Editorial
NPD: Chaos und Erfolg
Antifa Infoblatt #78 Editorial Liebe Antifas, Freundinnen und Genossinnen, liebe LeserInnen! Als vor einigen Wochen die Wahlberechtigten Hessens und Niedersachsens zur Wahlurne gerufen wurden, stand bereits fest, daß extrem rechte Parteien wie NPD, REP und DVU keine große Rolle spielen würden. Weder im Wahlkampf, noch in den Medien konnten eigene Akzente gesetzt werden. So erreichte die extreme Rechte in Hessen knapp zwei Prozent der Stimmen (REP 1%; NPD 0,9%). Bei fast gleicher Wahlbeteiligung bedeutete dieses Ergebnis einen Zuwachs von ca. 6.000 Wählerstimmen auf insgesamt ca. 51.000 Stimmen gegenüber 2003 – »Volksfront« sieht anders aus. In Niedersachsen erreichte die NPD mit 52.000 Stimmen 1,5 Prozent der gültigen Zweitstimmen und steigerte damit den Anteil extrem rechter Wählerstimmen um 1,1 Prozent im Vergleich zu 2003. Eine Woche vor den beiden Landtagswahlen zeichnete das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« ein desolates Bild der NPD. Das Hamburger Magazin zitierte genüsslich aus internen Unterlagen und Korrespondenz der NPD-Führungsriege und kommt zu dem Schluss, die NPD sei durch interne Querelen und massive Finanzprobleme gezeichnet und stehe bereits kurz vor dem Ende. So spalte der Streit um den Umgang mit den »Freien Nationalisten« sämtliche Landesverbände und den Bundesvorstand und trotz immensen Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung scheint die Partei fast vollständig am Tropf ihres Finanziers Jürgen Rieger zu hängen.
 
Trotz der desolaten Lage der Parteien der extremen Rechten, beherrschten Themen wie Migrationspolitik und Rassismus über Wochen die Berichterstattung über den Wahlkampf in Hessen. Dies war nicht auf eine Intervention der extremen Rechten zurückzuführen, sondern auf Roland Kochs (CDU) rassistische und populistische Kampagne zum Thema Jugendgewalt. Obwohl Koch die Verschärfung von Jugend- und Ausländerrecht forderte, um an die Erfolge einer ähnlichen Kampagne des vorherigen Wahlkampfs anzuknüpfen, gelang es ihm diesmal nicht die anderen Parteien vor sich herzutreiben und er verlor massiv an Stimmen. Verlautbarungen, daß in Deutschland mit Rassismus und Populismus, keine Wahlen mehr gewonnen werden könnten, sollte mit Vorsicht begegnet werden. Umfragen zeigen, dass weder die Themen noch die Lösungsvorschläge von Koch auf breite Ablehnung stießen, sondern ihm schlicht die Lösungskompetenz dafür abgesprochen wurde. Das diese Lücke nicht von der extremen Rechten gefüllt werden konnte, ist eher deren innerer Verfasstheit als der Immunisierung der Bevölkerung gegen rassistischen Populismus zu verdanken.
 
In unserer letzten Ausgabe haben sich einige Fehler eingeschlichen. Im Artikel »In Kameradschaft treu« muss es natürlich Edmund Stoiber heißen und nicht Manfred Stoiber, das Bild auf Seite 27 stammt aus dem Jahr 1979 und nicht aus 2007. Ganz besonders möchten wir uns für ihre Spende bei den »Toten Hosen« bedanken!
 
Wieder trauern wir um Opfer von Neonazigewalt in Europa. Am 11. November 2007 wurde in Madrid der 16jährige Antifaschist Carlos erstochen. Er war mit Freunden auf dem Weg zu einer Kundgebung gegen die Jugendorganisation der neofaschistischen »Democracia Nacional«, als sie auf eine Gruppe Neonazis trafen. Es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der ein 24jähriger Neonazi Carlos erstach.
 
Am 5. Dezember wurde in St. Petersburg der 21jährige Aleksei »Red« Kovrizhkiy schwer verletzt, als Neonaziskinheads ein Punk-Konzert überfielen. Aleksei prügelten sie ins Koma, aus dem er nicht mehr erwachte. Nach einer Woche erlag er seinen Verletzungen. Keiner der Angreifer wurde festgenommen.
 
Am 18. Januar 2008 starb in Prag der 18jährige Antifaschist und Redskin Jan Kucera bei einer Auseinandersetzung mit Neonazis, er wurde erstochen.
 
In Kiew wurde am 27. Januar 2008 ein 19jähriger Kongolese tot aufgefunden, der an zahlreichen Stichwunden gestorben war. Beobachter gehen von einem rassistischen Mord aus.