Sand im Getriebe?

Seit dem 175. Wartburgfest ist es, nicht zuletzt auch dank der AR - Aktivitäten, mit der selbstgefälligen Ruhe der Verbindungen vorbei. An vielen Universitäten wurden und werden die inhaltlichen und personellen Verknüpfungen von Bünden der DB mit dem rechten Lager thematisiert. Gleichwohl kam es auf dem Burschentag 1995 in Eisenach zu einer Selbstdarstellung, die zu einer "Kleinen Anfrage" der PDS im Bundestag führte.1

Dies war umso peinlicher, als die Bundesregierung wie in den Jahren vorher, einen Vertreter mit einer Grußbotschaft nach Eisenach entsandt hatte.2 In der Sporthalle "An der Katzenaue" taten sich besonders die österreichischen Burschenschaften hervor. Hauptstichworte waren "Wehrhaftigkeit", "Überfremdung" und "Großdeutschland."3

Das war Anlaß für Wolf Hepe (Makaria-Guestphaliae, Cherusciae)4 im Leitartikel des "Der Corpsstudent" (DC), 4/95 eine klare Abgrenzung der Corps von den Burschenschaften zu fordern: "Da alles, was Band und Mütze trägt, in einen Topf geworfen wird, müssen gerade die Corpsverbände eindeutig Stellung beziehen und sich von Positionen distanzieren, die nicht nur im Sprachgebrauch linker Gruppierungen als rechtsextrem eingestuft werden."5 Dazu sei auch bessere Öffentlichkeitsarbeit nötig. (Vorschußlorbeeren für ein "Bürgerfunk"projekt Siegener Corpsstudenten erwiesen sich als voreilig - siehe Dokumentation in diesem Heft.) Schwereres Geschütz fuhr Hepe gegen den Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) auf: "... die ehrenwerte im CDA versammelte Herrenrunde hat in puncto Abgrenzung bislang auch nicht das Geringste zuwege gebracht. ... Dabei wäre es höchste Zeit, den Burschenschaften deutlich zu machen, daß viele von ihnen auf einem Wege sind, den mitzugehen speziell die Corps sich nicht in der Lage sehen. Mit anderen Worten, eine weitere Zusammenarbeit im CDA wäre notfalls aufzukündigen. Ein Nutzen dieses Gremiums für die Corps ist ohnehin nicht erkennbar."6 Ob Hepes Forderungen reines Wortgeklingel ist, das den guten Willen der Corps unter Beweis stellen soll, bleibt abzuwarten.

Auffallend ist, daß ein Vertreter7 des CDA zwei Ausgaben später auf mehr als 2 Seiten zu Wort kommt. 8 Er argumentiert, daß mann den CDA schon deshalb nicht verlassen könne, weil man in ihm an führenden Stellen beteiligt war und ist. Allerdings sei dieser Einfluß wiederum keiner, weil CDA und Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) "... nicht den geringsten Einfluß auf das Innenleben ihrer Verbände und Korporationen nehmen dürfen..."9 Allerdings wäre es auch dumm mit einer Abgrenzungsforderung vorzupreschen, weil es von der Medienmeinung nicht honoriert würde.

Nach diesem Vorgeplänkel kann nach 1 1/2 Seiten den LeserInnen endlich des Pudels Kern präsentiert werden: Ein Antrag auf Abgrenzung wäre aussichtslos! "Gedanklich haben sich CDA und CDK bewußt dagegen gestemmt, sich durch allgemeine, meist unberechtigte Angriffe auf Korporationen und Verbände auseinanderdividieren und dadurch schwächen zu lassen." 10 So profilieren sich Mitläufer: Immer ein ganz entschiedenes Sowohl als Auch! Es folgt noch als Sahnehäubchen zur Legitimierung die "Neutrale Stellungnahme" einer Bundesregierung, die selber von Korporierten durchsetzt ist, inhaltlich auf den Satz reduziert: "Die Bundesregierung hält die DB für eine wichtige gesellschaftliche Gruppe."11

WIR AUCH ! -lisa-

1 BT-Drucksache 13/2019 vom 18. Juni 95
2 Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär des BM.f. Bildung Wissenschaft Forschung u.Technik
3 a.a.O. S. 1 ff.
4 Redakteur und Verantwortlicher i.S.d.P. der Verbandszeitung "Der Corpsstudent"
5 DC 4/95 S. 163
6 ebenda
7 Dr. Herbert Neupert, Transrhenaniae EM, Ratisboniae, Budissae (f.d. Verband der Studentenwohnheime)
8 DC 2/96 S. 84 ff.
9 a.a.O. S. 85
10 ebenda
11 BT-Drucksache 13/2019 S. 5

Neues aus dem Coburger Convent

Gelegentlich fällt es den in den CC-Blättern herumschwadronierenden Bundesbrüdern etwas schwer, ihre wenigen Gedanken in passende Worte zu kleiden - verständlich, nachdem sie es wegen der teilweise sogar recht heftigen öffentlichen Reaktionen auf das Coburger Pfingsttreffen '93 ein wenig mit der Angst zu tun bekommen haben.

Damals soll einer der Festredner ein bißchen zuviel Schaum vor dem Mund gehabt und kurzerhand die Verdienste der Solinger Brandstifter um die "Freiheit des Vaterlandes" gerühmt haben. Um so besser für die verunsicherten CCler, daß sich gelegentlich auch ihre österreichischen (oder besser: ostmärkischen?) Bundesbrüder zu Wort melden. Frisch, fromm fröhlich und frei von allen "zeitgeistlichen" Hemmungen posaunen sie ihre rechtsrechts - kampfdeutsche Gesinnung heraus - wie z. B. die "Grenzlandsmannschaft" (!!!) Cimbria zu Wien im CC, die in der Märzausgabe '96 der CC-Blätter ihr 125. Stiftungsfest bekanntgibt.

Zunächst erfährt der Leser, daß die vier Vorläufer der Cimbria (Balthia, Rabenstein, Hercynia und Normandia) nach dem 2. Weltkrieg fusionieren mußten, da "zu viele ihrer Mitglieder ihr Leben auf dem Feld der Ehre (!) lassen mußten". Sodann rühmt der Autor des Artikels, Herbert Rauch, "die konsequent konservative Ausrichtung der Traditionsbünde" und deren ebenso konsequente Fortführung in der Cimbria, "Worauf wir stolz sind!" Weiter ist zu lesen, daß ein Freundschaftsverhältnis mit der "liebbefreundeten L!*Mecklenburgia Rostock zu Hamburg im CC" beschlossen wurde; offenbar ein lohnendes Beobachtungsobjekt für eine werfende Verbindung wie Anarcho Randalia!

In der Folge wird ein wenig Geschichte auf-gerollt: die Bewaffnung der Wiener Korporationsstudenten im Jahre 1848 gegen "das System Metternichs" und deren Kampfruf "Das ganze Deutschland soll es sein!"; "bis Ende Oktober Fürst Windischgrätz mit seinen Truppen der Revolution ein Ende setzte." Aber: "Das Deutschbewußtsein (...) blieb(en) als Erfolg der Wiener Akademischen Legion durch ihren Kampfeswillen erhalten!" Jörg Haider, FPÖ-Vorsitzender und Mitglied der Burschenschaft Silvania-Wien, läßt grüßen: auch für ihn ist die "österreichische Nation eine Mißgeburt". Kein Problem für Herbert Rauch - er sprudelt munter weiter:

"Die Aktivenrede am Kommers hielt iaB** PETER NECESANY zum Thema 'Mein Credo - mein Glaube als Cimber'(!). Er führte unter anderem aus: Durch ihre Anzahl und ihre Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, haben in unserem Bund die in den Dreißiger Jahren aktiv gewesenen Bundesbrüder überragende Bedeutung bis weit in die Achtziger Jahre gehabt:" Will sagen: die faschistischen Korporationsstudenten, die wesentlich am gewaltsamen Sturz der österreichischen Regierung, an der Ermordung des Bundeskanzlers Dollfuß und am darauffolgenden Anschluß Österreichs an das faschistische Deutsche Reich beteiligt waren, haben bis in die Achtziger Jahre hinein die Verbandspolitik in Österreich entscheidend mitbestimmt. Ist Herbert Rauch doof oder derart von faschistischem Gedankengut durchdrungen, daß ihm die öffentliche Bekanntgabe solcher Fakten völlig unproblematisch erscheint?

Vielleicht gibt folgendes Zitat aus Peter Necesanys Rede Auskunft: "Ich glaube und bin überzeugt davon, daß in der Grenzlandsmannschaft Cimbria die Grundsätze des Waffenstudententums bewahrt und hochgehalten werden. (...) die Freundschaft (...) mit Bünden, die ähnliche Auffassungen von Waffenstudententum haben (...) und auch nicht herumfeilschen, ob die erste, dritte oder vielleicht doch alle Strophen des Deutschlandliedes gesungen werden dürfen."

Österreichische Korporationsstudenten singen das Deutschlandlied und träumen wieder vom einig Reich zwischen Maas (Niederlande), Memel (Litauen), Etsch (Italien) und Belt (Dänemark): Nein, Herbert Rauch fällt hier nichts auf, das ist alles normal und selbstverständlich. Der CC ist "tolerant" - gegenüber faschistischem Gedankengut.

Dire
* Landsmannschaft
** inaktivierter Bursch; ist von offiziellen Veranstaltungen freigestellt

Bedeutende korporierte Nazis in Österreich

Von 12 österreichischen SS-Obergruppenführern waren 4 korporiert:
In der steirischen Landesregierung von 1938 - 1945 sind von 8 Mitgliedern 5 Waffenstudenten, darunter:

Antifa AG GH Siegen: Glockenläuten in Marburg

In der Zeit vom 6. bis zum 9. Juni '96 hat der CV (Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen) seine 110. Cartellversammlung in Marburg und Gießen durchgeführt.

Er ist mit mehr als 32 000 deutschen Männern der größte deutsche Korporationsverband. Das bundesweite Treffen der patriarchalen Männerbünde hat neben dem Ausbau von Seilschaften auch das Ziel, ihre bürgerlich reaktionären Wertevorstellungen zu definieren und zu stabilisieren. Dadurch, daß alte Herren des CV viele Schlüsselpositionen in der Politik und der Wirtschaft besetzen, reproduzieren sie die bestehenden Macht- und Herrschaftsstrukturen und bilden die Speerspitze der Reaktion.

Der Fuldaer Erzbischof und CVler Johannes Dyba, der sich mit seinen moralischen Positionen einen Namen als 'Flammenschwert Gottes' gemacht hat, sollte den Eröffnungsgottesdienst gestalten. Er hat als Militärbischof schon 1991 out-of-area-Einsätze der Bundeswehr gefordert, bezeichnet die Grünen als Kommunisten mit antichristlichem Programm, tituliert Abtreibung als Kinder-Holocaust, beschreibt Homosexualität als wider-natürliche Unzucht, sieht Aids als Strafe Gottes... Um diese Aktivitäten zu bremsen, hatte ein breites Bündnis am 6. 6. 96 zu einer Gegenkundgebung vor dem Veranstaltungsort des CV geladen. Bei zwei Reden wurde zu den inhaltlichen Punkten Stellung genommen.

Der Charakter der Protestveranstaltung hatte aber einen anderen Schwerpunkt. So laut und provokativ, wie Dyba tagelang bundesweit Kirchenglocken gegen den "Kinder-Holocaust" läuten läßt, waren auch die Proteste gegen den CV und ihn. Während ein Teil der 300 bis 400 KundgebungsteilnehmerInnen die klassischen Mittel wie Fahnen und Trillerpfeifen einsetzten, wendeten andere verschiedene kunterbunte Aktionsformen an. Dabei wurde Dybas Vorwurf der 'gottlosen Generation' und die unterstellten Perversitäten voll und ganz bestätigt. Durch die Segnung mit blutrotem Weihwasser und die Überwältigende Präsenz von mit blutigen Tampons werfenden Nonnen wurden sowohl die Korporierten als auch die filmende Zunft der Grünweißen beeindruckt. Während der ganzen Veranstaltung waren nur wenige CVler zu sehen. Ob die Gründe dafür eher Einschüchterung und Verängstigung oder Ekel und Abscheu waren, blieb ungeklärt. Sie unternahmen nicht einmal den Versuch, in die nahe gelegene Kirche zu gelangen, so daß Dyba dort auch keinen Gottesdienst abhielt.

Nach dem Abschluß der Gegenkundgebung formierte sich spontan ein Demozug durch Marburg. Der Zug wurde angeführt von einer Prozession von als Nonnen und Mönche getarnter radikaler AntichristInnen, einem Messias mit Kreuz, gefolgt von Schweinsnasen, TeufelInnen und Tunten. Ziel war das Rathaus, in welches der Oberbürgermeister am Abend zu einem Empfang für die CVler eingeladen hatte. Fast alle DemonstrantInnen wollten am Marktplatz vor dem Rathaus die Korporierten in Empfang nehmen. In der Wartezeit von fast zwei Stunden wurde der Markt zum Schauplatz einer sakralperversen Performance, lauter Musikbeschallung und politischer Agitation. Die tragisch veranlagte AStA-Vorsitzende Beverly Boyer (Hausfrau) von der schwulen Liste beneidete Dyba darum, daß er auch zur Arbeit im Fummel erscheinen darf. Weiter bat sie ihn um strafende Konsequenz in Wort und Tat, um lustvoll gepeinigt und gegeißelt zu werden. Die gottlosen Radikalen brachten den Messias in ihre Gewalt, kreuzigten ihn zur Vergebung ihrer Sünden, damit sie auch weiterhin kraftvoll pervers leben können. Mit einem dreifach-zackigen 'Jesus fickt' wurde sich für die Opferbereitschaft des Heilands bedankt.

Zum Zeitpunkt, zu dem die Korporierten erwartet wurden, besetzten die DemonstrantInnen die Eingänge des Rathauses. Die Belagerung konnte, während sich die Polizei im Hintergrund hielt, so lange aufrecht erhalten werden, bis der Empfang abgesagt war. Dadurch, daß die Korporierten sich den ganzen Tag in der Stadthalle einigelten, war das Stadtbild an diesem Tag nur von den DemonstrantInnen geprägt. Wut, Trauer und Betroffenheit zeigte sich bei einigen MarburgerInnen vor allem darüber, daß sie ihren feiertäglichen Gottesdienst, immer dann, wenn Dyba kommt, nicht in gewohnter Weise zelebrieren können. Der wiederum feierte die Messe im vertrauten Kreis der CVler und forderte die Korporierten auf, für die Verirrten da draußen zu beten.


Aus dem Schatzkästchen waffenstudentischen Brauchtums

Der "Codex - Grundsätze für Freiwillig vereinbarte Fechtfolgen" (FvF) ...

von Henner Huhle (Eigenverlag, Köln 1993) ist, obwohl ein Schätzchen der Verschleierungstaktik an Kürze kaum noch zu überbieten. Preis für 25 Seiten 25,00 DM.

Schon das übersichtliche Vorwort läßt über den Standpunkt des Schreibers keine Unklarheiten aufkommen: "Der Preis der Freiheit (n.d. 2. Weltkrieg) ist aber, daß Werte, die über Jahrhunderte a priori als stabilisierend galten, durch Demokratisierung und einer damit einhergehenden Liberalisierung immer mehr verloren gingen. Elite und Ehre sind solche Werte." (a.a.O. S. 1) Vollmundig wird eingeräumt, daß auch in Gemeinschaften, die "die Ehre" hochhalten Meinungsverschiedenheiten an der Tagesordnung seien. "Da das Gemeinsame und Bindende die Mensur ist, liegt es nahe, daß die Mensur auch dazu verwendet wird, um diese Unstimmigkeiten wieder aus der Welt zu schaffen." (ebenda)

Damit ist klar, daß nicht von Fechtsport, sondern von Duell die Rede ist. D.h. es geht um die Wiederherstellung einer "Ehre" durch überwindung des Gegners mit der Waffe. Keine Frage, daß das dem Schreiber auch auffällt und er deshalb nachschiebt: "Die Mensur - das ritterliche Waffenspiel - bei dem es keinen Gewinner oder Verlierer gibt, wo nur die Bewertung der eigenen Bundes- bzw. Corpsbrüder das Maß aller Dinge ist, war und wird niemals als Duellersatz anzusehen sein."

Unter Punkt "2. Waffenstudentische Ehrenangelegenheiten" gehts dann ans Eingemachte: "Ehrenangelegenheiten sind solche, bei denen sich ein Beteiligter durch einen anderen in seiner Ehre verletzt sieht; sich als beleidigt fühlt." (a.a.O. S.3/2.) Die Genugtuung teilt sich in: "Unbedingte Satisfaktion: Derjenige, der beleidigt worden ist, ist gezwungen, von dem Beleidiger Satisfaktion zu verlangen. Er hat nicht die Möglichkeit, hieraus nach freiem Ermessen zu verzichten. Bedingte Satisfaktion: Derjenige, dem von einem anderen vorgeworfen wird, er habe beleidigt, muß diesem Genugtuung geben. ..." (a.a.O. S.4/2.3. u. 2.4.) Es folgen Ausführungen, wie ein gewaltsames Austragen des Streites mit der Waffe abgewendet werden kann. Dabei gibt es die einfache Einigung über Vertreter oder die Entscheidung über ein "Ehrengericht." (a.a.O. S. 4 ff.)

In der Präambel wird es dann interessant. Unter den Voraussetzungen für FvF wird u.a. behauptet: "Nach allem steht die Freiwilligkeit der Fechtfolgen und die Unmöglichkeit, sie zur Austragung eines Ehrenstreites zu nützen außer Zweifel." (a.a.O. S. 9)

Um dann im nächsten Abschnitt Unter "4. FvF - A. Allgemeines" zu verkünden: "§ 2 FvF dürfen nicht angetragen werden 1. zur Austragung von Ehrenstreitigkeiten. 2. von oder gegenüber einer Korporation, wenn in der gleichen Angelegenheit eine der beiden Partien den in der Schiedsgerichtsordnung vorgesehenen Weg gewählt hat."

An diesen beiden Sätzen läßt sich nachvollziehen, wozu die rhetorischen Bocksprünge durchgeführt wurden. Wenn ich mit FvF keine Ehrenstreitigkeiten austragen darf, wie kommt es dazu daß FvF hier eindeutig als Alternative zu einer Einigung ohne Waffen genannt wird? Die nachfolgende Ausführung der Formalia, Zustellung mit Einschreiben z. B. deuten auch wirklich auf freundschaftliche Begegnung hin ... Interessanter wird es dann wieder unter "Begriffserklärungen"

Im Fremdwörterduden kann nachgelesen werden, daß Kontrahage eine "Verabredung zu einem Zweikampf, Duell" ist. Laut Huhle ist PPS synonym mit Hatz in Österreich und eine Hatz-Forderung wiederum eine Kontrahage in Österreich. (vgl S. 18/19 a.a.O.) Liebe LeserInnen, dreimal dürft Ihr raten, warum FvF in der gleichen Reihe steht.

- lisa-


Reichsleiter Dr. Robert Ley, Führer der "Deutschen Arbeits-Front"

Robert Ley wird am 15. Februar in Niederbreidenbach (Rheinland) als Sohn eines wohlhabenden Bauern geboren. Er studiert in Jena, Bonn und Münster Chemie. In Jena wird er Mitglied der Sängerschaft St. Pauli Jena in der Deutschen Sängerschaft. Die Deutsche Sängerschaft gehört als farbentragende Verbindung zu den studentischen Korporationen, in denen der Grundsatz unbedingter Genugtuung mit der Waffe gilt (wie sie Heinrich Mann in "Der Untertan" so treffend beschreibt). Er nimmt am 1. Weltkrieg als Flieger teil und wird 1917 abgeschossen.

1920 kehrt er aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück und erhält bei den IG Farbenfabriken in Leverkusen eine Anstellung, die er 1928 wohl wegen seiner allzu großen Vorliebe für den Alkohol verliert. Ley tritt 1924 in die NSDAP ein, 1925 wird er von Hitler mit der Leitung des Gaues Rheinland-Süd beauftragt. Er war in der Frühzeit der "Bewegung" häufig in Straßenschlachten verwickelt. Daß von ihm herausgegebene Parteiblatt "Westdeutscher Beobachter" war bekannt für gehässige antisemitische Kampagnen gegen das "jüdische Kapital". Im November 1932 wird er als Nachfolger von Gregor Strasser zum Reichsorganisationsleiter ernannt und gehört damit zur Führungsspitze der NSDAP. Ley ist maßgeblich an der Zerschlagung der Freien Gewerkschaften im Frühjahr 1933 beteiligt. Es gelingt ihm, das Vermögen der Gewerkschaften zu rauben und in die von ihm geleitete "Deutsche Arbeitsfront" (DAF) zu überführen.

Die DAF wird zur größten Massenorganisation im Faschismus, über 25 Millionen Zwangsmitglieder zahlen "Beiträge", die oft direkt von der Lohn- oder Gehaltszahlung abgezogen werden. Den Profit aus allen Unternehmen der DAF, (z. B. die "Kraft durch Freunde"-Aktionen) streicht Ley ein. Sein größter Coup wird das KdF-Projekt "Volkswagen". Nach der Propaganda Ley's und der DAF sollte das Projekt den "einfachen deutschen Arbeiter" durch wöchentliches Ansparen von 5 Reichsmark später zum Eigentümer eines VW-Käfers werden lassen. Die Sparer haben weder ein Auto erhalten (die wurden für die Wehrmacht zur Kriegsführung geplant und produziert), noch nach dem 2. Weltkrieg in der AdenauerRepublik auch nur eine Mark ihrer Spargroschen wiedergesehen. Daß der Volkswagen nicht für den "Volksgenossen" gebaut wurde, beweist bereits die von Ley selber durchgeführte Kalkulation. Danach wäre bei einer monatlichen Fahrtleistung von 1000 Kilometern ein Mindestaufwand von 50-60 Reichsmark für Abschreibung, Benzin, Reperaturen etc. angefallen. Der Volkswagen hätte die Hälfte des Einkommens eines Facharbeiters in der Industrie aufgefressen. Der Volkswagen war für den "Volksgenossen" unerschwinglich.

In der NSDAP stellte Ley wegen seines Alkoholismus keine unantastbare Autorität dar. Sicherlich ein altes Leiden, das aus seiner Zeit als Korporierter bei der Sängerschaft St. Pauli Jena stammte. Hitler selbst soll eingegriffen und ihm den Alkoholgenuß untersagt.

Seine erste Frau ließ er samt Töchterchen in Bonn sitzen und ließ sich "auf einfache Weise" von ihr scheiden. Seiner um einige Jahre jüngeren zweiten Frau ließ er eine mondäne Villa in Berlin in der Herthastr. am Grunewald errichten. Im Verlauf des Krieges zerbrach auch dieses "Eheglück". Eine dritte Ehe wurde geschlossen. Für seine Herkunftsfamilie aus dem Bergischen ließ er einen schönen Erbhof herrichten, die laufenden Einnahmen aus der DAF und Parteifunktionen machten es möglich.

Der eigene Lebenswandel hinderte ihn nicht daran, seinen anvertrauten "Volksgenossen" Enthaltsamkeit zu predigen. So hat er z. B. auf einer Besprechung mit Vertretern der Eisenindustrie am 27. März 1944 seine Zuhörer ermahnt, daran zu denken, daß kein Betriebsführer oder Betriebsobmann besser essen und trinken solle, als die Allgemeinheit der "Volksgenossen". Danach ließ er etwa 150 Beteiligte an der Besprechung mit einer Erbsensuppe mit Würstchen (mit Markenabgabe natürlich) versorgen, zog sich mit ein paar "Goldfasanen" der Partei in einen blumengeschmückten kleinen Saal zurück und ließ es sich mit dem Gauleiter Simon an einer festlichen Tafel munden.

So verlogen, wie seine Auftritte, und schäbig war auch sein Abgang. In Berchtesgaden versuchte er, vor den anrückenden Amerikanern in die Berge zu fliehen. Das ist ihm nicht gelungen. Am 25. Oktober 1945 beging er in seiner Nürnberger Gefängniszelle Selbstmord.

In allen Aufzählungen Korporierter, in denen sie "Prominente" aus ihren Reihen präsentieren, fehlt dieser ausgewiesene Antisemit und Betrüger. Warum nur?

Dr. Robert Ley in: Der Aufbau. Kostenloses Schulungsund Mitteilungsblatt für Handwerk, Handel und Gewerbe in der Deutschen Arbeitsfront. Heft 14, 28. April 1934, S. 9

Peter
Verwendete Quellen:
Heinrich Emmendörfer. Das Buch Trotzdem. Bilanz aus >1000< Jahren. Regensburg 1971.
Martin Pabst: Couleur und Braunhemd. Deutsche Studenten in der Weimarer Republik und im "Dritten Reich", München 1993.
Robert Wistrich. Wer war wer im Dritten Reich. München 1983

Militante Neo-Nazis und Burschenschafter... Maisingen 96 So unpolitisch wie noch nie?

Schon im Vorfeld des diesjährigen Heidelberger Maiansingens wurde von RNZ (Rhein Neckar Zeitung) und Burschenschaften die "rechte" Stimmung gegen autonome antifaschistische Proteste gemacht. Was da heraufbeschworen wurde, klingt wie folgt: RNZ 30.04.'96
Seit Jahren kommen antifaschistische und fortschrittlich denkende Menschen in der Nacht zum 1. Mai auf den Marktplatz, um zu zeigen, was sie von der "Begrüßung der Stadt Heidelberg durch ihre Farbenstudenten" halten. "Der Mai ist gekommen" und die Nationalhymne in allen drei Strophen (die ausdrücklich von Burschenschaften gutgeheißen werden), gingen in gellenden Pfeifkonzerten unter. So trauten sich immer weniger Burschen offen zu singen, konnten sie sich doch, anscheinend trotz immer größerem Schutzaufgebotes der Polizei, nicht ihres Lebens und ihres "Lamettas" sicher sein.

Im vergangenen Jahr wurde das Maisingen erstmals von der Burschenschaft Normannia ausgerichtet, die TeilnehmerInnenzahl belief sich auf ganze 15-20 Personen. Aufgrund der Absage der Burschenschaft Allemannia, die in den Jahren zuvor das Maisingen organisiert hatte, schien sich das rechte Profilierungsfeld für die ultrarechte B! Normannia aufzutun. Erst jüngst fanden sich Anzeigen der Normannia im Anzeigenteil der Junge Freiheit (JF) in denen die "..nationale Studentenverbindung.." um neue deutsche Mitglieder wirbt. Einige Normannen dürften ja größere Polizeiaufgebote und abgeschirmte DemonstrantInnen von rechten Aufmärschen und Treffen der Republikaner, an denen sie teilgenommen haben, gewohnt sein. Auch die Tatsache, das einige Normannen im vergangenen Jahr den Heimweg mit erheblichen Blessuren und Verbeulungen antreten durften, hielt sie diesmal nicht davon ab, erneut zu mobilisieren.

Was sich dann gegen 23.45 Uhr am 30. April 96 vom Haus der Normannen am Schloßberg auf den Weg machte, entlarvt die 100 jährige Tradition als braunes Spektakel. Mitglieder der "Deutschen Gildenschaften", deren prominentestes Mitglied Ernst Anrich bereits in der NSDAP unter Himmler, Heydrich und Frank zu Ehren kam, befanden sich darunter. Mitglieder der Freiburger Gilde "Balmung" bekleideten 1991 die Rolle des örtlichen Sprechers (Martin Schmidt) und des Chefredakteurs der ultrarechten Wochenzeitung JF (Dieter Stein), zudem ehemaliger Funktionär der REP-Abspaltung "Freiheitliche Volkspartei". Weiter im Verbund auf dem Weg zum Platz vor dem Rathaus und Heiliggeistkirche, zahlreiche Mitglieder der Burschenschaft Normannia, die unter anderem Mitglieder der Republikaner, der "letzten Ortsgruppen der NSDAP .." und der Europa Burschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg zu den Ihren zählen dürfen.

Die Tradition dieser Verbindung zieht in den letzten zwanzig Jahren ein braune Schleimspur durch die Heidelberger StudentInnenschaft. Als Kontaktadresse des NHB in den siebziger Jahren, über Kontakte zu rechtsextremen Gruppierungen wie den REP, der Gruppe "LUST" und "FORUM 90" und zuletzt mit der Liste "Freiheit der Andersdenkenden" zur Heidelberger Studi-Parlamentswahl 1995. Der bekannteste Rechte aus Kreisen der Normannia dürfte W. Unold sein, der unter Anderem für die REP zur Gemeinderatswahl 1994 kandidierte, und gute Kontakte zu "Größen" wie M. Dangel und zu Kreisen um die JF unterhält.

Neben vereinzelten Mitgliedern anderer Burschenschaften und Verbindungen fiel noch eine größere Gruppe junger Neo-Nazis auf, teilweise offensichtlich Skinheads. Unter ihnen u.a. Andreas Gängel aus Karlsbad bei Bruchsal und Bernd Wolf (besser bekannt als SS-Bernd) und dessen Freundin. Andreas Gängel kann getrost als Schnittstelle zwischen rechtsradikaler Skinheadszene und organisiertem militanten Neofaschismus für die Region Rhein/Neckar bis in den Kraichgau und in die Pfalz bezeichnet werden. Der von ihm betriebenene "Endsieg-Versand" belieferte Anfang der 90er die Naziszene bundesweit mit Totschlagmusik von Störkraft über Tonstörung bis hin zu Frank Rennicke. Neben seiner Mitgliedschaft in der 1992 verbotenen Nationalistischen Front (NF) trieb er zu dieser Zeit die Erstellung der rechten Terror-Fahndungsliste "Der Einblick" voran. Er war es, der die gedruckten Broschüren mit über 250 Namen von AntifaschistInnen, JournalistInnen und Linken, die zum "Abschuß" freigegeben wurden, druckfrisch in der Druckerei des Altnazis E. Hefendehl in Roding abholte. Gängel saß auf der Anklagebank im anschließenden "Einblick-Prozess", sein Fahrer bei diesem Prozess (Gängel hat keinen "Führer"schein), vermutlich Jürgen Ludwig aus Karlsdorf bei Bruchsal, befand sich ebenfalls unter den Maisängern.

Jürgen Ludwig übernahm den Endsieg-Versand von Gängel. Zahlreiche Hausdurchsuchungen und Verfahren hatten den braunen Handel vorrübergehend eingeschränkt. Der von Ludwig geführte "V 88 Versand" versuchte als Nachfolger jedoch den breiten NaziKundenkreis weiterhin dem Motto getreu: "Der Kampf geht weiter! Bis zum Tod!" (J. Ludwig in einem Interview im Fanzine "Hass Attacke") mit T-Shirts, Platten, CD's und Videoaufnahmen von ultrerechten Skinheads und Aufmärschen zu versorgen. Bernd Wolf ist stadtbekannter Nazi-Skinhead mit Kontakten zu Mitgliedern von Wehrsportgruppen und mehrfach wegen Straftaten mit rechtsextremen und antisemitischen Hintergrund verurteilt. "

Dieser, ca 40-50 Personen umfassende Braune Haufen, darunter sehr viele junge Frauen fand sich dann auch dieses Jahr zum "unpolitischen Maisingen" auf dem Marktplatz ein. Anscheinend legen die Burschenschafter großen Wert auf einen "offenen" Charakter, sind doch in der Regel Frauen bei ihnen ausgeschlossen und werden als "Zierrat" gehandelt. Unter der Begleitung von zwei Gittarrenspielern wurden unverfängliche Liedchen wie "Der Mai ist gekommen" oder "Die Gedanken sind frei" geträllert.

Wo einige mit ihren Gedanken waren offenbarte sich am Rande der Sänger: Protestierende AntifaschistInnen wurden aus dem Kreis der Burschen und Skins attackiert, Fotographen massiv angegriffen. Als sich die Angreifer mit Kopfweh und Beulen zurückzogen, sahen sich sogar die Bullen gezwungen die abtickenden Faschos im Zaum zu halten. Vereinzelt fliegende Böller, abhanden gekommene Burschenutensilien und Arschtritte riefen immer wieder die Bullen auf den Plan. Ein Antifa wurde vorübergehend festgenommen.

Schon in den vergangenen Jahren bestimmte ein massives Polizeiaufgebot, ein ausgeleuchteter Marktplatz und mehrere Videokameras auf dem Balkon des Rathauses das Bild des 30. April. Das diesjährige Spektakel ging vergleichsweise ruhig über die Bühne, nur vereinzelt kam es zu Jagdszenen und flüchtenden Antifas. Im Verlauf des weiteren Abends wurde der Kreis um Gängel und B. Wolf in einer Seitenstraße gesichtet. Die Nazis flüchteten unter Prügel Hals über Kopf in eine nahegelege Kneipe, flogen dort jedoch blitzschnell wieder raus und schafften nur mit einiger Mühe ohne weitere Prügel zu beziehen, den Weg zum Taxi, mit welchem sie fluchtartig die Altstadt verließen.

Ein aufschlussreicher Artikel von Kurt Wolf findet sich in der JF vom 10.05.96. Wortreich hetzt er gegen die antifaschistischen DemonstrantInnen, die sogar versucht hätten in den Garten der Normannia einzudringen. "Armselig in Wortschatz und Zukunft; der Lauf der Zeit hat ihre kranken Konzepte zerrieben, Marx und Lenin sind tot..". Was die Polemik und Aufmachung angeht, ist der Artikel gut auf die national-braune LeserInnenschaft abgestimmt. Wie isoliert die Burschenschaften in Heidelberg sind, zeigt, daß laut JF vom 10. Mai. 96 sogar OB Beate Weber die antifaschistischen Proteste unterstützt. Immerhin ist der Autor relativ gut über die Geschehnisse der letzten Jahre informiert, offensichtlich werden in Kreisen der Heidelberger Burschenschaften auch linke Flugis aufmerksam gelesen. Der selbe Text kursiert auch im rechtextremen Computernetz "Thule".

Autonome Antifa Heidelberg, die im Zusammenhang mit dem Maiansingen eine Materialsammlung erstellt hat, die gegen 2,- DM beim IL-Moskito, Alte Bergheimerstr. 7a, 69115 Heidelberg bezogen werden kann.


"Deutsche Burschenschaft" (DB)

Die DB umfaßte vor der Spaltung 120 schlagende Korporationen mit 18 000 Mitgliedern, von denen etwa 15 000 Alte Herren waren. "Man rechnet damit, daß etwa die Hälfte der 120 Burschenschaften auf die liberale Linie einschwenken wird." (DC: 1/96, S. 3) Das würde bedeuten, daß immerhin 9 000 "Akademiker", die nicht selten an den Schaltstellen der Macht sitzen, nationalistische bis faschistische Inhalte vertreten. -lisa-

Neue Deutsche Burschenschaft

Seit dem 13.1.96 gibt es einen neuen Dachverband schlagender Verbindungen, in dem sich unter diesem Namen 15 Bünde mit 2 200 Mitgliedern bei der Gründungsveranstaltung in Hannover zusammengeschlossen haben. (DC: 1/96, S. 23) Das "Neue" beinhaltet Aufnahme von "ausländischen Kommilitonen und Zivildienstleistenden", sowie die Absage an "die Wiederherstellung(en) eines großdeutschen Reiches unter Einschluß Österreichs." (DC: 1/96, S. 3) So "Neu", daß Frauen aufgenommen werden, ist die NDB wiederum nicht! -lisa-


Antifa-AG GH Siegen: Vorsicht Radio!

Der Corps Marcomannia Breslau zu Köln und Siegen plakatiert seit 1992 an der Gesamthochschule Siegen, was das Zeug hält und wirft mit Flugblättern nur so um sich. Da diese Selbstdarstellungen und Einladungen zur Werbung neuer Mitglieder dienen, sind dabei 'Freunde' und 'Toleranz' die am häufigsten gebrauchten Wörter. Doch auch bei mündlichen und schriftlichen Anfragen berichteten sie nichts zu inhaltlichen Positionen und Zielen, geschweige denn zu der üblichen Kritik. Um so erfreulicher war es, daß sie im Rahmen des Bürgerfunks im Oktober 95 bei Radio Siegen ein wenig Licht in das Dunkel der schlagendenen Männerbünde brachten. Hier nun einige Auszüge aus der wörtlichen Abschrift der Sendung.

'Meinen Gruß zuvor!' Die Sendung entstand in Zusammenarbeit mit den Corps Baltica-Borussia Danzig zu Bielefeld und Rheno-Guestphalia zu Münster.

Thema Verbindungen und Seilschaften

Peter Plewa: Herr Wenzel, es wird aber oft gesagt, daß es Kontakte zur Industrie gibt. Haben Sie bereits schon einen Job?
Robert Wenzel: Nein, ich bin Student, BWL, drittes Semester, und knüpfe zwar einige Kontakte, aber einen festen Job habe ich sicherlich noch nicht, in erster Linie kommt es natürlich auf ein gutes Diplom an, ohne dem überhaupt nichts geht. Aber zum Einstieg, z. B. ein Praktikum oder dergleichen, da kann einem schon ein Corpsbruder helfen.

Thema Verbindungen und Frauen

P.: Herr Gerstein, warum herscht die Meinung, daß die Verbindungen frauenfeindlich sind und nur 6 mal im Jahr eingeladen werden? (Anm. d. R.: die Frauen)
Klaus Gerstein: Weil der Begriff Sex so in ist. überall wird der Sex heraus gehängt und wird den Leuten angehängt. Die Korporation, auf deutsch kurz Verbindung genannt, ist doch eine ganz alte Einrichtung, eine uralte Erscheinung im menschlichen Leben. Es gibt in der frühen antiken Geschichte schon die Erscheinung der Männergesellschaft. Es gibt das Symposion, das um Sokrates angesiedelt ist und bekannt ist, ..., als eine Vereinigung von geistig denkenden Menschen, von Menschen, die sich bemühen, sich selbst zu finden. Und diese Gemeinschaft, das ist die Korporation; ...
P.: Sind diese Ideale denn nicht antiquiert?
G.: Sie sind immer wieder modern, sie sind immer wieder neu, weil sie immer wieder von jungen Menschen gelebt und auf dem Erlebnis durchgestanden und auch durchgelitten werden müssen und wenn ein junger Mensch diese Schule des Lebens durchgemacht hat, wird er Zeit seines Lebens ... sich freuen darüber, ...
P.: Herr Wenzel, wäre es nicht schöner, Corpsschwestern zu haben, die auch das Band tragen, die mit in einer Verbindung drin sind, wäre das nicht entspannter?
W.: Sicher ist das eine überlegung, nur prinzipiell ist es erst einmal interessant, nur einmal unter Gleichgesinnten, nur unter sich zu sein. Und zum Beispiel die Bestimmungsmensur grenzt leider die Frauen bei einigen Sachen schon aus. Wobei bei Veranstaltungen müssen wir auch auf die Frauen zurück greifen, ohne sie wären einige Veranstaltungen gar nicht erst machbar. Deshalb brauchen wir auch die Frauen bei uns.

Thema Verbindungen und Lebensbundprinzip

P.: Herr Wenzel, sind Sie nun ein Macho, der lebenslang in der Verbindung bleiben muß?
W.: Die Verbindung gibt einem sehr viel, verlangt einem aber auch sehr viel ab. Man muß für sich selber entscheiden, ob es eine Sache ist, zu der man selber stehen kann. Wenn man erst mal in den inneren Corps rezipiert worden ist, also in den inneren Corpsverband eingetreten ist, dann hat man normalerweise auch kaum mehr ein Interesse, aus dem Corps auszutreten. Deshalb fördern wir auch das Lebensbundprinzip. Sicherlich kommen auch einmal schlechte Tage. Aber das Corps gibt einem soviel, daß man es nicht mehr verlassen möchte.

Thema Verbindungen und Nationalismus

P.: Herr Gerstein, wie fühlen sie sich denn als Nationalist?
G.: Ich fühle mich als Nationalist nicht gut aufgehoben. Ich bin in meiner Selbstfindung national, weil das zu einer Gemeinschaft gehört, in die ich herein geboren worden bin. Dieses Nationalbewußtsein ist nicht gleichzusetzen mit der Position eines Nationalisten, gar eines Chauvinisten.

Thema Verbindungen und Rechtsextremismus

P.: Herr Gerstein, warum sind Verbindungen rechtsradikal?
G.: Sie sind rechtsradikal, wenn sie sich nach rechts bewegen; weil ihnen dieser Begriff rechtsradikal dann sofort angehängt werden. Jeder der recht tut, der ist heute rechtsradikal. Und so wird dieser Begriff über die Korporationen ausgebreitet...
Einen Kommentar dazu ersparen wir uns; die durchschimmernde Naivität der gegebenen Antworten soll jedoch nicht als harmlos abgetan werden.

Kandidat mit Vergangenheit

Vom Frauenbelästiger zum SPD-Bezirksvorsitzenden in spe: Johannes Kahrs macht Partei Karriere.

Wenn Anfang nächsten Jahres Ex-Wirtschaftssenator Volker Lange den SPD-Vorsitz im Bezirk Mitte abgibt, steht der Nachfolger schon Gewehr bei Fuß.

Als aussichtsreichster Kandidat für den einflußreichen Parteiposten gilt der 32jährige Johannes Kahrs, Intimus und Assistent von SPD-Fraktionschef Günter Elste. Der Youngster des rechten Hamburger SPD-Flügels sorgte in der Vergangenheit schon des öfteren für Schmuddel-Schlagzeilen: Der Sohn des langjährigen Bremer Justizsenators Wolfgang Kahrs terrorisierte mit nächtlichen Anrufen eine politische Kontrahentin, profilierte sich als Bundesprecher des "Wingolfbundes" und als machtbesessener Polit-Taktiker.

Doch Kahrs überlebte bisher jeden Skandal um seine Person. Bereits im August 1992 hatten über 50 hochkarätige Hamburger SozialdemokratInnen Kahrs aufgefordert, von "sämtlichen Ämtern und Mandaten" zurückzutreten und "zu prüfen, ob er einen weiteren Verbleib in der SPD (...) für sinnvoll hält." Der Grund für den "offenen Brief", der unter anderem von der heutigen Bundestagsabgeordneten Angelika Mertens, den BürgerschaftlerInnen Anke Kuhbier und Günther Mertens, sowie einem Dutzend SPD-Distriktsvorsitzenden unterzeichnet wurde: Kahrs war überführt worden, die linke Juso-Landesvorständlerin Silke Dose mit anonymen nächtlichen Anrufen terrorisiert zu haben. Dose hatte, nachdem sie monatelang durch nächtliche anonyme Drohanrufe - "Ich krieg Dich, Du Schlampe" - tyrannisiert worden war, eine Fangschaltung legen lassen, in der sich ihr politischer Kontrahent im Mai 1992 zweimal verfing. Kahrs Begründung für seinen Telefon-Terror gegenüber Silke Dose: "Wegen der anstehenden Juso-Wahl in Hamm hatte ich ein Interesse, über Deinen tatsächlichen Wohnort Kenntnis zu haben."

Kahrs überstand die Telefon-Affäre nahezu unbeschadet. Er nahm sich den heutigen Hamburger CDU-Fraktionschef Ole von Beust zum Anwalt, zahlte 800 Mark Bußgeld und bastelte gemütlich an seiner Parteikarriere weiter. Der Elste-Schützling gilt als rücksichtsloser Karrierist, der kein Mittel im politischen Machtkampf scheut. Den Vorwurf, eine Juso-Wahl in Bremen manipuliert zu haben, konnte Kahrs nicht entkräften - der Urnengang mußte wiederholt werden.

Nach einem Bericht der Zeitschrift "BISS" speichert er im Computer die politische Orientierung von SPD-Mitgliedern. Eine Augenzeugin: "Linke bekommen ein Sternchen, Rechte bleiben sauber". Politisch gilt Kahrs in der SPD als Rechtsaußen. So forderte er auf dem letzten Landesparteitag vehement die Wieder-Einführung geschlossener Kinderheime: Problem-Kids gehören weggesperrt.

Privat hat Kahrs ein besonderes Hobby. Der Reserveoffizier, der gerne damit prahlt, daß er es "jedes Jahr auf drei Monate Reserveübungen gebracht" hätte, posiert gerne in vollem Wichs für die studentische Verbindung "Wingolf-Bund" (Wahlspruch: Gott, Freiheit, Vaterland). Jahrelang war er gar der Bundessprecher der deutschtümelnden Männer-Gilde.

Den angestrebten Bezirks-Vorsitz - Kahrs: "Ein sehr interessanter Posten" - sieht der Polit-Karrierist nur als Zwischenstation an. Längst hat er sich für den Bundestag ins Gespräch gebracht. Schon 1998, heißt es, wolle er den Bundestagsabgeordneten Freimut Duve beerben.

von Marco Carini in Zusammenarbeit mit "HH 19", aus der taz-Hamburg vom 1. 12. 1995

Die Wartburgfeier

"... saufen und schlagen für ein geeintes deutsches Vaterland, das würde die Eltern überzeugen." 1 Aber wie lange? SponsorInnen wollen immer wieder etwas sehen für ihr Geld. Da liegt es nahe, einen Experten um Rat zu fragen. War nicht "Farbenbruder" Jahn nach 13 Studiensemestern ohne Abschluß 2 durch einen glänzenden Einfall zum "Turnvater Jahn" mit einem jährlichen Ehrensold von 500 Talern aufgestiegen? 3 In vorbildlicher Weise hatte er zum Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, am 18.10.1814 die "erste große Feier mit Turnvorführungen, Reden, Liedern und einem weithin sichtbaren Feuer" in Berlin auf der Hasenheide veranstaltet. 4 Und wirklich, Jahn läßt sie nicht im Stich: "Burschen! Diesmal jährt sich am 18.10.1817 nicht nur die Völkerschlacht, sondern auch die 300. Wiederkehr der Reformation. 5 Verkauft den 'Deutschen' eine Feier auf der Wartburg als Wallfahrt zum Gedenken Luthers. Jedem Lutheraner läßt sich mit einem lodernden Holzstoß "...eine der bedeutendsten Szenen aus dem Leben des großen Reformators" 6 ins Gedächtnis rufen. Der inhaltliche Unterschied wird so schnell nicht auffallen. Wo Luther eine Bulle verbrannte, die ihn wieder an den Papst fesseln sollte, verbrennt ihr die Bücher, die Kritik an unserer Deutschtümelei beinhalten. Ich schicke Euch zwei zuverlässige Boten, die auch die Titel der zu verbrennenden Schriften im Gepäck haben." 7 So wurde es gemacht! Seither haben Bücherverbrennungen in Deutschland Tradition

-lisa-

1 Nullnummer Burschen Raus
2 Günther Jahn: Friedrich Ludwig Jahn, Göttingen, Zürich 1992, S. 18
3 a.a.O. S. 41
4 a.a.O. S. 42
5 a.a.O. S. 47
6 Saul Ascher: 4 Flugschriften, Aufbau Verlag, Berlin 1991 (Nachdruck)
7 Jahn a.a.O. S. 49

Neue Broschüren

Die Elite der Untertanen, kostet 7,50 DM incl. Porto. Bezugsadresse: Gruppe Archiv, Postfach 2704, 96416 Coburg.

Studentische Korporationen in Trier, kostet ?. Bezugsadresse: Antirassismus-Referat des AStA Uni Trier, Universitätsring 12b, 54286 Trier