Eine Tat, um in burschenschaftlicher Tradition - seinen "Chef" Hoffmann zu rächen.

19. Dezember 1980, kurz vor 19 Uhr. In der Ebrardstr. 20 in Erlangen fallen 8 Schüsse aus einer Maschinenpistole vom Typ "Beretta". Aus nächster Nähe werden der jüdische Verleger und ehemalige Vorsitzende der israelitischen Gemeinde Nürnberg/Erlangen Shlomo Levin (69) und seine Lebensgefährtin Frieda Poeschke niedergestreckt. "Den Feststellungen zufolge ist der Täter nur zum Zwecke der Tötung in das Anwesen eingedrungen", heißt es damals im offiziellen Ermittlungsbericht.

Als Täter ermittelt die Polizei später Uwe Behrendt, ein Mitglied der im Januar 1980 verbotenen Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann. Behrendt kommt aus Pößneck/Thüringen, hat dort die Schule besucht und 1970 Abitur gemacht. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch und zwischenzeitlicher Haft wird er 1974 "freigekauft". In Tübingen beginnt er im WS 1974/75 sein Studium und schließt sich dem rechtsradikalen "Hochschulring Tübinger Studenten" (HFS) an. Über den HTS kommt er zur WSG Hoffmann, die damals durch bewaffnete Überfälle auf Buchhandlungen, linke Veranstaltungen usw. auf sich aufmerksam macht. Behrendt baut für Hoffmann die Organisation im Libanon auf. Unbotmäßige Mitglieder soll er dort regelrecht gefoltert haben.

Einem WSG-Kameraden, dem aus Hamburg stammenden Kay Uwe Bergmann, der in ein Uno-Krankenhaus zu entfliehen suchte, trat Behrendt mit dem Stiefel ins Gesicht, nachdem er auf dessen blanker Haut Trockenspiritus verbrannt und ihm den linken Arm ausgekugelt hatte. Behrendt soll später Selbstmord begangen haben.

Aber Behrendt war auch Burschenschafter! Neben der Schlägertruppe HTS hatte er Zeit für eine Mitgliedschaft in der Straßburger Burschenschaft Arminia. Er hat dort "zwei Mensuren gefochten und die Chargen des Fechtwartes und des Sprechers bekleidet", wie die Burschenschaftlichen Blätter verraten. Für die Wahlperiode 1976/77 war er Mitglied des Hochschulpolitischen Ausschusses (HpA) der DB. Der ist so etwas wie der ideologische Motor des Vereins. Mit ihm zusammen im HpA war Klaus Kunze von der Kölner Burschenschaft Germania, der ebenfalls aus der DDR kam und später 3 1/2 Jahre als Polizeibeamter in NRW aktiv war.

Kunze ist heute Rechtsanwalt in Uslar in Niedersachsen und Autor in rechtsradikalen Zeitschriften wir Junge Freiheit und Staatsbriefe. Über seinen Mitstreiter Behrendt , der wohl bereits als aktiver Bursche an Aktionen der Schlägertruppe HTS beteiligt war, der später dann zum mußmaßlichen Mörder und Folterer wurde, wird geschwiegen. Bis heute hat sich die DB nicht von ihrem Mitglied Uwe Behrendt distanziert. Wozu auch? Selbst der Spiegel vergaß in seinem Bericht Behrendts Mitgliedschaft in der DB. Und Backes und Jesse, die offiziösen Extremismus-Experten der BRD schlechthin, lassen in ihrem 1993 in 3. Auflage erschienen Standardwerk über politischen Extremismus den Namen des Levin-Mörders gleich ganz weg. Alle anderen rechtsextremistischen Täter aus der Zeit um 1980 werden dagegen namentlich benannt. Zufälle?

 

Quellen: Mit dem Rucksack, Spiegel Nr. 34/1984; (Hrsg.) Bürgerinitiative 5. März - Bürger beobachten Polizei und Justiz: Der Hoffmann Prozeß. Hintergründe Widersprüche offene Fragen, Nürnberg o. J.; Burschenschaftliche Blätter 1976, Uwe Backes, Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland, 3. völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn 1993