeriums nach 14 Tagen freikam. - - Bereits bei dem ersten Besuch des Dr. Heisch, Leiter der Rechtsabteilung der Botschaft in Ankara, am 19.11.92 im Militärgefängnis in Silopi habe ich ihm detailliert über meine Behandlung in türkischer Haft in Silopi, Sirnak und Cizre berichtet. Der Botschaftsvertreter hat bewußt meine Schilderung an das Auswärtige Amt als "starker psychischer Druck" heruntergespielt. Damit wurde meine Situation bewußt verharmlost. Mir gegenüber wurde im Gegensatz dazu von Anfang an verständlich gemacht, daß ich schnellstens herausgeholt würde. - - Der selbe Botschaftsvertreter hat sich auch nach meiner Verurteilung gegenüber meiner Mutter so geäußert, daß man nicht wegen mir die Beziehungen zur Türkei aufs Spiel setzen wolle. Das heißt für mich soviel wie: Folterberichte aus der Türkei auch von und an ausländischen Menschen, Journalisten, sind keine Hinderungsgründe für die weitere Unterstützung der BRD, für weitere Waffenlieferungen durch die BRD. - - Ein letztes Beispiel: nach dem Angriff des Militärkommandos am 9. Februar 93 erhielt meine Mutter und der Freundeskreis von deutschen Behörden die Auskunft, ich sei davon nicht betroffen. Ich selbst konnte erst dem CDU- Parlamentarier Stercken am 15.02.93 darüber berichten und wurde zwischenzeitlich nie von einem Konsularbeamten besucht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Auschusses hat hingegen meinen Bericht heruntergespielt und äußerte mir gegenüber: ich solle das Ganze nicht so politisch hochziehen. Diese Beispiele sollen genügen. Letztendlich ist mir bewußt geworden, daß an maßgeblicher Stelle erst wirklich reagiert wurde, als der Druck von außen massiv genug war. Ich möchte noch auf die schriftliche Vorlage meiner Einschätzung und auch auf das Papier des Freundeskreises hinweisen. Waldkirch, 7. 1. 94 Stephan Waldberg # Internet: M.DIETZSCH@HOT.gun.de # # PGP-Key als Empfangsbestaetigung # ## CrossPoint v2.93 R ## Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Aus der faschistischen Presse Datum : Fr 14.01.94, 00:00 (erhalten: 14.01.94) Groesse : 5736 Bytes Datei : 2199.msg, 13.01.94, 17:41:44 - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Aus der faschistischen Presse ============================= Dr. Frey mit CSU & Schäuble - --------------------------- Nationalzeitung, 1+2 / 94 Die Schlagzeile: "Ruiniert Kohl die CDU ? Schäuble als Hoffnungsträger." Der Artikel ist von Dr. Frey: "Kohls alte Gegner in der CDU, angeführt von Geißler, Süssmuth und Biedenkopf, unternehmen ein Maximum, um durch Störfeuer die Chancen der C-Parteien wieder zu reduzieren ... In Wahrheit ist eine Machtübernahme durch eine rot-grüne Koalition ... nur durch eine Politik >rechts von der Mitte<, wie die CSU erkannt hat, zu verhindern. Frey: "Helfen wird der CDU nur das von der CSU bereits prakizierte Rezept eines Rechtsruckes, vor allem der drastischen Abkehr von einem europäischen Bundesstaat und der eindeutigen Hinwendung zum deutschen Nationalstaat." Strategiediskussion in Braun - ---------------------------- Nation und Europa 1 / 94 "Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus", sagt das Sprichwort und in der Tat wird die Wahlserie des laufenden Jahres auch in der Rechten intensiv diskutiert. Im Januarheft, das den orakelnden Titel "Wahljahr 1994: Zieht Euch warm an !" trägt, machen sich gleich drei Autoren strategische Gedanken darüber. Jürgen Riehl tritt generell gegen eine Wahlorientierung der Rechten ein, da sie, selbst wenn sie Mandate erringen würde, nicht nur nichts bewirkte, sondern im Gegenteil das System stabilisiere. Als Alternative schlägt er verstärkte ideologische Arbeit zur Schaffung einer "nationalen Gemeinschaft" als "Keimzelle einer steitbaren Gegengesellschaft" vor. Dabei denkt er nicht an eine Massenbewegung, sondern an eine "innerlich kohärente und wehrhafte Gemeinschaft, die dem Sturm trotzt und das Feuer bewahrt", an "Gruppen, Freundeskreise, Gesprächsrunden und informelle Zusammenschlüsse". Für eine rechte Einheitsfront von "Hofgeismarern", einer neofaschistischen Gruppe in der SPD, bis Republikanern und der Deutschen Liga, von Martin Walser bis Botho Strauss streitet Werner Norden und Hartmut Hesse will eine "APO des Volkes" schaffen. Sie soll "ethno-national kulturell und ökologisch fundiert" sein, auf ihre üblichen Wahlversprechen ("Arbeitsplätze und Wohnungen zu schaffen, Kriminalität einzudämmen, ethnische Pluralisierung zu verhindern") verzichten und sich statt dessen dem "Feudalparteiensystem" total und radikal verweigern. Hesse schwebt als Ziel eine "zweite kulturelle Ebene ..., eine Art deutsche Gegenwelt, eine Schattenrealität, eine Schule des Volkes, in der an einer an deutscher Tradition orientierten Identität gearbeitet wird" vor. Diese fundamentalistische Bewegung soll das "Rettungswerk anpacken", das nicht nur "viel Schweiß und Tränen kosten" sondern i1"vielleicht sogar Blut" erfordern würde. Interessant aber auch erschreckend, wie gut es bestimmten faschistischen Kreisen gelingt, sich in Vokabular, aber auch in Konzeptionen zur Erlangung der kulturellen, ideologischen und politischen Hegemonie ein linkes Mäntelchen umzuhängen. Man darf gespannt sein, inwieweit sich die "Rechtsfundis" durchsetzen werden. Bürger und Parteien - ------------------- criticon, Nr. 140, Nov. / Dez.1993 "Parteien gegen Bürger": Über diesen Kritik-Einstieg versucht das Editorial dieser Nummer die konservativ-antidemokratische Meinungsbildung voranzubringen. Der Verfasser "Critilo" schreibt über das neue Gesetz zur Parteienfinanzierung: "Es handelt sich um das maßgeschneiderte Finanzierungsmodell eines gegen die Bürger abgeschotteten Parteienoligopols, das einen tiefen Graben zwischen >Ins< und >Outs< zieht. Die Exklusivität des herrschenden Parteienblocks und die Fragwürdigkeit der von diesem zur Machterhaltung eingesetzten Mittel haben Hans Herbert von Arnim zum Stoßseufzer veranlaßt: >Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist.< (>Staat ohne Diener<, S. 335)". "Bürger gegen Parteien": In einem Beitrag wendet sich der Hamburger Professor für pol. Wissenschaft, W. Steffani, gegen eine in der vorherigen Nummer von criticon veröffentlichte Kritik an dem bisherigen Vorsitzenden der Statt-Partei, M. Wegner. In dieser Kritik hatte der Vorsitzende der "Vereinigung Demokratische Offenheit", H. Stubbe-da Luz, der mit anderen die gerichtliche Verurteilung der CDU-Kandidatenaufstellung zur Hamburger Bürgerschaftswahl betrieben hatte, Wegner als machtbesessenen Politiker charakterisiert. Professor Steffani kritisiert Stubbe-da Luz, daß er mit "ehrabschneiderischer Manier" angreife. Professor Steffani gibt als Ziel der Statt- Partei an: "den Standort Hamburg festigen", "eine positive Bürgerpolitik zugunsten des >Standortes Hamburg< betreiben". Die Stimmen für diese Standortpolitik der Statt-Partei wertet Prof. Steffani so: "Die Zahl der Nichtwähler hat abgenommen, weil bisherige Parteiwähler eine verfassungskonforme und politisch maßvolle Alternative vorfanden. Die Rechtsradikalen blieben draußen, da die Statt-Partei die Prozentsätze der ihre Stimme auch tatsächlich abgebenden Wähler zuungunsten der Radikalen niedrig gehalten hatte. Der Statt- Partei kommt das entscheidende Verdienst zu, die untereinander verfeindeten Führungsgruppen der Rechtstradikalen am Parlamentseinzug gehindert zu haben." -- (gba, jöd, tri) Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Juristische Verfolgung von Naziver Datum : Fr 14.01.94, 00:00 (erhalten: 14.01.94) Groesse : 19058 Bytes Datei : 6005.msg, 13.01.94, 17:32:50 - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. 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In der mündlichen Urteilsbegründung des Auschwitz-Prozesses, wo Richter und Staatsanwälte guten Willens am Werk waren, wurde gesagt : "Selbst wenn in allen Fällen die Angeklagten wegen Mittäterschaft zu lebenslang Zuchthaus verurteilt würden, würde eine Division dieser Strafe durch die Anzahl der Opfer niemals auch nur zu einer annähernd gerechten Sühne führen. Dazu ist das Menschenleben viel zu kurz." Oder um es mit Fritz Bauer zu sagen : Mit Rache und Vergeltung können Millionen Menschen nicht mehr zum Leben gebracht und die Tränen nicht gestillt werden. Worum also ging es, wenn der Versuch gemacht worden ist, auf diesen bisher größten Verbrechenskomplex der Geschichte mit Mitteln des Strafrechts eine Antwort zu finden. ? Die Initiatoren des Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozesses und des Auschwitz-Prozesses haben sich von dieser strafrechtlichen Aufarbeitung einer furchtbaren Vergangenheit Auswirkungen auf das Verhalten künftiger Generationen versprochen. Das von den Siegermächten der Anti- Hitler-Koalition beschlossene Verfahren gegen Göring und andere sollte eine revolutinonäre Weiterentwicklung des Völkerrechts bewirken. Man wollte die seit dem Kellog-Briand-Pakt von 1928 geltende Ächtung des Angriffskrieges um eine persönliche strafrechtliche Haftung der verantwortlichen Staatsmänner, Militärs und Wirtschaftsführer ergänzen. Der amerikanische Hauptankläger Robert Jackson versprach sich, wie Robert Kempner in seinen Lebenserinnerungen berichtet, von einem völkerrechtlichen Gesetz, daß die persönliche strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen festschrieb, die Verhinderung weiterer Kriege, der schlimmsten aller Mordtaten. Auch Fritz Bauer, dem Vater des Auschwitz-Prozesses, ging es um hohe Ziele. Die Prozesse gegen Nazi-Verbrecher sollten das furchtbare Tatsachenmaterial öffentlich vorführen und die Deutschen daran erinnern, daß es ein Recht auf Widerstand gegen staatliches Unrecht gibt. Ihr hättet nein sagen müssen, sei das A und O dieser Prozesse. Und er hoffte, daß daraus der Sinn für Gleichheit aller Menschen, der Sinn für Toleranz, Achtung und Anerkennung gegenüber dem anderen und die Erkenntnis erwachsen werde, daß anstelle von Haß und Gewalt Brüderlichkeit und Nächstenliebe herrschen müsse. Die Prozesse haben die in sie gesetzten großen Hoffnungen nicht erfüllt. Die Welt hat die Lektion von Nürnberg nicht gelernt, sagte später der amerikanische Anklagevertreter Telford Taylor. Und auch die Lektion des Auschwitz-Prozesses ist nicht gelernt worden. Die Weltsituation von 1945 schien beste Vorrausetzungen für eine neue internationale Rechtsordnung zu bieten, in der die Völkergemeinschaft darüber wachen würde, daß sich Kriege und Menschheitsverbrechen nicht widerholen würden. Der faschistische Störenfried war in gemeinsamer Anstrengung der in der Anti-Hitler-Koalition verbündeten Staaten zu Boden geworfen. Die Waffentechnik hatte mit Erfindung der Atombombe einen Stand erreicht, der die Abschaffung des Krieges zu einer praktischen Notwendigkeit machte. Die Überlebenden des großen Mordens, daß 50 Millionen Menschenleben gekostet hatte, glaubten, vor einem Neuanfang zu stehen, vor einer Zukunft friedlicher Koexistenz zweier Wirtschaftssysteme, in der die Menschen das Sagen haben würden, die aus der Vergangenheit gelernt hätten. Die Kriegstreiber und Mörder von gestern, in exemplarischen Prozessen angeprangert, sollten für alle Zeiten ausgespielt haben. Und es war bis in die neugegründete CDU hinein das Bewußtsein dafür wach, daß zu den Schuldigen des großen Mordens auch das kapitalistische Wirtschaftssystem gehörte, dessen Bosse die Hitler-Bande von Anfang an und in mörderischer Ausbeuter-Kumpanei bis Auschwitz hin begleitet hatte. So sollte ursprünglich auch der Industrielle Gustav Krupp von Bohlen und Halbach neben den politischen und militärischen Führern des Dritten Reiches auf der Anklagebank des Nürnberger Prozesses sitzen, wovor ihn nur sein Gesundheitszustand bewahrte. Immerhin gab es unter den zwölf Nachfolgeprozessen vor dem amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg noch drei Verfahren gegen Exponenten des mit Hitler verbündeten Kapitals, so der Prozeß gegen den Industriellen Friedrich Flick und fünf seiner Mitarbeiter wegen Ausbeutung der Arbeitskraft von Zwangsarbeitern und Ausraubens von ausländischem Eigentum, den Prozeß gegen 23 leitende Herren der IG-Farben-Industrie-AG wegen Verschwörung zum Angriffskrieg, wirtschaftlichen Ausraubens und Ausbeutens der Arbeitskraft von Kriegsgefangenen, Deportierten und Konzentrationslager- Häftlingen, insbesondere in Auschwitz, und den Prozeß gegen Alfred Krupp von Bohlen und Halbach und elf leitende Angestellte der Firma Krupp wegen Ausplünderung ausländischen Eigentums und Ausbeutung der Arbeitskraft von Zwangsarbeitern. Aber das gegen Hitlers Deutschland gerichtete Bündnis der Siegermächte, auf dessen Dauer sich alle Hoffnungen für eine neue Weltordnung stützten, hielt nicht lange. Kaum war der auch andere Völker bedrohende Hitler-Terror gebrochen, besann man sich in den kapitalistischen Machtzentralen der alten antikommunistischen Frontstellung, die von den Angeklagten des Nürnberger Prozesses noch vergeblich beschworen worden war. Schon die Anklage gegen die Bosse des IG-Faben-Konzerns war in den USA, wo es enge Verflechtungen über internationale Kartelle zwischen IG- Farben und den Firmen Dow-Chemicals - bekannt als Giftliferant für den Vietnam-Krieg - Du Pont und Standard Oil gab auf Kritik gestoßen. (Vgl. Jörg Friedrich : Die kalte Amnestie. Fischer-Taschenbuch 1984 S. 103 f.) Als die Deutschen die strafrechtliche Verfolgung von Nazi-Verbrechern selbst in die Hand nahmen, hatte sich die internationale Szene bereits gründlich gewandelt. Der Gegensatz zwischen den kapitalistischen Staaten des Westens und der Sowjet-Union, von Adenauer und seiner Gefolgschaft eifrig geschürt, führte dazu, daß die Nazi-Verbrecher von gestern als Verbündete des kalten Krieges gegen den neuen Weltfeind Sozialismus gebraucht wurden. (Vgl. Christopher Simpson : Der amerikanische Bummerang. NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA. Wien 1988) Die von Adenauer zum Aufbau der sogenannten Bundeswehr herangezogenen Generäle und Admirale der Hitler- Wehrmacht machten ihre offenbar unentbehrliche Mitwirkung von der Begnadigung ihrer als Kriegsverbrecher verurteilten Kumpane abhängig. 1957 hatte der letzte von amerikanischen Militärgerichten verurteilte Nazi-Kriegsverbrecher das Gefängnis verlassen. Nur Rudolf Heß, der einstige Stellvertreter des "Führers" - ausgerechnet Heß der in Nürnberg "nur" wegen Angriffkriegs, nicht aber wegen Menschlichkeitsverbrechen verurteilt worden war, und dessen psychische Gesundheit nach den über ihn erstatteten Gutachten immerhin zweifelhaft sein konnte ließ man bis zum letzten Tag seines Lebens in Spandau sitzen, gewissermaßen als sichtbares Zeichen dafür, daß die Verbrechen des Nazi-Regimes gesühnt worden sind. Er war wohl für den neuen antikommunistischen Kreuzzug wirklich nicht mehr zu gebrauchen. Auch mit der kapitalistischen Wirtschaftsordung hatte die von Konrad Adenauer geführte CDU längst ihren Frieden gemacht, und zwar im Bunde mit der dahinterstehenden amerikanischen Besatzungsmacht. "Die Vereinigten Staaten waren sich durchaus darüber im klaren", schrieb Wolfgang Abendroth in seinem Buch "Wirtschaft, Gessellschaft und Demokratie in der Bundesrepublik" (Frankfurt am Main 1965, S. 17 f.), "daß sie zur Remilitarisierung ein Bündnis mit den alten Kräften der deutschen Monopolindustrien, die stets für Rüstungspolitik eingetreten waren, eingehen mußten, und daß auf andere Weise wohl auch die Unterstützung jener Generäle der alten deutschen Armee nicht zu gewinnen war, die zum großen Teil im Mangement der Industrie wieder untergekommen waren." So kam es, daß bei Beginn des Auschwitz-Prozesses nur Leute aus dem zweiten Glied auf der Anklagebank saßen, die sich denn auch wiederholt darüber beklagten, daß man die Kleinen hänge und die Großen laufen lasse. Da saßen Männer, denen nachgewiesen werden konnte, daß sie in hunderten und tausenden von Fällen als Täter oder Gehilfen an der Tötung von Menschen mitgewirkt hatten. Da saß der Mann, der hunderten von wehrlosen Menschen die tödliche Phenolspritze ins Herz gestoßen hatte. Da saßen die Männer, die an der Rampe entschieden hatten, wer als arbeitsfähig galt und noch eine Zeitlang als Arbeitssklave am Leben bleiben durfte und wer sogleich den Gang in die Gaskammer antreten mußte. Da saß der Mann, der ein nach ihm benanntes Folterinstrument erfunden hatte, die Boger-Schaukel, auf der er die seinen Sadismen hilflos ausgelieferten Menschen schlug, bis sie die gewünschten Aussagen machten oder als Tote oder Krüppel aus dem Raum getragen werden mußten. Sogenannte Exzeßtäter, die über das, was ihnen von oben befohlen worden war, hinausgegangen waren, und solche, deren Schuld darin gefunden wurde, daß sie sich der Mitwirkung an befohlenen Massentötungen nicht entzogen hatten, obwohl dies, wenn auch vielleicht um den Preis einer Frontversetzung, möglich gewesen wäre. Aber wo waren die Herrschaften, die diesen größten Massenmord der Geschichte kalten Blutes geplant und mit bürokratischer Perfektion organisiert hatten ? Wo waren die Wirtschaftsbosse, deren Konzerne von der unbezahlten Zwangsarbeit der ausgemergelten KZ- Häftlinge profitiert und das Giftgas für die Gaskammern geliefert hatten ? Und wo waren die Juristen, die von den Massentötungen in Auschwitz gewußt und sich damit zufriedengegeben hatten, daß es auf Grund von Anordnungen der höchsten Staatsführung geschehe ? (Vgl. Bernd Naumann: Auschwitz. Bericht über die Strafsache Mulka u.a. vor dem Schwurgericht Frankfurt. Fischer- Taschenbuch 1968, S. 205) Man weiß, wo sie geblieben sind, nämlich mit offenen Armen aufgenommen in dieser zum Trauern unfähigen Gesellschaft, und der eine oder andere von ihnen durfte im Frankfurter Auschwitz-Prozeß mit Titel und Namen angesprochen, eine Gastrolle als Zeuge geben. Da verließ so mancher Herrenmensch von gestern, als Jurist oder Wirtschaftsmanager in wohldotierte Bürgerlichkeit zurückgekehrt, nach seiner Zeugenvernehmung erhobenen Hauptes den Saal, ohne befürchten zu müssen, daß ihm je ein Haar gekrümmt werden würde. Es waren auch ehemalige Vorgesetzte der Angeklagten darunter. Da bewährte sich, anders als in Nürnberg, schon wieder der Grundsatz, daß mit der Distanz zum blutigen Handwerk auch die Milde des Gesetzes und seiner Anwender zunimmt, die Exkulpation der Schreibtischmörder als ehernes Prinzip deutscher Vergangenheitsvergewaltigung. Besonders empörend, daß die Herren vom Reichssicherheitshauptamt, von denen die Mordbefehle kamen, die in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern umgesetzt wurden, nie verurteilt worden sind, weil eine trickreich ausgeheckte Gesetzesänderung dafür gesorgt hatte, daß ihre Taten als verjährt galten, als die Anklageschrift fertig war. Nicht nur die Schreibtischmörder des Reichssicherheitshauptamtes sind unbestraft in die Gesellschaft zurückgekehrt. Auch die Verflechtungen der deutschen Industrie mit dem Betrieb von Konzentrationslagern waren schon fast vergessen, als das Frankfurter Gericht von Friedrich Karl Kaul, dem hierzulande ungeliebten DDR-Anwalt, genötigt wurde, sich zu diesem Thema ein Gutachten von Jürgen Kuczynski, Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, anzuhören. Es war nicht radikaler als das Resümee des amerikanischen Richters Curtis Grover, der am Ende des IG-Farben-Prozesses gesagt hatte: "Auschwitz gehörte der IG-Farben und wurde von ihr finanziert." Aber solche Wahrheiten hörte man im wiedererblühten kapitalistischen Deutschland nicht gern, in dem die Angeklagten des IG- Farben-Prozesses inzwischen schon wieder leitende Stellen in der Industrie bekleideten. Schlimmer als diese Selektivität der Strafverfolgung, die denen, die wirklich verurteilt wurden, die Rolle von Sündenböcken zuwies, auf denen die Gesellschaft ihre Kollektivschuld abladen konnte, war die Reaktivierung und stillschweigende Rehabilitierung derer, die unbestraft blieben. Nicht nur Hitlers Generäle und Admirale. sondern auch seine Wirtschaftsbosse und seine Beamten, nicht zuletzt seine Richter und Staatsanwälte kehrten zurück in Funktionen, in denen sie mit flink gewendetem Mäntelchen weitermachen konnten, wo sie 1945 aufhören mußten. Und sie durften sich und der Welt beweisen, daß doch nicht alles falsch war, was sie schon als eifrige Gefolgsleute Adolf Hitlers getan hatten. Als mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz von 1951 die neue Hetzjagd auf Kommunisten mit den Mitteln des politischen Strafrechts eingeläutet wurde, waren sie wieder in ihrem Element. Oft genug durften sie Menschen ins Gefängnis schicken, die schon einmal, nämlich als Widerstandskämpfer gegen den Hitler-Terror, vor Gericht gestanden hatten. Fritz Bauer, unbeirrbar in seinem antifaschistischen Engagement, stand mit seiner idealistischen Zielsetzung wie ein Fels in der Brandung, die längst den ganzen Dreck von gestern anspülte. Wen hatte er mit seinem "Ihr hättet nein sagen müssen !", wen mit seiner Ermutigung zum Widerstand gemeint ? Doch nicht nur den Mann auf der Rampe in Auschwitz, dessen Wiederkehr uns, wenn die Geschichte gnädig ist, erspart bleiben mag. Er hat die Zigtausende gemeint, deren widerspruchslose Mitwirkung und Duldung erforderlich war, um den Massenmord zu ermöglichen. Er hat die Vielen gemeint, die geschwiegen haben, als Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, "Zigeuner", Zeugen Jehovas und andere unbequeme Minderheiten aus der sogenannten Volksgemeinschaft ausgegrenzt, verhaftet, in Gefängnissen und Konzentrationslagern eingesperrt, ermordet oder aus dem Lande vertrieben wurden. Die Mordmaschinerie hätte auch ohne Exzeßtäter, ja vielleicht noch besser ohne sie funktioniert. Es gab genug brave Untertanen in diesem Land, die zu jeder von oben befohlenen Schandtat bereit waren. Und es gibt sie immer noch. In der Stunde Null des Jahres 1945 haben sie mitgeschrien: "Nie wieder Krieg !" und "Wir haben von nichts gewußt". Sie haben nicht gewußt, daß Juden umgebracht wurden, daß Kommunisten, Sozialdemokraten, Zeugen Jehovas und "Zigeuner" eingesperrt und ermordet wurden. Und sie hätten, wenn sie es gewußt hätten, natürlich nein gesagt. Wirklich ? Längst gibt es in diesem Land wieder die Bereitschaft Ja zu sagen, wenn irgendwo in der Welt deutsche Soldaten gebraucht werden, wenn Kommunisten, die Anfang der 50er Jahre versuchten, die Opposition gegen Remilitarisierung und Restauration zu organisieren, erneut als Staatsfeinde eingesperrt und ihrer Wiedergutmachungsrenten für erlittene Nazi-Haft verlustig erklärt wurden, oder wenn über sie Berufsverbot als Lehrer oder Postbeamter verhängt wurde, wenn Zeugen Jehovas, als diese unter Berufung auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit Wehr- und Ersatzdienst verweigerten, wie schon einst strafverfolgt wurden. Was haben deutsche Juristen, deren Rechtsdenken ja doch in erster Linie von den Prozessen in Nürnberg und Frankfurt hätte angesprochen werden müssen, hinzugelernt, wenn sie ohne Gewissensskrupel in der Lage waren, diese neue Gesinnungsjustiz zu praktizieren, wenn sie den gewaltlosen Widerstand gegen Atomwaffen und Raketen auf deutschem Boden als Nötigung amerikanischer Soldaten und die in einem Flugblatt enthaltene Ermutigung deutscher Soldaten, im Fall ihres Einsatzes im Golfkrieg Fahnenflucht zu begehen, als Aufforderung zu strafbaren Handlungen abgeurteilt haben ? Was haben deutsche Juristen hinzugelernt, die es fertiggebracht haben, das schändliche Reichsgerichtsurteil gegen Carl von Ossietzky, das diesen mutigen Kämpfer gegen Faschismus und Militarismus zum Landesverräter erklärt hatte, im Jahre 1992 noch einmal zu bestätigen ? Was haben deutsche Politiker hinzugelernt, die das Asylrecht für politisch Verfolgte zu einer Rechtsattrappe verkürzt haben ? Was ist von Politikern zu halten, die sich bis heute nicht entschließen können, das an den Opfern der Justiz des Kalten Krieges begangene Unrecht im Rahmen des Möglichen wiedergutzumachen ? Was ist von Politikern und Wirtschaftsbossen zu halten, die sich bis heute weigern, die von KZ-Häftlingen geleistete Zwangsarbeit zu entschädigen ? Mir fehlt die Zeit, um alle Dummheiten, Bosheiten und Zynismen aufzuzählen, die sich deutsche Politiker, Militärs, Wirtschaftsbosse und Beamte - besonders Richter und Staatsanwälte - schon wieder leisten können, ohne daß ein Aufschrei durchs Land geht. Wir kennen die Früchte, die diese miserablen Lehrmeister der Jugend hervorgebracht haben. Gewalttaten und andere Feindseligkeiten gegen Minderheiten wie Ausländer, Behinderte und Juden sind das Spiegelbild dessen, was die Alten gesungen haben, doppelzüngig zwar, aber an ihren Taten erkennbar. Widerstand ist angesagt gegen diese Lehrmeister, die selber nichts aus der Geschichte gelernt haben. Widerstand ist angesagt gegen die lernunfähigen Lehrmeister junger Menschen, in deren Schulaufsätzen schon wieder Sprüche wie "Alle Ossis in die Gaskammer" zu lesen sind (vgl. "Wochenpost" vom 11. November 1993). Die längst als verlogene Sonntagsredner entlarvten Exponenten einer Staatsgewalt, die selbst über die Rechte und Interessen von Minderheiten mit gesetzlichen Federstrichen, Polizeiknüppeln, Abschiebeverfügungen und dergleichen legalen Gewaltakten hinweggeht, brauchen sich nicht über Minderheitenhaß und Gewaltbereitschaft bei ihren mißratenen Kindern zu wundern. Es ist an der Zeit, die Lehren von Auschwitz endlich generationsübergreifend in den Köpfen der Jugend zu verankern. Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* Heckler & Koch im Jugoslawienkrieg Datum : Fr 14.01.94, 00:00 (erhalten: 14.01.94) Groesse : 4109 Bytes Datei : 8756.msg, 13.01.94, 17:31:32 - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Heckler & Koch im Jugoslawienkrieg - ---------------------------------- Das Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB) e.V. Tübingen und das Büro für notwendige Eimischungen e.V. Hamburg wandten sich am 1. Januar an die Öffentlichkeit: Nach der Berichterstattung des Londoner Independent ist die Verwicklung der Firma Heckler & Koch in den Krieg im ehemaligen Jugoslawien endlich auch Thema in Deutschland. Das Rüstungs- Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB) e.V. hat auf diesen Zusammenhang schon vor genau einem Jahr zum erstenmal in einem Buch ("Krieg in Jugoslawien") hingewiesen. Am 19.3.1993 haben dann verschiedene Organisationen der Friedensbewegung vor den Toren der Firma im schwäbischen Oberndorf mit einer Aktion die Mitschuld der Firma Heckler & Koch bei Waffenschiebereien an alle Kriegsparteien im Jugoslawienkrieg aufmerksam gemacht. Deshalb, so RIB-Vorstandsmitglied Tobias Pflüger, "ist die Reaktion der Staatsanwaltschaft Rottweil absolut unverständlich", die sich "völlig überrascht" von den Vorwürfen des Independent zeigte. "Ein bißchen informieren und die Hinweise aus der Friedensbewegung ernst nehmen", riet er der Staatsanwaltschaft. Tobias Pflüger (RIB): "Heckler & Koch ist der Lizenzgeber aller H & K- Waffen, die im Krieg im ehemaligen Jugoslawien auftauchen. Für jede vergebene Lizenz gehen die Einnahmen u.a. an Heckler & Koch in Oberndorf. Heckler & Koch hatte gute Verbindungen zur Belgrader Firma Univerzal. Nicht nur die serbische, insbesondere auch die kroatische und ebenfalls die bosnische Kriegsseite, die alle unter einem UN-Waffenembargo stehen, sind mit Heckler & Koch MP 5 und G-3-Gewehren ausgerüstet. Heckler & Koch hat somit auch eine Veranwortung für den Einsatz der Waffen. Doch ein Großteil der Waffenexporte ist offiziell genehmigt, und dafür verantwortlich ist das Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn und das Bundeswirtschaftministerium." Die Staatanwaltschaft hat im September den Antrag der Demonstrant/inn/en vom 19.3. auf Eröffnung eines Verfahrens gegen Heckler & Koch wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, nämlich der Söldnerzeitschrift "Soldiers of Fortune", abgewiesen. In dieser Söldner(anwerbe-)Zeitschrift wirbt Heckler & Koch regelmäßig und unterstützt insofern das Söldnerunwesen. Nach Ansicht des Rüstungs-Informationsbüros Baden-Württemberg (RIB) und des Büros für notwendige Einmischung sollte die Staatsanwaltschaft erneut die Ermittlungen aufnehmen und ein Verfahren gegen Heckler & Koch eröffnen. "Vollkommen paradox" wird das Verhalten der Staatsanwaltschaft mit dem 30.12.: An diesem Tag stellte die Staatsanwaltschaft Frank Eyssen vom Büro für notwendige Einmischung aus Hamburg einen Strafbefehl wg. "Vergehen der Abhaltung einer nicht angemeldeten Versammlung" (von 6.43 bis 8.17 Uhr, so die als Zeugen auftretenden Polizisten) über die Gesamtsumme von 3 000 DM zu, für die Aktion vor den Toren von Heckler &Koch am 19.3. diesen Jahres. Frank Eyssen dazu: "Ich erhebe Einspruch - zumal in keiner Weise gewährleistet ist, daß mit ihr zukommenden Geldern die Staatsanwaltschaft Rottweil endlich - zum Beispiel durch den Ankauf der entsprechenden Fachliteratur - dem Dauerskandal Heckler & Koch ein entsprechendes Ende bereitet." Die beiden Büros haben sich deshalb entschlossen, der Staatsanwaltschaft Rottweil behilflich zu sein: RIB wird der Staatsanwaltschaft Rottweil (neueste) Buchveröffentlichungen beider Büros zum Thema (Verlage Droemer Knaur, München, und Jung, Tübingen) in einer öffentlichen Aktion übergeben, um, wie es hieß, "bei der Information der Staatsanwaltschaft zu helfen". Empfaenger : /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN Absender : M.DIETZSCH@HOT.gun.de (Martin Dietzsch) Betreff : *AN1* "Buergerrechtsbewegung Solidaritae Datum : Fr 14.01.94, 00:00 (erhalten: 14.01.94) Groesse : 10472 Bytes Datei : 8427.msg, 13.01.94, 17:29:42 - ---------------------------------------------------------------------- ***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN ***************** Elekronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN. Verbreitung nur in CL und in Fido Antifa.ger frei. Bitte unterstützt das Projekt durch ein Abonnement der 14täglich erscheinenden Papierausgabe: Antifaschistische Nachrichten, GNN, Postfach 260226, 50515 Köln ***************************************************************** Der Faschismus der "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" - ----------------------------------------------------- Bei der Münchener Oberbürgermeisterwahl vor drei Monaten trat eine obskure "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" an, die bis dahin den meisten MünchnerInnen unbekannt gewesen sein dürfte und verkündete auf einer Unzahl Plakate sie besitze "das Patentrezept". Links klingende Parolen Dieselbe Bürgerrechtsbewegung erntete etwa in Bischofferode durchaus Zustimmung als sie auf einem Flugblatt den Widerspruch zwischen der Stillegung von Kalibergwerken in Deutschland und dem Bedarf, der dafür gerade in der Dritten Welt vorhanden wäre, zur Sprache brachte. Auch in einem Flugblatt zur Stadtratswahl wurden durchaus links klingende Töne angeschlagen: von einem drohenden "Kollaps des Weltwährungssystems" ist da die Rede und es wird beklagt, daß die alten Parteien darauf nur mit Sparappellen und Versprechungen, die sie nach der Wahl nicht halten können, reagieren; stattdessen wird eine "Besteuerung der Spekulation statt der Produktion" und ein wirtschaftliches Entwicklungsprogramm nach den Plänen des "in den USA politisch verfolgten Wirtschaftswissenschaftlers Lyndon LaRouche" gefordert. In einem Flugblatt zur Auseinandersetzung um die Kandidatur Heitmanns zeigt sich dagegen schon deutlicher die Gesinnung der selbsternannten "Bürgerrechtler": Da wird der "Kulturkampf" und "Gesinnungsterror" gegen Heitmann beklagt: "Wer sich für Kernenergie, ... gegen ... Drogenlegalisierung oder für AIDS Tests einsetzt, und wer erklärt, der Unterschied zwischen Mann und Frau sei natürlich und nicht kulturell bedingt, der wird zu einem >Rechtsradikalen<, einem Faschisten gestempelt." Lügen Da die selbe Gruppe nun auch noch bei den Auseinandersetzungen um das DASA Werk in München-Neuaubing aufgetreten ist und sogar auf dem Firmengelände Flugblätter verteilte, besteht gerade in gewerkschaftlichen Kreisen ein großer Informationsbedarf über die wirklichen Hintergründe. Deshalb veranstaltete die Münchner Geschichtswerkstatt gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus am 17. Dezember eine Informationsveranstaltung im DGB-Haus. Bereits im Vorfeld kam es zu unangenehmen Vorfällen: Die Bürgermeisterkandidatin der "Bürgerrechtsbewegung" Elke Fimmen rief bei verschiedenen DGB Funktionären an und verbreitete fälschlich, daß gegen den Referenten ein Strafverfahren wegen Verleumdung liefe. Weiter wurde behauptet, daß die "Antifa Thüringen" einen Prozeß gegen die "Bürgerrechtsbewegung" verloren habe und ihre Behauptungen widerrufen haben müssen; auch dies stellte sich nach Rückfrage als gelogen heraus. Bei der Veranstaltung selbst traten mehrere Mitglieder des Schiller Institutes auf, unter anderem ein Herr Zuse und eine schwarze angebliche Bürgerrechtlerin aus dem USA namens Sheila Jones. Die Vorwürfe selbst wurden nicht bestritten, sondern stattdessen in gewohnter Manier mit links klingenden Statements und Absingen eines Gospel- Songs versucht zu verwirren. Dennoch erwies es sich im nachhinein als richtig, ihnen nicht den Mund zu verbieten, da sie sich im Eifer des Gefechts dann doch mit Aussagen wie, die Grünen seien eine Drogen- und Kindersex-Partei, selbst entlarvten. Das Netz des Lyndon LaRouche Der Referent zeigte, daß die "Bürgerrechtsbewegung" ein weiteres Glied der multinationalen Organisation des amerikanischen Politikers Lyndon LaRouche ist. Diese Organisation war vorher in der BRD unter Bezeichungen wie "Europäische Arbeiterpartei", "Patrioten für Deutschland" und "Schiller Institut" aufgetreten. LaRouche selbst sitzt derzeit wegen verschiedener krimineller und politischer Delikte (unter anderem Steuerhinterziehung, Verschwörung gegen die Justizbehörden und Kreditkartenmißbrauch) in den USA im Gefängnis. Dennnoch leitet er weiterhin vom Gefängnis aus die Aktivitäten seiner Organisation auf mehreren Kontinenten. Diese Tätigkeit besteht aus einer Art von politischer Söldner-Tätigkeit, indem linke und unangenehme Gruppen im Auftrag von Lobbyisten und Industrie systematisch diffamiert und verleumdet werden. So wurde etwa jüngst in den USA die Organisation Greenpeace des Terrorismus und des Geldmißbrauchs bezichtigt. Vor einigen Jahren waren die Grünen das bevorzugte Opfer, die als "Ökofaschisten", "Ex-Terroristen, Altnazis, Gaddafi-Anhänger und Ostkader" beschimpft wurden. Gleichzeitig werden in den Artikeln der LaRouche Wochenzeitung "Neue Solidarität" Verschwörungstheorie aufgestellt, die immer darin gipfeln, daß eine internationale Verschwörung einer verbrecherischen Oligarchie mit dem Zentrum in England an allem Übel der Welt schuld sei. Seit der Verhaftung von LaRouche werden auch vermehrt die "Anglo-Amerikaner" angegriffen. Im zweiten Golfkrieg wurde offen für den Irak Partei ergriffen, obwohl noch wenige Jahre vorher jede Kritik an den USA als "moskauhörig" diffamiert worden war. Von Links nach Rechts fI-g10Das verwirrende Erscheinungsbild, das aus rechten und linken Elementen gemischt zu sein scheint, läßt sich entschlüsseln, wenn man die Entwicklungsgeschichte der Organisation in den USA betrachtet. LaRouche war bis 1966 ein Kader der trotzkistischen "Socialist Workers Party". Diese kleine aber sehr aktive Partei spielte eine wichtige Rolle in der amerikanischen Arbeiterbewegung und war führend an zahlreichen Streiks und Gewerkschaftsgründungen beteiligt. LaRouche war 17 Jahre lang ein aktives Mitglied und leistete in dieser Zeit einiges für die amerikanische Linke. Als er während der in den 60er Jahren ausbrechenden Fraktionskämpfe ausgeschlossen wurde, gründete er seine eigene Gruppe die "Labor Committees". Auch diese Organisation spielte zunächst ein durchaus positive Rolle etwa bei der berühmten Besetzung der Columbia Universität 1968. Bald jedoch begann sich die Tendenz durchzusetzen, die sich ja auch bei einigen anderen trotzkistischen Gruppe findet, weniger in den Rechten als in den konkurrierenden Linken den Hauptfeind, die Konterrevolution zu sehen. LaRouche freilich ging noch einen Schritt weiter: So stellte er in der Aktion "Mop up" (Aufmischen) Schlägertrupps zusammen, die systematisch Veranstaltungen und Aktivisten der CP- USA überfiel. Die dadurch entstandene Isolation seiner Gruppe innerhalb der Linken steigerte er noch mit Gehirnwäsche und anderen sektenähnlichen Praktiken. Mit einer von allen kritschen Leuten gereinigten und auf ihn als Führer eingeschworenen Organisation gelang es ihm 1973 / 74 den Schwenk von links nach rechts, den viele 68er individuell gegangen sind, geschlossen als Organisation zu vollbringen. Dadurch entstand eine Organisation neuen Typs, die linke Rhetorik und Aktionsfähigkeit von unten mit rechten Inhalten verbindet. Antisemitismus Es gibt starke Indizien, daß er bereits sehr früh (1971) enttäuscht von der Linken begann, sich an den Ideen, aber vor allem an den Taktiken Adolf Hitlers, wie sie in "Mein Kampf" beschrieben sind, zu orientieren. Konsequenterweise wurde die Orientierung auf die Arbeiterklasse aufgegeben und stattdessen die produktive Unternehmerschaft zum neuen politischen Subjekt erklärt, dem man sich als politische Kampfpartei andiente. Dabei diente eine Verwörungstheorie, die LaRouche bereits vor der Wende nach Rechts gepflegt hatte, als Brücke zwischen den alten und den neuen Ideen. Laut LaRouche ist die gesamte Weltwirtschaft in den Händen der Familie Rockefeller, die von der Spekulation und dem Hunger in der Dritten Welt profitiere. Diese Oligarchie verhindere eine sinnvolle technische Entwicklung und plane einen dritten Weltkrieg. Aus dem Rockefellerkomplex wurde nun eine internationale zionistische Verschwörung gestrickt, die ihr Zentrum in England habe. Dieser Oligarchie wurde nun alles Böse in der Welt vom Drogenhandel bis zum Terrorismus und Kommunismus angedichtet. Auch dieses Rezept ist nicht neu; auch die Nazis brachten es schon fertig, den langen Arm der Juden sowohl im Kommunismus wie an der Wall-Street am Werk zu sehen. Die gemeinsame Gegnerschaft zu Rockefeller und zum "zionistischen" England führte auch zeitweise zu einer Allianz mit KuKluxKlan Leuten wie Roy Frankhouser (Das wird freilich heute abgestritten, da man nun entdeckt hat, daß die Oligarchie auch hinter dem KuKluxKlan steckt). Was Deutschland betrifft, so beklagt man ebenso wie die alten und neuen Nazis die "Umerziehung" und den "scheinheilgen Holocaust-Schwindel", mit denen England versuche, Deutschland von der Weltmacht fernzuhalten. Faschisten Diese und andere Fakten zeigen deutlich: Die LaRouche-Organisation ist geradezu klassisch faschistisch. Sie besteht aus gescheiterten Intellektuellen und Kleinbürgern, die, von den Linken enttäuscht, nach der Macht streben, um selbst auch einmal am Drücker zu sein. Sie bauen einen Propaganda und Terror-Apparat, einen Staat neben dem Staat, auf, den sie den Mächtigen zum Kampf gegen die Linken anbieten. Zeitgemäßerweise besteht dieser Terror weniger in physischen Angriffen als in Verleumdungen, Hetzkampagnen und Beleidigungen. Als Gegenleistung erbitten sie von den wirklich Mächtigen aus Industrie und Politik Rückendeckung und Immunität gegen Strafverfolgung. Daß diese Rechnung nicht immer aufgeht, zeigt die Verurteilung von LaRouche trotz seiner Beteuerungen, doch als antibolschewistischer Patriot und im Sinne des CIA gehandelt zu haben. Offensichtlich hatte man für LaRouche, der noch in der Anfangszeit der Reagan Regierung geradezu hofiert wurde, keine Verwendung mehr. Das kann sich freilich jederzeit wieder ändern. Gerade in Deutschland ist die enge Verbindung der LaRouche Leute zu Geheimdienstkreisen wie dem Ex- MAD-Chef Scherer und dem ExVerfassungsschutzpräsidenten Hellenbroich besorgniserregend. Deshalb ist es trotz der eher bescheidenen Größe der LaRouche Organisation weiterhin nötig diese zu beobachten und zu behindern. -- (anw) -----BEGIN PGP SIGNATURE----- Version: 2.6 iQCVAgUBLpsAL3ugUuenT591AQHeDQQAmzgpPDLyhUeCEmYIdnGJJjFiVUXZxHih uexvOhAIUk0mMW+MK2lW3jbSd8+c/nvCyzitAz633rHp3mt2NnwjbcLhpFrQ9ZOa 2NYig7wDTT894QkfiWvvpbUzBdNc3sOmoIDRojPB+8LlqfSdmRbHTZrcyideCqPj LjVY5q6lON8= =NQCx -----END PGP SIGNATURE-----