Editorial
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Antifa Infoblatt #65 Editorial Liebe Antifas, Freundinnen und Genossinnen, liebe LeserInnen! Nach einem für unser Magazin recht erfolgreichen Jahr fing die Planung für das nächste Jahr gleich mit weniger erfreulichen Ereignissen an.
 
Unser schwedischer Freund und Genosse Stieg Larsson ist völlig überraschend am 9. November 2004 in Stockholm gestorben. Stieg, der nur 50 Jahre alt wurde, war viele Jahre lang »Herz und Seele« unserer antifaschistischen Schwesterzeitung Expo und hat uns seit seiner Gründung 1989 mit konkreter Unterstützung, kritischen Diskussionen und praktischen Interventionen zur Seite gestanden. Stieg hat Antifaschismus immer als internationalistisch begriffen, nachdem er zeitweise mit Befreiungsbewegungen in der Karibik und Afrika zusammengearbeitet hatte. Viele AntifaschistInnen in Deutschland haben Stieg bei seinen Vortragsreisen in den 90er Jahren kennen und schätzen gelernt. Neben seinem scheinbar grenzenlosen Wissen waren es vor allem seine manchmal ironischen, manchmal lustigen und immer spannnenden »(hi-)stories« und punktgenauen Analysen, die uns sowohl als Zeitungskollektiv als auch persönlich berührten und in manchen undurchschaubaren Situationen weiter halfen. Wir waren deshalb froh, dass wir nach einem neonazistischen Bombenanschlag auf schwedische GenossInnen Ende der 1990er Jahre unsere Solidarität ganz praktisch ausdrücken konnten und Stieg unserer Einladung folgte, in Pressegesprächen und Vorträgen die reale Gefahr neonazistischen Terrors und militanter internationaler Neonazinetzwerke zu erläutern.
 
Mit Stiegs Tod hat die internationale antifaschistische Bewegung einen Genossen und Freund verloren. Unsere Solidarität gilt jetzt Expo und Stiegs Angehörigen. Sie und wir werden Stieg sehr vermissen.
 
Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Planung für diese Ausgabe haben wir es diesmal leider wieder mal geschafft, verspätet zu erscheinen. Diesen Fauxpas geloben wir allerdings Anfang April auszubügeln. Dann, so jedenfalls die Planung, werden wir gleich mit zwei Ausgaben gleichzeitig Euren Informationsdurst stillen. Zum einen erscheint planmäßig unsere Nummer 66 und zum anderen eine Sonderausgabe zum Themenkomplex »60 Jahre Befreiung vom Faschismus«. Mit dieser Sondernummer wollen wir auf 60 Seiten ein Gegengewicht zur offiziellen deutschen Geschichtsinterpretation und deren Rezeption durch Neonazis setzen. Einen Vorgeschmack auf die Dimension dieser Vereinnahmung der Geschichte bieten schon jetzt die diversen Gedenkveranstaltungen für die deutschen Opfer der alliierten Bombenangriffe. Den Auftakt machte Magdeburg, wo über 1000 Neonazis aus ganz Deutschland durch die Stadt zogen. Weiter gehen wird es am 29. Januar in Kiel und noch einigen anderen Städten. Den Höhepunkt sowohl bürgerlicher als auch neonazistischer Täter-Opfer- Verdrehungen bildet aber schon seit einigen Jahren Dresden. Hier demonstrieren um den 13. Februar herum sowohl Neonazis als auch Bürger und offizielle Vertreter der Stadt, so dass bereits 60 Jahre nach der Befreiung Deutschlands - zumindest in Sachen Geschichtsdeutungen - offensichtlich keinerlei Berührungsängste mehr bestehen.
 
Diese Aktionen stellen aber wohl nur einen Auftakt zu einem ganzen Reigen von Veranstaltungen und Aktionen dar, bei denen sich AntifaschistInnen im »Supergedenkjahr 2005« der Magen umdrehen wird. Wir hoffen daher, mit unserer Sondernummer zumindest ein kleines Gegengewicht setzen zu können und bitten alle Nicht-AbonnentInnen um rechtzeitige Vorbestellung.
 
Desweiteren möchten wir noch auf die Broschüre »Der Märkische Heimatschutz – Porträt einer Brandenburger Neonazi-Kameradschaft« hinweisen, die wir einem Teil unserer AbonnentInnen als kleines Schmankerl beigelegt haben.
 
Berichtigung
 
In der letzten Ausgabe sind einige Bildunterschriften fehlerhaft. Auf Seite 11, Bild 1 ist Gordon Reinholz und nicht Sebastian Richter abgebildet. Auf dem Bild auf Seite 44 ist Ernst Achenbach und nicht Werner Achenbach zu sehen. Die Bilder der Seiten 48, 49 und 51 (links) stammen von Peter Jülich.