Presseerklärung zu angeblich geplantem"kollektiven Selbstmord als demonstrativen Akt"von Gefangenen aus der RAFDie Gefangenen aus der RAF in Lübeck Irmgard Möller, Christine Kuby und Hanna Krabbe sind seit heute abend unter ständige Bewachung und Beobachtung gestellt worden.Dies wird vom Justizministerium von Schleswig-Holstein mit Informationen des LKA Baden-Württemberg begründet, welches angeblich Hinweise darauf habe, Gefangene aus der RAF würden für den 11.11.93 einen "kollektiven Selbstmord als demonstrativen Akt" planen. Es soll um die Gefangenen gehen, die die Erklärung von Brigitte Mohnhaupt vom 28.10.93 unterschrieben haben.Wir wissen von unseren MandantInnen und den Verteidigern und Verteidigerinnen der anderen Gefangenen, daß diese keinen Selbstmord planen und nicht selbstmordgefährdet sind. Das ist auch dem Staatsschutz durch die Überwachung der Gefangenen bekannt.Wir begreifen die Vorgänge als Drohung gegen das Leben der Gefangenen, und wir müssen es so begreifen. Das Szenario erinnert an den Tod der Gefangenen in Stammheim 1977, dem auch Gerüchte über angebliche Selbstmordabsichten vorausgingen. Der Versuch, eine Tötung als Selbstmord zu deklarieren, ist auch durch die Vorgänge um den Tod von Wolfgang Grams gerade aktuell.Für die Gefangenen in Lübeck, insbesondere für Irmgard Möller, die die Nacht des 18.10.77 in Stammheim als einzige überlebte, bedeuten diese Unterstellungen und die damit begründeten Repressalien gegen sie Bedrohung und Terrorisierung. Wir fürchten auch um die Gefangenen in anderen Gefängnissen, über die wir nichts wissen.10.11.93 Rechtsanwältin Anke Brenneke-Eggers, Rechtsanwältin Ursula Ehrhardt, Rechtsanwalt Johannes Santen

Die Informationsstellen Lateinamerika, El Salvador und Guatemala in Bonn haben in einer Eilaktion dazu aufgerufen, gegen die Verschärfung bei den Gefangenen bei den zuständigen Länderjustizministern und der Bundesjustizministerin zu protestieren und der Forderung nach sofortiger Zusammenlegung der Gefangenen sowie ihrer Freilassung Nachdruck zu verleihen. Die Fax-Nummern der Länderjustizministerien: Schleswig-Holstein (0431) 5992814, Nordrhein-Westfalen (0211) 879456, Hessen (0611) 322763, Baden-Württemberg (0711) 292026, Bayern (0©9) 557-2322. Fax der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger: (0228) 584525.Es fanden u.a. in Lübeck, Frankfurt, Köln, Düsseldorf sowie in Zürich vor dem deutschen Konsulat Kundgebungen statt. Aus Platzgründen müssen wir genauere Informationen/Berichte auf die nächste Ausgabe verschieben. (d.Red.)

Irmgard Möller, Christine Kuby, Hanna Krabbe:

Wir haben das alles als äußerst konkrete

Bedrohung gegen uns empfunden

am mittwoch abend, kurz vor 19 uhr, werden wir in den besuchsraum gerufen, der anstaltsleiter wolle mit uns sprechen. wir saßen gerade zusammen in unserem gemeinschaftsraum hier im trakt. wegen der ungewöhnlichen zeit - ab 19 uhr ist im knast nachtschicht - haben wir gleich an eine bka-aktion gedacht.

als wir dann im besuchsraum sind, eröffnet schmelzer, der knastleiter, das ganze so, daß er sagt, er habe uns eine sehr ernste angelegenheit mitzuteilen. sie hätten erfahren, daß die 11 gefangenen, die sich von den celler gefangenen und deren verhandlungen distanziert haben, eine gemeinsame aktion planen und sich am 11.11. "kollektiv" umbringen wollten. die meldung komme vom bka, woraufhin das justizministerium in kiel angeordnet habe, daß wir drei ab sofort voneinander getrennt werden, in vollkommen leere zellen gebracht und dort unter dauerobservation gestellt werden sollen. in jeder unserer zellen solle außerdem eine beamtin plaziert werden. mittwoch nacht, den ganzen donnerstag, donnerstag nacht bis freitag morgen.das alles, wie schmelzer es nannte, "zu ihrer sicherheit".

das war erst mal auch ein schock. sie sind offenbar wieder soweit, von einer "kollektiven selbstmordaktion" aller gefangenen zu träumen, die an ihrer identität festhalten und jeden deal mit dem staat ablehnen. wollen sie uns unter kontaktsperre, in der dann alles möglich ist?

alles schien genau kalkuliert. schmelzer sagte, "das haben wir uns gedacht, daß das ein schock für sie ist, auch daß sie aufgebracht reagieren", und sie würden es dann eben mit gewalt durchsetzen.

wir wurden wütend: sie, der knast und das justizministerium, wissen, daß alles eine lüge ist, sie kennen uns. wir werden uns nicht umbringen - alles riecht nach einer fabrikation des bka.was überhaupt der anlaß sein soll, was hat das bka ihnen erzählt? schmelzer sagt, er wisse das alles nicht, er wisse nur, daß die meldung aus dem bka kommt, von dort an pelny (staatssekretär im justizministerium) gegangen wäre,woraufhin klingner seine "anweisung" erlassen habe, die er nun durchführen müsse.wir haben dann gefragt, ob er das auch machen würde, wenn die anweisung käme, sie sollten uns im hof aufstellen zur erschießung? nein, entgegnet schmelzer gelassen, das wäre ja nicht rechtmäßig.im übrigen handele er nicht auf anweisung des bka, es gebe aber diese zusammenarbeit der apparate, und das wäre nicht anders als bei uns: "sie handeln ja genauso, zusammen und für die gegenseite nicht durchschaubar."

als wir gemerkt haben, daß völlig egal ist, was wir sagen, sie so und so ihre "maßnahmen" durchsetzen wollen, haben wir gesagt: wenn sie uns dann unbedingt unter dauerbeobachtung setzen wollen, können sie uns auch zusammen lassen. wir lassen uns nicht einzeln in leere zellen sperren und dann noch ne beamtin bei jeder von uns drin. sie sollen uns im trakt lassen, die zellentüren offen und könnten dann ja die ganze nacht im gang wache schieben und zugucken, was wir machen, bis diese selbstmordaktion des bka aus der welt geschafft ist.schmelzer sagte, sie hätten beschlossen, uns im lazarett in einzelzellen zu schließen (das lazarett ist, wie unser trakt, vom restknast getrennt) - aber er würde jetzt noch mal mit kiel telefonieren und rückfragen, ob die beobachtung auch hier im trakt laufen könne und wir zusammen bleiben - aber in unsere zellen, das ginge auf keinen fall, "wir wissen ja nicht, was sie da vorbereitet haben".

wir haben noch mal betont, daß das mit uns nicht läuft im lazarett, uns nach allem, was wir in den letzten jahrzehnten durchgemacht haben, wieder in die äußerste isolation zu stecken, verbunden mit der drohung mit 77 und was das für uns bedeutet.gabi; ist die einzige gefangene, die die kontaktsperre in stammheim überlebt hat.

schmelzer dazu: das wäre jetzt keine kontaktsperre. wir könnten auch mit unseren anwälten telefonieren, die wären informiert und riefen schon im knast an, was los ist. außerdem könnten wir heute abend noch mit klingner sprechen, wenn wir das wollten. wir waren einverstanden, um mit ihm zu sprechen, bis sie ihre selbstmordaktion zurücknehmen, aber klingner kam natürlich nicht. er ließ uns ausrichten, er wolle in ein paar tagen zu uns kommen, wenn das jetzt vorbei ist, was aber für uns keinen sinn macht.

in dieser widersprüchlichkeit und brutalität ging es dann weiter - mittwoch abend und dann den ganzen donnerstag.sie haben es gelassen, uns mit gewalt voneinander zu trennen und wegzuschleppen, wir blieben im gemeinschaftsraum, wurden dort aber 1 1/2 tage lang und jede sekunde von drei (vorübergehend auch sechs) beamtinnen, die vor den beiden offenen türen hockten, bewacht und beobachtet. ihnen, die uns seit jahren kennen, wurde eingebleut, uns nicht aus den augen zu lassen, bei uns wüßte man nie, sie könnten uns einfach "nicht in den kopf gucken".

wir konnten mit den anwälten telefonieren. zu unserer überraschung erfuhren wir von ihnen, daß das justizministerium sie schon zwei stunden vorher hatte informieren lassen, also zwei stunden, bevor wir selbst vom knast von der "sehr ernsten angelegenheit" unseres bevorstehenden "kollektiven selbstmordes" unterrichtet wurden. dabei haben sie nicht vergessen, darauf hinzuweisen, daß unsere haftsituation (nach für uns 16, 18 1/2 und über 21 jahren) "perspektivlos" sei und sie sich darauf einen selbstmord als "demonstrativen akt" von uns sehr gut vorstellen könnten. außerdem drohte schmelzer gegenüber einer anwältin eine fortsetzung und jederzeitige wiederholung ihrer "fürsorglichen sicherheitsmaßnahmen" mit der begründung an: wenn jemand wirklich entschlossen ist, sich umzubringen, und es geht an einem tag nicht, dann würde er es später einfach wieder versuchen.

wir haben das alles als äußerst konkrete bedrohung gegen uns und jeden der anderen von den 11 gefangenen empfunden.für uns war alles wie eine scheinhinrichtung.sie kündigen an, es jederzeit zu wiederholen, und sie können es wirklich tun.

wir haben uns auch die ganzen tage sorgen gemacht, was sie mit den anderen gefangenen machen - immerhin waren wir zusammen, und es gab eine kontrolle von draußen, so daß der knast schließlich an den beiden abenden besucher zu uns reinließ, die gleich mit unter beachtung gestellt wurden. wir hatten vor allem an christian gedacht, weil eine meldung unter andrem lautete, alles sei aus dem lka baden-württemberg lanciert worden.

inzwischen wissen wir, daß die schärfsten repressalien gegen uns in lübeck gerichtet waren. sie müssen wohl so kalkuliert haben, daß ihre drohung, ein stammheim könnte sich 1993 wiederholen, am wirkungsvollsten ist, wenn sie sich dabei auf uns und gabi stürzen.

bis donnerstag nachmittag hat die nachrichtensperre funktioniert. als wir donnerstag mittag vorm radio saßen und in den zeitungen suchten, ob die presseerklärung der anwälte durchgekommen ist, kam schmelzer zu uns und sagte, sie brauchen gar nicht zu gucken, in den medien kommt nichts. er wußte bescheid.sie hatten es bekannt gemacht, aber öffentlich sollte es nicht werden - das wurde es erst, als das kieler justizministerium stunden später seine meldung von den "fürsorglichen sicherheitsmaßnahmen" gegen uns abgesetzt hatte.

es gibt inzwischen sieben verschiedene versionen über den "anlaß" der ganzen operation. einmal soll es briefe von gefangenen geben mit hinweisen "dies ist mein letzter brief" (ohne daß natürlich ein konkreter brief eines bestimmten gefangenen genannt wird, es soll ja nicht nachprüfbar sein), dann wieder soll alles mit evas prozeß zusammenhängen, dann ist es der jahrestag der verhaftung von heidi und brigitte 11.11.82immer wird dabei verschwiegen, daß am 8. november in bonn eine kgt-sitzung stattfand, in der konsequenzen aus brigittes brief vom 28. oktober gezogen wurden. in diesem brief hatten wir unseren bruch mit der politik der celler gefangenen, die offensichtlich in übereinstimmung mit den illegalen und birgit gegenüber der bundesregierung ein ende des bewaffneten kampfs signalisiert haben, während sie öffentlich eine "soziale gegenmacht von unten" propagieren, öffentlich bekannt gemacht.das wunschdenken von regierung und kgt: für diese gefangenen soll es weder politisch noch existentiell eine perspektive geben. das baden-württemberger justizministerium gab gegenüber einem anwalt bekannt, auf dieser kgt-sitzung sei die "idee" geboren, die gefangenen könnten sich in einer kollektiven aktion selbst alle umbringen.

dennoch, die brutalste meldung erfuhren wir donnerstag nacht aus dem regional-tv. im kieler justizministerium, hieß es dort, "wären zweifel aufgekommen wegen dem datum 11.11. - es könne auch ein scherz gewesen sein".

1`Mit Gabi ist Irmgard Möller gemeint.

Erklärung der Angehörigen, warum sie die Briefe vonKarl-Heinz Dellwo nicht im Angehörigen Info abdruckenDer Bruch zwischen den Gefangenen ist für uns aufs äußerste schmerzlich.Wir Angehörigen sind allerdings Partei in dem, was jetzt zum Bruch zwischen den Gefangenen geführt hat.Die Gefangenen in Celle und die Illegalen haben versucht, die Gefangenen aus der RAF in eine Politik und einen Weg einzuspannen, von dem sie nichts erfahren sollten und in dem das, was ihr Leben und ihren Kampf ausmacht, zur Disposition gestellt werden sollte.

Die Briefe von Karl-Heinz Dellwo und die Erklärung der Illegalen, die jetzt in die Kerbe der "Hardliner"propaganda schlagen, die dem Staat weitere Vorstöße gegen die Gefangenen erleichtert- und das haben unsre Angehörigen prompt nach der Veröffentlichung der Briefe von Karl-Heinz Dellwo und der Erklärung der Illegalen erfahren -,werden wir nicht im Info abdrucken.Wir würden uns selbst und unsren Angehörigen ins Gesicht schlagen.Für uns ist aber genauso klar, daß unsre Solidarität gegen die Isolation und Angriffe auf Gefangene allen politischen Gefangenen gilt, daß wir bei keinem Gefangenen zusehen werden, wenn er bedroht oder terrorisiert wird.

Prozeßerklärung von Eva Haule, 4.11.93

ch will zuerst was sagen zu diesem gericht. weil daran die konfrontation so klar wird, um die es auch hier im prozeß geht.der vorsitzende richter schieferstein hat vor kurzem verhindert, daß der schwerkranke politische gefangene ali jansen entlassen wird.ali jansen hat im februar 94 die 6jährige strafe voll abgesessen. haftunfähig ist er schon lang durch schweres asthma. jetzt hatte sich die situation durch fehlende medizinische behandlung und die andauernde inhaftierung so verschärft, daß sogar die bundesanwaltschaft das risiko nicht mehr wollte, einen todkranken gefangenen festzuhalten, der sowieso in drei monaten entlassen wird.sie, herr schieferstein, haben das verhindert, ali jansen soll abschwören, sonst kommt er nicht raus.sie müssen ihn sofort freilassen.was sie tun, hat tradition in deutschland, es gibt dafür das wort von den "furchtbaren juristen". sie gehören dazu.haben sie irgendwas zu sagen vor der öffentlichkeit? wann entlassen sie ali jansen?

hier im prozeß gehts im kern um nichts anderes, das urteil steht sowieso schon fest. lebenslänglich um jeden preis und gleich festgeschrieben, daß ich 20 jahre oder länger im knast bleiben soll. so wie alle gefangenen aus der raf, die zu LL (Lebenslänglich) verurteilt wurden.das einzige, was an dem urteil noch etwas ändern könnte, wäre, wenn ich kronzeugin mache oder öffentlich abschwöre.also öffentlich erkläre, daß ich keine revolutionäre politik mehr will, sondern mir die alte und neue deutsche werteordnung aneigne, wie sie bundesinnenminister kanther grad verkündet hat: "fleiß, kameradschaft, heimatliebe".was ich nicht tun werde.

es wird hier wieder so sein wie in allen anderen prozessen gegen uns, sie haben nichts, aber es muß ein urteil her. in dem ganzen aktenberg kommt nichts vor, durch das ich oder jemand anderes bestimmtes aus der raf mit der aktion gegen die air base in verbindung gebracht werden kann.gegen mich haben sie das, was sowieso längst klar ist: daß ich in der raf organisiert war, daß ich natürlich an der politischen konzeption beteiligt war und an den diskussionen über die konkreten erfahrungen.meine anwälte haben ja vorhin gezeigt, wie die ausgangslage in diesem prozeß ist, und wir hatten deshalb auch nicht vor, auf die ganzen krimi-details einzugehen. das hat allen erfahrungen nach keinen sinn, und ich selbst komm in den ganzen ermittlungen sowieso nicht vor.jetzt hat sich die situation verändert, es geht nicht mehr nur um mich, sondern auch um birgit hogefeld.letzte woche kam eine aktennachlieferung mit einem bka-schriftgutachten, birgit soll das auto gekauft haben, das bei der aktion benutzt wurde.es wird also auch um sie gehen in diesem prozeß, um die vorbereitung einer anklage, und wie wir das aus früheren prozessen kennen, soll dann hier alles so weit verhandelt werden und im urteil festgeschrieben werden, daß birgit in einem schnellverfahren verurteilt werden kann.wir müssen das jetzt mit reinnehmen, weil wir natürlich nicht zulassen werden, was da geplant ist. es ist ein weiterer mosaikstein im programm gegen birgit, um sie dahin zu pressen, kronzeugin zu machen. das war die linie von anfang an. maximaler druck durch die extreme isolationshaft, und in den medien wird lanciert, daß sie an allen nur möglichen raf- aktionen beteiligt war und mehrfach lebenslänglich zu erwarten hat.

ich will das an der stelle mal sagen, einfach zu unserem verhältnis. daß die trennung für uns jetzt unumgänglich geworden ist, ändert für uns nichts daran, daß wir solidarisch sind mit allen politischen gefangenen gegen die vernichtungshaft, und das gilt natürlich um so mehr für die, mit denen uns eine gemeinsame geschichte verbindet.wir wollen diese haltung nicht, die es draußen scheinbar gibt und die darauf hinausläuft, einzelnen gefangenen die solidarität zu verweigern aufgrund von differenzen und sie so dem vernichtungsprogramm auszuliefern.das ist auch politisch ein armutszeugnis, weil in dieser haltung das eindeutige verhältnis gegen den staat weg ist und die fronten nicht mehr klar sind.

wenn wir es auf den punkt bringen, was in allen prozessen gegen uns zu sehen ist, dann ist es das:der deutsche staat und seine justiz versuchen mit allen mitteln, das problem zu lösen, daß nach 1945 die todesstrafe abgeschafft werden mußte, und wie sie jetzt andere methoden einsetzen, um sie faktisch doch zu exekutieren.die endlose gefangenschaft unter verschiedenen formen der isolation soll ihnen das bringen, sie soll uns körperlich und psychisch erschöpfen, wenn sie uns politisch schon nicht brechen kann.irmgard möller ist jetzt über 21 jahre gefangen, und es ist mehr als fraglich, ob sie bei der anhörung jetzt rauskommt. es geht überhaupt nicht darum, zu verhindern, daß gefangene nach ihrer entlassung zurück in die illegalität gehen und bewaffnet kämpfen.es geht ganz nackt um unterwerfung. wir sollen ihnen die füße küssen, das wollen sie. die verewigung ihrer macht fressen, gerade jetzt, wo die kapitalisten und allen voran die deutschen sich als endsieger der geschichte darstellen und jede gegenbewegung im ansatz schon abwürgen wollen.

unterwerfung ist also angesagt, akzeptanz des gewaltmonopols des staates, und die frage der gewalt ist da nur die äußere schicht. es geht um den ganzen inhalt einer politik, die auf grundsätzliche veränderungen aus ist oder auch einfach nur nicht hinnehmen will, was als reaktionäre entwicklung in staat und gesellschaft immer sichtbarer wird.

wir sehen, wie der staat gegen antifa- gruppen losgeht und wie ein haftbefehl gegen einen antifaschisten begründet wird damit, er sei in einer "anti-nationalen und sozialistischen" gruppe organisiert;wir sehen, wie der staat sich anmaßt, den jüdischen menschen, den flüchtlingen und immigrantInnen und allen, die von faschistischen angriffen betroffen sind, das recht auf selbstverteidigung abzusprechen.gewaltmonopol, das heißt auch definitionsmacht darüber, was menschenrechte sind, was die rechte der frauen und soziale rechte sind, was opposition hier sein darf und was nicht. es geht um die durchformierung der gesellschaft, die unterordnung unter den herrschaftsanspruch dieses systems und seines staates, der ihn immer mehr totalitär durchsetzt.

exemplarisch auch gegen uns, weil wir für die praxis des radikalen bruchs stehen. und für eine kampferfahrung, die heute wieder neue bedeutung hat: daß es unter allen bedingungen und auch mit schwachen kräften möglich ist zu kämpfen, die ziele nicht loszulassen, immer weiter zu gehen und vor der macht nicht zu kapitulieren.genau das, eben diese subjektive kraft und unsere ganze geschichte verkörpert irmgard, deshalb haßt der staat sie so. nach über 21 jahren gefangenschaft ist sie jetzt körperlich stark angegriffen, das immunsystem rebelliert gegen den dauerstreß unter extremen haftbedingungen. sie muß sofort bedingungslos raus.genauso bernd. durch fast 17 jahre permanente isolation ist er körperlich krank geworden, und die isolation hat ihm auch psychische verletzungen zugefügt - aber er weigert sich noch immer, sich zu verkaufen, deshalb wollen sie ihn nicht rauslassen.

irmgard und bernd sind die gefangenen aus der raf, deren freilassung für uns ganz oben steht, und wir finden die kampagne für irmgard nur gut.wenn sich jetzt abzeichnet, daß irmgard nicht rauskommt bei der anhörung und bernd nach den 18 monaten haftunterbrechung zurück soll ins gefängnis, dann kann das nur heißen, daß wir den kampf verstärken für ihre freilassung, die nach diesen langen jahren eine selbstverständlichkeit sein muß.was soll es darüber zu reden geben mit kohl, kanther oder der justiz. niemand von denen hat das recht, von irmgard oder bernd auch nur einen einzigen satz zu verlangen, damit sie rauskommen.auch wir gefangene werden ja nicht zuschauen, wenn die beiden weiter festgehalten werden.

die neuen prozesse gegen uns sind schauprozesse. da wird nur macht demonstriert.gegen die gefangenen, die sich weigern, "heim ins reich" zu kommen, nach 7 bis 16 jahren gefangenschaft und alten urteilen von 15 jahren bis mehrfach lebenslänglich, demonstrativ noch eine tonne mehr drauf.gegen alle draußen, die mit uns für die freiheit arbeiten, demonstrativ: was ihr wollt, erreicht ihr nicht, die entscheidung über das leben und die freiheit der gefangenen liegt in den händen des staates und der justiz.und es ist eine botschaft an alle, die heute und morgen für die umwälzung der bestehenden verhältnisse kämpfen: wer es wagt, gegen diese macht aufzustehen und sie anzugreifen, bezahlt dafür mit dem leben.

es ist klar, wir stehen heute vor der tatsache, daß wir mit unserem versuch nicht durchgekommen sind, für unsere freiheit einen weg zu erkämpfen in der phase der notwendigen zäsur in unserer politik. und jeder kann sich denken, daß es nicht leicht für uns war, die situation anzunehmen.aber annehmen heißt nicht, akzeptieren oder uns anpassen. gerade nicht.es kann sich für uns auch nichts ändern an dem, was wir seit jahren sagen zur notwendigkeit, die grundlagen neu rauszuholen für revolutionäre politik, was den kampf um eine neue gesellschaftliche basis und intervention einschließt.es ist absurd und reine feindbildpropaganda, wenn behauptet wird, wir wollten "weitermachen wie in den 70er und 80er jahren".

der weg, den wir jetzt sehen und gehen wollen auch für unsere freiheit - und dabei ist uns bewußt, daß es ein längerer prozeß ist -,das ist die konkrete auseinandersetzung und bewußte verbindung mit den kräften in der gesellschaft, die sich nicht anpassen an die reaktionäre entwicklung, sondern sich der faschisierung, neuen imperialistischen kriegen, rassismus und sexistischer gewalt entgegenstellen und die das trotz unterschiedlicher geschichte und politischer arbeit mit uns zusammen wollen.es ist auch, was uns gefangene betrifft, so wie in allen anderen gesellschaftlichen bereichen, in denen der angriff von kapital und staat frontal geführt wird:sie werden ihre politik nur ändern, wenn gesellschaftliche kräfte sich massiv dagegenstellen und die bestimmung über die sozialen und politischen entwicklungen nicht den reaktionären überlassen.

für diesen prozeß zu arbeiten, in dem sich dann auch wieder konturen revolutionärer politik entwickeln können - und darin auch unsere gefangenensache zu verankern -,nur so können wir uns vorstellen weiterzukommmen.

wir denken, es ist nicht nur für uns so, daß wir einen neuen anfang brauchen, der auch die entpolitisierung und unverbindlichkeit der letzten jahre aufhebt.und wir müssen für uns sehen, wie wir uns daran beteiligen können, auch wie wir das recht auf politische kommunikation durchsetzen und bedingungen schaffen, in denen eine sinnvolle diskussion möglich ist.

unsere politik bis zur zäsur war richtig und legitim.in den ganzen jahren ging es für uns darum, vor allem gegenkräfte aufzubauen, um die entwicklung zu verhindern, die jetzt mit der "neuen weltordnung" da ist.und zentral darin: gegen die kontinuität dieses ns-nachfolgestaates im kampf zu verhindern, daß deutschland wieder weltmacht wird, daß wieder krieg von deutschem boden ausgeht, daß rassismus und faschismus sich hier wieder breitmachen können.der politisch rationale weg in dieser phase war die bewaffnete revolutionäre intervention in der metropole im rahmen des weltweiten antiimperialistischen kampfs.der deutsche staat und sein verfolgungsapparat haben gegen unseren kampf von anfang an maßnahmen eingesetzt, die nur ein ziel hatten: uns zu vernichten und mit uns jeden gedanken an die möglichkeit und perspektive des bruchs mit diesem system. grundrechte, menschenrechtskonventionen waren und sind für sie nur fetzen papier, wenn es darum geht, dieses ziel zu erreichen. wir sind jetzt bis zu 21 jahre gefangen, einige von uns das zweite oder dritte mal für diesen kampf, und wir haben alle das recht, nach diesen ganzen jahren isolation freizukommen. wir haben das recht auf zusammenlegung und politische diskussion.

wir verstehen unter "lösung" für uns die durchsetzung dieser rechte, und dafür werden wir weiter kämpfen.wir vertrauen dabei auf uns und auf alle draußen, die gegen den reaktionären durchmarsch in der "neuen weltordnung" arbeiten. ein internationaler kampf.

und es ist auch eine frage an die antifaschistischen und fortschrittlichen menschen hier, die außerhalb des traditionellen linken spektrums arbeiten, wie sie sich dazu stellen: ob sie akzeptieren, daß dieser staat systematisch menschenrechte verletzt und den sogenannten rechtsstaat außer kraft setzt für unsere bekämpfung und heute ja weit über uns raus.es ist auch in dieser auseinandersetzung um uns gefangene eine frage danach, in welche richtung die weichen für zukünftige politische entwicklungen hier gestellt werden.

unser weg jetzt ist ein anderer als der, den die gefangenen in celle und die raf offensichtlich eingeschlagen haben. daß sie das jetzt abstreiten, ändert ja an den realen vorgängen nichts.wir wissen, daß ströbele im auftrag der celler gesagt hat, der schritt der raf vom april 92 wird revidiert, im klartext: die raf führt wieder "gezielt tödliche aktionen gegen repräsentanten von staat und wirtschaft" durch im fall, daß keine lösung für die gefangenen und die illegalen zugelassen wird. das ist so für uns: da ist der ganze inhalt und sinn unserer politik ausgekippt, und deshalb mußten wir das öffentlich jetzt so sagen.wir lehnen das ab, einen von jeder politischen bestimmung entleerten aktionismus der raf im zusammenhang mit uns wollen wir nicht, und einen tauschhandel wird es mit uns nicht geben.

wir haben die verknüpfung der gefangenenfrage mit dem schritt der raf, den bewaffneten kampf zurückzustellen, wiederholt kritisiert, weil sie politisch einfach falsch ist, nicht geht und den kampf der raf, den schritt selbst und auch unsere gefangenensache entpolitisiert.

der schritt vom april 92 war absolut notwendig, er war überfällig. und wenn wir gefangene uns heute fragen, welche fehler wir in den letzten jahren gemacht haben, dann kommen wir vor allem auf eines: daß wir die illegalen nicht schon 1990/91 öffentlich aufgefordert haben, ihren vom politischen prozeß abgelösten aktionismus sein zu lassen und sich auf den notwendigen neubestimmungsprozeß zu konzentrieren; und mit neubestimmung meinen wir eben nicht die auflösung unserer politik, sondern ihre weiterentwicklung. wir haben es damals nicht gemacht, weil wir die beziehung zu ihnen ganz anders wollen, und wir haben die klärung über die politische diskussion versucht.wir hätten das machen sollen, denn genau das, diese entpolitisierung, die dann in aktionismus umschlägt, war schon der kernfehler in unserem kampf mitte der 80er - und ich weiß, wovon ich rede.es ist jetzt spekulation, ob wir dann anders dastünden, aber sicher ist, daß der zeitpunkt damals richtig gewesen wäre, und die auseinandersetzungen hätten ganz anders geführt werden können als im letzten jahr dann.

der punkt ist für uns überhaupt nicht, zu sagen: es kann unter keinen umständen gespräche mit der regierung geben über die freilassung von gefangenen und auch, wenn es eine politisch richtige, klare und offene entscheidung dahingehend gibt, daß die illegale organisation "aufgehoben" wird, um in der legalität politisch weiterzuarbeiten, auch über eine korrekte lösung für die bewaffneten kämpferInnen.das ist eine frage der realen politischen situation, des historischen zeitpunkts, der eigenen bestimmung und offensiven position darin.jetzt muß man sich ja nur mal die realität anschauenheute in der brd, angesichts der durchgreifenden faschisierung und nach diesen letzten furchtbaren jahren, in denen innerhalb der linken einschließlich raf zerfall und anpassung bestimmend waren, bis hin zur einreihung in den nationalen konsensheute kann das nur ein mieses geschäft sein, der ausverkauf revolutionärer politik und für den staat die einladung zur fortsetzung seiner vernichtungsstrategie mit allen mitteln für den endsieg über die raf und die gefangenen.wie es sich ja auch zeigt.

es kann jetzt nur so sein, daß die illegalen für sich und ganz unabhängig davon, daß der staat uns weiter als geiseln festhält, bestimmen, wie sie weitermachen.und wenn sie sich entscheiden, wieder bewaffnete aktionen durchzuführen, dann kann das nur aus einer genauen und vermittelten bestimmung für den ganzen politischen prozeß kommen. auf gar keinen fall allein begründet mit unserer gefangenensituation.

wir selbst und unsere anwälte und angehörigen haben immer wieder gespräche mit der regierung geführt, wenn durch unsere kämpfe in den gefängnissen und den widerstand draußen gegen die isolation eine offene situation geschaffen war. es gab sie auch im letzten jahr nach dem schritt der raf, zuletzt im august.dabei ging es darum zu klären, wie die regierung sich den politischen tatsachen stellt und ob es auf ihrer seite die bereitschaft zu substantiellen veränderungen gibt.welche politik wir machen, ist kein diskussionsthema mit der regierung, und schon gar nicht kann die entscheidung darüber, ob die raf weiter bewaffnet angreift oder nicht, ob sie als organisation weiter existiert oder nicht, dem staat in die hände gelegt werden, indem sie mit uns gefangenen gekoppelt wird.

es ging also in den gesprächen darum zu klären, ob der staat bereit ist, unsere forderungen nach zusammenlegung und einem weg für unsere freilassung in absehbarer zeit zu erfüllen. die antwort war ein kategorisches nein, und daran hat sich nichts verändert.aber für uns kann es nichts anderes geben als reale, materielle schritte für die zusammenlegung und freiheit.diese konfrontation wird weitergehen.sie geht hier weiter, wie sie auch in frankreich weitergeht, wo die vier gefangenen aus AD seit dieser woche im hungerstreik sind gegen die isolation.und ich bitte alle, die heute hier sind, sie zu unterstützen.

das wars.

Einstellungsantrag der Rechtsanwältinnen Rosita Maul und Heike Krause im Prozeß gegen Rolf-Clemens Wagner, 25 Seiten für 6 DM zu bestellen über: Angehörige der politischen Gefangenen, Postlagerkarte 050205, 65929 Frankfurt a.Main.Auch der Einstellungsantrag der Verteidigung im Prozeß gegen Eva Haule ist auch für 6 DM bei den Angehörigen zu bestellen.

Aus einem Brief von Rico Prauss

an Birgit Hogefeld, 28.8.93

ich kenne die "stellungnahme aus wiesbaden zu den ersten drei wochen nach bad kleinen und zum v-mann klaus steinmetz" erst seit ein paar tagen. sie lag lange in der zensur.

da ich bis jetzt weiter nichts gehört habe, und ich weiß, daß es nicht daran liegt, daß ich im knast bin, muß ich das ja als den stand nehmen.und daraus ist eines völlig klar: niemand kann darauf warten, daß von dort irgendwas kommt.sie sagen ja selbst, stellen fest - ohne vorstellung, das umzudrehen -, " muß vorangestellt werden, daß wir hier von unseren eigenen strukturen her nur wenig auf funktionierende gruppenzusammenhänge zurückgreifen konnten." für die situation heißt das: sie sind zerschlagen, nicht in der lage, die auseinandersetzung so zu führen und zu verantworten, daß aus ihr eine befreiung aus der falschen politik, den falschen kriterien, den falschen beziehungen initiiert werden kann.was nicht heißt, daß es einzelne nicht tun werden, weil revolutionäre organisierung ihre sache ist. aber für den moment wird von dort nichts kommen, es gibt nichts, das auf der höhe wäre, offensiv- politisch mit den ursachen zu brechen. ich will darüber - also über sie - gar nicht "herziehen", aber ich denke, daß man sich das einfach klarmachen muß, selbst verantwortung übernehmen muß.zumal ich davon ausgehe - es hat halt in wiesbaden jetzt geknallt, aber das biotop dafür finden wir quer durchs land.und es ist sowieso keine frage "der wiesbadener", weil die raf selbst die verantwortung trägt, es war auch ihre beziehung. das unterscheidet die sache von allen vorherigen spitzelgeschichten, die sich in der legalen scene abgespielt haben und immer abspielen werden.ich denke inzwischen auch, man darf das so überhaupt nicht sagen: es ist der preis für "offene politik", das schreibt die fehler nur fort, verhindert, auf den grund der sache zu stoßen und zu überwinden.man muß es eben auch trennen: gegenüber dem staat kann man das natürlich so sagen: das ist die gewaltsame antwort auf alles der letzten jahre, übel, gemein und so weiter - aber das ist banal.im selbstverständnis der revolutionären bewegung oder dem, was eine inieren und orientieren kann, vielleicht mal,ist das ganze das ergebnis einer falschen politik, die faktisch die "rückkehr in die scene" betrieben hat, statt mit ihrer entpolitisierung und beliebigkeit zu brechen. und so rum ist es, ich sag das möglichst undramatisch, aber das ist die schärfe: existentiell.für wolfgang war es das schon, für dich ist es so - aber es ist es für revolutionäre politik, für die raf überhaupt.wenn sie das nicht radikal und überzeugend überwinden kann, bedeutet das die faktische auflösung. die muß niemand "erklären", das war schon 86/87 bei den militanten aus dem widerstand so. wer, außer ihnen selbst, hätte die verantwortung für eine klärung und praxis nach vorne übernehmen können. aus der gefangenschaft heraus war das gar nicht möglich, nur zum geringsten teil, aber sicher nicht, wenn kaum jemand sonst die identifizierung mit der eigenen politischen geschichte überhaupt noch akzeptiert - als ausgangspunkt.

durch die presse ging ja so eine nummer, "steinmetz wollte zwischen staat und raf vermitteln und ist vom geheimdienst gelinkt worden".daran ist wahrscheinlich eine wahrheit, die erklärt, warum er zehn jahre mit der scene existieren konnte und schließlich sogar mit militanten: er hat faktisch genau das auch offen vertreten und ist damit politisch akzeptiert gewesen. natürlich nicht so direkt, daß er schon für ihn arbeitet,aber: inhaltlich.das paßt auch mit dem zusammen, was er laut deinem brief zu den kurdischen aktionen, die da gerade aktuell waren, sagt. er war also nicht der besonders verstellungs-begabte superagent, sondern einfach er selbst.weil darum geht es ja gar nicht - ob man die aktionen der kurden (um das an dem beispiel zu sagen) "gut" findet. es geht um eine haltung, die nicht einmal auf die idee kommt, welche verantwortung die deutsche linke trägt. wie das zusammenhängt, daß dort eine der härtesten offensiven des türkischen militärs überhaupt läuft, und die deutsche linke kommentiert das bloß - wenn überhaupt -,weil widersprüche dieser art gar nicht mehr diskutiert werden. und sie müßten es ja auch nur, wenn das ziel, der inhalt der beziehungen wäre, etwas zu bewegen. zumindest die vorstellung.nein, die wahrheit ist, daß so wenig miteinander geredet wird und es in wirklichkeit so wenig um "gegenmacht von unten" geht, daß das alles gar nicht mehr auffällt.ich möchte nicht wissen, wieviele "bundesweite treffen" sich in dieser beliebigkeit wiederfinden können. es sind nicht "die wiesbadener".das alles hat ja gar nichts mit "offener" oder "nicht-offener politik" zu tun, sondern weil man sich nicht mehr zielen und inhalten identifizieren muß und sich darin klärt, mit welchen widersprüchen (untereinander) man leben kann und welche eben schlimmstenfalls tödlich sind.stattdessen diese parolen-scheiße vom "widersprüche akzeptieren", ohne daß klar wäre, welche. als hörte diese anstrengung (und: spannung) irgendwann mal auf.

es ist wirklich eine ironie der gete, ich glaube, es war sogar auf einer veranstaltung in wiesbaden mit fernandez huidobro, dem nato, dem tupa 90 oder 91. er kritisierte die desortion der militanten, die organisafeindlichkeit, die qualität der polischen diskussion.darauf sagt jemand von hier: "der staatsschutz blickt bei uns sowieso nicht durch."

ich glaube, es wird sich wenig in den technischen details finden lassen, den chronologischen geschichten, und darum braucht niemand drauf zu warten.mir hat die stellungnahme aus wiesbaden wenig gebracht, außer dieser klarheit. das hat auch wenig mit "wir brauchen mehr zeit" zu tun.- niemand verlangt nach 3 wochen die umfassende und in die tiefe aller dimensionen gehende aufklärung. aber sie reden in dem ding, als hätten sie nicht mal eine ahnung davon.und haben gar keine zeit dazu, es nicht zur sache aller zu machen, während der staatsschutz schon längst in der nächsten stufe walzt- aus allem zum angriff zu kommen, die neuen urteils-haftbefehls-schemas stehen schon, wir werden die nächsten zehn jahre mit konstruktionen aus dem schließfach in wismar beglückt werden.

aber vor allem kein wort dazu, warum jemand (aktiv) solidarisch sein sollte - aus mitleid oder was?also eben kein wort dazu, was der staat da überhaupt wie angegriffen hat. also warum soll das verteidigt werden. als wäre das - stillschweigend - teil des "spiels". der staat jagt halt die illegalen, und diesmal war er eben besser aber da schließt sich auch der kreis, der ja bei den ursachen wieder landet. es wird denjenigen nur wenig helfen, die jetzt ins visier des staates geraten sind. daraus gibt es höchstens eine "die-tatchen-öffentlich-machen"-geschichte, zu der wie selbstverständlich gehört, daß jemand im knast, im prozeß oder tot ist.

jedenfalls ist das für mich der rahmen, in dem ich mir eine klärung, einen bruch mit den ursachen vorstelle. und er ist der entscheidende, der nicht in einer "untersuchungskommission der umstände von wolfgangs tod" angepackt werden wird. das ergebnis ist ja bekannt: wolfgang ist tot.

Brief von Manuela Happe an Birgit Hogefeld

birgit! 1.11.93ich will dir endlich zu deinem brief an helmut schreiben.ich weiß nicht, wie du glauben konntest, du kämest damit durch. so tun, als ist gar nichts, die unschuld vom lande.inzwischen hab ich noch gehört, daß du mit der möglichkeit spekuliert hast, die anderen in schwalmstadt hätten seinen brief verhindern sollen. keine ahnung, was du für ein bild von uns hast. bild eben, nichts reales. mittlerweile ist ja alles auf dem tisch und veröffentlicht rund um den deal, soweit wirs überhaupt wissen, und von daher ist es auch einfacher, zu deinem brief zu schreiben. weil ich so besser klartext reden kann.

deinen haftbedingungsbericht im selben info hab ich auch gelesen. zuerst bekam ich einen schreck, weil ich genau seh, daß du, wenn du dich nicht ganz hart mit den bedingungen auseinandersetzt, voll draufknallen wirst.beim zweiten lesen wurd mir klar, daß du mit einem kopf schreibst, der das, was ist nicht einbezieht, als die realität gegen die du kämpfen willst.was mich aber auch, nachdem die abwicklung hinter unserem rücken endlich offen wurde, auch kein stück wundert, weil das teil ihres inhalts ist.kurz gesagt redest du aus dem bewußtsein (= dem unverständnis der realitäten und eigenen kraft), daß du dich mit allem gar nicht auseinandersetzen mußt, weil du eh nicht lange im knast bist. und draußen schon: erst gar nicht einfährst möglicherweise?

ich weiß eins aus den jahren im knast, daß man die bedingungen, wie sie sind, voll an sich ranlassen muß, um dagegen kämpfen zu können.und ich weiß nicht, wie alles, was wir je dazu gesagt und entwickelt haben, überhaupt bei euch angekommen ist. denn teilweise wars ja öffentlich. die auseinandersetzung damit kann nur ganz oberflächlich gewesen sein, sonst würde dein bericht nicht so aussehen, daß er vermittelt, sie ziehen bei dir jetzt was neues hoch.also z.b. 5 wochen niemand angefaßt das ist für alle von uns seit jahren die auseinandersetzung gewesen. für mich ist es das bis heute, weil ich keine besuche aus dem widerstand ohne trennscheibe habe. seit 9 jahren also niemand, den ich gern umarmen würde, auch umarmen kann.zwischendrin die besuche meiner schwester, die nur in den ersten wochen mit ts (Trennscheibe) waren und die abrupt endeten mit ihrer verhaftung.

meine eltern spielen in dem zusammenhang für mich keine weitere rolle, der kontakt zu ihnen fing erst sehr spät an, lang nach dem urteil. und vor fast genau 2 jahren hab ich jeden kontakt abgebrochen, wegen ihres mir verheimlichten kontakts zu benz/vs.

meine mutter schrieb mir am 23.11.91, als sies dann mir gegenüber offen machen mußte, weils ja nen bestimmten zweck hatte, daß jetzt noch 2 jahre zeit sind bis zu meinem 2/3-termin und daß es darum geht, das ohne gesichtsverlust zu machen.herr "benz" wolle mir also einen persönlichen ansatzpunkt dafür geben, ohne erfolgsgarantie. ich solle mich damit auseinandersetzen, ganz für mich alleine, und herr "benz" spricht, wie sie selbst auch, mit niemand darüber. und: "wenn du schlau bist, sprichst du auch auf keinen fall mit der brigitte darüber. es tut mir ja leid, aber die hat ja nun mal keine perspektiven und möchte natürlich alle zusammenhalten. es ist schon wichtig, die sache äußerst behutsam anzugehen, denn sonst ist nämlich niemandem gedient. es wäre auch gut, wenn du dich etwas entsolidarisieren würdest.ja manuela, so ist es, ich finde einfach keine antwort darauf, für wen, warum und wofür du auf 5 jahre freiheit verzichten solltest. die kann dir doch nie einer ersetzen. vor allen dingen sehe ich nicht ein, daß du dich evtl. zu einem kollektiven märtyrer machen willst."herr "benz" hat dann noch auf ne streng geheime unterredung mit mir bestanden, als bedingung für alles, und falls ich völlig anderer meinung sein sollte, soll ich den brief und alles sofort vergessen.soweit also zum inhalt von dem brief.und eben dieser herr "benz" ist es, der quasi türöffner macht bei reuter, für euren deal.

nein, helmut oder sonst jemand von uns hätte nicht in deinem und im namen aller gefangenen reden können, wenn es um freiheit jetzt und bis dahin zl geht, weil deine freiheit und deine zl nicht unsere freiheit und unsere zl ist.beides hat einen konkreten inhalt und ein konkret bestimmtes politisches ziel, wenn das, wie in allen texten seit der entscheidung, bestimmte bewaffnete aktionen auszusetzen, vermittelt, für dich nicht mehr verbindlich ist, dann kann es auch keine gemeinsamkeiten mehr geben.freiheit ist nicht einfach, vor den knasttoren stehen.

ich rede jetzt weiter von dir/euch draußen, weil daß celle die abwicklung betreibt, war schon länger klar ("strafaussetzung" usw., aber auch davor schon), nur nicht, daß es als gesamtabwicklung mit uns als statisten laufen soll.

es war in der zeit seit der aprilerklärung schwer für uns zu sehen, wie stück für stück unser lebensinhalt in den tiefen der entpolitisierung versenkt wird, wo ein eingreifen ungeheuer schwierig war. auch subjektiv, weil mich das erst mal auch nur fertig gemacht hat. das ist inzwischen anders, weil es jetzt zum punkt gekommen ist, wo ich klar sehe und sagen kann: das hat mit mir und meinem leben nichts mehr zu tun.als die ersten erklärungen kamen, ging mir das zwar auch schon so, aber ich dachte da noch, daß da vieles einfach auch nur unverständlich formuliert, politisch unbegriffen oder schlicht doof ist. (da meine ich jetzt nicht das ganze zur geschichte, weil ich darin absolut nichts von meiner geschichte wiedergefunden habe und das von anfang an als abrechnung, weg mit dem ballast, begriffen habe.)aber auch das ist jetzt anders, weil von anfang an der schritt und was dazu gesagt wurde, auf dieses eine ziel hin angepackt worden ist:den deal perfekt zu machen.daß wir jetzt durch zufall dann doch das ergebnis der entpolitisierung und liquidierung revolutionärer politik mitbekommen haben, war ja nicht geplant. aber so ist auch einiges, wie z.b. in der april-erklärung der hinweis auf die wirtschaft und überhaupt diese positive wertung der kinkelinitiative, ohne jeden bezug zur realität, die zwei-fraktionentheorie im staat usw. usf., anders zu kapieren, weil das diesen einen bestimmten, konkreten hintergrund hatte, worauf es dann praktisch, im ergebnis zulaufen ist.

ich will jetzt gar nicht weiter zurückgreifen bis in sämtliche erklärungen seit 92. die diskussion wird da laufen, wo das gewollt ist: revolutionäre politik und perspektive auch unter den schweren objektiven bedingungen, die erst mal alles, ein durchkommen gegen die walze, aussichtslos erscheinen lassen.also noch zu einem punkt in deinem brief, woran das auch deutlich wird: die liquidierung revolutionärer grundlagen, der grundlagen, die wir uns in den ganzen jahren erkämpft haben, zusammen.

du sagst: "nicht den konsens, daran glaube ich nicht, und darum gehts mir auch nicht" sicher, an der konkreten sache wird es nie einen geben.insofern ist es richtig, was du sagst. nur, das geht alles viel weiter.konsens ist was praktisches, wie wir jeweils an einen schritt rangehen. aber für uns hat das zur bedingung, ist nur so möglich: auf einer gemeinsamen basis.es ist also dann eine einigung für einen konkreten politischen schritt, die möglich ist, weil es die gemeinsamen grundlagen und ziele gibt.

von gemeinsamen grundlagen und zielsetzungen redest du schon gar nicht mehr. nicht mehr von inhalten. das aber ist das eigentlich zentrale.am schluß sagst du "machen wir das zusammen", was denn?bißchen rumreden über die objektiven bedingungen, sich gegenseitig erzählen, was man alles anders sieht, ohne sinn und ziel. das ist nicht mein begriff von zusammen.

als ich zur raf gegangen bin, war das für mich gar keine frage, daß es nur auf der basis von gemeinsamen grundlagen und zielen möglich ist.und wir haben auch keine strukturen, organisationsformen wie z.b. der widerstand hier.

hier ist die zentrale erfahrung, daß auch eine weiterentwicklung der politik - wie z.b. nach den erfahrungen 77 zum frontkonzept - nur auf dieser basis möglich waren, ganz sicher nicht, wenn welche hingehen und alles, was war an lebensinhalt, an erfahrungen, an grundlagen, über den haufen schmeißen und zubetonieren wollen.

es ist dann tatsächlich was anderes, aber keine raf-politik mehr.im ergebnis ist es deutlich, wie es deutlicher nicht mehr geht.

der kern der politik war immer, daß wir uns aus unserer eigenen kraft die ziele erkämpfen, uns dahin bewegen und hinkämpfen, egal in welcher lage.geworden ist daraus: die "realistischen" ziele mit hilfe des staates durchzusetzen.

und genau das, alles eigene, ist in der entscheidung zur abwicklung genauso liquidiert und damit zwangsläufig jeder inhalt von beziehungen zusammen.

es ist anpassung an die beliebigkeit der scenestrukturen, wo verbindlichkeit, genauigkeit, verantwortlichkeit, kampf um den anderen selten vorkommen, wo es kaum kampf, politische diskussionen um gemeinsame bestimmungen gibt.

was du rolf geschrieben hattest, "freundschaft", davon rede ich nicht, nicht mit dir. die habe ich zu menschen, die nicht politisch denken und handeln. aber selbst dafür sind zwischen uns alle grundlagen zerstört.

mir ist schon der hut hochgegangen an den ersten interviews der celler in konkret, wo kh (Karl-Heinz Dellwo) davon spricht, daß er nicht länger den kopf für die ganze linke hinhalten will. also das, was "benz" mir ja "empfohlen" hatte.wir haben hier damals lange darüber geredet, was das für ein verhältnis ausdrückt zum eigenen kampf.es war zu dem zeitpunkt auch purer zufall, daß ich das buch von anna maria guadelupe martinez noch mal gelesen hatte ("in den geheimen kerkern el salvadors"), wo sie auch von der folter schreibt und wo ihr die folterer ständig sagen, sie solle doch aufhören, den kopf für andere hinzuhalten, das hätte doch keinen zweck.

das hab ich damals schon begriffen, was so ein begriff bedeutet, nur noch nicht gewußt, welche konkreten praktischen konsequenzen, die dieser innere begriff des kampfes ausdrückt, haben wird.aber von dem begriff zum "alternativen" berater des staates in sachen innere sicherheit ist es nicht weit.das weiß ich jetzt.

und ihr, ihr habt auch da gar nichts gefragt? denkt ihr überhaupt über irgendwas mal tiefer nach?

nein, wir werden nach wolfgangs tod nicht zur tagesordnung übergehen, sondern versuchen, soweit das unter den bedingungen von hier aus möglich ist, unser leben, unsere wirklichkeit und wahrheit in die auseinandersetzung zu bringen. dann kann jede/r sehen, was ist und was nicht.

ich kann das einfach nicht verstehen, daß du/ihr nicht mal nach bad kleinen angefangen habt, offen zu reden, und begriffen habt, daß diese politik das aufgestellte messer bedeutet.für die illegalen, für uns gefangene und für viele aus dem widerstand.das ist das bitterste.

und rico hatte mit seinem brief an dich zu "steinmetz" und dem Wegschieben deiner verantwortung dich ja schon voll draufgestoßen.

Brief von Heidi Schulz an Birgit Hogefeld

birgit,nachdem ich deinen brief "an" helmut im angehörigen info gelesen habe, habe ich mich entschlossen, dir ebenfalls hier öffentlich zu antworten. obwohl das in diesen ganzen jahren noch nie meine ebene war, und keiner von denen, die seit anfang an kämpfen, hat das so gemacht. aber das gehört jetzt scheints zu deinem verständnis von "neuem", von dem ich kein teil bin und auch nicht sein will, und das zwingt mich, hier stellung dazu zu nehmen. eben öffentlich zu deinem öffentlichen brief. (und den unterschied zwischen einem brief und einem politischen text wie den von helmut will ich wirklich nicht erklären.)du machst eins, wogegen wir uns immer gestellt haben, statt über inhalte und tatsachen zu reden, einen meinungsmarkt zu bilden.jetzt haben sich die tatsachen und ereignisse, vor die alle gefangenen (außer den cellern und dir) gestellt worden sind, in den letzten wochen überschlagen. und daß wir nichts von eurer bereitschaft erfahren haben, einen kuhhandel mit dem staat aushandeln zu wollen, liegt natürlich daran, daß euch klar war, daß wir dabei nicht mitspielen und daß wir vom ersten moment an, wo wir von einem deal erfahren, wir ihn platzen lassen, indem wir ihn öffentlich machen (insofern war ströbeles bzw. die befürchtung der celler, es könnte was in die zeitungen kommen, natürlich richtig, taz vom 30.10.).soweit wir das szenario des deals jetzt kennen, kann es ja jeder in brigittes zusammenfassung in der fr lesen. (in der taz sind einige sinnentstellende fehler.)deswegen ist mein brief jetzt zu allem. wenn auch nicht umfassend, sondern auf einige punkte beschränkt.

zuerst ging es mir vor allem so, daß mich die entpolitisierung in deinen öffentlichen briefen davon abgehalten hat, dir zu schreiben. aber nach dem brief an helmut konnte ich es nicht mehr aushalten im schweigen. das alles stillschweigend zu ertragen, was da an verdrehungen, verstellungen, unwahrheiten über tatsachen und über uns geschüttet wird, geht nicht. alle möglichen worte, um selbst jedem inhalt, jeder politischen aussage zu den verhältnissen in diesem land wie zum staat, worin erkennbar wäre, wo du stehst, zu entkommen. ich fange jetzt nur mal zu einer geschichte an, nämlich helmut und uns vor die füße zu knallen, daß er in seinem text (im august 93) nichts zu wolfgangs ermordung gesagt hat. das heißt für mich, daß du weder den inhalt des gedichts verstanden hast - mit dem etwas sehr anderes an verbundenheit ausgesagt wird, als ich es jemals von dir gehört habe -, noch dich mit seinem text politisch auseinandergesetzt hast.wie gesagt, ich will jetzt nur zu einigen punkten von dem, was du sagst, etwas schreiben, so umfassend, wie es zu allem sein müßte, ist das nicht. aber auch weil ich das nicht mehr aushalte, wie du unter dem motto von "betroffenheit" alles umdrehst: als hätte die entlung, die zu bad kleinen geführt hat, nichts mit dir zu tun, nichts mit eurer unpolitischen haltung, und verantlich sind - wenn überhaupt - nur andere.also auch deswegen hier dieser brief, weil das offen werden muß, was wirklich passiert ist, statt von einem aufklärungskomitee zu verlangen, der staat, der diese ganze, seine, geheimdienstoperation geführt hat, müsse nun die tatsachen der "revolutionäre" auf den tisch legen.das ist nichts anderes, als die vernebelung mitzubetreiben.ein brutaler ausdruck der verdrehung von allem.

ich habe mich die ganze zeit nach dem schock von bad kleinen gefragt:warum du und die illegalen nichts zu den wirklichen vorgängen sagen, so umfassend wie sie sind, und warum jede verantwortung für die entwicklung, die zu steinmetz und wolfgangs tod geführt hat, geleugnet wird.stattdessen sie auf die scene in wiesbaden zu schieben.ihre verantwortung ist aber nur insofern wichtig, wie sie im realen verhältnis zu eurer steht und nicht umgekehrt.so verlangt ihr nicht einmal, daß das biotop aufhört, das besteht aus oberflächlichkeit, beliebigkeit, unverbindlichkeit - das aus der ganzen entpolitisierung existiert -, die kriterienlosigkeit, fehlende politische prinzipien wie verantwortungslosigkeit hervorbringt, worin solche steinmetze gemästet und mit allen möglichen informationen versorgt werden.seit 4 monaten kein wort von keiner der beteiligten seiten zu den ursachen.nichts zu eurem interesse an diesem kontakt mit so einem dubiosen hintergrund, das wird völlig ins dunkle geschoben.denn ob einer vs-interessen vertritt, erkennt man schließlich an seinen politischen gedanken und interessen wie daran, "in welchen kreisen sich einer bewegt" , und nicht daran, ob einer sagt, "guten tag, ich bin vom verfassungsschutz".was hat euch dazu gebracht, so einen kontakt zu wollen.was war die basis dafür.um was ging es da wirklich.was wird da alles in eurem interesse vertuscht.

lauter solche fragen hatte ich im zusammenhang mit bad kleinen und deinen briefen in der taz danach.und, wie ist sie in der lage, so einen brief nach wolfgangs tod zu schreiben und dem taz-publikum zum konsum zu machen. wie kann das sein, solche "gefühle" oder schilderungen zu markte zu tragen.ich und alle, die schon lange kämpfen, haben anders als du nicht nur einmal erlebt, wie lebens-kampf-gefährtinnen-und- gefährten von der killmaschine dieses staats getötet werden. deswegen weiß ich, daß es für schmerz, der so tief ist, keine worte gibt.und keine/r hätte es "gebracht", darüber zu schwätzen,ausgerechnet den schmerz zur ware (für szenekonsumenten) zu machen. wie du das bringst, kann ich nur im kontext dessen verstehen, daß du gleichzeitig kein wort über die verantwortlichen dieser politik in diesem staat verlierst, die emotionen gegen die verbrechen dieses systems sind da "merkwürdigerweise" wie ausgelöscht.und da ergibt sich für mich ein ganz anderer zusammenhang:- und jetzt, wo ich einige fakten kenne, ein ziemlich klares bildwas ich vorher für einen bereich des undenkbarsten gehalten habe - ist bitterste realität.und es fällt mir schwer, unter so einem schock, der das ist, "adäquate" worte zu finden.die veröffentlichten tatsachen sagen eigentlich alles.auch, warum uns welten trennen, warum wir uns nicht verstehen können.

allerdings muß man die politische entwicklung, die dahin geführt hat, sehen, um die ganze dimension zu erfassen, um eben den weg in diesen deal zu begreifen. und was ideologisch an vorarbeit dafür getan wurde, damit er möglich wird, wie mit den papers und interviews aus celle oder auch den letzten ergen der illegalen. aus celle unter anderem, eigentlich wenig verklausuliert mit "gesellschaft oder ghetto"; "abschluß einer phase"; "aufarbeitung der geschichte" als schlußpunkt.zu all dem muß noch einiges gesagt werden.

ich kann dazu erst mal sagen, so grundsätzlich wie das ist, wo ich sehe, wie sich der kreis eures interesses schließt:ihr wollt zurück ins system, und das ist immer zurück in die eigene alte klasse, deswegen existiert in keinem von euren papers ein begriff über die klassenverhältnisse und die notwendigkeit ihrer revolutionären umwälzung, und wie das immer ist, ohne offen zu sagen, daß es so ist, ohne dazu zu stehen.deswegen die 1000 verklausulierten sätze und umdrehungen, die ideologie vom sozialen und gesellschaftlichen in euren texten, um diesen schnitt und den politischen verrat "politisch zu begründen". während eben das ende revolutionärer politik "als phase" abgeschlosssen werden soll. deswegen die ideologie, die es ermöglicht, alle antagonistischen inhalte, erfahrungen und ziele zu opfern und sie als "ghetto" zu denunzieren.selbst praxis und aktionen dafür zu verkaufen, damit sie druck schaffen sollen, daß der staat euer angebot, der liquidation bewaffneter politik zu euren konditionen annehmen soll - und das ist die denunziation der ganzen zwanzig jahre geschichte, eurerseits.das also war der verlogene zweck von der aktion in weiterstadt, "druck zu schaffen", damit der staat auf euren anvisierten deal eingehen soll. in dieser schärfe konnte das allerdings sonst niemand außer euch durchschauen.wenn auch der populismus, die inhaltsleere und kein erkennbares ziel. die politische fragwürdigkeit mit der erklärung manifestiert wurde.und damit liegt ihr ja voll im modernen trend - ja, "wie naiv", das nicht gleich zu kapieren, schließlich habt ihr ihn mitgeschaffen und seid für viele die protagonisten und die "legitimation" für kapitulation und den ausverkauf unserer geschichte. so muß sich dann niemand mehr mit revolutionären ansprüchen, prinzipien, kriterien und zielen rumschlagen.eben das ist der trend und kein zufall, daß er in dem maß zunimmt und das "gesellschaftliche" (oder "diskussion mit gesellschaftlichen gruppen"), das zu verändernde in sein gegenteil umgedreht wird: in anpassung und integration in die realität der klassenverhältnisse des großdeutschen reiches, in dem maß, wie faschisierung in staat und gesellschaft anwachsen. und der widerstand dagegen schwieriger wird.täglich faschistisch-rassistische überfälle.und die illegalen sehen in ihrer erklärung zu wolfgangs TOD: nur das "scheinbare" ausmerzverhältnis dieses staats gegenüber fundamentalopposition.eigentlich "logisch", wo ihr ja auf die "fraktionen" im staat baut. die so schön "fraktioniert" miteinander das asylrecht aushebeln, die verfolgten und entrechteten aufs schafott verbündeter regimes bringen; germans to the front weltweit für die deutschen imperialen kapitalinteressen und so weiter, das sind eure "fraktionen" im staat. natürlich, das alles öffentlich nur verklausuliert, wie die sozialdemokraten.

und dahinter verbirgt sich so einfach und nackt und traurig: wieder zurück, im bürgerlichen system aufgenommen werden zu wollen.ich denke, bei illegalen, die sich für so was hergeben, war der "prozeß" tatsächlich, daß die knarre anstelle des politischen bewußtseins gerückt ist.technisch immer perfektere aktionen und immer unklarer und weniger ihr sinn, politischer gehalt und für welche ziele eigentlich gekämpft wird.nie nachgedacht über den unterschied, daß guerilla nie strategie, sondern taktik ist und das politische die mittel bestimmt statt umgekehrt - beides für die entwicklung revolutionärer strategie.allerdings da kann man nur einen "schlußstrich" ziehen, einen schnitt machen, der wäre aber verbunden mit einer wirklichen, politisch bestimmten zäsur in eine andere richtung gegangen, zur erkämpfung von politischem bewußtsein und so bestimmter intervention (im internationalen klassenkrieg).um der reaktionär-faschistischen weichenstellung des imperialistischen systems und ihrem unbegrenzten machtwahn seit dem ende des sozialistischen staatensystems eine eigene weichenstellung gegen die faschisierung entgegenzusetzen, auf der grundlage dessen, was die raf an begriff von diesem system einmal erkämpft hat, der innere und äußere zusammenhang der metropolenstruktur, imperialistisches zentrum - verbunden mit der suche nach einer vorstellung, die konkrete antworten zu konkreten konflikten entwickelt (unter einbeziehung der historisch veränderten globalen situation).das gegenteil ist gelaufen. statt begriff von diesem system die abwicklung unserer geschichte und sie entsprechend dafür "umzuschreiben".

viele von uns dachten lange, es ist "nur" die tragik, daß die illegalen keinen begriff mehr haben von dem krieg "von oben", der gegen sie geführt wird. und in gewisser weise stimmt das ja auch, wenn einem steinmetz so weit die türen zu euch/von euch geöffnet werden. er hat die lage-einschätzung eurer strukturen und interessen, was er von euch mitgekriegt hat, natürlich an den vs weitergegeben; das war ja sein "job". und von da aus (vom vs) geht das natürlich immer an die operativen exerenden stellen, wo es als operatives wissen in die operative planung eingeht.so war es alles andere als "zufall", daß bei diesem treffen die operative planung in gang gesetzt worden ist und wolfgang die todesschüsse getroffen haben. eine lang angelegte geheimdienstoperation. und sie war keine der üblichen - solche, die man nie ganz ausschließen kann - infiltrationsgeschichten.sie hatte ihre basis nicht im "offen sein" für gesellschaftliche kräfte - darüber verliert man weder das wissen von den konkreten klassenverhältnissen, und wo da jemand "steht", noch den begriff von diesem staat und seinen methoden -, sondern sie lag in eurem entsierten verhältnis/verständnis der konfrontation. was dann auch die grundlage für die bereitschaft ist, nicht mehr um ziele zu kämpfen, sondern einen deal mit dem staat aushandeln zu lassen und abzuschließen.durch so veränderte interessen und begrifflichkeiten verändern sich natürlich auch die "maßstäbe" und "kriterien" zu ALLEM wie zu den leuten, mit denen man es zu tun hat.da mußte sich einer wie steinmetz mit dem, was er sagt, über die april '92-erklärung diskutieren und eine "annäherung zwischen raf und staat erreichen", nicht einmal verstellen.bei dieser interessen-identifikation ist das nicht einmal nötig.so auch klar, warum der begriff von diesem staat da keinen platz hatte, sondern weg mußte.und auch klar, warum du und die illegalen kein interesse an der aufdeckung der ganzen tatsachen haben konntet. weil sonst euer ganzer deal offen geworden und geplatzt wäre. die planung fürs exil, oder was auch immer, wie die freiheit der celler wäre wie der preis, den ihr dafür zahlt, die akzeptanz, alles zu beenden und daß wir anderen auf nicht-mehr-wiedersehen hinter diesen knastmauern verschwinden sollen, wäre geplatzt.wahrscheinlich auch die zustimmung einiger linker kreise zu eurer "politik".allerdings zu diesem punkt will ich noch etwas sagen, weil es das noch nie gab und viele junge und leute mit wenig erfahrungen hart treffen wird, ihr habt das interesse und das vertrauen vieler in diesem land mißbraucht - weil raf immer für aufrichtigkeit stand -, das habt ihr ausgebeutet. wenn jetzt demoralisierung und ohnmacht aufgrund dieser tatsachen noch mehr zementiert werden, dann könnt ihr euch zusammen mit dem staat die hände schütteln.ihr habt die betroffenheit vieler über die wirklichkeit in diesem land, die vielen an bad kleinen wieder in der ganzen schärfe bewußt geworden ist, auf das schändlichste mißbraucht.und so sehe ich auch deinen "gefühls"- exhibitionismus, birgit, mit dem du betroffenheit zu einem meinungs-zur-schau- stellungs-markt gemacht hast. der ist: emotionen zur ware, zum produkt und zahlungsmittel zu machen. in dem fall als tauschwert, um eine solidarität zu bekommen, bei der keine/r mehr fragen soll, womit er/sie eigentlich solidarisch ist. eine kurze distanzierung zu steinmetz, eingepackt im zur-schau-stellen von trauer, und keiner soll mehr fragen.das erinnert mich alles nur an das, was im kapitalsystem normalität ist: selbst emotionen zur ware machen, zahlungsmittel zum kaufen.genauso wie der staat als instanz behandelt wird, an die man sich wendet. oder untersuchungen, als wäre wolfgang gar nicht tot. genauso wird alles im unklaren und undurchschaubaren gelassen, was mit deiner verantwortung und die der illegalen zu tun hat. in der ersten schließfachversion hast du noch von ner schreibmaschine und büchern geredet - in deiner 2. öffentlichen verlautbarung dazu war es dann wolfgangs "gepäck". es ist auch egal, wer den "rucksack" mitgebracht hat. aber ein schlaglicht wirft allein der veröffentlichte teil des inhalts auf eure gleichgültigkeit und verantwortungslosigkeit und wie du nach monaten noch damit umgehst. empört über die medien. da muß man schon jedes denken aufgeben, um nicht zu wissen, was ihr geschäft ist.nur "merkwürdig", daß da jede empörung und betroffenheit aufhört, wo es um das leben anderer geht, die du mit klatsch und tratsch in eine situation bringst, die kriminalisierung und verfolgung bedeutet.und jetzt sollen sie sich dagegen wehren, so perfekt läuft die umdrehung schon. der staatsschutz fragt natürlich nicht nach den tatsachen oder dem wahrheitsgehalt dessen, was in deiner korrespondenz über andere verfaßt ist, er wäre ja dumm, und die veröffentlichten passagen, die ich nur kenne, sind nichts anderes als klatsch und tratsch einer illegalen, die "vergessen" hatte, daß sie illegal ist, und den staatsschutz haufenweise damit versorgt, und so werden sie es, egal was stimmt oder nicht, gegen die verwerten und drehen, die ihnen im weg sind.das nur, weil die tatsächlich betroffen sind, im gegensatz zu deinem betroffenheitsmarkt.dein umgang damit ist wie: "ein unfall in eurem deal". ihr habt wohl gedacht, der staat bekämpft euch nicht mehr, weil ihr ja bereit seid, ihm alles zu opfern.na ja, das anvisierte deal-szenario macht das ja auch mehr als deutlich, zum wahlkampfjahr der "inneren sicherheit" kohl und der rechtesten "fraktion" anzubieten, ihnen zum wahlkampfsieg mitzuverhelfen, indem das, was 23 jahre vernichtungsstrategie nicht erreichen konnte, den radikalsten widerstand in diesem land zu besiegen, nun selbst zu "erledigen", abzuwickeln. 1.11.93

Richtigstellungwir haben in unserem text, der im letzten info veröffentlicht wurde, gesagt: "auch für uns ist es so, daß uns nichts mehr mit der raf, den gefangenen in celle und birgit politisch verbindet, denn wir wollen mit dieser politik des ausverkaufs nichts zu tun haben."wir nehmen das zurück, weil es in dieser grundsätzlichkeit "nichts mehr" nicht stimmt.uns verbindet die politische geschichte und vor allem, daß wir als politische gefangene ganz grundsätzlich in der gleichen konfrontation im verhältnis zum staat stehen.wir wollen die bedeutung der unterschiede, die jetzt in ihrer ganzen materialität zum vorschein gekommen sind, nicht abschwächen, aber genausowenig geht es uns darum, ein grundlegendes verhältnis wegzukippen und der entsolidarisierung, die draußen schon angefangen hat, noch zusätzlich futter zu geben durch aussagen von uns.das war nicht unsere absicht, und so haben wir auch keinen moment lang gedacht, aber in seinem sinn vermittelt dieser satz genau das und darf deswegen nicht so stehenbleiben.und wir sagen es auch deshalb ausdrücklich (denn eigentlich ist es eine selbstverständlichkeit, daß es eine grundsolidarität gegen die angriffe und das vernichtungsprogramm des staates gibt), weil wir mitgekriegt haben, daß z.b. menschen dafür angemacht werden, weil sie initiativen gegen birgits verschärfte haftbedingungen entwickeln.das ist nur noch übel und ausdruck von zerstörung im gesamten verhältnis.ein verhältnis, das grundlage von revolutionärer politik sein muß und einfach auch teil unserer identität ist. das geben wir nicht auf, weil wir damit auch von uns etwas aufgeben würden, und außerdem ist es ja wohl das allerletzte, den staat sein vernichtungsprogramm durchziehen zu lassen.wir werden uns jedenfalls für diese entsolidarisierung nicht benutzen lassen und fordern, daß das aufhört.8.11.93, Gabi Hanka, Sigrid Happe

Brief von Helmut Pohl an Birgit Hogefeld

(Antwort auf Birgits Brief im Info)

ch kann dir jetzt keine vollständige antwort auf deinen brief geben, will aber jedenfalls kurz schreiben, weil ich nicht schweigend nur andere antworten lassen will.es ist jetzt ja noch mehr dazugekommen, karl-heinz, die raf, alles das kann ich nicht ausblenden, und in einem brief von mir an dich weiß ich nicht, wie das gehen soll.und es ist ja auch so, was jetzt bei uns aufgebrochen ist, die auseinandersetzung, die jetzt losgehen "müßte", das interessiert doch jetzt keinen politischen menschen. mit den problemen, den fragen, um die es heute geht, hat das alles gar nichts zu tun.natürlich, diejenigen, die in der gesamten entwicklung drinsteckten, die interessiert das schon, und da ist auch manches für das verständnis, was in dieser entwicklung schiefgelaufen ist, zu klären. aber das ist eine andere sache. in der öffentlichen auseinandersetzung ist es brotlos.ich will mich jetzt erst einmal mit den anderen verständigen, was wir nach dem text der raf jetzt im nächsten schritt machen.

noch etwas vorher. wir sollten mal festhalten, von welchem punkt aus wir jetzt sprechen. immer von einem endpunkt aus, der schon da war und der jetzt offen geworden ist.der partikulare versuch der celler ist gegen die wand gegangen, unser langjähriges gefangenenprojekt ist gescheitert, 23 jahre raf-geschichte scheinen zu ende zu sein.das erspart vielleicht manche pseudo- debatte.

ich habe deinen brief zum ersten mal zwei tage vor dem erscheinungstag des infos, in dem er abgedruckt war, gelesen. wir hatten da gerade die informationen über euren versuch, und ich saß wie perplex davor, daß du mir gleichzeitig, während ihr dabei seid zu versuchen, den coup im zweiten anlauf durchzubringen, diesen brief schreibst.da hatte ich also doch den richtigen riecher bei der "spiegel"-eingeleiteten künstlichen diskussion über unsere angebliche forderung. jetzt, zu unseren öffentlichen texten, ist es doch gekommen, daß es auf euer seit mai laufendes ding abgestimmt war. aus celle kam damals schnell, von ihnen sei das nicht, sicher, niemand hatte diese forderung gestellt, und trotzdem zeigt sich da auch nur das ganze falsche schauspiel, denn natürlich hatte es eine menge miteinander zu tun, und die celler wußten ja bescheid, während wir nichts wußten bzw. nur ein gerücht hatten, nach dem die ganze sache nach reuter auch beendet war.

ihr stellt euch jetzt hin und sagt, es war was ganz anderes. "eruiert" sollte werden. "für alle". also, ich weiß nicht, was ihr euch dabei denkt, so krass außerhalb des wirklichen rahmens, der tatsächlichen situation, die eure initiative doch interpretiert - und nicht die wortgirlanden zu euren angeblichen absichten und gesinnungen, mit denen ihr sie behängt. von denen, wenn es wirklich klappt, nichts übrig bleibt, weil dann natürlich die regierung bestimmt, was läuft, und ihr gar nicht mehr anders könnt, als das zu machen und dann natürlich dann auch gemacht hättet, was sonst. nach den zwei jahren von einer abfuhr nach der anderen für die celler politik, in denen die schwelle für die freilassung jedesmal höher gesetzt wurde;nachdem sie das nach dem bgh-beschluß - diesem wahren dokument des "realistischen wegs" (lutz), mit dessen produktion die celler diese bedingungen nun definitiv für jede/n andere/n gefangene/n gemacht haben, irmgard muß sich jetzt mit dem gutachter"problem" herumschlagen - noch mal, wenn nicht mehrfach beim bundesjustizministerium versucht hatten und eine abfuhr gekriegt hatten;nach bad kleinen und kohls anschließendem auftritt - konnte es so, wie dann mit stroebele, reuter, bubis und allen, die stroebele noch angesprochen hat, auf einer qualitativ völlig anderen ebene als bisher angelegt war, gar nicht anders verstanden werden. und niemand, von stroebele angefangen bis zur regierung, hat es anders verstanden. was immer die lautsprecher auch erzählen. im nachhinein kriegt auch ein satz vom rheinland-pfälzischen justizminister cäsar in einem interview seinen sinn, der sich mit dem argument, jetzt hätten wir auch unsere "überzogenen forderungen vom anfang" aufgegeben, für diese selbstproduzierte idee eines zusammentreffens eingesetzt hat. denn er wird ja sicher einer der von stroebele angesprochenen gewesen sein.das ist die wirklichkeit eures versuchs. vom inhalt noch gar nicht gesprochen.und karl-heinz stellt sich hin und redet in bezug auf brigittes erklärung von "simulation einer wirklichkeit".

ich kann in dem vorwurf der raf, wir hätten doch selbst vor jahren so etwas versucht, nichts anderes als wieder diese beliebigkeit bei der raf und bei dir sehen, zu der andere jetzt in ihren antworten an anderen stellen auch geschrieben haben. ich muß erst noch rauskriegen, was in dem vorwurf gemeint ist, aber damals waren wir doch noch gar nicht weitergegangen, auch zusammen für uns selbst nicht, als wir am ende des hungerstreiks waren. "diskussion" und die richtung, in die wir wollen. und alle gespräche der anwälte bei den justizministerien gingen darum, doch noch bedingungen dafür zu erreichen. daß wir weitergehen müssen, wie es nach dem hs war, wie es für uns politisch war, was schließlich zu unserem drängen auf den schritt geführt hat, den die raf am 10.4.92 gemacht hat, das war zu der zeit gerade mal bei uns angesprochen, und wir kamen zu langsam zusammen weiter, vor allem, weil wir mit "illegalem infosystem" und kronzeugen und so weiter eingedeckt worden sind. es war noch gar nichts davon da, womit etwas, das für ihre retourkutsche taugen könnte, hätte stattfinden können. euer vorwurf hat gar keinen gegenstand.aber "gespräche mit dem staat" sind "gespräche mit dem staat" bei euch, inhalt spielt keine rolle, die reale situationsgrundlage spielt keine rolle.die anderen sprechen von beliebigkeit aus entpolitisierung, das hier ist eine variante von ihr, die ich gern "ideologisierung" nenne. als ginge es darum, "sich mit dem staat einzulassen" oder nicht.aber der vorwurf ist sowieso ein schmarren, denn schließlich geht es bei eurem versuch jetzt, zu allem, was brigitte schon gesagt hat, um so absolut unmögliches für uns, wie in karl-heinz' so bezeichnetem "briefing" für stroebeles gespräche, in dem wirtschaftsbosse regelrecht angewichst werden, die politiker hätten doch nur den "bühnenmut" für die großen sprüche, sie, die wirtschaftsleute, wären es doch, die es trifft. da wird von tödlichen angriffen gesprochen, und es geht zu wie unter corps-brüdern!ohne uns.

ich will zum schluß noch was zu wolfgang sagen. ich war völlig überrascht von deiner attacke, ich hätte in meiner erklärung nichts zu wolfgang gesagt, und das enthielte eine negative aussage oder haltung zu ihm. als ich deinen brief gelesen habe, wollte ich antworten, daß ich nicht glaube, daß es für viele, außer dir und einigen, "so dasteht". inzwischen ist das im selben mechanismus noch weiter ausgefahren bei der raf schon zu "dreck-über-wolfgang"- verbreiten geworden. nehme ich es zusammen mit der verbreiteten erregung über das "wie" meiner erklärung im august, scheint es doch ein starkes bedürfnis nach solchem stoff zu geben.ich wollte einfach mit dem, um das es mir in dem text ging, nicht von wolfgang sprechen. es geht mir gegen jeden strich, einen toten genossen, und ich kannte ihn ja auch, in so einem zusammenhang auszustellen.für dich scheint auch ein öffentlicher text ein rahmen für eine möglichst gelungene selbstdarstellung zu sein, für mich nicht.ich will dir auch sagen, davon habe ich jetzt wirklich genug, es zieht sich von anfang an durch die letzten jahre nach dem hungerstreik, von gesinnungsterror lasse ich mich nicht jagen.(Mitte November)

Polizeiüberfall auf

ehemalige Gefangene aus der RAF

Am Sonntag, den 7. November gegen 23 Uhr, fuhren wir mit dem Auto von Karlsruhe nach Frankfurt/Main. An der Autobahnraststätte "Bergstraße" machten wir eine kurze Pause. Als wir gerade wieder losfahren wollten, näherte sich ein Polizeiwagen. Ein Uniformierter verlangte Führerschein und Autopapiere. Da wir keine Wagenpapiere bei uns hatten, gaben wir Namen und Adresse der Autohalterin an. Nachdem diese Daten bei der Autobahnpolizeizentrale überprüft und bestätigt worden waren, verlangten sie den Personalausweis von Waltraud, waren aber nicht bereit, dies zu begründen. Nach einigem Hin und Her bekamen sie ihn auch. Auf unsere Fragen, was diese ganze Provokation soll, erhielten wir zur Antwort, es würden in dieser Gegend öfters Autos aufgebrochen und geklaut.Wir fuhren dann weiter Richtung Frankfurt auf der Autobahn und über den Offenbacher Kaiserlei in die Stadt. Auf dem Ratsweg, kurz vor der Eissporthalle, wurden wir plötzlich von einem grauen zivilen Wagen, der sich mit quietschenden Reifen vor uns stellte, gestoppt. Drei Männer in Zivilkleidung stürmten mit gezogenen Waffen auf uns zu, rissen die Wagentüren auf und brüllten: "Los raus! Aussteigen!" Sie zielten mit ihren Waffen direkt auf uns und entsicherten sie. Sobald wir aus dem Auto heraus waren, wurden unsere Hände mit Handschellen auf dem Rükken gefesselt. Die Waffen waren weiter auf uns gerichtet. Günter wurde mit dem Oberkörper auf die Kühlerhaube gedrückt und mußte in dieser Stellung liegenbleiben. Auf unsere Fragen, was dieses Szenario soll und was hier los sei, bekamen wir nur zu hören: "Das werdet ihr schon noch merken" und "Das ist alles ganz normal."Günter wurde die Gürteltasche weggerissen und durchsucht. Auch Taschen, die im Wageninneren lagen, durchwühlten sie. Das gleiche gilt für diverse Sachen, die sich im Kofferraum befanden. In der Zwischenzeit waren noch fünf weitere Polizeiwagen eingetroffen, die mit Blaulicht die Straße teilweise absperrten und einen Halbkreis um uns und unser Auto bildeten. Das B.einsatzkommando bestand aus ca. 15 Figuren. Auch mindestens eine Frau war dabei. Nach unserer Wahrnehmung setzte es sich neben den Zivilen aus SEK (Sondereinsatzkommando) und normalen Uniformierten zusammen. Der Einsatzleiter, den wir ständig verlangten, kam erst 5 oder 10 Minuten später. Er sagte uns lediglich seinen Namen, "Seib" (oder Saib), und daß er von der "hessischen Polizei" sei. Der Zivilwagen hatte allerdings ein Frankfurter Kennzeichen. Auf unsere direkten Fragen verneinten sie, vom Frankfurter Kommissariat K41 zu sein. Das ist das in Frankfurt berüchtigte politische Kommissariat.Unsere Personalien wurden über Funk durchgetickert. Wir konnten hören, daß die "Zentrale" an die B. vor Ort mitteilte, wir wären bereits kurz vorher auf der Autobahn "überprüft" worden. Wegen der fehlenden Fahrzeugpapiere sollte nur noch die Fahrgestellnummer überprüft werden.Ich, Günter, wurde von einem jungen B. zum Schluß noch hochgerissen und an den Zivilwagen gedrückt. Es wurde mir in die Beine getreten, damit ich sie breiter auseinandernehme. Waltraud wurde die gleiche "Behandlung" angedroht, als sie schrie, er solle damit sofort aufhören. Sie konnte die ganze Zeit keine Bewegung machen, ohne nicht gleich von dem Zivilen gepackt zu werden, der die ganze Zeit mit der Waffe und "auf Tuchfühlung" hinter ihr stand.Was während der Aktion mehrmals von ihnen kam: "Daran werden Sie sich gewöhnen müssen."Das ganze dauerte 20 bis 25 Minuten. Um ca. 1 Uhr konnten wir weiterfahren. Die "Begründung", daß es sich hier um eine Straßensperre handeln würde, die wir noch bekamen, war unglaubwürdig. Unser Wagen war der einzige, der gezielt gestoppt worden war.Auf mich (Günter) war das bereits der zweite Überfall seit meiner Entlassung aus 15 Jahren Isolation Mitte Mai 1992.Günter Sonnenberg, Waltraud Liewald

ProzeßtermineProzeß gegen Rolf-Clemens WagnerDer Prozeß gegen Rolf-Clemens Wagner, Gefangener aus der RAF, wird weitergeführt am 19.11., 26.11., 3.12., jeweils um 9.30 Uhr vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Saal EII. Eingang für Besuchenen: Konrad-Adenauer-Str./ Ecke Seilerstraße.Prozeßbeginn gegen Eva HauleFolgetermine im Prozeß gegen Eva Haule vor dem OLG Frankfurt, Konrad-Adenauer-Str./Ecke Seilerstraße, sind im November und Dezember jede Woche donnerstags um 9.30 Uhr.

TermineBerlin. 20.11., 19.30 Uhr, Tommy- Weißbecker-Haus (Nähe U-Bhf. Hallesches Tor), Antifa-Solifete, Eintritt 5 DM.Hamburg. 3.12., 20 Uhr, Rote Flora, Infoveranstaltung des Anti-Knast-Werkstatt-Kollektivs Köln, Büchertische, Film "Komplizinnen", danach Tanz.Germete (bei Warburg). 19.11., 18 Uhr, Diemelhütte, Solidaritätskonzert für die ehemaligen politischen Gefangenen aus Arolsen und Umgebung (diese 14 Antifaschisten, über die wir berichtet hatten, sind wieder frei).

Zu Ali Jansen, 16.11.: Entweder Unterwerfung

oder Vernichtung: Richter Schieferstein

Richter Schieferstein, der über Alis Freilassung zu entscheiden hat, führt auch in Evas Prozeß den Vorsitz. Am ersten Prozeßtag forderte Eva ihn als erstes dazu auf, sich zu Ali zu äußern. Die anwesenden Genossen haben daraufhin lautstark Alis Freilassung gefordert und ein Transparent, sichtbar für Richter Schieferstein, an der Trennscheibe aufgerollt.Zäh und verbissen und unbeeindruckt von Alis Situation und von allen bisherigen Protesten hält Richter Schieferstein jedoch daran fest, Ali erst freizulassen, wenn er abgeschworen hat. Vor ein paar Tagen noch forderte er Alis Rechtsanwälte auf, ihm einen Anhörungstermin zu nennen. Den kann es natürlich nicht geben.Das ganze macht Richter Schieferstein, obwohl BAW und Anstaltsleitung sich seit längerem für eine Freilassung von Ali ausgesprochen hatten. Der BAW liegt ein Strafaussetzungsantrag für Ali vor, über den sie bisher noch nicht entschieden hat. Selbst wenn sich die BAW für eine Strafaussetzung für Ali entscheidet, hätte Richter Schieferstein lediglich die von ihm zu treffende Entscheidung vorerst von sich abgewälzt.

Ali mußte inzwischen in die Universitätsklinik von Marburg verlegt werden, er muß eventuell operiert werden. Die durch Anstaltsarzt Dr. Bäblich verschleppte Lungen- und Rippenfellentzündung konnte trotz wochenlanger Behandlung mit Antibiotika im Kreiskrankenhaus von Schwalmstadt nicht abgeheilt werden. Es sind Entzündungsherde zurückgeblieben, die eventuell nur noch auf operativem Weg angegangen werden können.Freiheit für Ali!

Protestbriefe an den Vorsitzenden Richter Dr. Schieferstein, 5. Strafsenat am OLG, Zeil 42, 60256 Frankfurt a.Main.Schreibt Ali: Ali Jansen, Paradeplatz 5, 34613 Schwalmstadt

Aktivitäten zu Ali Jansen: Auf der Vollversammlung der Hamburger MedizinstudentInnen wurde die umgehende und bedingungslose Freilassung von Ali gefordert. In Bremen- hat die "Initiative von Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen zur Freilassung der politischen Gefangenen" einen Offenen Brief an Richter Schieferstein geschrieben;- bei einem Konzert des uruguayischen Liedermachers Daniel Viglietti wurde unter den 250 BesucherInnen ein Flugblatt zu Alis Situation verteilt;- wurde auf der Demonstration am 9.11. anläßlich des Jahrestages der Reichspogromnacht und der "Wiedervereinigung" ein entsprechender Beitrag gehalten.Wir hoffen, daß es in anderen Städten bereits ähnliche Initiativen gegeben hat und noch geben wird. (d.Red.)

N Irmgard Möller, Hanna Krabbe und Christine Kuby: Wir haben das alles als äußerst konkrete Bedrohung gegen uns empfundenN Prozeßerklärung von Eva HauleN Briefe von Rico Prauss, Manuela Happe, Heidi Schulz und Helmut Pohl an Birgit HogefeldN Polizeiüberfall auf ehemalige Gefangene aus der RAF

Angehörige Kindermalen fürpolitische GefangeneWir werden in der nächsten Zeit viel Geld für die Prozeßarbeit brauchen, sind aber in der gücklichen Lage, nicht einfach um Spenden bitten zu müssen. Wir haben die bunten Postkarten als Gegenleistung. 16 Stück 20 DM einschl. Porto. 3 Serien und mehr 18 DM je Serie plus 5 DM Porto. Bitte Vorauskasse oder Scheck.Bestellungen an: Angehörige der potischen Gefangenen, PLK 050205, 65929 Frankfurt a.Main.

Herausgeber: Angehörige und FreundInnen politischer Gefangener in der BRD, Postgerkarte 050205, 65929 Frankfurt/M. Erscheint vierzehntäglich bei GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H., Güntherstr. 6a, 22087 Hamburg. V.i.S.d.P.: Christiane Schneider. Redaktionsanschrift und Bestellungen: GNN-Verlag, Güntherstr. 6a, 22087 Hamburg, Tel.: (040)2204278, Fax: (040)2297419. Einzelpreis: 1,20 DM. Ein Halbjahnement kostet 28,60DM, ein Halbnement 39DM, Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stück 30% Rabatt, ab 50 Stück das Heft zu 0,75 DM, jeweils plus Versandkosten. Bei Bestellungen bitte Einmacht beifügen oder Überweisung auf das folgende Verlagskonto: Hamburger Sparkasse, BLZ 20050550, Konto-Nr. 1330/110055. - Herstellung und Drucklegung: GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H.Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehörigen-Info so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehändigt wird. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht perlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.Spendenkonto der Angehörigen: Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 60050101, Kt.-Nr. 5454194.