In Freiberg erwünscht:

Strammstehen für Deutschland - mit gezogenem Säbel!

Offener Brief des FreibÄrger mit Stillschweigen zur Kenntnis genommen.

Inzwischen haben alle Stadträte und Kreistagsabgeordnete im Landkreis Freiberg den offenen Brief des FreibÄrger erhalten. Die "Freie Presse" und die Universitätsspitze sind ebenso informiert. Der FreibÄrger hatte die gemeinsamen öffentlichen Auftritte von demokratisch gewählten PolitikerInnen mit rechtsextremen, antisemitischen Burschen der Burschenschaft "Glückauf" kritisiert und die Abgeordneten freundlich gebeten, diesen Tatbestand in ihren Parlamenten öffentlich zu diskutieren und zukünftig auf solche Auftritte zu verzichten. Die FreibÄrger-Redaktion hat nicht nur die ParlamentarierInnen, sondern noch tausend weitere Exemplare des offenen Briefs, der auch in der Nr. 8 abgedruckt war, unter den FreibürgerInnen zur Verteilung gebracht. Die meisten BürgerInnen waren entsetzt über das Verhalten von Oberbürgermeister Heinze und Bürgermeister Böttcher. Von den Parlamentsparteien kam keine Antwort. Vereinzelte Gerüchte lassen darauf schließen, dass das Thema von ihnen in Wahlkampfzeiten gemieden wird. Ein PDS-Vertreter erzählte sogar, dass soetwas nur in Bonn diskutiert werde. Herr Kuhr von der Lokalredaktion der "Freien Presse" fand das Thema nicht ergiebig, weil es keinen direkten Bezug zum NPD-Parteitag in Mulda habe. Deshalb ruht der offene Brief in seiner Schreibtischschublade. Einzig der Bürgermeister Wirtschaft, Soziales und Ordnung, Dr. Böttcher, antwortete in einem Schreiben an die FreibÄrger-Redaktion. Ein weiterer im FreibÄrger kritisierter Amtsträger, der Leiter des Tiefbauamtes, Holger Reuter, hat inzwischen seine Partei, die SPD verlassen und ist wohl ein großes Stück weiter nach rechts gerückt. Die Nähe seines "Förderverein(s) Kriegsgefallenendenkmal Freiberg/Sachsen e. V." zur Burschenschaft "Glückauf" ist hinreichend bekannt.

 

Die Böttcher Antwort: Ein krudes Bekenntnis zur Burschenschaft

Bürgermeister Böttcher (SPD) antwortete dem FreibÄrger ganz persönlich. Er war im November 1998 zum "Volkstrauertag" mit der "Glückauf" zum Gedenken an die Kriegsopfer angetreten und will es auch weiterhin tun. Allerdings sollen die Burschen ihre Säbel zuhause lassen (siehe Böttcher Brief). Die "Bewaffnung" scheint Herrn Dr. Böttcher zumindest diskussionswürdig. Das Heißt, er will mit den Burschenschaftern darüber reden, dass sie bei öffentlichen Auftritten, wie dem Volkstrauertag, auf ein Teil ihrer "Tradition" verzichten. Trotzdem vertritt der Bürgermeister die Auffassung, dass diese Symbole nicht Ausdruck einer politischen Gesinnung, sondern zur Pflege der Tradition von Burschenschaften gedacht seien. Er akzeptiert das offensichtlich und verteidigt - obwohl vermutlich nicht Mitglied einer Burschenschaft - die Traditionen als "progressiv" nämlich die Beseitigung der napoleonischen Fremdherrschaft und die unselige Kleinstaaterei. Ein wenig Kritik übt er an dem Zwiespalt zwischen konservativen und fortschrittlichen Kräften, wobei der konservative Charakter nach Böttchers Meinung überwog. Weil Hitler die Burschenschaften verbot, glaubt Bürgermeister Böttcher, dass die heutigen Burschenschaften nicht rechtsextremistisch sind. Ein ziemlich leichtfertiges Argument, mit dem der Bürgermeister unterschlägt, dass auch in Freiberg etliche Burschenschafter nahtlos und freiwillig in die nationalsozialistische Studentenorganisation wechselten. Glückauf-Bundesbruder Büttner wurde NSDStB-Vorsitzender und man war eifrig an der Hetze gegen jüdische Professoren beteiligt, denen später die Lehrerlaubnis entzogen wurde.

Der historische Rückblick von Dr. Böttcher ist ziemlich verklärt und einfältig. Natürlich war in der Entstehungsphase der "Burschenschaften" auch ein Hauch von Progressivität gemessen an dem, was die Reaktion bzw. bzw. der Feudalstaat sonst zu bieten hatte. Das ist längst Vergangenheit. Der heutige Blick auf die Geschichte der Studentenverbindungen zeigt aber doch, das diesen bezüglich der ideologischen Vorbereitung der nationalsozialistischen Machtergreifung an den Hochschulen eine entscheidende Rolle zufiel: die Ablehnung der demokratischen (Weimar) Republik, deutlich sichtbar durch die Teilnahme am Kapp-Putsch (1920) oder im "preußischen Verfassungskonflikt", der völkische Nationalismus, der rassistisch begründete Antisemitismus, die Agitationen gegen den Young-Plan und die Propagierung der "Kriegsschuld Lüge" beweisen - bei allen organisatorischen Differenzen zum Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und bei aller notwendigen Differenzierung bezüglich der einzelnen Korporationsverbände - eine insgesamt doch weitreichende Übereinstimmung mit den politischen Zielvorstellungen der Nationalsozialisten. Die Burschenschaften brachten den deutschen Faschismus nach oben. Deshalb wurden sie nach 1945 zurecht in Ost und West durch Verbote in ihren Aktivitäten eingeschränkt. In der Öffentlichkeit galten Studentenverbindungen, besonders die schlagenden Verbände lange Zeit als Horte Ewiggestriger. Rechtfertigende Geschichtsbetrachtungen, oftmals begleitet von Verdrängungs- und Verleugnungsprozessen, sowie ein unzeitgemäßes, da dem feudalistischen Obrigkeitsstaat entstammendes Brauchtum und einer modernen Gesellschaft widersprechende Organisationsprinzipien - besonders der Ausschluß von Frauen - bilden das Fundament für ein Gesellschafts- und Politikverständnis, das die Grenzen zum Konservatismus hinter sich läßt und faschistoides Denken und Handeln begünstigt. Darüber verliert der Freiberger Bürgermeister kein Wort. Im Gegenteil, er verharmlost durch Verschweigen die Brisanz seines eigenen politischen Handelns und fordert Toleranz gegenüber Andersdenkenden.

 

'Glückauf' dem neuen Faschismus?

Dem banalen und unbewiesenen Vorwurf, der FreibÄrger würde den faschistoiden Hintergrund der Burschenschaft "Glückauf" konstruieren fügen wir nun weitere Fakten hinzu, an die auch der Bürgermeister Böttcher nicht vorbei kann, damit er weiß, mit wem er sich zum Volkstrauertag gemein tut.

Ihre Allgemeinbildung beziehen die Glückauf-Burschen nicht aus den Vorlesungen und Seminaren der Bergakademie, sondern aus der regelmäßigen Lektüre von faschistoiden Blättern, die ihnen gönnerhafte Geldgeber kostenlos als Patenschafts-Abo ins Lindenhaus schicken. Im Fall der in Österreich erscheinenden Publikation "AULA" bedanken sich die Freiberger Burschen auch brav bei der Redaktion. Über die Zeitschrift AULA informiert das "Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus", "Der AULA-Verlag und vor allem die von ihm herausgegebene Zeitschrift AULA sind in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des rechtsextremen Spektrums Österreichs gerückt", kann mensch dort nachlesen, "und haben sowohl in politisch-organisatorischer Hinsicht als auch und noch stärker in politisch-weltanschaulichen Belangen eine zentrale Funktion erlangt, insbesondere als Brücke von der FPÖ zu allen außerparlamentarischen Strömungen des Rechtsextremismus und Deutschnationalismus bzw. auch zu einzelnen Vertretern des Rechtskonservatismus."

Über die inhaltliche Ausrichtung des Blattes heißt es dort: "Die AULA bedient sich immer wieder rassistischer Muster, speziell einer deutlich hierarchisch wertenden Sichtweise zwischen "Deutsch" und "Nicht-Deutsch". In der AULA werden darüber hinaus rassistische und fremdenfeindliche Publikationen beworben und vertrieben.

Die AULA versucht vielmehr, NS-Verbrechen zu relativieren und damit langfristig angeblich "positive" Seiten des Nationalsozialismus herauszustreichen. Auch wird versucht, die Ursachen für den Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht den Nationalsozialisten zu finden."

Ende 1994 bedankt sich Henrik Neumann im Namen der Burschenschaft Glück-auf für das kostenlose Abo. Der amtierende Fechtwart der Burschenschaft Holger Bunge belässt es nicht nur beim Dank, sondern betont auch die Bedeutung der Zeitschrift AULA für das Leben und die Bildung im Lindenhaus in der Beethovenstraße: "Die Freiberger Burschenschaft Glückauf würde sich sehr freuen, wenn wir Ihre Monatsschrift AULA auch in den nächsten Jahren weiterhin beziehen könnten. Ihre Zeitschrift wird von den Aktiven unserer Verbindung gern gelesen, weil in dieser Zeitschrift politische Themen angesprochen werden, welche man in der allgemeinen deutschen Tagespresse aus bekannten Gründen so nicht findet. Da sich unsere Verbindung erst 1990 gegründet hat, daher die Anzahl der Alten Herren noch sehr gering ist, ist es uns leider noch nicht möglich, die AULA selbst zu finanzieren.

Mit der Einstellung ihrer Belieferung würde für unsere Aktiven ein wichtiger Bestandteil unserer geschichtlichen und politischen Bildung wegfallen, was durch den Bezug anderer Zeitschriften in der Form nicht zu kompensieren ist." (Holger Bunge, Burschenschaft Glückauf, Freiberg, Sachsen, in: AULA 1/1997, S. 6)

Die Bildung aus Österreich langt den Burschen der Glückauf natürlich nicht. Sie bemühen sich auch um andere Geistesspenden. So kündigte die Zeitschrift "Mensch und Maß" für den 11. Juni 1998 einen "Einführungsvortrag in die Philosophie Mathilde Ludendorffs" im Haus der Burschenschaft Glückauf in Freiberg an. Wer sind die Ludendorffer? Laut übereinstimmender Meinung der maßgeblichen Fachliteratur sind die "Ludendorffer" und ihre Organisation der "Bund für Gotterkenntnis Ludendorff e.V." eine völkische, rassistische und antisemitische Gruppierung des rechtsextremen Spektrums. Sie gehen ideologisch und organisatorisch auf Erich (1865-1937) und Mathilde (1877-1966) Ludendorff zurück. Erich Ludendorff hat als General des 1. Weltkrieges das "Deutsche Reich" in eine Militärdiktatur verwandelt und in der Weimarer Republik zusammen mit Hitler am 9. 11. 1923 einen Putschversuch gestartet. Seine spätere organisatorische Trennung vom Nationalsozialismus (1926: Gründung des Tannenbergbundes) machte ihn nicht weniger faschistisch. Im Gegenteil: mit dem "Bund für Gotterkenntnis" schuf vor allem Mathilde Ludendorff eine pseudoreligiöse Legitimation für Rassenhaß und Antisemitismus. Ihre Ideologie scheint auch die Burschen der Glückauf anzusprechen. Nach ihrer auch im Internet angekündigten- "Reichsgründungskneipe zu Ehren des 18. Januar 1871" am 23.01.1999 zog ein Bursche der Glückauf durch Freiberg. Alkoholisiert und berauscht von der Reichsfeier oder sich absolut sicher fühlend, weil hunderte von Mitgliedern der NPD in der Stadt weilten, die im benachbarten Mulda ihren Bundesparteitag abhielten, gab er sein Liedgut zum besten "Wenn der Jud' durch die Gaskammer rast, gib Gas, gib Gas, gib Gas ... ." Da hilft keine Toleranz, Herr Bürgermeister!

kyu;ray