Editorial
Männlichkeit und Gewalt
Antifa Infoblatt #80 Editorial Liebe Antifas, Freundinnen und Genossinnen, liebe LeserInnen! In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Themenfeld »Gewalt«. Seitdem wir in der AIB Ausgabe # 69 in dem Artikel »Alte Gewalt – neues Gewand« das Thema aufgegriffen hatten, hat es nichts an Brisanz verloren. Wir betrachten daher die Zunahme neonazistischer Übergriffe auf JournalistInnen, die Ästhetisierung von Gewalt bei den »Autonomen Nationalisten«, die Gewalt der SA als Bestandteil der NSDAP-Strategie und die Folgen rechter Gewalt für die Opfer. Auch nutzen wir die Gelegenheit, um die Männlichkeitsbilder der extremen Rechten zu beleuchten. Die seit mehreren Ausgaben geführte Diskussion zu Antifa-Strategien wird in diesem Heft von der Leipziger Antifa Gruppe fortgesetzt. Wir sind auf weitere Beiträge gespannt. Aktuell möchten wir der Band »Die Toten Hosen«, dem Verein Netzwerk-Selbsthilfe (Berlin) und dem Solifonds der Hans-Böckler-Stiftung danken.
 
Unser langjähriger Genosse Erik aus Dänemark ist kürzlich verstorben. Daher an dieser Stelle ein Nachruf:
 
Erik Jensen
3. September 1937 – 23. August 2008
 
Unser langjähriger Freund und Genosse Erik Jensen, Aktivist des antifaschistischen Vereins Demos in Kopenhagen ist tot. Er starb an Krebs. Erik wurde schon als junger Mann Mitglied der Dänischen Kommunistischen Partei. Es war jedoch nicht die Partei, wo er seine politische Arbeit entfaltete, sondern die dänischen Vietnambewegung, der Buchverlag Demos und zuletzt der antifaschistische Verein Demos. Nach einer gewaltsamen Polizeiaktion gegen eine Demonstration vor der US Botschaft am 27. April 1968 gründete Erik eine Recherchegruppe innerhalb eines Vietnamkomitees. Erik konnte beim nachfolgenden Prozess dem Verteidiger so viel Material liefern, dass sie den Prozess gewannen. Die Recherchegruppe gab sich später den Namen Dokumentationsgruppe, die bekannt wurde, als sie aufdecken konnte, wie eine dänische Firma militärische Ausrüstung für die US-Kriegsführung in Vietnam lieferte. Zeitgleich gründete Erik den Buchverlag Demos, der in den folgenden Jahren etliche Bücher über die dänische Rüstungsindustrie und über die Zusammenarbeit zwischen der dänischen Geheimpolizei und rechten Gruppen veröffentlichte. 1975 löste sich das Vietnamkomitee auf. Erik und viele andere Aktivisten waren sich jedoch einig, dass die politische Arbeit weitergeführt werden sollte. Deshalb wurde 1979 der Verein Demos gegründet. Anfang der 1970er Jahre war Demos die erste Gruppe in Dänemark, die sich gegen den Rechtstrend einsetzte. In den 1980ern begannen sich die ersten Neonazigruppen zu formieren, und in den 1990ern waren Gruppen insbesondere aus Deutschland und Schweden in Dänemark sehr aktiv. Als deutsche Neonazis sich 1993 nördlich der deutsch-dänischen Grenze etablieren wollten, war Erik einer der Aktiven im Aufbau des lokal verankerten antifaschistischen Widerstandes, dem es gelang, die Neonazis rauszuwerfen. Dass sich Neonazis in Dänemark nie richtig festsetzen konnten, muss vor allem dem breiten antifaschistischen Widerstand zugerechnet werden, und Erik hat ohne Zweifel zu diesem beigetragen. In dieser Periode, begann Erik mit der Gründung und dem Aufbau des internationalen antifaschistischen Netzwerkes. Ein Netzwerk, das noch heute besteht. Vor 20 Jahren wurde die erste Nummer der antifaschistischen Zeitschrift Demos Nyhedsbrev veröffentlicht. Die Dokumentationsarbeit war das Werkzeug, das Erik im Kampf gegen Neonazis benutzte. Rechercheergebnisse sollten immer öffentlich dokumentiert werden. Das war eines der Grundprinzipien seiner Arbeit. Eriks Arbeit hat neue Generationen von Antifaschisten geschult, inspiriert und motiviert. Erik hat es vermocht, Respekt und Vertrauen in weiten Kreisen von Journalisten aufzubauen. Er konnte politische Netzwerke aufbauen – national wie international, war ohne Vorurteile, offen und vorwärtsdenkend. Die Bewegung hat einen großen Menschen und ein politisches Talent verloren. Erik Jensen
Wir trauern um Erik Jensen (1937-2008)