Angehörigen Info 180

20.4.1996

Herausgegeben von Angehörigen, Freunden und Freundinnen politischer Gefangener in der BRD


Freiheit für Hanna Krabbe! Jetzt!

Hanna Krabbe wurde im April 1975 als Angehörige des Kommandos Holger Meins der RAF bei der Erstürmung der Botschaft der BRD in Stockholm durch Sicherheitskräfte festgenommen. Mit der vorangegangenen Botschaftsbesetzung hatte die RAF die Freilassung aller Gefangenen aus bewaffnet kämpfenden Gruppen in der BRD durchsetzen wollen, um sie der Verfügungsgewalt des Staates und damit der systematischen Zerstörung durch die Isolationshaft zu entreißen.

Ende dieses Monats soll für Hanna Krabbe das 22. Jahr ihrer Gefangenschaft beginnen. 21 Jahre in Einzel- und Kleingruppenisolation, die letzten Jahre unter modifizierten Sonderhaftbedingungen, liegen dann hinter ihr: 21 Jahres des Kampfes, der der tägliche Kampf aller politischen Gefangenen ist: der Kampf ums Überleben als Mensch, der Kampf gegen den permanenten Versuch, sie als politisch denkende Menschen zu brechen. "Mensch sein ist vor allem die Hauptsache", schrieb schon Rosa Luxemburg als politische Gefangene, "und das heißt: Fest und klar und heiter sein, ja heiter trotz alledem." Dem allerdings sind Grenzen in der Zerstörungskraft der Haftbedingungen gesetzt: Weil Hanna Krabbe weiterhin am Kern ihrer politischen Vorstellungen festhält, soll "lebenslänglich" für sie - wie für ihre gefangenen Genossinnen und Genossen - tatsächlich lebenslange Inhaftierung, mindestens aber Haft bis zur nicht wieder behebbaren vollständigen Erschöpfung bedeuten. Sie alle brauchen die Freiheit!

Hanna Krabbe muß jetzt endlich sofort und bedingungslos freigelassen werden! Das ist keine Frage des seit Sommer 1995 laufenden formaljuristischen Entlassungsverfahrens. "Entweder sie lassen uns raus und akzeptieren unsere politische haltung und verantwortung oder nicht", schrieb Hanna Krabbe dazu in einer Erklärung vom Juli 1995. Freikommen wird Hanna Krabbe nur, wenn die politisch Verantwortlichen zu der politischen Entscheidung gebracht werden, sie nicht länger gefangenzuhalten.

Wir rufen dazu auf, die Forderung nach dieser politischen Entscheidung für Hanna Krabbes sofortige und bedingungslose Freilassung zu unterstützen.

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Elke Breitenbach, Jugendsekretärin HBV Berlin; Frank Castorf, Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin; Thomas Ebermann, Journalist, Hamburg; Peter Gingold, Teilnehmer an der Rèsistance, Frankfurt/Main; Maike Henze, Stellv. JAV-Vorsitzende UKE, Hamburg; Andreas Köhn, Geschäftsführender Landesbezirksvorstand der IG Medien Berlin-Brandenburg, Berlin; Johann Kresnik, Leiter des Choreographischen Theaters an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin; Karin Kunstreich, Personalratsvorsitzende, und Dr. Timm Kunstreich, Hochschullehrer, Hamburg; Katja Leyrer, Autorin, Hamburg; Gisela Steineckert, Schriftstellerin, Berlin; Rainer Trampert, Publizist, Hamburg; Gisela Wiese, Vizepräsidentin von Pax Christi in der BRD, Hamburg; Hannelore Witkofski und Marius Giese, AK gegen Selektion und Bevölkerungspolitik, Hamburg und Bremen,

Klaus Behnken, Chefredakteur, Regina Sommer, Redakteurin, Bernd Beier, Ivo Bozic, Lars Breuer, Andreas Dietl, Jürgen Elsässer, Martin Krauß, Peter Rau, Richard Rother, Andreas Spannbauer, Bernd Verter, Wolf-Dieter Vogel, Redakteure, Sabine Peters, Bildredakteurin, Dietmar Koschmieder, Geschäftsführer, Barbara Schmidt, Anzeigenleiterin der Tageszeitung junge Welt, Berlin

Am 25.4.1996 jährt sich zum 21. Mal der Tag von Hannas Festnahme in Stockholm 1975. 21 Jahre in Einzel- und Kleingruppenisolation, die letzten Jahre unter modifizierten Sonderhaftbedingungen, aber auch 21 Jahre des politischen Kampfes im Knast, des Kampfes gegen die Haftbedingungen und für ihre Freiheit und die ihrer gefangenen Genossinnen und Genossen liegen dann hinter ihr. Wenn es nach dem Willen der staatlichen Behörden und ihrem formaljuristischen Gewürge um das Entlassungsverfahren geht, soll Hanna an diesem Tag immer noch im Knast sein, soll sie kommende Woche in das 22. Jahr ihrer Gefangenschaft gehen.

Wir wollen daß Hanna jetzt sofort und bedingungslos freikommt!

Wir wissen aus unserer eigenen Erfahrungen ebenso wie von anderen, wie dünn zur Zeit der gemeinsame politische Boden ist und wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind, Hannas Freilassung unmittelbar durchzusetzen. Nichts läge uns zur Zeit politisch auch ferner, als die Simulation irgendwelcher unbestimmten, vermeintlich breiten Initiativen. Dennoch halten wir daran fest, daß es auch in dieser Situation möglich ist zu intervenieren, um die Forderung nach Hannas Freilassung voranzubringen und das Gewürge der Behörden zu durchkreuzen.

Daher bitten wir alle, die für die Forderung nach Hannas Freiheit mit einstehen, für sich zu überlegen, ob und welche Möglichkeiten es für sie gibt, am 25.4.1996 in ihren Städten angemessene kleine und begrenzte Formen des Ausdrucks zu finden, um der Forderung nach Hannas sofortiger und bedingungsloser Freilassung Präsenz und Nachdruck zu verleihen, Hanna selbst in ihrer Haltung zu unterstützen und deutlich zu machen, daß wir jetzt nicht mehr loslassen, bis Hanna draußen ist.

Wenn ihr Ideen entwickelt und umsetzt, teilt uns oder besser noch: Hanna selbst das bitte mit, damit wir einen Überblick haben, um unsererseits gezielter weiterüberlegen zu können.

Bei uns können sowohl die Postkarten, die der Wochenendausgabe der "jungen Welt" beigelegt waren und sich auch in diesem Info befinden, als auch der in dieser Ausgabe dokumentierte Aufruf für Hannas Freiheit bestellt werden. Nach Möglichkeit legt bitte Briefmarken bei, daß wir zumindest die Portokosten wieder hereinbekommen.

Bestelladresse für Postkarten und Aufrufe:

AK Kassiber, c/o Infoladen M99, Manteuffelstr. 96, 10997 Berlin, Fax (030) 6115021

Spendenkonto:

Für die bisherigen und weitere Initiativen für Hannas Freiheit benötigen wir dringend Geld! Bitte spendet auf das folgende Konto: L. Fischer, Stichwort "Freiheit", Berliner Bank (BLZ 100 200 00),Kto. 64 84 83 6 100


Bad Kleinen

OLG Rostock lehnt Antrag der Eltern von Wolfgang Grams ab, gegen Beamte der GSG9 Anklage wegen der Ermordung von Wolfgang Grams zu erheben

Das OLG Rostock hat am 29. März 1996 den Antrag von Ruth und Werner Grams, durch gerichtliche Entscheidung die Erhebung der öffentlichen Anklage gegen GSG-9-Beamte wegen Mordes an ihrem Sohn Wolfgang Grams anzuordnen, als unbegründet verworfen.

Auf knapp 38 Seiten setzt sich das OLG mit der circa 1.200 Seiten umfassenden Antragsschrift auseinander und begründet seine Entscheidung damit, "daß die Beschuldigten der ihnen vorgeworfenen Straftat nicht hinreichend verdächtig sind und infolge dessen ihre Verurteilung in der Hauptverhandlung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist".

Die unanfechtbare Entscheidung des OLG Rostock wird der erdrückenden Fülle der die GSG-9-Beamten belastenden Indizien und Beweise in keiner Weise gerecht.

Es stellt eine völlig neue Theorie zum Tatgeschehen auf, wonach "der Verletzte sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während des Sturzes auf die Gleise in suizidaler Absicht den Todesschuß beigebracht hat, also unmittelbar bevor er in bewegungsloser Haltung auf das Gleisbett fiel".

Das OLG Rostock benötigt diese, von keinem der Sachverständigen für wahrscheinlich erachteten, Variante des Tatgeschehens als Erklärung dafür, daß die Wolfgang Grams verfolgenden GSG-9-Beamten sowie ein Teil der Zeugen keine Angaben dazu machen konnten, wie das Loch in den Kopf von Wolfgang Grams gelangt ist.

Die beeidete richterliche Aussage des BKA-Beamten Nr. 12, der auf dem Stellwerk des Bahnhofes als Beobachter eingesetzt worden war, findet hierbei keinerlei Beachtung. Er hatte den Schußwechsel bis zum Sturz von Wolfgang Grams auf die Gleise und das unmittelbare Hinzuspringen der GSG-9-Beamten beobachtet.

Nach der Aussage des BKA-Beamten Nr. 12, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft Schwerin "beste Sichtverhältnisse auf den Tatort" hatte, befanden sich die GSG-9-Beamten unmittelbar hinter Wolfgang Grams, so daß ihnen ein solches Geschehen, wie es jetzt vom OLG angenommen wird, nicht verborgen geblieben sein kann.

Diesen nicht unerheblichen Widerspruch erklärt das OLG damit, daß: "... die Vielzahl der in diesem Augenblick sich darstellenden Eindrücke (Niederstürzen der getroffenen Beamten des GSG 9, Sturz des Verletzten und die sich dabei ergebenden raschen körperlichen Bewegungen) eine genaue Beobachtung infolge der Reizüberflutung unmöglich machten."

Das hier an einem Beispiel dargestellte offensichtliche Bemühen des OLG Rostock, belastendes Aktenmaterial zu ignorieren, zieht sich wie ein roter Faden durch die Begründung des ablehnenden Beschlusses und kann mit einer Vielzahl weiterer Beispiele belegt werden.

Mit hahnebüchenen Erklärungen führt das OLG vor, wie sich aus "Beobachtungslücken" einiger ziviler Zeugen und der als Täter in Betracht kommenden GSG-9-Beamten schlüssig und für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, daß das von keinem Zeugen Beobachtete das wahre Tatgeschehen darstellt.

Die Aussagen der den objektiven Befund des aufgesetzten Kopfschusses bezeugenden Personen werden dagegen insgesamt als ,nicht verwertbar' qualifiziert.

Die Eltern von Wolfgang Grams fühlen sich durch die Oberflächlichkeit und Ignoranz, mit der die minutiös belegten belastenden Beweise und Indizien durch das OLG Rostock abgehandelt werden, beleidigt und brüskiert. Sie beabsichtigen nicht, die Dinge nach Abschluß des sog. Ordentlichen Rechtsweges auf sich beruhen zu lassen, und haben ihre unterzeichnenden Bevollmächtigten damit beauftragt, die Voraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde und einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu prüfen.

Presseerklärung der Anwälte der Eltern von Wolfgang Grams, Andreas Groß und Thomas Kieseritzky, vom 9.4.96


Sieglinde Hofmanns Revision abgewiesen

Die Verurteilung Sieglinde Hofmanns, Gefangene aus der RAF, zu einer lebenslangen Haft ist seit dem 3. April "rechtskräftig" (junge Welt, 12.4.96). Das bedeutet für Sieglinde - wie für alle anderen Gefangenen aus der RAF -, daß sie ohne öffentlichen Druck nicht mehr aus dem Knast rauskommt.


Politische Gefangene in den USA

Hinrichtungsbefehl gegen Mumia nicht unmöglich!

Bis Mitte März hat der Oberste Gerichtshof von Pennsylvania (Supreme Court) Zeit zu entscheiden, ob ein Wiederaufnahmeverfahren möglich ist (die Entscheidung ist uns zur Zeit nicht bekannt - Red.). Anschließend kann die Staatsanwaltschaft eine Ablehnungsbegründung einreichen, wodurch die Frist einer Entscheidung sich nochmals um 30 Tage verlängert. Dann hat Mumias Anwalt Len Weinglass noch 30 Tage Zeit, darauf zu antworten. Hiernach entscheidet das Gericht, ob es noch mal eine Anhörung geben wird oder nicht (diese Entscheidung wird im Sommer erwartet). Danach hat das Gericht 16 Monate Zeit, über die Wiederaufnahme zu entscheiden.

Wenn das Supreme Court sich (jetzt oder später) gegen eine Wiederaufnahme ausspricht, kann der Gouverneur Ridge sofort einen neuen Hinrichtungsbefehl unterschreiben. Ridge hatte bereits angekündigt, auf jeden Fall zu unterschreiben und Mumia nicht zu begnadigen.

Nach einem neuen Gesetz zur Beschleunigung von Hinrichtungen, welches bundesweit eingeführt wurde und von Ridge (!) eingebracht worden ist, muß er den Hinrichtungsbefehl innerhalb von 90 Tagen unterschreiben.

Bei einer erneuten Unterzeichnung des Hinrichtungsbefehls können die Anwälte von Mumia auf Bundesebene gerichtlich eine einstweilige Verfügung einreichen (dies unabhängig von den Wiederaufnahmeverfahrensinstanzen).

(Quelle: CL-Netz)

Leonard Peltiers Freilassung erneut abgelehnt!

Wir erinnerten in der letzten Ausgabe des Infos an Leonard Peltier, der seit über 20 Jahren aufgrund eines rassistischen Racheurteils im Gefängnis ist. Inzwischen wurde bekannt, daß seine von vielen Menschen geforderte Freilassung erneut abgelehnt wurde. (ND, 2.4.96).

Ergänzungen und Korrekturen zu Leonard Peltier

Wie wir berichteten, findet im Sommer eine Kampagne für die Freiheit von Leonard Peltier und alle indigenen Völker statt.

Es ist allerdings kein Freiheitsmarsch, wie wir schrieben, sondern ein Freiheitslauf. Die tägliche Distanz beträgt 100 km. Geplant ist, diese Strecke in einer täglichen Staffel zu absolvieren.

Es gibt zwei Startpunkte: 18. Juni in Krakau und 20. Juni in Paris. Die Läufe treffen am 1. Juli zusammen. Ziel ist Genf, der sitz des Special Rapporteur Lenter for Human Rights der UNO m am 25. Juli.

Wenn Ihr Interesse habt, setzt Euch bitte in Verbindung mit:

Nitassinan

Silva Duez Alesandrini

129 Rue Des Pyrenes

7755020 Paris

Tel.: 00 33 / 14 / 3 56 69 98

Dort erhaltet Ihr genauere Informationen und die Registrierungsformulare. Wichtig ist auch noch: Ihr könnt zu jeder Zeit an dem Freiheitslauf teilnehmen. (Red.)

Freilassung von G. Pratt abgelehnt

Geronimo Pratt, ehemaliges Mitglied der Black Panther, der seit 1970 inhaftiert ist, bleibt in Haft. Einen neuen Antrag auf Haftentlassung kann er frühestens in vier Jahren stellen! (jW., 22.3.96)


Brief des Gefangenenkollektivs aus Trani/Italien

An den "Gegengipfel gegen das neoliberale Europa"

Liebe Turiner Genossinnen und Genossen!

Aus dem Gefängnis von Trani senden wir einen herzlichen Gruß an den "internationalen Gegengipfel gegen das neoliberale Europa", und als revolutionäre Gefangene wollen wir uns eurer Mobilisierung anschließen.

Seit mindestens zwei Jahren gibt es in jedem europäischen Land dauernde aufeinanderfolgende Kämpfe gegen das vom Maastrichter Vertrag aufgezwungene Diktat bis hin zur massiven Mobilisierung in Frankreich gegen die neoliberalistische Politik des Juppé-Plans im Dezember letzten Jahres.

Das gemeinsame Ziel dieser Kämpfe ist, die Angriffe abzuwehren, die die imperialistische Bourgeoisie gegen den Lebensstandard, die Arbeitsbedingungen und das Kräfteverhältnis, das das europäische Metropolenproletariat in härtesten Kämpfen erobert hat, vorantreibt.

Maastricht legt das wahre Gesicht des imperialistischen kontinentalen Integrationsprozesses offen, der unter dem Namen Europäische Union firmiert:

- nach innen mit den Konvergenzkriterien für die Schaffung des einheitlichen europäischen Geldes bis 1999, was Prekarisierung und Arbeitslosigkeit der Massen bedeutet, sowie Verschärfung der Ausbeutung und Lohnstopp, fortschreitende Annullierung der Sozialausgaben, Integration und Verallgemeinerung der repressiven und konterrevolutionären Politik (TREVI, Europol), institutionalisierter Eurorassismus (Schengen etc.);

- nach außen mit der Außen-Sicherheitspolitik, die schon die WEU als Verteidigungsbastion der Europäischen Union und als Verstärkungsinstrument der Nato geschaffen hat, die Krisenreaktionskräfte, die schon in Jugoslawien eingesetzt worden sind, die Erklärung von Lissabon zu Operationen zu Lande und zu Wasser im Balkan und im Mittelmeerraum, die nukleare Auf- und Nachrüstung unter dem französischen Atomschirm.

Die Krise der kapitalistischen Produktionsweise und der politischen Ordnung durchzieht das ganze imperialistische Lager, verschärft durch das Auseinanderfallen des "Ostblocks", und nährt diesen kontinentalen Integrationsprozeß wie diejenigen, die sich auf dem amerikanischen Kontinent um die USA und im pazifischen Raum um Japan entwickelt haben, indem sie überall die antiproletarischste neoliberale Politik und die zerstörerischen Strukturanpassungsmaßnahmen der internationalen Finanzorganismen wie IWF und Weltbank aufzwingt.

Jeder dieser Blöcke will eine Neudefinition des Kräfteverhältnisses in seinem Innern zum Vorteil der eigenen Bourgeoisie und gegen das Proletariat durchsetzen, um immer konkurrenzfähiger im Krieg um die Kontrolle der strategischen Rohstoffe zu sein und um sich immer breitere Einflußgebiete und Märkte im immer mehr globalisierten Zusammenhang Produktion-Handel-Konsum herauszuschneiden.

Es ist folgerichtig für die Herrschenden Europas, die intergovernative Konferenz zur Revision des Maastrichter Vertrages genau in Turin abzuhalten, der FIAT-Stadt, der Stadt der Agnelli-Dynastie, die seit Ende des ersten Weltkriegs ihre europabezogene und globale Tradition beanspruchen kann, um "stolz" das Italien des internationalen Kapitals, der Finanzoligarchie und der neoliberalistischen Ideologie zu repräsentieren. Jenes Italien der Herren, das heute bereit macht, innerhalb kurzer Zeit die politisch-institutionelle Wende zu vollziehen, die notwendig ist, um ihr System des Raubs und der Herrschaft auf Kosten der ProletarierInnen zu verstärken!

"Angesichts des Neoliberalismus, des historischen Verbrechens der Konzentrierung der Privilegien, Reichtümer und Straffreiheit, das das Elend und die Verzweiflung verallgemeinert, angesichts einer Neuaufteilung der Welt, die darin besteht, die Macht in der Macht zu konzentrieren und das Elend im Elend" (Subcommandante Marcos, Mexico, Januar 96), angesichts so zerstörerischer und aggressiver imperialistischer kontinentaler Integrationsprozesse, angesichts einer imperialistischen Bourgeoisie, die so kriegstreiberisch und unterdrückerisch gegen das internationale Proletariat vorgeht, kann man sich nicht zurückziehen!

Für jede/n Proletarier/in, für jedes antagonistische Subjekt ist es mehr denn je notwendig, für den Aufbau OrganisierungKommunikation-Kampf hier, auf europäischer Ebene, zu arbeiten, und zwar in engem Zusammenhang mit den Proletariern/innen der anderen imperialistischen Pole und des südlichen Trikonts.

Der revolutionäre Prozeß dieser Epoche kann nur aus diesem proletarischen Internationalismus geboren werden und sich entwickeln! Internationale Einheit im antikapitalistischen und antiimperialistischen Kampf!

"Es wird Kommunismus für alle geben, oder es wird ihn nicht geben."

Gefängnis von Trani, März 1996

Vittorio Bolognese, Luciano Farina, Lorenzo Calzone, Giovanni Senzani, Aleramo Virgili


Erklärungen der irisch-republikanischen Gefangenen

Keine Lösung des Konflikts ohne Freilassung der Gefangenen

Im März diesen Jahres waren ein Vertreter und eine Vertreterin der irisch-republikanischen Gefangenen auf einer Rundreise in mehreren Städten der BRD. Beide waren erst im vergangenen Oktober bzw. November aus dem Knast entlassen worden. In ihren Redebeiträgen haben sie u.a. die Erklärungen der gefangenen Männer und Frauen aus den Knästen Long Kesh bzw. Maghaberry verlesen, die wir im folgenden dokumentieren. Die Gefangenen bezeichnen sich selbst als Kriegsgefangene (Prisoners of War, POWs). Beide Erklärungen wurden von den Gefangenen verfaßt, nachdem die IRA das Ende der Einstellung militärischer Operationen Anfang Februar erklärt hatte.

Erklärung der kriegsgefangenen Männer im Knast Long Kesh

"Freunde und Freundinnen,

wir, die republikanischen Kriegsgefangenen in Long Kesh, senden solidarische Grüße an all diejenigen, die uns und unsere Familien unterstützt haben, und die Kampagnen für alle in Irland, Europa und Amerika inhaftierten republikanischen Gefangenen geführt haben.

Die Geschichte des Knastkampfes hat uns immer wieder gezeigt, daß es immer die Absicht der Briten war, den Geist der republikanischen Kriegsgefangenen zu brechen. Dies ist ihnen jedoch nie gelungen. Zur Zeit haben sie unsere Genossen in englischen Gefängnissen für eine besonders harte und erniedrigende Behandlung ausgewählt. Einer unserer Genossen, Paddy Kelly, stirbt an Krebs. Seine andauernde Inhaftierung und die völlige Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid seiner Familie spricht Bände über die Verachtung, mit der irische Republikaner und Republikanerinnen vom britischen Establishment gesehen werden.

Unsere Inhaftierung ist eine Folge unserer Beteiligung an dem politischen Kampf, der die vergangenen 25 Jahre kontinuierlich getobt hat. Die Lösung dieses Konfliktes liegt in der Bereitschaft der britischen Regierung sich auf substantielle politische Verhandlungen mit allen Konfliktparteien einzulassen; eine Bereitschaft, die bislang bedauerlicherweise fehlt.

Es kann keine Lösung des Konfliktes geben, solange und bis nicht Verhandlungen ohne Vorbedingungen von der britischen Regierung einberufen werden. Sinn Féin hat diese Position vor, während und nach der Einstellung militärischer Operationen seitens der IRA deutlich zum Ausdruck gebracht.

Die Frage der Freilassung politischer Gefangener ist ein Bestandteil hiervon - und tatsächlich jeder Konfliktlösung. Aber wir haben recht unnachgiebig und eindeutig erklärt, daß unsere Freiheit nicht auf Kosten unseres politischen Glaubens und unserer politischen Ziele erkauft werden kann und wird.

Der Wunsch nach einem echten und bedeutungsvollen Frieden mit Gerechtigkeit ist nicht irgendeiner Gruppe oder einem Teil der Menschen auf diesen Inseln vorbehalten. Er ist in uns allen und gehört uns allen. Es wurden große Fortschritte in Richtung der Bedingungen gemacht, die Frieden schaffen können. Der britischen Regierung darf nicht erlaubt werden, für ihre eigenen politischen Interessen das zu vergeuden, was rechtmäßig den irischen Menschen zusteht: Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden.

Is sinne, Republikanische Gefangene Long Kesh."

Erklärung der kriegsgefangenen Frauen im Knast Maghaberry

"Freundinnen und Freunde,

wir freuen uns, daß weibliche Gefangene hier vertreten sind, weil wir glauben, daß es wichtig ist, daß Frauen ihr Recht einfordern, zu allen wichtigen Angelegenheiten gehört zu werden. Frauen werden zu oft ignoriert oder an den Rand gedrängt, insbesondere in der Politik, so daß wir Euch unsere Anerkennung dafür ausdrücken möchten, uns dieses Forum geschaffen zu haben. Insbesondere angesichts der jüngsten Ereignisse in Irland.

Am 1. September 1994 wurde eine historische Möglichkeit, den Konflikt in Irland zu lösen, eröffnet, als die IRA einen Waffenstillstand erklärte. Schnelle Verhandlungen und eine einfallsreiche Antwort wurden von der britischen Regierung auf diese Geste hin versprochen, jedoch hatten solche Verhandlungen bis weit ins zweite Jahr nach dieser Einstellung militärischer Operationen hinein nicht angefangen. Tatsächlich hat die britische Regierung die jüngsten Vorschläge und Feststellungen eines unparteiischen internationalen Gremiums, der Mitchell-Kommision, die Gespräche ohne Vorbedingungen forderte, innerhalb weniger Stunden nach ihrer Veröffentlichung für den Mülleimer bestimmt. Und dies obwohl dieser Bericht von britischer und irischer Regierung in Auftrag gegeben wurde um "den Stillstand zu durchbrechen", der sich entwickelt hatte.

An diesem Punkt wurde deutlich, daß die konservative Partei wegen ihrer innenpolitischen Schwierigkeiten alles in ihrer Macht Stehende tun würde, um bedeutungsvolle Gespräche zu verzögern. Statt dessen zog sie es vor in einem Versuch, die unionistische Partei, auf deren Stimmen sie angewiesen ist, um an der Regierung zu bleiben, zu beschwichtigen, sich hinter Vorbedingungen und Nebelschleiern zu verstecken.

Sowohl die Führung als auch die Mitglieder von Sinn Féin waren bestrebt den Friedensprozeß durch Dialog voranzubringen und haben ihre Bereitschaft demonstriert, mit jeder interessierten Partei zu sprechen und ihr zuzuhören. Bis jetzt haben es die UnionistInnen nicht fertiggebracht, sich vollständig auf diesen Prozeß einzulassen. Aber wir fragen, wie sonst kann eine Übereinkunft erreicht werden? Es war der Verdienst der IRA und Sinn Féins, daß diese Möglichkeit eröffnet wurde. Und wenn sie vergeudet wird, so wird das zur Schande der Briten sein. Trotz der Beendigung des Waffenstillstandes sind Gespräche immer noch das Hauptziel der republikanischen Bewegung. Tatsächlich wurde dem Friedensprozeß ein neues Gefühl der Dringlichkeit eingeflößt.

Wir treten für ein wiedervereinigtes Irland ein - frei von britischer Einmischung und Vorherrschaft, die allen irischen Menschen schadet. Jedoch ist die Form eines neuen Irlands Sache der demokratischen Diskussion aller Menschen auf dieser Insel.

Bis heute wurde keines der zentralen Themen angesprochen. Wir haben noch immer eine sektiererische Polizeimacht und schwer befestigte Armeestützpunkte in nationalistischen Gebieten. Menschen werden noch immer schikaniert und inhaftiert. Die Bedingungen für politische Gefangene haben sich verschlechtert, und es gab nur wenige Freilassungen.

Zu Beginn des Waffenstillstandes haben die weiblichen Gefangenen eine verhärtete Haltung von Gefängnispersonal und dem Nordirlandministerium festgestellt. Mit dem Aufbau neuer Zäune, Kameras und einem Wachturm im Gefängnishof wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Eine Veränderung der Haltung des Nordirlandministeriums wird in seiner Weigerung deutlich, mit Gefangenen zu kommunizieren oder sich ernsthaft mit wichtigen unerledigten Problemen zu beschäftigen. Statt dessen läßt das Nordirlandministerium zu, daß sich Frustration und Unmut breit machen. Nach außen hin vermittelt die britische Regierung den Eindruck, sensibel und einfallsreich mit der Gefangenenfrage umzugehen. In der Praxis trifft das Gegenteil zu.

Die Wiedereinführung des 50%igen Straferlasses, die die britische Regierung als bedeutungsvolle Geste für sich reklamierte, macht in der Praxis wenig aus. Nur drei Frauen wurden am 17. November 1995, als die alte Straferlaßrate wieder eingeführt wurde, aus Maghaberry entlassen. Einer stand die Freilassung ohnehin kurz bevor, während die anderen zwei Freilassungstermine wenige Monate später hatten. Von den neun republikanischen Frauen, die noch im Knast Maghaberry sitzen, haben vier lebenslängliche Haftstrafen, die von einer Änderung der Straferlaßrate nicht betroffen sind. Von den anderen fünf sollen nur zwei vor dem Jahr 2000 freigelassen werden. Diese Zahlen zeigen den dürftigen Einfluß, den die Veränderung des Straferlasses auf die insgesamt Inhaftierten hat.

Wir hier in Maghaberry sind die einzigen Frauen, die in Irland und Britannien als Ergebnis des Konfliktes inhaftiert sind. Weil wir zahlenmäßig wenige sind, sind wir die Zielscheibe für die schärfsten Strafmaßnahmen.

Der Knast von Maghaberry liegt wenige Kilometer von Lisburn in der Grafschaft Antrim entfernt. In einem Teil des Knastes sind mehrere hundert männliche Gefangene, während auf der anderen Seite des Knastes 30-40 weibliche Gefangene inhaftiert sind, von denen neun republikanische Kriegsgefangene sind. Zwei Frauen, Ella O'Dwyer und Martina Anderson, wurden nach Maghaberry verlegt, nachdem sie die ersten zehn Jahre ihrer Haftstrafe in einem englischen Knast abgesessen hatten. Sie können jederzeit dorthin zurückverlegt werden. Diese Unsicherheit belastet und beunruhigt die zwei Frauen und ihre Familien enorm. Diese Situation wird noch dadurch verschlimmert, daß diesen Frauen im Gegensatz zu anderen lebenslänglichen Gefangenen Hafturlaub verwehrt wird, genauso wie Besuche außerhalb des Knastes von kranken oder sterbenden Angehörigen. Und ihre Fälle werden erst dann von der "Kommission für die Entlassung von Lebenslänglichen" überprüft werden, wenn sie mindestens zwanzig Jahre abgesessen haben.

Als gefangene republikanische Frauen sind wir mit einer anderen und härteren Behandlung als männliche Gefangene konfrontiert. Einen Massen-Strip-Search am 2. März 1992, in dem jede Frau im Knast zwangsweise und gewaltsam nackt ausgezogen und in ihrer Zelle "durchsucht" wurde, wurde eine nüchterne Erinnerung daran, daß das Nordirlandministerium fest entschlossen war, die Politik, die eigenen Körper der Frauen als Waffen gegen sie zu benutzen, zu verschärfen. Obwohl sich ein Angriff solcher Größenordnung seit 1992 nicht wiederholt hat, bleibt die Bedrohung durch einen solchen Angriff.

Kürzlich mußten wir das Nordirlandministerium wegen Geschlechterdiskriminierung verklagen, weil es sich gegenüber gefangenen Frauen offenkundig voreingenommen gezeigt hatte. Die Grundlage des Falles war, daß männliche Gefangene (die sich von ihren früheren Genossen distanziert hatten) sich im Gegensatz zu den Frauen treffen könnten, Zugang zu den Bildungseinrichtungen, längere Besuche und mehr Hofgang als die weiblichen Gefangenen hatten. Das Nordirlandministerium war wegen der Peinlichkeit des Verfahrens gezwungen, viele dieser Themen zu behandeln. Trotzdem sehen sich weibliche Gefangene weiterhin schlechter Behandlung gegenüber. Sie werden jeden Tag stundenlang eingeschlossen, während der Einschluß für männliche Kriegsgefangene abgeschafft ist. Ihnen wird ein ähnlicher Zugang zu dem Bildungsflügel im Knast, wie er männlichen Gefangenen möglich ist, verwehrt.

Es ist klar, daß die britische Regierung außerordentlich wenig getan hat, um die Gefangenenfrage zu lösen, was mit ihrer gesamten Haltung im Friedensprozeß im Einklang steht. Politische Gefangene sind nur Symptome von politischen Problemen und in diesen neuen und sich ständig verändernden politischen Klima dient die fortgesetzte Inhaftierung keinem nützlichen Zweck. Daß Gefangene als Geiseln benutzt werden, darf so nicht weitergehen und die Suche nach einer Lösung muß fortgesetzt werden.

Wir möchten an alle engagierten Menschen appellieren, zu dem Friedensprozeß beizutragen, in dem sie ihre politischen RepräsentantInnen beeinflussen, diese dazu zu drängen, Druck auf die britische Regierung auszuüben, so daß diese umfassende Friedensgespräche mit allen Beteiligten festsetzt und die politischen Gefangenen freiläßt. Wir fordern Leute auch dazu auf, direkt an John Major zu schreiben und Kundgebungen vor britischen Botschaften zu veranstalten, um die Dringlichkeit der Situation hervorzuheben.

Kriegsgefangene Frauen Maghaberry

Rosaleen Mc Corley * Rosena Brown * Marie Wright * Geraldine Ferrity * Martina Anderson * Mary Mc Ardle * Patricia Overend * Ailish Carroll * Ella O'Dwyer"

Die Rundreise fand im Rahmen der Kampagne "No Peace without Release" statt, mit der mehrere Irland-Gruppen in der BRD die Forderung nach Freilassung der irischen politischen Gefangenen unterstützen. Mehr Informationen zu der Kampagne sind zu beziehen über:

Irland-Gruppe Köln, c/o R. Engert, Olpener Straße 669, 51109 Köln


Politische Verfolgung

Prozeß gegen das Angehörigen Info wird fortgesetzt

Am ersten Verhandlungstag am 11. April kam es noch nicht zu einem Urteil in Sachen Info Nr. 168. Als Staatsverleumdung sieht die Anklage in den abgedruckten Redebeiträgen von Gisel Dutzi in Preungesheim und der Gruppe jarama! in Mainz sachlich vor allem die Aussagen: Es habe nach 1945 keinen wirklichen Bruch gegeben; neben Änderungen der Mittel gebe es eine Kontinuität, insbesondere bei dem Ziel, Widerstand auszuschalten; der Rechtsstaat sei konstruiert worden, um sich vom Hitlerfaschismus abzusetzen. Die Richterin, die den Part der Anklage gleich mitübernommen hatte, lief ständig Gefahr, gleich zweierlei zu verwechseln: nämlich ihre Interpretation der entsprechenden Passagen und Zusammenhänge mit dem realen Aussagegehalt und zweitens die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Auffassungen mit der Frage ihrer Strafbarkeit. Der Versuch, den Redebeiträgen "jeden sachlichen Aussagegehalt" (!) abzusprechen - denn nur dann wäre selbst ein so weit dehnbarer Paragraph wie der Staatsverleumdungsparagraph 90a überhaupt anwendbar - hätte allerdings nicht nur für die Presse- und Meinungsfreiheit und die Ausübung legaler Opposition weitreichende Folgen. Mit einer Verurteilung solcher Aussagen könnte die Justiz dann anfangen, Bibliotheken von kritischen Büchern und Aufsätzen zu säubern, die ähnliche Thesen und kritische Auffassungen verbreiten. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, ließe sich bis zur Berufungsverhandlung sicher eine interessante Zusammenstellung machen.

Der Fortsetzungstermin findet am 22.4. umd 13.00 Uhr, Strafjustizgebäude; Sievekingsplatz, Zimmer 201a, Hamburg statt. Dann werden die Plädoyers gehalten und das Urteil gesprochen.

(Red.)


Wg. Weiterstadt

Kriminalisierungsversuch gegen die Bunte Hilfe Darmstadt

Am 7.3.96 wurde ein ehemaliges Mitglied der Bunten Hilfe Darmstadt zum zweiten Mal von der Bundesanwaltschaft als "Zeuge" im Verfahren wegen der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion an der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt verhört. Das erste Verhör im Dezember war relativ kurz, nachdem unser Freund die Aussage unter Berufung auf den 55a (das Recht zu schweigen, wenn mensch sich damit selbst belasten könnte; das Gericht entscheidet jedoch, ob eine Selbstbelastung möglich ist) verweigerte.
In seiner Begründung verwies er auf ein 129a-Verfahren gegen die Rote Hilfe Zeitung, in der aus der Broschüre der Bunten Hilfe Darmstadt über die JVA Weiterstadt zitiert wurde. Unser Freund sah sich also gefährdet: wie würde wohl das Mitwirken bei der Herausgabe der Broschüre gewürdigt, wenn bereits das Zitieren aus der Broschüre als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gewertet wird? Beim zweiten Verhör in Karlsruhe sicherte der Bundesanwalt unserem Freund zu, daß ihm aufgrund der Broschüre keine Nachteile entstehen können, er also jetzt aussagen könne, ohne sich hierbei selbst zu belasten. Das stimmt nicht! Seit dem Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt wurde wiederholt versucht, durch die Presse die Bunte Hilfe Darmstadt in den Kreis der Täter zu ziehen. So wurde z.B. behauptet, der Verfassungsschutzagent Steinmetz sei Mitglied der Bunten Hilfe Darmstadt gewesen. Dies ist eine Lüge; ... niemand von uns hatte Kontakt zu Steinmetz. Diesen Kontakt jetzt herbeizureden ist ein Versuch, den vollkommen legalen Widerstand gegen das inhumane Vollzugskonzept des Gefängnisses in Weiterstadt zu kriminalisieren. Des weiteren wird in einem Dossier (des Bundeskriminalamtes über die Kurierfunktion von Steinmetz) auf einen anderen, allerdings geheimen Vermerk über den möglichen Zusammenhang der Bunten Hilfe Darmstadt mit dem Sprengstoffanschlag (selbst) hingewiesen. (...) So werden einerseits Personen in den Kreis der Mittäter gezogen, andererseits als Zeugen vorgeladen, die nach dem Gesetz kein Aussageverweigerungsrecht haben und bei Aussageverweigerung mit Beugehaft bedroht werden.Daß die Drohung nicht hohl ist, hat der Bundesgerichtshof in den letzten Monaten oft genug bewiesen: in Zusammenhang mit Steinmetz und den Ermittlungen zum Sprengstoffanschlag in Weiterstadt saßen und sitzen sechs Personen, die als ZeugInnen vorgeladen waren, in Beugehaft. Unserem Freund wurden nun in Karlsruhe über 100 Fragen gestellt zur Bunten Hilfe Darmstadt, zur JVA Weiterstadt und zu Anschlägen. Die "Zeugenvernehmung" gipfelte in der Frage, wo er sich zur Tatzeit aufhielt. Solche Fragen werden normalerweise Beschuldigten gestellt, die dann aber vom ussageverweigerungsrecht Gebrauch machen können. Unser Freund beantwortete die Fragen nicht mit der Begründung, daß offensichtlich Ermittlungen gegen ihn und die Bunte Hilfe Darmstadt laufen. Der Bundesanwalt kündigte daraufhin eine Vorladung vor den Bundesgerichtshof an -der Stelle, die Beugehaft verhängen kann. (...)

Bunte Hilfe Darmstadt - 22. März 1996.


Autonome Antifa (M)

Kriminalisierung des gesprochenen Wortes

Wegen des "Inhalts des Redebeitrages anläßlich der Kundgebung zum 5. Todestag des Alexander Selchow am 1.1.96" (Zitat Vorladung) erhielt der Redner der Autonomen Antifa (M), Bernd Langer, im Februar 1996 eine Vorladung zum 4. K, der politischen Göttinger Polizei. Mittlerweile wurde Akteneinsicht gewährt.

Am Neujahrstag 1996 wurde von einem breiten antifaschistischen Bündnis, bestehend aus autonomen AntifaschistInnen, Grünen, Gewerkschaften und SPD, eine gemeinsame Kundgebung auf dem Göttinger Marktplatz durchgeführt, um an Alexander Selchow zu erinnern, der 5. Jahre zuvor von Neo-Nazis erstochen wurde. Laut Akten wurde die gesamte Veranstaltung von der Göttinger Polizei lückenlos überwacht. So sind alle Redebeiträge der angemeldeten, friedlichen Kundgebung, an der 150 Leute teilnahmen, aufgezeichnet sowie Identitätsfeststellungen aller RednerInnen und TeilnehmerInnen vorgenommen worden. Hierzu wurden nachträglich sogar Fotomappen gesichtet.

Gegen den Redner der Autonomen Antifa (M) wurde ein Verfahren wegen Verleumdung der Göttinger Polizei eingeleitet. Sein Vergehen besteht angeblich darin zu erinnern, daß "Conny Wessmann 1989 bei einer antifaschistischen Aktion von der Göttinger Polizei in den Tod gehetzt wurde". Die Richtigkeit dieser Äußerungen wurden der Staatsanwaltschaft mittlerweile über Anwalt Ahrens ausdrücklich bestätigt. Bei Anklageerhebung wird der Wahrheitsbeweis angetreten.

Dieser umfangreiche Einsatz des Überwachungsapparates selbst bei angemeldeten Kundgebungen ohne Hauch von Maskierung zeigt deutlich, daß nicht die Form der Politik der Autonomen Antifa (M) Anlaß für staatliche Verfolgung ist, sondern allein der politische Inhalt. Jahrelang ließ sich der Staatsschutz immer neue Begründungen für Ermittlungen einfallen. Mal waren es angebliche Kontakte zur RAF, mal Anschläge, neuerdings sei die Autonome Antifa (M) "Hefe für die AIZ" (Göttinger Tageblatt, 27.2.1996).

Die Autonome Antifa (M) läßt dieser neuerliche Einschüchterungsversuch unbeeindruckt. Was wahr ist, wird gesagt, was notwendig ist, getan.

Autonome Antifa (M)

(Die Autonome Antifa (M) ist zu erreichen über c/o Buchladen Rote Str. 10, 37073 Göttingen, Tel. + Fax (05 51) 54 90 81

Spendenkonto für die Prozeßkosten: Antifaschistische Liste, Kto-Nr. 150 497 006, Sparkasse Göttingen, BLZ 260 500 01, Stichwort "Solidarität"

Die Aufhebung begründet er im wesentlichen mit zwei Punkten:

1. Am 20. März habe der Senat von einem Schriftsatz erfahren, den der Beamte des Bundeskriminalamtes Lang am 13. Februar an die Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt gerichtet habe. Diesem Schriftsatz zufolge hatte Lang Anfang 1994 einen Bericht erstellt, in dem er zu für Ursel "entlastenden" Ergebnissen kommt. Da der Senat davon ausgeht, daß Ursels Anwalt einen Beweisantrag stellen wird, in dem Lang geladen wird, dieser jedoch erst ab Mitte Mai zur Verfügung steht, müsse die Hauptverhandlung dann erneut beginnen.

2. Die Hauptverhandlung sei mit "erheblichen Kosten, Sicherheitsvorkehrungen und Belastungen" verbunden, aufgrund der aus der linken Szene angekündigten Störaktionen. Daher sei es unverantwortlich, die Hauptverhandlung wie vorgesehen beginnen zu lassen, ohne daß der Zeuge Lang zur Verfügung steht.

Punkt 1 dieser Begründung bedarf einer genaueren (chronologischen) Erläuterung:

Das Auswertungsreferat der Abteilung Terrorismus beim Bundeskriminalamt hatte nach Bad Kleinen den Auftrag, den Inhalt des Rucksacks von Birgit Hogefeld auszuwerten. Am 13. August 1993 hat der zuständige Sachbearbeiter Lang dazu einen ersten Bericht erstellt. In ihm taucht Ursel auf, der ein Brief und andere Schriftstücke wie Zeitungen und Flugblätter aus der Region Saarbrücken zugeordnet werden. Dieser Bericht gilt als ,nicht gerichtsverwertbar', da in ihm keine ,strafrechtlichen Einordnungen' enthalten waren.

Im Oktober 1993 wurde Lang vom Ermittlungsreferat des Bundeskriminalamtes - auf Drängen der Bundesanwaltschaft - dazu aufgefordert, eine Version des Berichts zu erstellen, die für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Ursel und für die Durchführung strafprozessualer Maßnahmen geeignet sein sollte. Im Januar 1994 legte Lang eine ausführliche Gesamtbewertung vor, in der er allerdings zu einer entlastenden Bewertung der Unterlagen kam.

Lang kommt zu dem Ergebnis, daß

a) Ursels Aktivitäten aus Sicht des Auswertungsreferats nicht als Unterstützungshandlung einer terroristischen Vereinigung gewertet werden können und

b) sich "offene" strafprozessuale Maßnahmen (wie z.B. Durchsuchungen, Festnahme etc.) äußerst negativ und strafvereitelnd auf andere Ermittlungsansätze auswirken würden.

Zusammengefaßt heißt das:

Das Auswertungsreferat ist der Meinung, daß der Ursel zugeordnete Brief und die Flugblätter und Zeitungen zu dünn sind, um zu einer Verurteilung von ihr zu kommen, und schlägt daher weitere verdeckte Ermittlungen vor.

Andere Stellen der Staatsschutzapparate - insbesondere die Bundesanwaltschaft - hatten andere Interessen:

Der Bericht wurde weggebunkert - laut Lang wurde mit etwa 30 anderen BKA-Berichten ähnlich verfahren. Im weiteren Verlauf führten die Differenzen über dieses Vorgehen dazu, daß Lang vom Dienst suspendiert und sein Vorgesetzter Brisach versetzt wurde. Gegen Lang läuft ein Verfahren wegen "Verletzung des Dienstgeheimnisses", während er Strafanträge gegen ehemalige Kollegen beim Bundeskriminalamt gestellt hat, unter anderem wegen "Strafvereitelung im Amt".

Ende Februar 1996 tauchten dazu Presseberichte auf, in denen von "teilweise vernichtenden Unterlagen" die Rede ist. Diese Presseberichte veranlaßten die AnwältInnen von Birgit Hogefeld, Beweisanträge zu stellen. Sie wollten unter anderem überprüfen, ob alle erstellten Berichte in ihren Akten enthalten sind. Ein Ergebnis ihrer Arbeit ist nun, daß die Manipulation von BKA-Berichten offen auf dem Tisch liegt.

Die Bundesanwaltschaft ist nach eigenen Angaben derzeit nicht in der Lage, den von Lang erstellten Bericht dem Oberlandesgericht Koblenz vorzulegen.

Der Verurteilungswille der Staatsschutzjustiz gegen Ursel ist offensichtlich. Neue Termine für die Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht in Koblenz sind bereits festgelegt.

(...)

Unsere Einschätzung ist, daß unsere Mobilisierung wesentlich mit dazu beigetragen hat, daß der 129a-Prozeß gegen Ursel verschoben werden mußte.

Durch unsere Mobilisierung haben wir Gegenöffentlichkeit hergestellt, am ersten Prozeßtag am 25. März hätte eine Demonstration in Koblenz stattgefunden, die politisch über den Prozeß hinaus bestimmt ist, solidarische Präsenz im Gerichtssaal war sicher. Damit haben wir dem Vorhaben des Staatsschutzsenats, den Prozeß entpolitisiert und schnell abzuwickeln, einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Dadurch, daß offen wurde, daß der Bericht des BKA-Beamten Lang im Interesse der Bundesanwaltschaft weggebunkert wurde, gibt es ein konkretes Beispiel dafür, wie die Praxis der Staatsschutzapparates aussieht. Die politische Intention der juristischen Verfolgung fundamentaler Opposition wurde konkret sichtbar. Ein Erfolg im Prozeß gegen Ursel wäre jedoch nur ein kleiner Schritt. Daß sich unsere politischen Ausgangsbedingungen verbessert haben, liegt nicht nur an der Gegenmobilisierung. Uns kam schlichtweg der Zufall zu Hilfe.

Weg mit dem 129a-Prozeß gegen Ursel Quack!

Unsere Mobilisierung wird weitergehen mit dem Ziel, dazu beizutragen, daß die Linke eine Kraft wird, die in der Lage ist, die Staatsschutzangriffe gemeinsam zurückzuschlagen.

Beginn der Hauptverhandlung: Donnerstag, 30. Mai 1996, 9.30 Uhr. Fortsetzungstermine: Montag, 3. Juni 1966, Donnerstag, 13. Juni 1996. Oberlandesgericht Koblenz, Karmeliterstraße

Am 1. Prozeßtag Demonstration in Koblenz

Beginn 16.30 Uhr, Josef-Görres-Platz

Prozeßcafé im TATORT, Münzplatz 15, jeweils in den Prozeßpausen und nach dem Prozeß

26. März, Komitee Solidarität heißt Widerstand, Alte Feuerwache, Am Landwehrplatz 2, 66111 Saarbrücken


Soligruppe Hamburg

Zu den Verhaftungen von Michael und Bernhard

Wir dokumentieren einen Diskussionsbeitrag der "Soligruppe Hamburg", der sich mit den Verhaftungen von Michael und Bernhard auseinandersetzt und die Frage der Solidarität thematisiert.

Wer sich erinnern kann, weiß, daß angesichts solcher Anschläge die Gefahr von Staatsexzessen besteht und das Vorgehen des Staates gegen die Verdächtigten deshalb dringend der öffentlichen Aufmerksamkeit bedarf.

Wir entnahmen den Beitrag der Hamburger Zeitung "Zeck", April 1996 (Red.)

In der Nacht vom 25. auf den 26. Februar wurden Michael und Bernhard in Witzhave verhaftet. In den Medien wurde dies als "erster Schlag gegen die AIZ-Terroristen" gemeldet. Nach einer Verfolgungsjagd sei es der Polizei gelungen, die beiden festzunehmen. Das Auto wurde stundenlang abgesichert und erst nach dem Eintreffen von Sprengstoffrobotern durchsucht. Mit der Meldung der Verhaftung im Radio kam immer auch, daß Sprengstoff im Auto vermutet werde. In den Zeitungen folgten diverse "Hintergrundberichte", die der Öffentlichkeit immer stärker suggerierten, daß und warum die beiden Terroristen geworden sein sollen. "In der Schule isoliert und gehänselt, keine Freunde, von Freundin verlassen ..." Angebliche Erddepots und Anschlagspläne wurden präsentiert ...

Was gibt es bis jetzt an wirklichen Fakten?

Am 13.6.95 wurden die Wohnungen von Bernhard in Mönchengladbach und Michael in Rellingen durchsucht. Sie lebten seitdem weiterhin in ihren Wohnungen.

Michael und Bernhard wurden in Witzhave verhaftet. Die angebliche Verfolgungsjagd war eine eher durchschnittliche Verhaftungsaktion. Zehn Minuten vor der Verhaftung kamen Bernhard und Michael in eine "Verkehrskontrolle", bei der das Vorhandensein von Warndreieck und Verbandkasten überprüft wurde. Nach der Kontrolle fuhren die beiden weiter. Das Auto wurde von einem Wagen überholt und ausgebremst, sie hielten an, es kamen drei oder vier weitere B.wagen hinzu. Die Verhaftung lief ohne besondere Schikanen, also keine Plastikfesseln und auf den Boden etc. Michael kann sich nicht daran erinnern, bei den B. Waffen im Anschlag gesehen zu haben. Weder im Auto noch bei den beiden wurden Waffen oder Sprengstoff gefunden.

Eine Tatsache, die die Behauptung der Polizei, beide hätten ein Erddepot leergeräumt und seien seitdem beschattet worden, eher als PR-Inszenierung erscheinen läßt.

Nach der Verhaftung kamen die beiden nach Reinbek, von dort aus Montag morgen nach HH-Fuhlsbüttel. Am Montag nachmittag / frühen Abend trafen sie per Hubschrauber in Karlsruhe ein. Um 22 Uhr hatten sie Haftprüfung, bei der ihnen der Haftbefehl verkündet wurde. Michael hatte Montag nacht noch nicht mit seiner Anwältin reden können. Ein Kontakt zu seiner Anwältin fand erst am Freitag, den 1. März, statt.

Beide haben weder bei Verhörversuchen noch beim Haftprüfungstermin Aussagen gemacht. Der Haftbefehl stützt sich hauptsächlich auf angebliche Bewegungen des Autos von Michael. So soll das Auto zwei Stunden vor dem Anschlag auf den peruanischen Honorarkonsul in Düsseldorf festgestellt worden sein. Ebenso einige Stunden später in Göttingen, von wo aus das Bekennerschreiben verschickt worden sein soll.

In Göttingen sei angeblich eine (unbekannte) Person aus dem Auto gestiegen und zum Briefkasten gegangen. Außer dieser Beobachtung in Göttingen gibt es im Haftbefehl keinerlei Aussagen zu den Personen, die sich im Auto aufgehalten haben sollen. Es wird im Haftbefehl nicht deutlich, woher die Erkenntnisse zum Aufenthalt des Autos, das auf Michael angemeldet ist, kommen. Da fast nie Angaben über die Personen im Auto genannt werden, gehen wir davon aus, daß das Auto nicht direkt observiert, sondern über andere Ortungsmöglichkeiten überwacht wurde. Daneben wird behauptet, daß bei beiden Schriftstücke festgestellt wurden, in denen sich mit den gleichen Themenbereichen auseinandergesetzt wird, mit denen sich auch die AIZ auseinandersetzt. Außerdem soll das Schriftgut der beiden Ähnlichkeiten mit Texten der AIZ haben.

Zu den Haftbedingungen der beiden ist noch nicht viel klar. Fest steht, daß Michael in Lübeck ist. Bernhard sitzt in Köln-Ossendorf. Wie oben geschildert, ist bis jetzt nur Fakt, daß die zwei Genossen verhaftet wurden und der AIZ-Mitgliedschaft beschuldigt werden.

Selbstverständlich gilt ihnen unsere Solidarität, und genauso selbstverständlich werden wir neben der materiellen Hilfe versuchen, mit ihnen eine Auseinandersetzung um eine weitergehende Solidaritätsarbeit zu führen.

Zur Solidarität

Unter dem Eindruck der massiven Staatsschutzhetze, die keinen anderen Schluß zulassen soll, als daß zwei AIZler verhaftet wurden, werfen verschiedene Leute Fragen auf wie: "Wie halte ich es mit der AIZ?" und "Kann ich überhaupt solidarisch sein, wenn es AIZler wären?"

Konkret existieren bisher nur von der BAW geäußerte Vorwürfe. Die beiden Genossen haben sich nicht geäußert. Wir wollen zuerst klarstellen, daß Spekulationen um den Wahrheitsgehalt der BAW-Vorwürfe mehr als verfehlt sind. Ferner ist für unsere Solidarität gegen staatliche Repression wichtig, keine Situation entstehen zu lassen, in der sich Beschuldigte zu Behauptungen der BAW äußern müssen, z.B. indem sie sich distanzieren. (Denkt daran: Anna und Arthur halten das Maul!)

In der linken Diskussion existieren die unterschiedlichsten Kritiken und Positionen in bezug auf die AIZ. Kritisiert wird unter anderem die Art der Durchführung ihrer Aktionen und vor allen Dingen ihre Interpretation anti-imperialistischer Politik und Geschichte. Dabei stößt insbesondere ihre Bezugnahme auf islamisch-fundamentalistische Kräfte auf Widerspruch.

Auseinandersetzung und Kritik innerhalb der Linken sind notwendig und richtig. Jeder politische Ansatz der Linken muß sich innerhalb einer Bewegung verantworten. Diese Diskussionen sind wichtig für die Weiter- und Wiederentwicklung linker Politik.

Dies darf aber nicht zur Voraussetzung für die Solidarität gegenüber Staatsschutzangriffen gemacht werden. Die AIZ hat ihren Ausgangspunkt in einer Interpretation und Kritik der antiimperialistischen Bewegung und der RAF. Ihr Kampf richtet sich gegen weltweite Unterdrückung durch den Imperialismus. Für uns ist die AIZ ein Bestandteil der Linken. Wir stellen das nüchtern und ohne Wertung fest. Ohne Wertung deshalb, weil es an dieser Stelle nicht um eine Auseinandersetzung mit der Politik der AIZ geht. Vielmehr geht es uns um einen allgemeinen Solidaritätsbegriff, der alle Genossinnen und Genossen gegen staatliche Repression und Vernichtung in Schutz nimmt und Unterstützung anbietet.

Soligruppe Hamburg

Solidaritätsarbeit mit verfolgten Gruppen kann mehrere Ebenen haben. Zum Beispiel als "offensiver Ansatz", der die angegriffene Politik als Ausgangspunkt der Soliarbeit nimmt. Zum anderen als Ansatz, der primär eine Schutzfunktion aufbaut, die allgemeinen Zusammenhänge des Angriffs thematisiert und einordnet und darin natürlich auch die angegriffene Politik benennt und den Raum für revolutionäre Initiativen offenhält.

Die Hamburger Soligruppe besteht aus Leuten unterschiedlicher politischer Herkunft, die versuchen, eine gemeinsame solidarische Haltung gegen die Angriffe vom 13.6. aufzubauen. Darin stehen für uns nicht alleine die konkreten Politikansätze der kriminalisierten Strukturen im Vordergrund.

Hat die BAW bei Kriminalisierungsversuchen linker Strukturen Erfolg, schränkt dies immer auch die Bedingungen anderer Kräfte ein.

Geschichtlich hatte z.B. die Verfolgung des angeblichen RAF-Umfeldes starke Auswirkungen auf die gesamte Linke. Das PKK-Verbot schränkt die Möglichkeiten aller linken türkischen und kurdischen Gruppen ein. Daraus folgt, daß es immer auch um unsere eigenen Bedingungen geht. Dieser Ansatz hat sicherlich Schwächen, wir sehen aber auch gute Möglichkeiten, eine stärkere gemeinsame Haltung gegen den Staat und seine repressiven Schläge zu entwickeln, auch über die "Betroffenheit" einzelner hinaus.

Die Demo am 16.12.95 mit ihren unterschiedlichsten Bezugspunkten war eine Initiative, die unsere Haltung zum Ausdruck bringt.

Hamburg, März 1996

Soligruppe Hamburg"

Die Adressen der beiden:

Bernhard Falk, JVA Köln-Ossendorf, Rochusstraße 350, 50827 Köln

Michael Steinau,, Marliring 41, 23566 Lübeck


Radikal-Verfahren

Wir wollen Jutta!

Im Rahmen der radikal-Verfahren werden Jutta, Mattes, Uli und Frank gesucht. Unsere Freundin Jutta ist eine lesbische Feministin, die sich in Bremen im autonomen Frauen und Lesbenplenum und in einem Migrantinnenprojekt engagiert hat. Seit fast einem Jahr entzieht sie sich der Repression. Sie ist weg, und wir vermissen sie sehr: als Genossin, als Freundin, persönlich wie politisch. Sie wird per Haftbefehl gesucht. Die Begründungen sind die gleichen wie die der Haftbefehle gegen Ralf, Werner, Rainer und Andreas, die bereits sechs Monate in U-Haft saßen. Anfang Dezember 1995 kamen sie gegen Kaution und andere Auflagen raus. Die Verfahren gegen diese vier sowie gegen die vier Gesuchten laufen weiter. Wann die Prozesse eröffnet werden, steht in den Sternen. Jutta wie den anderen wird vorgeworfen, in der Redaktion der radikal mitgearbeitet zu haben. Widerständige und verdeckte Zeitungsproduktion wird in der BRD schon lange kriminalisiert. Neu ist jetzt der Versuch der Bundesanwaltschaft (BAW), eine Zeitungsredaktion als kriminelle Vereinigung zu definieren, um damit juristische Grundlagen zur Behinderung journalistischer und politischer Arbeit zu haben. Dies stellt einen noch nicht dagewesenen Eingriff in die Pressefreiheit der BRD dar.

Insgesamt sollen politische Auseinandersetzungen und Aktionen in autonomen linken feministischen Zusammenhängen verhindert und eine gezielte Organisierung kriminalisiert werden. Durch die Verfahren im Zusammenhang mit dem 13.6.95 und andere 129/129a-Verfahren, die die Linke in der BRD zur Zeit überziehen, sollen Verunsicherung geschaffen und Einblicke in Strukturen gewonnen werden. Unsere Energie wird somit in Antirepressionsarbeit gebunden, was auch auf Kosten anderer inhaltlicher Arbeit geht.

Auch in der BRD gibt es politisch Verfolgte, die abhauen müssen

Für einige, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, gibt es manchmal die "Wahl" zwischen Knast und der Flucht vor Repression.

Bei 129/129a bedeutet Knast immer Sonderhaftbedingungen: z.B. Isolation, Postzensur, Besuchsverbote und Trennscheibe.- Aus diesem Grund entscheiden einige, sich auf die Suche nach einem Exilort zu machen. Das heißt auch, ähnlich wie im Knast, von FreundInnen, von politischen GenossInnen getrennt und von vielen politischen Auseinandersetzungen abgeschnitten zu sein. Für Frauen/Lesben bedeutet das darüber hinaus, sich weniger gegen sexistische Übergriffe wehren zu können, da sie illegal leben und nicht auffallen dürfen. Zudem heißt es für Lesben, aus einer lesbisch-feministischen community herausgerissen zu sein, die emotionale Sicherheit und politischen Zusammenhalt bietet. Ungewiß ist, im Gegensatz zum Knast, das Ende des Exils.

Wir wollen, daß Jutta und die anderen zurückkommen können, um mit uns zu leben und politisch zu arbeiten.

Dafür ist es notwendig, daß die radikal-Verfahren eingestellt werden. Wir wollen uns nicht daran gewöhnen und es nicht hinnehmen, daß Menschen aus der BRD aus ihren Zusammenhängen weggehen müssen. Solange Jutta und die anderen nicht wieder da sind, werden wir für die Einstellung der Verfahren kämpfen!

Und unser Ziel bleibt weiterhin: Weg mit dem Zensur- und Gesinnungsparagraphen 129/129a

Liebevolle und feministische Grüße an Jutta!

F.L.O.P. (Frauen/Lesben ohne Pardon)


Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf!

Verhindert die Verurteilung der kurdischen Gefangenen!

 

Die Serie der 129a-Verfahren bricht nicht ab

Am 10.4.1996 beginnt vor dem 5. Senat des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim ein 129a-Prozeß gegen drei kurdische und einen türkischen Gefangenen, Zülfiye Sanli, Mehmet Nuri Akdeniz, Mehmet Sirin Üner und Mehmet Karayilan.

Dieser Prozeß reiht sich ein in eine Serie von 129a-Verfahren, die die Bundesanwaltschaft (BAW) im September 1995 mit einem Prozeß in Frankfurt gegen drei kurdische Angeklagte begonnen hat. Es folgte die Prozeßeröffnung in Hamburg im März 1996 und nun auch in Stuttgart. Weitere Prozesse sind in Vorbereitung für München, Düsseldorf und andere Städte. Inzwischen befinden sich ca. 25 Angeklagte aufgrund dieses Vorwurfs in der BRD in Haft.

Es ist der zweite Anlauf der BAW, die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit Hilfe des 129a-Paragraphen zu kriminalisieren. Der erste Versuch scheiterte in den Prozessen von Düsseldorf und Celle.

(...)

Zu den Vorwürfen derBundesanwaltschaft

Den im Prozeß in Stuttgart-Stammheim Angeklagten wird zur Last gelegt, Mitglieder in einer terroristischen Vereinigung zu sein. Dies bezieht sich jedoch nicht auf die reine Mitgliedschaft in der PKK. Statt dessen wird in der Anklageschrift eine Teilorganisation innerhalb der PKK konstruiert, die angeblich verantwortlich sein soll für die Planung, Koordinierung und Durchführung von kurdischen Aktivitäten. Diese Struktur arbeite "hochkonspirativ", ihre Mitglieder trügen Decknamen und schotteten sich innerparteilich ab. Sogenannte Gebiets- und Regionsverantwortliche sollen dann die angeordneten Maßnahmen in ihrem jeweiligen Gebiet bzw. ihrer Region umsetzen.

Für die BAW wurde diese Konstruktion notwendig, da die PKK selbst als Auslandsorganisation juristisch in der BRD nicht zu belangen ist.

Eine Grundlage all dieser Prozesse sind Kronzeugenaussagen. Der in Frankfurt eingeführte Kronzeuge, der sich laut ProzeßbeobachterInnen nur sehr schwer an genauere Abläufe erinnern kann, wird nun auf dem Silbertablett rund um die BRD gereicht. Seine Aussagen werden in Hamburg benutzt; ebenso wird er in Stuttgart auftreten.

An diesem Lügennetz bastelt die BAW schon länger. Bereits während des von 1989 bis 1994 dauernden Düsseldorfer Prozesses versuchte sie auf ähnliche Weise, 21 kurdische politische Menschen hinter Gitter zu bringen. Nun, 1 Jahre nach Beendigung dieses Prozesses, ist durch die Aufsplitterung der Prozesse ihre Taktik eine andere; an der politischen Zielsetzung hat sich jedoch nichts geändert. So soll der rechtsstaatliche Anstrich, den sich die BRD durch das Einschalten der juristischen Ebene zu geben versucht, noch mal verstärkt die Zusammenarbeit mit der Kriegspartei Türkei legitimieren. Parallel dazu soll die PKK in der BRD weiter isoliert werden, um sie als organisierte Struktur angreifbarer zu machen.

Daß so viele Prozesse zum Teil gleichzeitig in verschiedenen Städten stattfinden gegen jeweils drei bis vier Angeklagte, muß vor dem Hintergrund gesehen werden, daß es dem Gericht im Düsseldorfer Prozeß nicht gelang, ihr Konstrukt einer terroristischen Vereinigung durchzusetzen. Der juristische Beweis konnte der Öffentlichkeit gegenüber nicht glaubwürdig erbracht werden. Allerdings waren die Bedingungen, die diesen Prozeß begleiteten, wesentlich andere als in der heutigen Situation. So existierte zum einen noch kein PKK-Verbot, welches erst die Möglichkeit schuf, alle kurdischen Aktivitäten auf der juristischen Ebene verhandelbar zu machen. Noch gab es diese breit inszenierte Medienkampagne mit der gezielten Gleichsetzung von Kurde = Terrorist. Statt dessen gab es eine breite Gegenmobilisierung, in der z.B. Prozeßbesuche bundesweit organisiert wurden.

 

Zu den unzähligen Prozessen vor niedrigeren Gerichtsinstanzen

Die vielen schon seit einiger Zeit stattfindenden ,kleineren' Verfahren vor den Staatsschutzkammern der Landgerichte, oder vor Amtsgerichten, wegen angeblicher Spendengelderpressung, schwerer Körperverletzung, Landfriedensbruch oder Verstößen gegen das Vereinsgesetz sollten das Klima schaffen, die PKK als eine Organisation von gewaltbereiten Straftätern erscheinen zu lassen. Zu den Verstößen gegen das Vereinsgesetz werden u.a. das Zeigen unerlaubter Embleme, die Teilnahme an Demonstrationen oder Hungerstreiks herangezogen. Bisher wurden diese konkreten vermeintlichen Straftaten verhandelt; für die offene Verurteilung von KurdInnen wegen ihrer Unterstützung des kurdischen Widerstands gab es noch keine juristische Grundlage. Das würde sich sicherlich durch die Verurteilung von sogenannten "übergeordneten Instanzen" der PKK drastisch ändern. Es ist davon auszugehen, daß die jetzt beabsichtigte Festklopfung von sogenannten "PKK-Terroristen" neuen Möglichkeiten in der Bekämpfung des kurdischen Widerstands Tor und Tür öffnet. Die Prozesse vor den Land- und Amtsgerichten und die 129a-Verfahren müssen in dieser Wechselwirkung begriffen werden.

Die Haftbedingungen der Gefangenen und die Bedingungen im Prozeß

Die Befangenen befinden sich alle schon seit über einem Jahr in Haft. Alle Kontakte untereinander oder zu anderen politischen KurdInnen werden systematisch unterbunden. Ebensowenig wurde eine gemeinsame Prozeßvorbereitung zugelassen.

Trotzdem werden die vier zum Prozeßbeginn eine politische Erklärung halten, von der sie selbstverständlich wollen, daß viele sie hören.

Kommt zahlreich!!

(...)

In Stammheim sind strenge Einlaßkontrollen. Auf alle Fälle muß man/frau den Personalausweis/Paß dabei haben.

Prozeßtermine Stuttgart

Der Prozeß ist in der Regel auf zwei Mal wöchentlich terminiert, dienstags und mittwochs, Beginn jeweils um 9.15 Uhr.

Termine im April: 23., 24., 30.4.

Termine im Mai: 7., 8., 14., 15., 28., 29.5.

Termine im Juni: 4., 5., 11., 12., 17.6.

Die Betreuung der Gefangenen (monatliches Einkaufsgeld, Zeitung, Dolmetscherkosten, Lebensmittelpakete ...), die Finanzierung ihrer Verteidigung, teilweise auch die finanzielle Unterstützung der Angehörigen ... kosten unwahrscheinlich viel Geld. Deshalb bitten wir Euch um Eure finanzielle Unterstützung auf folgendes Konto:

Rechtshilfekonto:

B. Wente, Postbank Stuttgart, BLZ 60010070, Kto.Nr. 358097-702

(Flugblatt des Stuttgarter Komitees zur Unterstützung der kurdischen politischen Gefangenen)


ZAST Halberstadt

Polizeiüberfall auf kurdische
Flüchtlinge

Am 23.3.1996 gegen 5.30 Uhr überfielen mehr als 700 zum Teil vermummte Polizisten den Block B der ZAST Halberstadt (Sachsen-Anhalt), in dem überwiegend kurdische Flüchtlinge untergebracht sind.

Dabei wurden 25 Zimmer aufgebrochen und verwüstet. Die Flüchtlinge wurden mit an den Kopf gehaltenen Waffen gezwungen, sich auf den Boden zu legen. In dieser Position mußten sie mit Handschellen gefesselt stundenlang ausharren. 16 Personen - davon 14 Kurden - wurden bei diesem brutalen Überfall festgenommen, da sie sich angeblich nicht ausweisen konnten. Sie wurden mehr als 10 Stunden lang auf dem Polizeirevier Halberstadt festgehalten, ohne Wasser und Nahrung zu erhalten. Dort mußten sie Protokolle unterzeichnen, die ihnen nicht übersetzt wurden.

Einer der betroffenen Flüchtlinge berichtete: "Wie stürmten nur eins der Gebäude. Bestimmte Zimmertüren wurden vorerst mit rotem Stift gekennzeichnet. Es handelt sich hierbei um die Zimmer der kurdischen Flüchtlinge aus der Türkei ... die Polizei vermutete, daß man Waffen und Sprengstoff lagere ... Als weiteres soll man Propagandamaterial der PKK und Drogen gesucht haben. Die Polizisten konnten natürlich nichts finden. Um ihre Blamage zu verringern, haben sie alles Schriftliche, was sie fanden, zusammengesammelt und gesagt, es handle sich um PKK-Propagandamaterial ... gleichzeitig bedrohten und beleidigten sie. Besser hätten dies die faschistischen Polizisten der Türkei auch nicht machen können. Wenn einer zur Toilette wollte, hat man verlangt, er solle sich ganz ausziehen und nackt hinausgehen ... Bücher, Zeitschriften, Blätter, Musikkassetten und andere persönliche Sachen wurden beschlagnahmt (u.a. Anhörungsprotokolle im Asylverfahren), weil es sich um Propagandamaterial der PKK handeln soll ..."

Dieser Angriff und erneute Kriminalisierungsversuch, der selbst von der Heimleitung und dem örtlichen Polizeichef als unrechtmäßig angesehen wurde, reiht sich lückenlos in die Hetzkampagne von Regierung und Medien gegen KurdInnen ein. Diese Aktion diente offensichtlich nur dem Zweck, die antikurdische Hysterie weiter zu schüren, was auch hervorragend gelang, betrachtet man die Medienberichterstattung.

Kurdistan Solidarität Magdeburg, 29.3.96


Ulm

Mahnwache gegen Rassismus und Faschismus, für internationale Solidarität

Ca. 40 Menschen führten am 22.3. in Ulm eine Mahnwache in der Fußgängerzone am Berblinger-Denkmal durch. Wir dokumentieren das Flugblatt:

In den letzten Jahren hat sich Ausländerhaß in Form dauernder Diskriminierung bis hin zur offenen Gewalt gegen alles "Undeutsche" u. sog. Randgruppen verschärft.

Die Saat rassistischer Parteien ist aufgegangen. So warnte selbst der bayerische Präsident, damals Innenminister, Edmund Stoiber, vor einer durchmischten und durchrassten Gesellschaft.

Eine beispiellose Anti-Flüchtlingskampagne, Verschärfung des AusländerInnengesetzes, Brandanschläge, Mord und Terror gegen ausländische MitbürgerInnen sind Realität geworden.

Deutschland gilt als "Sicherheitsland". Flüchtlinge suchen bei uns Schutz. Sie fliehen aus Ländern, wo Diktatur herrscht.

Kein Mensch flieht freiwillig. Hunger und Unterdrückung, Zerstörung der Umwelt, politische Verfolgung, Krieg sind die Fluchtgründe. Die Industriestaaten als Handlanger der Konzerne unterstützen diktatorische Regimes z.B. in Lateinamerika, Mexiko, Peru und Türkei. Die Konzerne verdienen dabei Millionen am Waffengeschäft. Flucht in die BRD ist eine Folge imperialistischer Ausbeutungspolitik. Rassismus und Faschismus in Deutschland ist noch nicht beseitigt.. Hinter dem Faschismus steht das Kapital.

Wieder oder immer noch bedrohen Rassisten das Leben und die Gesundheit von Menschen in diesem Land.

Wieder sind Menschen umgebracht worden.

Wieder sind Feuer gelegt worden: Hoyerswerda, Mölln, Solingen, Magdeburg, Rostock.

Diese Vorfälle sind die Konsequenz propagandistischer Hetz-Politik bei der Asyldebatte, die die Änderung des Art. 16 zur Folge hatte. Die Debatte waren als ganze zu provozieren. Und wenn sie nicht gewollt waren, so waren sie doch provoziert. Die Rolle der Polizei bei diesen Anlässen ist unverzeihlich und unvergeßlich.

Ausländer haben hier in der BRD keine Rechte!

Es gibt nur das rassistische "Ausländergesetz".

Die Ausweisungsgründe sind verschärft und neu formuliert worden. Das Verbot der politischen Betätigung ist extrem weit gefaßt und gilt für jeden Status innerhalb der Aufenthaltsbestimmungen.

Ausweisungstatbestand ist:

"Die Störung des friedlichen Zusammenlebens von Deutschen und Ausländern." Krasser kann der Rassismus kaum ausgedrückt werden, denn das heißt nichts anderes, als daß sich MigrantInnen und Flüchtlinge den ganzen faschistischen Angriffen, dem ganzen rassistischen Verhalten ihnen gegenüber klaglos zu unterwerfen haben und die Schuldfrage bei Auseinandersetzungen von vornherein "geklärt" ist.

"Gefährdung der demokratischen Grundordnung der BRD", Androhung von Gewaltanwendung bei Verfolgung politischer Ziele, das kann z.B. eine Parole sein wie "Tod dem Faschismus". Diese Bestimmungen fallen unter die "Kann-Ausweisung", je nach politischer Richtung kann entschieden werden, kurdische und linke Organisationen sind z.B. starker Repression ausgesetzt, während die reaktionären und faschistischen türkischen Gruppen sich ausbreiten können.

Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Inanspruchnahme von Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe.

CSU-Innenminister Beckstein aus Bayern fordert:

- Härteres Vorgehen gegen ausländische Straftäter

- Schnellere Abschiebung

- Verbot der politischen Betätigung

Wir fordern:

- Aufhebung der faschistischen und rassistischen Ausländergesetze

- Zulassung der kurdischen Vereine

- Aufhebung der Verbote aller fortschrittlichen Organisationen aus der Türkei und Kurdistan PKK, DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungs-Partei-Front)

- Keine Abschiebung in die faschistische Türkei

- Gleiche Rechte für alle AusländerInnen und Deutsche

- Bleiberecht für alle Flüchtlinge!

Wer aus der Vergangenheit nichts gelernt hat, ist dazu verurteilt, es nochmals zu erleben.

Wir setzen alles daran, daß sich die Zeit nicht mehr wiederholt.

Unterstützer: YEK-KOM (Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. Ulm), AGIF; Föderation der ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei in Deutschland, Ulm; ATIF, Föderation der Arbeiter aus der Türkei; Kulturzeitschrift, TAVIR; Volks- und Kulturhaus Ulm,; MLPD Ulm, INI Ulm: Freiheit für alle politischen Gefangenen!


Regierungspräsidium Freiburg ordnet an, das Amtsgericht beschließt

Pakistani soll abgeschoben werden!!

Am 30.1.96 sprang ein pakistanischer Flüchtling in der Vauban-Kaserne aus dem Fenster und zog sich schwerste Verletzungen zu; fast zwei Monate wurde in der Universitätsklinik Freiburg stationär behandelt, anschließend in eine Rehabilitationsklinik nach Bad Krozingen überwiesen. Dort hätte er noch bis Ende April 96 bleiben sollen, um über Massagen, Körpergymnastik und Elektrotherapie die gebrochenen Knochen (Becken, Lenden, Hände) wieder gebrauchen zu können - außerdem befinden sich noch Schrauben in seinen Knochen, die erst in ca. 8 Monaten operativ entfernt werden können.

Seit dem 11.4.96 aber sitzt er in Polizeigewahrsam; ein äußerst dubioser Hintergrund bildet den Anlaß, daß er -am 12.4.96- durch den Amtsrichter Grabe in Abschiebe(sicherungs)haft in die JVA Rottenburg eingewiesen wird.

Die "Schwarzwaldklinik" in Bad Krozingen -Orthopädie-Oberarzt Dr. Peters- beurteilt ihn ohne Kenntnis der Abschiebehaftbedingungen als "haftfähig", obwohl er ohne Gehhilfen kaum laufen kann und ein Stützkorsett tragen muß. Der Verwaltungschef der Klink verdächtigte den pakistanischen Flüchtling, ohne Bezahlung Telefongespräche geführt zu haben - und kündigte am 11.4. an, daß "der Mann fliegt hier raus".

Dieses Zeichen war für das Regierungspräsidium FR der offensichtlich erwartete Hinweis, daß der Flüchtling nunmehr -völlig entgegen medizinischen Stellungnahmen aus der Universitätsklinik Freiburg- zur Abschiebung freigegeben sei; es formulierte dem Haftrichter gleich den passenden Haftbefehl vor, nachdem es sich noch am heutigen Vormittag mit der Kliniksleitung verständigt hatte.

Rechtsanwalt Althaus hat inzwischen sowohl beim Verwaltungsgericht als auch beim Amtsgericht entsprechende Anträge gegen diese menschenverachtende Behandlung des pakistanischen Flüchtlings eingereicht. Der Mann, einer religiösen Minderheit in Pakistan angehörend, war am 30.1.96 aus dem Fenster gesprungen, weil er - realistischerweise - im Fall der Abschiebung nach Karatchi befürchten muß, dort erneut den religiösen Fanatikern in die Hände zu fallen. Er war bereits einmal nach Pakistan zurückgekehrt und hatte sich aus genau diesen Gründen dann erneut entschieden, wieder nach Deutschland zu gehen und hier neu Asyl zu beantragen. Das Verfahren läuft noch. Auf diese Umstände nimmt das Regierungspräsidium nicht die mindeste Rücksicht. Hier werden selbst minimale Grundsätze von Menschenwürde mit Füßen getreten!

SAGA, Freiburg, den 12.4.96

Anmerkungen:

Der Mann wurde am 12.4. unter großen Schmerzen von der Polizei zur Verkündung des Haftbefehls ins Amtsgericht befördert, wobei das sogen. Schubkommando sich darüber noch lustig machte. Er konnte auch auf dem Rückweg in den Polizeiwagen nicht richtig laufen, wurde mehr ins Auto gezerrt - das nennt sich "haftfähig"! Der Haftbefehl stammt im Original aus dem Regierungspräsidium, der Haftrichter erhielt ihn zugefaxt und setzte seine Unterschrift darunter! Alles war also bereits vorbereitet - hier suchte die Abschiebebehörde nur nach einer Gelegenheit. Bislang war deshalb nicht juristisch/asylrechtlich interveniert worden, weil es aufgrund der medizinisch eindeutig vorrangigen Situation keinen Anlaß gab, daß hier die Abschiebebehörde kommen würde und sich derart über die körperliche Unversehrtheit, die Vorrangigkeit der Menschenwürde (gerade angesichts des Fenstersprungs aus dem 2. Stock am 30.1.96) hinwegsetzen würde.

Zur Erinnerung hier noch die Presseerklärung der SAGA vom 6.2.96

Abschiebeversuch eines pakistanischen Flüchtlings aus der Vauban-Kaserne: Regierungspräsidium Freiburg trägt volle Verantwortung für seine schweren Verletzungen!

Nach unserem derzeitigen Informationsstand gilt folgendes:

Der 25-jährige pakistanische Flüchtling, der am 30.1.96 von der Bezirksstelle für Asyl Freiburg über Frankfurt nach Karatchi abgeschoben werden sollte, hat schwerste Verletzungen bei dem Sprung aus einem Fenster im 2. Stock in der Vauban-Kaserne erlitten. Ob er jemals gesundheitlich wiederhergestellt werden kann, ist derzeit noch ungewiß, er hat mehrere Knochenbrüche im Beckenbereich erlitten und kann seine Arme nicht benutzen. Für ca. 6 Wochen ums er in einer Klinik stationär behandelt werden.

Bei seiner 2. Aufnahme in der Bezirksstelle für Asyl ist ihm bereits vom Hausmeister gesagt worden, er werde hier nur ca. eine Woche bleiben. Dies ist deutliches Indiz dafür, daß das Regierungspräsidium -zuständig für die Abschiebungen in ihrem Bereich- nicht einmal geprüft hat, ob der Mann ein Asylfolgeverfahren betreibt oder betreiben will, was völlig legal wäre. Er war bereits einmal im Asylverfahren und ist dann -entgegen der Meldung der Behörden, er habe sich illegal hier aufgehalten- ausgereist. Da aber seine Asylgründe, Verfolgung und Probleme mit religiösen Gruppen in Pakistan, nach wie vor bestehen, hat er seine Heimat wieder verlassen müssen und kam wieder nach Deutschland, um erneut Asyl zu beantragen.( 71 AsylVfG)

In diesem Fall hätte er gem. einem Erlaß aus dem Innenministerium vom 4.9.95 vor einem Entscheid über seinen Antrag nicht abgeschoben werden dürfen. Wollte er sich während dieser Phase der Abschiebung entziehen, so hätte der Mann also -seit Anfang Januar 96- ausreichend Zeit dazu gehabt. Dies hat er nicht gemacht und war damit der berechtigten Ansicht, ein zweites Asylverfahren sei möglich. Andernfalls wäre er auch nicht nach Freiburg gebracht worden, sondern in Abschiebehaft.

Die Abschiebemaßnahme, die das Regierungspräsidium am 30.1.96 durchführte, war damit völlig rechtswidrig. Die erlittenen, schweren Verletzungen des Mannes sind vollverantwortlich dem Regierungspräsidium Freiburg anzulasten, das bis heute nicht bereit ist, bis auf weiteres von einer Abschiebung abzusehen. (...)

Die Behörden gehen über Leichen, um ihr Ziel zu erreichen! SAGA Freiburg, den 6.2.96

P.S. Tatsächlich hat sich rechtlich die Situation dann herausgestellt: das erste Asylverfahren war als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt worden; der Rechtsschutzantrag beim Verwaltungsgericht abgelehnt, der Mann war "ausreisepflichtig" und hat die BRD verlassen. Nach seiner erneuten Einreise wurde ihm geraten, in Nordrhein-Westfalen einen Asylfolgeantrag zu stellen (im Unwissen, daß zu diesem Zeitpunkt das erste Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen resp. zurückgezogen war - wer kennt sich im deutschen Asylverfahren schon so gut aus!). In Aachen -von der Polizei kontrolliert- wurde festgestellt noch Asylverfahren in Freiburg anhängig war, er also nach Freiburg geschickt wurde, wohin er auch ging, um hier nun 2. Asylantrag zu stellen. Von Behördenseite wurde er nicht aufgeklärt, mit seinem (früheren) Rechtsanwalt hatte er Besprechungstermin per Dolmetscher vereinbart - da kommt nach kurzer Zeit bereits die Polizei und will ihn zur Abschiebung festnehmen: aus dieser Situation heraus resultiert der Sprung aus dem Fenster eines kleinen Zimmers von 9 qm, in dem drei Personen leben mußten. SAGA Freiburg


Ein Gefangener aus Frankenthal

"Es ist nicht sinnlos, für seine Rechte und die Rechte anderer zu kämpfen"

Ich möchte mit diesem Brief die Gelegenheit nutzen, mich bei allen, die sich für die Rechte der Gefangenen einsetzen, zu bedanken, besonders aber bei den Leuten, die so zahlreich und lautstark am 17.3. vor den Mauern der JVA Frankenthal erschienen sind. Leider konnte ich Euch nicht sehen, aber dafür jedes Wort gut verstehen. Alle von Euren Forderungen verdienen jegliche Unterstützung, besonders die Forderung für die Freilassung aller politischen Gefangenen weltweit. Nur wenige Menschen wissen überhaupt, daß es Menschen gibt, die wegen ihrer politischen Einstellung und Arbeit durch Einknastung mundtot gemacht werden. Es ist aber auch einfacher, wegzuschauen oder sich taub zu stellen. Aus diesem Grund finde ich es um so bemerkenswerter, daß es Leute wie Euch gibt, die trotz des Widerstandes wie z.B. durch die B. oder Bespitzelung vom Verfassungsschutz auf die Verbrechen der herrschenden Klasse aufmerksam machen. Als ich an meinen Betonstreben hing und Euren Worten lauschte, besonders als das Gedicht der IRA-Leute, die hier gefangen waren, vorgelesen wurde, machte sich ein Gefühl in mir breit, das mir neue Kraft gab, nicht zu resignieren und weiterhin gegen die Ungerechtigkeiten anzukämpfen. Ich glaube, dieses Gefühl habt Ihr vielen vermittelt. Gerade durch das ständige Eingeschlossen-Sein und die Einsamkeit bekommt man doch Zweifel, ob man als ständiger Einzelkämpfer irgend etwas erreichen kann und ob es was bringt, sich gegen alles zu stellen. Durch Euch, die Ihr vor der Mauer kämpft, vermittelt Ihr das Gefühl, kein Einzelkämpfer mehr zu sein, und somit, daß der Kampf hinter den Mauern nicht sinnlos ist. Auf diesem Weg möchte ich auch "alle" Gefangenen auffordern, sich zu wehren, um Euch, die Ihr draußen kämpft, von hier drinnen zu unterstützen. Es ist nicht sinnlos, für seine Rechte und die Rechte anderer zu kämpfen.

Aus diesem Grund möchte ich mich auch für die Zusammenlegung von Rolf mit den anderen RAF-Gefangenen einsetzen, was aber noch wichtiger ist, auch für ihre Freilassung; aber auch für alle Minderheiten, die in oder von unserer Gesellschaft so gnadenlos ausgegrenzt werden. Der Kampf geht weiter.

(Ein Gefangener aus Frankenthal)

Weitere Aktioen zum 18.3.

"Wir haben am 18. März ein Transparent von der Autobahnbrücke in Laim/München gehängt. Durch den frühmorgendlichen Schlepp-Verkehr (bzw. Stau) hoffen wir, daß es viele gesehen haben. Die Aufschrift des Transparents lautete:

"Hanna Krabbe, Gefangene aus der RAF seit 21 Jahren, muß raus!"

Mit dieser Aktion wollen wir uns in Beziehung zu dem heute stattfindenden Kampftag für die Freiheit aller politischen Gefangenen setzen. (...)

Damit eine Situation geschaffen ist, in der jeder Tag zum Kampf für die Freiheit der revolutionären Gefangenen wird, muß für die Zukunft gesorgt werden, daß sich der Widerstand organisiert, daß sich Strukturen aufbauen, die Verantwortung übernehme. Das ist die Voraussetzung, um relevanten Druck aufzubauen. Wir werden in Zukunft unsere Beitrag dazu leisten - mit den Möglichkeiten, die wir haben. (...)"

(gekürzt)

Die Ini Ulm - Freiheit für alle politischen Gefangenen hat sich am 18.3.96 ebenfalls am Aktionstag (siehe letztes Info) beteiligt. Sie schreiben:

"Wir waren mit einem Transparent in Ulm - Fußgängerzone präsent. Beteiligt waren 30 GenossInnen an der Aktion. Verteilt wurden 500 Flugblätter. Presse (Südwest Presse und Schwäbische Zeitung) waren geladen, aber nicht erschienen. Auch das nichtkommerzielle Radio FREE-FM war geladen, aber die hatten niemanden, der kommen konnte. B. sind auch gekommen und haben von zwei Personen Personalien festgestellt. Sind nach 10 Min. Aber wieder abgezogen."


Göttingen

Staatsschutz schnüffelt im JuZI!

Am 22. Februar wurden die drei Vorstandsvorsitzenden der Jugendzentrumsinitiative Innenstadt e.V. (JuZI) in Göttingen von der Generalbundesanwaltschaft (BAW) im Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhört. Die zwei SozialarbeiterInnen und ein weiteres Mitglied des Vorstands erhielten Vorlagen des Bundeskriminalamtes (BKA) und rechnen in den nächsten Wochen mit Vorladungen nach Karlsruhe. Geladen wurden sie als ZeugInnen in einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt nach dem 129a (Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung). Als Vorwand dient ein "Drohbrief zum Nachteil des Ermittlungsrichters Dr. Beyer". Dieser Brief soll angeblich vor Weihnachten aus dem JuZI als Fax an den BGH-Richter Beyer geschickt worden sein.

(Nach einem Flugblatt aus Göttingen)


Neues zu Christel Fröhlich

Auslieferung droht

Die UnterstützerInnen-Gruppe für Christel informiert über den neuesten Stand:

Die Anhörung hat am 21. März in Rom stattgefunden. Sie dauerte eine knappe Stunde. Der Antrag Frankreichs auf Auslieferung wurde vom italienischen Staatsanwalt vertreten. Er ist bekannt als Chefankläger in "Terrorismus-Prozessen".

Die italienische Anwältin und der deutsche Anwalt plädierten, daß keine der französischen Behauptungen juristisch haltbar sind. Mit dem Auslieferungsantrag werde Italien getäuscht. Der italienische Staatsanwalt argumentierte: Der italienische Staatsanwalt argumentierte: Der Tatverdacht müsse nicht überprüft werden.

Inzwischen hat das Gericht entschieden, daß Christel ausgeliefert werden soll.

Noch gibt es keine schriftliche Begründung. Mit dem Tag, daß diese Christel vorliegt, beginnt die 30-Tage-Frist: Nur 30 Tage haben die Anwälte Zeit, schriftliche Berufung gegen diese Entscheidung einzulegen. Darüber entscheidet dann über kurz oder lang das Cassations-Gericht. Ob nur schriftlich oder auch mit mündlicher Verhandlung, ist ungewiß.

Ehe über die Berufung nicht entschieden ist, darf Christel, laut Gesetz, nicht abgeschoben werden.


Folter in Spanien

Europarat legt Bericht vor

Anfang März wurde von der Antifolterkommission des Europarates der Bericht über die Menschenrechtssituation in Spanien und die Folter an Gefangenen veröffentlicht. Spanien war der einzige Staat, der die Veröffentlichung des Berichts bislang verweigerte. Dieser umfangreiche Bericht offenbart grausames und bestätigt alle Vorwürfe gegen den spanischen Staat.

So werden in den Kasernen und Gefängnissen der Guardia Civil Gefangene die mit ETA-Vorwurf festgenommen wurden, systematisch mißhandelt und gefoltert. Die Folterpraktiken gehen von Elektroden im Genitalbereich über Betäubungsgas bis zu Plastiktüten, die den Ausgelieferten bis kurz vor dem Erstickungstod über den Kopf gezogen werden. Gefangene werden mit Eisenringen an Betten und Tischen gefesselt, geschlagen und verbrüht. Die Aussagen von Folteropfern wurde in dem Bericht ausdrücklich für glaubwürdig erklärt. Bislang wurde immer versucht die Berichte als Propaganda aus dem ETA-Umfeld anzutun.

Doch offenbart dieser Bericht nicht nur die Folterpraktiken in Spanien, er zeigt zugleich die Komplizenschaft der deutschen Behörden an der Folter. Der Bericht der deutschen Botschaft, vom letzten Jahr, der vom Außenministerium bestätigt wurde, macht dies deutlich. In knappen Sätzen wurde damals behauptet, es gäbe keine Erkenntnisse über Folter und Mißhandlungen in Spanien. Und wenn, stammen diese Berichte lediglich aus dem ETA-Umfeld und entbehrten der Glaubwürdigkeit. Dies war zu diesem Zeitpunkt bereits gelogen, da bereits Berichte der UN und von Amnestie International über die Folter in Spanien vorlagen. Doch im Interesse der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit, an der insbesondere die BRD Interesse hat und Vorreiter ist, wird auch Folter gedeckt. Auch das Berliner Kammergericht hatte im Auslieferungsverfahren von Benjamin Ramos Vega in seiner Entscheidung vom Dezember '95 alle Bedenken über die Folter Spanien vom Tisch gewischt, als es der Auslieferung bedingungslos zustimmte. Für die BRD ist die Veröffentlichung dieses Berichtes damit sowohl ein Schlag in Gesicht des Außenministeriums als auch des Kammergerichts und zeigt wie sich die BRD ganz offen zum Gehilfen der Folterknechte in Spanien gemacht hat.

Daß der Bericht des Europarates nun doch veröffentlicht wurde, ist zweifellos auch auf öffentlichen Druck zurückzuführen. Dennoch bleibt trotz dieser Veröffentlichung ein bitterer Beigeschmack. Der Bericht wurde nur zwei Tagen nach der Wahl in Spanien veröffentlicht. Es ist also davon auszugehen, daß dieser Zeitpunkt nicht zufällig gewählt wurde und die politisch Verantwortlichen der Folterpraktiken vor der Wahl gedeckt werden sollten. Zudem geht der Bericht in Spanien bei den Diskussionen um eine neue Regierungsbildung innenpolitisch unter und führt damit nicht zu Konsequenzen.

Der Bericht der Antifolterkommission des Europarates wird auch für das weitere Auslieferungsverfahren von Benjamin Ramos Vega in Berlin eine wichtige Rolle spielen. Das Bundesverfassungsgericht, vor dem das Auslieferungsverfahren von Ramos Vega zur Zeit geprüft wird, hat sich die Unterlagen der Antifolterkommission bereits angefordert. Ein entscheidender Punkt mit dem die Verfassungsklage von Ramos Vega begründet wurde, waren die Vorwürfe der Folter in Spanien, unter der die belastenden Aussagen gegen ihn zustande gekommen sind sowie die Befürchtung, daß er selbst in Spanien im Falle einer Auslieferung der Folter ausgesetzt sein wird. Es bleibt zu hoffen, daß das Verfassungsgericht vor dem Hintergrund dieser Fakten eine Entscheidung zugunsten von Ramos Vega fällt und nicht ebenfalls aus Opportunitätsgründen umfällt. Jedenfalls verbessert dieser Bericht seine Ausgangslage und bietet gewichtige Argumentationsgründe gegen eine Auslieferung.

Rote Hilfe Berlin


Istanbuler Staatssicherheitsgericht

Tageszeitung geschlossen

Druck, Repression und Verfolgung von Oppositionellen ist Alltag in der Türkei. Tagtäglich werden Menschen, Institutionen, Gewerkschafter, Intellektuelle u.a., die kritisch gegenüber der Staatspolitik der Türkei eingestellt sind, verfolgt, verhaftet oder ermordet. Auch die oppositionelle Presse ist diesen Repressalien ausgesetzt. Journalisten und Redakteure werden festgenommen, Zeitungen geschlossen oder beschlagnahmt. Die kritische Tageszeitung "Evrensel" (Universell), die seit Juni 95 in der Türkei erscheint, ist seit ihrer Erscheinung immer Zielscheibe staatlicher Politik gewesen. Verbots- und Schließungsverfahren, staatliche Repressionen, Unterdrückung und Verfolgung, Einschüchterungsversuche gegen "Evrensel" haben das Ziel, die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Verteidigung für Demokratie und Menschenrechte außer Kraft zu setzen. Seit dem Erscheinen wurden insgesamt 37 Verfahren gegen Evrensel eingeleitet. 23 von insgesamt 301 Ausgaben wurden konfisziert. Ihre Mitarbeiter festgenommen, bedroht und verprügelt. Am 8. Januar wurde Metim Göktepe, Journalist der "Evrensel", in Istanbul von Polizisten festgenommen und zu Tode gefoltert.

Nun hat der türkische Staat einen neuen Schritt eingeleitet. Laut Angaben der Tageszeitung "Evrensel" hat das Staatssicherheitsgericht (DGM) von Istanbul ein Schließungsverfahren gegen die oppositionelle Tageszeitung "Evrensel" eingeleitet. Aufgrund seiner kritischen Einstellung wurde der verantwortliche Redaktionsleiter Ali Erol zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Als Grund für dieses Schließungsurteil wurde ein Kommentar von Semih Hicyilmaz mit der Überschrift "Krieg den Palästen, Friede den Hütten" anläßlich des Antikriegstages am 1. September 1995 genannt. Semith Hicyilmaz, der sich derzeit in Europa aufhält, wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Im Falle seiner Einreise in die Türkei müßte er diese Strafe antreten. Das Gericht befand, in dem Artikel sei das Ziel der "Anstachelung des Volkes aufgrund der Unterschiedlichkeiten zu Haß und Feindschaft" verfolgt worden.

Wir, als Föderation der demokratischen Arbeitervereine (DIDF), appellieren an die demokratische Öffentlichkeit, gegen diese Repressionen, Verbote und Schließungsurteile gegen die oppositionelle demokratische Presse sowie gegen "Evrensel" anzugehen. Denn die Verteidigung von Meinungs- und Pressefreiheit sowie von Menschenrechten ist ein elementares Grundrecht. Solidarisieren wir uns mit "Evrensel" und protestieren gegen das Schließungsurteil.

Proteste an

Innenministerium, Icisleri Bakanligi, Bakanliklar/Ankara,Türkei, Fax: 0090312-4257214

Justizministerium: Adaler Bakanligi, Bakanliklar / Ankara, Türkei, Fax 0090-312-417 39 54

Solidaritätsschreiben

Tageszeitung EVRENSEL, Üzeyir Aga Sok: No 11, Yenibosna / Istanbul /Türkei, Fax 0090-212-656 07 43


Auszug aus einem Redebeitrag, der auf einer Veranstaltung in Leipzig am 30.3.1996 gehalten wurde

Zum neuen Bericht der Bundesregierung an den UN-Menschenrechtsausschuß

Die Bundesregierung ist verpflichtet, den UN-Menschenrechtsausschuß alle fünf Jahre schriftlich darüber zu informieren, in welcher Weise sie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte umgesetzt hat. Dieser im Rahmen der UN ausgearbeitete Menschenrechtsvertrag enthält eine Reihe von Bestimmungen, die gerade auch für Gefangene von Bedeutung sind, wie zum Beispiel das Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung, das Recht auf einen fairen Prozeß, einschließlich des Rechts auf Verteidigung, sowie die Informations- und die Meinungsfreiheit. Ende des Jahres 1995 hat die Bundesregierung ihren vierten Bericht an den UN-Menschenrechtsausschuß veröffentlicht.

Zu den Gefangenen aus der RAF wird darin u.a. folgendes ausgeführt: "In früheren Staatenberichten ist stets besondere Aufmerksamkeit dem Vorwurf zugewendet worden, die in Deutschland auf Grund rechtskräftiger Urteile einsitzenden terroristischen Straftäter seien unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt. Die deutsche Regierung meint, daß dieser Punkt derzeit keiner Vertiefung bedarf."

Die Bundesregierung hat den Haftbedingungen der RAF-Gefangenen in ihren früheren Berichten jedoch keineswegs "besondere Aufmerksamkeit" gewidmet. Der UN-Menschenrechtsausschuß hat sich in den Jahren 1978, 1986 und 1990 zum Teil ausführlich mit der Isolationshaft in der BRD befaßt und dabei die Bundesregierung kritisiert.1 Dies geschah jedoch vor allem deswegen, weil eine Arbeitsgruppe, die sich zur Aufgabe gemacht, hat, UN-Organe über die Isolationshaft zu informieren, eine Dokumentation über die Haftbedingungen eingereicht hatte.2

Es gehört zu den propagandistischen Methoden der Bundesregierung, in der Öffentlichkeit und gegenüber internationalen Gremien positive Entwicklungen und Veränderungen, die allein auf Grund des Kampfes der Gefangenen oder der Arbeit von Genossinnen und Genossen "draußen" zustande gekommen sind, sich selbst zuzuschreiben.

Ferner ist es nicht zutreffend, daß sich die Frage der Haftbedingungen allein auf Gefangene bezieht, die "auf Grund rechtskräftiger Urteile" inhaftiert sind. Die RAF-Gefangenen wurden und werden vielmehr vom ersten Tag ihrer Haft an isoliert, also auch dann, wenn sie noch Untersuchungsgefangene sind. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Birgit Hogefeld, die im Jahre 1993 im Zuge der Polizeiaktion in Bad Kleinen gefangen genommen wurde und danach lange Zeit in Einzelhaft war.

Zwischen den Zeilen gibt die Bundesregierung mit ihrer Formulierung zu erkennen, daß die Unterscheidung zwischen Untersuchungshaft und Strafgefangenschaft bei den RAF-Gefangenen praktisch keine Bedeutung hat. Die gegen sie durchgeführten Strafverfahren haben denn auch allein den Zweck, die rechtsstaatliche Fassade zu wahren, während die Urteile von vornherein feststehen. So gesehen ist es realistisch, wenn die Bundesregierung alle RAF-Gefangenen von vornherein als Strafgefangene qualifiziert.

Indem die Bundesregierung betont, daß es hier um Gefangene geht, die auf Grund rechtskräftiger Urteile inhaftiert sind, behauptet sie indirekt auch, daß es sich bei ihnen um "gewöhnliche Kriminelle", nicht jedoch um politische Gefangene handelt. Die von der Bundesregierung betriebene Sprachregelung hat sich international jedoch keineswegs vollständig durchgesetzt. Als sich der UN-Menschenrechtsausschuß im Jahre 1990 mit der Situation in der BRD befaßte, erklärte das schwedische Ausschußmitglied, Herr Wennergren, er sei über die Behandlung von politischen Aktivisten, die sich selbst als Kriegsgefangene betrachteten, sowie über deren lange Einkerkerung betroffen. Der im letzten Bericht der Bundesregierung enthaltene Hinweis auf die rechtskräftige Verurteilung kann auch als eine Antwort auf diese Äußerung verstanden werden.

Schließlich ist der Bundesregierung zu widersprechen, wenn sie ausführt, dieser "Punkt" bedürfe "derzeit keiner Vertiefung". "Derzeit" heißt es hier - als ob die Bundesregierung jemals dazu bereit gewesen wäre, ernsthaft auf Kritik an den Haftbedingungen einzugehen. In den letzten Jahren wurden mehrere langjährig inhaftierte Gefangene freigelassen. Auch sind die Haftbedingungen heute nicht mehr im gleichen Maße restriktiv wie noch vor zehn Jahren. So ist kein RAF-Gefangener mehr in einem Hochsicherheitstrakt untergebracht. Nach wie vor sind jedoch alle Gefangenen, die auf rund des 129a Strafgesetzbuch inhaftiert sind, einem besonderen Haftregime unterworfen, das mit den Menschenrechten unvereinbar ist. Zudem wurden neue Verfahren gegen bereits seit langen Jahren inhaftierte RAF-Gefangene durchgeführt, die daraufhin erneut verurteilt wurden.

Entgegen der Behauptung der Bundesregierung, der "Punkt" bedürfe "keiner Vertiefung", sind die Haftbedingungen und die Frage der Freiheit für die Gefangenen aus der RAF somit nach wie vor aktuell. Hinzu kommt, daß alle auf Grund des 129a StGB inhaftierten Gefangenen besonderen Haftbedingungen ausgesetzt sind, und das heißt: auch Gefangene, die wegen antifaschistischer Aktivitäten inhaftiert sind, sowie Gefangene, die der PKK zugerechnet werden.

Hans-Michael Empell

1 Vgl. Dazu: Hans-Michael Empell: Die Menschenrechte der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1995, S. 39ff.

2 Als Buch veröffentlicht unter dem Titel: Todesschüsse, Isolationshaft, Eingriffe ins Verteidigungsrecht, 4. Aufl. Berlin 1995


Herausgeber : Angehörige und FreundInnen politischer Gefangener in der BRD, Postlagerkarte 05 02 05, 65929 Frankfurt / M. Erscheint vierwöchentlich bei GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein / Hamburg m. b. H., Palmaille 24, 22767 Hamburg. V. i. S. d. P. : Christiane Schneider. Redaktionsanschrift und Bestellungen : GNN-Verlag, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel. : (0 40) 38 13 93, Fax : (0 40) 3 89 83 31 (mit Empfängervermerk). Einzelpreis : 3,00 DM. Ein Halbjahresabonnement kostet 27,00 DM, ein Halbjahresförderabonnement 30,00 DM, Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stück 30 % Rabatt, ab 50 Stück das Heft zu 1,90 DM. Bei Bestellungen bitte Einzugsvollmacht beifügen oder Überweisung auf das folgende Verlagskonto : Hamburger Sparkasse, BLZ 200 505 50, Konto-Nr. 1269/122 311. - Herstellung und Drucklegung : GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein / Hamburg m.b.H. Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehörigen-Info so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehändigt wird. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht persönlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken. Spendenkonto der Angehörigen : Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 600 501 01, Kt.-Nr. 5454194.