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Neofaschismus
in Italien

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Um euch eine eine Orientierung über die wichtigsten politischen Geschehnisse in Italien zwischen 1992 und (leider nur) Anfang 2003 zu geben, findet ihr nachstehend eine Zeittafel, die wir dem Buch: Schüssler, Susanne (HG.): Berlusconis Italien - Italien gegen Berlusconi, 3. akt. Auflage, Berlin 2003 (Wagenbach Taschenbuch) entnommen haben.
(vgl. zu diesem Buch auch die Kurzvorstelltung auf unserer Seite)


Zeittafel 1992-2002


1992

5. April
Allgemeine Wahlen: Die seit 1948 niedrigsten Ergebnisse für Democrazia Cristiana (DC) (29,7%) und Partito Democratico della Sinistra (PDS) (16,1 %). Lega Nord erhält 8,6%. Aufgrund der Zersplitterung des Parlaments erscheint eine Regierungsbildung kaum möglich.


23. Mai
Vor den Toren Palermos werden der Richter Giovanni Falcone, seine Frau und seine Leibwächter von einer Bombe in die Luft gesprengt. Der Richter war vor der Versetzung nach Rom im Anti-Mafia-Team.


25. Mai
Im 16. Wahlgang wird Oscar Luigi Scalfaro zum Staatspräsidenten gewählt.


28. Juni
Unter dem Sozialisten Giuliano Amato Übergangskabinett mit hauchdünner Mehrheit.


19. Juli
Der Richter Paolo Borsellino aus dem Anti-Mafia-Team in Palermo wird mit seinen Leibwächtern Opfer eines Attentats.


17. Sept.
Nach einer Abwertung von 7 % scheidet die Lira aus der europäischen Währungsschlange, der Voraussetzung für den Euro, aus.


28. Sept.
Mario Chiesa, der erste Angeklagte von Mani Pulite wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.


15. Dez.
Ermittlungen gegen den Vorsitzenden des regierenden Partito Socialista Italiana (PSI), Bettino Craxi, wegen Bestechlichkeit, Erpressung und Verletzung des Parteienfinanzierungsgesetzes. Antrag auf Aufhebung der Immunität.


1993

25. Feb.
Sergio Castellari, ehemals hoher Beamter im Ministerium für Staatsbeteiligungen und in den Korruptionsskandal um das Chemieunternehmen Enimont verwickelt, wird tot aufgefunden.


27. März
Ermittlungen gegen den mehrmaligen christdemokratischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti wegen Kontakten zur Mafia.


19. April
Erfolg des Referendums zur Einführung des Mehrheitswahlrechts.


28. April
Nach dem Rücktritt Amatos wird Carlo Azeglio Ciampi, vormals Gouverneur der Banca d'Italia, der erste parteilose Ministerpräsident Italiens. Er bildet ein Kabinett mit zahlreichen parteilosen Fachleuten.


29./30. April
Nachdem das Parlament die Aufhebung der Immunität für Craxi verweigert hat, kommt es in ganz Italien zu Protestdemonstrationen. Die Mailänder Richter rufen das Verfassungsgericht an.


24. Juni
Provisorisches Gesetz zur RAI: Der Verwaltungsrat wird von den Präsidenten der beiden Kammern bestimmt.


20.
 Juli
Der ehemalige Präsident des Staatsunternehmens ENI, Ga-

briele Cagliari, begeht in der Untersuchungshaft Selbstmord. Einige Indizien sprechen für Mord.

21. Juli
In einer Vereinbarung zwischen Regierung, Unternehmer
verband und Gewerkschaften zur Einkommenspolitik, Inflationsbekämpfung und Senkung der Arbeitskosten wird die jahrelang umkämpfte scala mobile (Lohngleitklausel) abgeschafft.

23. Juli
Der im Fall Enimont unter Korruptionsverdacht stehende Industrielle Raul Gardini begeht Selbstmord. Einige Indizien sprechen für Mord.


26. Juli
Nachdem bereits im Januar die Mitgliedschaften der DC annulliert worden waren, Gründung des Partito Popolare Italiano (PPI), es folgen mehrere Abspaltungen.


3./4.Aug.
Die Kammern verabschieden das neue Wahlgesetz (Mattarellum), nach dem 75% der Sitze durch Mehrheitswahlrecht, 25% durch Verhältniswahlrecht mit 4%- Sperrklausel ermittelt werden.


16. Dez.
PSI bricht auseinander, Ankündigung der Gründung einer neuen Partei.


1994

26. Jan.
Silvio Berlusconi tritt als Präsident seiner Holding Fininvest zurück und gibt die Gründung von Forza Italia (Fl) bekannt. Anfang Februar Bündnis mit Alleanza Nazionale (AN), Lega Nord und Centro Cristiano Democratico (CCD [Ex-DC]) zum Polo delle Libertà, im Süden ohne Lega als Polo del buongoverno (Pol der guten Regierung).


1. Feb.
Bündnis der Progressisti (Fortschrittliche) aus PDS und
weiteren acht Parteien von Rifondazione Comunista (RC) bis Movimento Cristiano Sociale (Ex-DC).

28. März
Wahlen: Der Polo gewinnt absolute Mehrheit in der Abgeordnetenkammer, relative Mehrheit im Senat. Fl mit 21 % stärkste Partei im Parlament vor PDS mit 20,3%.


10. Mai
Regierung Berlusconi, fünf Minister aus AN, darunter drei,

die schon in der alten faschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) waren. Internationale Proteste.

19. Juli
Das Dekret des Justizministers Biondi, das die Anwendung der Untersuchungshaft in Korruptionsfällen unterbinden soll, muß nach heftigen Protesten der Justiz und der Öffentlichkeit zurückgenommen werden.


9. Okt.
Lega stimmt mit der Opposition gegen das Gesetz zur Lösung des Interessenkonflikts nach amerikanischem Vorbild
(blind trust).

14. Okt.
Generalstreik gegen die Rentenpläne der Regierung.


21. Nov.
Berlusconi erhält beim Weltgipfel über organisiertes Ver-

brechen in Neapel die offizielle Benachrichtigung (avviso di garanzia), daß gegen ihn wegen Bilanzfälschung ermittelt wird.

22. Dez.
Nachdem die Lega auch bei dem Gesetz zur Neuordnung

der Medien gegen die Regierung gestimmt hat, tritt Berlusconi zurück und fordert sofortige Neuwahlen.

1995

25. Jan.
Regierung des parteilosen Lamberto Dini, ehemals Banca d'Italia und Schatzminister unter Berlusconi. Trotz anfänglicher Proteste duldet der Polo die neue Regierung durch Enthaltung.


11. Juni
Bei einem Referendum wird die Beschränkung für den

Besitz von Fernsehsendern abgelehnt, die Privatisierung der RAI möglich. Berlusconi spricht von »Gottesurteil«. 7. Dez. Der ehemalige Präsident der Staatsholding IRI, Romano Prodi, wirbt mit der Präsentation von 88 Thesen für die Bildung des Olivenbaum-Bündnisses (Ulivo) der linken Mitte.

1996

11. Jan.
Rücktritt Dinis, der eine eigene Partei gründet.


16. April
Craxi, der in Tunis lebt, wird zu acht Jahren Gefängnis ver
urteilt. Aussagen von Stefania Ariosto, einer ehemaligen Geliebten von Berlusconis Rechtsanwalt Previti, führen zu Ermittlungen gegen Previti und Berlusconi wegen der Bestechung von Richtern in mehreren Fällen.

21. April Knapper
Wahlsieg des Ulivo. In der Abgeordnetenkammer ist Ulivo auf Unterstützung von RC angewiesen. In der neuen Regierung Prodi sitzen erstmals Vertreter des aus der kommunistischen Partei hervorgegangenen PDS.


14. Nov.
Di Pietro legt sein Amt als Staatsanwalt nach mehreren Prozessen gegen ihn nieder.


1997

24. Jan.
Einrichtung der Kommission für die Verfassungsreform (Bicamerale), Vorsitzender Massimo D'Alema (PDS).

 
9. April
Abstimmung zugunsten der Teilnahme Italiens am Nato-Einsatz in Albanien dank der Stimmen der Opposition. RC dagegen.

1998

13. Feb.
Aus PDS wird Democratici di Sinistra (DS). Hammer und Sichel verschwinden aus dem Parteisymbol.

 
3. Mai
Da Italien die Maastricht-Kriterien erfüllt, wird es an der Einführung des Euro teilnehmen.


9. Juni
Fl läßt Bicamerale an der Frage der Justiz scheitern.


9. Okt. Prodi stürzt mit 312 zu 313 Stimmen über die Vertrauensfrage bei Haushaltsberatungen. Nach der Ablehnung spaltet sich RC.
21. Okt. Massimo D'Alema (DS) bildet neue Regierung. An seiner Stelle wird Walter Veltroni Vorsitzender der DS. Prodi gründet Partei der Democratici und wird 1999 Kommissionspräsident der EU.
1999

18. April
Referendum über die Abschaffung des Verhältniswahlrechts
scheitert wegen zu geringer Beteiligung.

13. Mai
Ciampi wird im ersten Wahlgang neuer Staatspräsident. 13. Juni Bei den Europawahlen erhält Fl 25,2 %, DS 17,3 %. 13./27.

Juni
Bei den Kommunalwahlen verliert DS Bologna, eine der
linken Hochburgen, an den Polo.

23. Sep.
Giulio Andreotti in Perugia von der Anklage, Auftraggeber
des Mordes an dem Journalisten Mino Pecorelli zu sein, freigesprochen. Im Mai 2000 Freispruch auch in Palermo im Prozeß wegen Mafiakontakten.

12.
 Nov.
Gesetz zur Direktwahl der Präsidenten der Regionen verab
schiedet.

18. Dez.
Nach der Veröffentlichung von KGB-Akten (Dossier Mitrokin) über die Finanzierung der ehemaligen kommunistischen Partei durch die Sowjetunion bis Ende der achtziger Jahre: Regierungskrise, Bildung einer zweiten Regierung D'Alema.


2000

24. Jan.
In dem seit 1988 andauernden Verfahren gegen Adriano
Sofri, Ovidio Bompressi und Giorgio Pietrostefani wegen des Mordes an dem Polizeikommisar Luigi Calabresi 1972 weist das Appellationsgericht in Venedig den Antrag auf Revision zurück.

15.
 Feb.
Fl bildet mit Lega, AN und vier anderen Parteien Casa delle L
ibertà.

16.
 April
Bei den Regionalwahlen erobert Casa acht von 15 Regionen.

25.
 April
Nach dem Rücktritt D'Alemas wegen des Mißerfolgs bei
den Regionalwahlen neue Regierung unter dem Sozialisten Giuliano Amato. Di Pietro verläßt mit seiner Partei Italia dei Valori die Regierung.

21. Mai
Ein Referendum zu sieben Themen scheitert an Beteiligung von nur 32,8%. Erfolg für Berlusconi,der propagiert hatte: »Zuhause bleiben, um die Regierung nach Hause zu schicken.«


21. Okt.
Der römische Bürgermeister Francesco Rutelli wird Spitzenkandidat des Ulivo, in dem sich neben DS vier Parteien unter dem Namen Margherita (Margerite) und zwei als Girasole (Sonnenblume) zusammenschließen.

2001

8. März
Verabschiedung des Gesetzes über die Föderalisierung.


13. Mai
Allgemeine und Kommunal wählen: Die Casa delle Libertà
gewinnt nach dem Mehrheitswahlrecht (75% der Sitze) 45,4%, der Ulivo 43,8%. Insgesamt erhält die Casa 368 Sitze im Abgeordnetenhaus und 177 im Senat, Ulivo 242 und 128.
Stärkste Partei ist Fl mit 29,4 %, gefolgt von DS mit 16,6 % (Abgeordnetenhaus). In Mailand siegt Mitte-Rechts, in Rom, Turin und Neapel Mitte-Links.

29. März
Pierferdinando Casini (CCD) wird Präsident im Abgeordnetenhaus, Marcello Pera (Fl) im Senat.


11. Juni
Amtseid der Regierung Berlusconi im Quirinal: Stellvertretender Ministerpräsident: Gianfranco Fini (AN); Äußeres: Renato Ruggiero (parteilos); Verteidigung: Antonio Martino (Fl); Inneres: Claudio Scajola (Fl); Justiz: Roberto Castelli (Lega). Umberto Bossi wird Minister für Institutionelle Reformen.


24. Juni
Sieg Mitte-Rechts bei den Regionalwahlen in Sizilien.

25. Juni
Verjährung des Prozesses gegen Berlusconi um den Kauf
des Verlags Mondadori.

26.
 Juni
Carlo Taormina, ehemaliger Anwalt Berlusconis, ist gleich
zeitig Staatssekretär des Inneren und Verteidiger eines der Exponenten der mafiaähnlichen »Sacra Corona Unità« in Kalabrien. Einen Monat später muß Taormina die Verteidigung abgeben, »weil staatliche Interessen im Spiel sind«.

14./15. Juli
Margherita, die bei den Wahlen drittstärkste Gruppierung (14,5%), beschließt die Gründung einer Partei gleichen Namens. Vorsitzender: Francesco Rutelli.


19. Juli
Gesetzentwurf zur Reduzierung des Strafmaßes bei Bilanzfälschung.


20./22. Juli.
Beim G8-Gipfel in Genua ist die gesamte Innenstadt abgesperrt. Heftige Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Globalisierungsgegnern. Der Demonstrant Carlo Giuliani wird von einem Polizisten erschossen.


14. Sept. Entwurf der Legge Bossi-Fini zur Einwanderungspolitik: Aufenthaltsgenehmigungen nur noch für Ausländer, die eine Arbeit vorweisen können, und nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Illegale Einwanderung soll als Verbrechen bestraft werden. Im Laufe der Diskussion um das Gesetz fordert die Lega die Aufnahme von Fingerabdrücken in den Pässen der Einwanderer.

17. Sept.
Innenstaatssekretär Taormina verteidigt den Mafia-Boß Giuseppe Simone.


25.
 Sept.
Dekret über die Rückkehrmöglichkeit für illegal exportier
tes Kapital, das mit nur 2,5 % besteuert werden soll.

26.
  Sept.
Auf einer Pressekonferenz in Berlin erklärt Berlusconi, die
westliche Kultur sei dem Islam überlegen, und es gebe eine »auffallende Übereinstimmung zwischen den Islamisten und den Globalisierungsgegnern in ihrer Gegnerschaft gegen den Westen«.

30. Sept.
Zu dem Prozeß gegen Berlusconi wegen der Bestechung von Richtern veröffentlicht der »Corriere della Sera« Schweizer Dokumente, die die Zahlung von 434.000 Dollar von Berlusconis Auslandskonten an den römischen Richter Renato Squillante belegen.

1. Okt.
Berlusconi wird von der Anklage des Betrugs beim Kauf der Filmgesellschaft Medusa freigesprochen.


4. Okt.
Abbruch der Verhandlungen zwischen Arbeitsminister Ma
roni (Lega) und den Gewerkschaften über die Arbeitsmarktpolitik. Streitpunkt ist vor allem die von der Regierung angestrebte Aufweichung des Kündigungsschutzes

5. Okt.
Inkrafttreten des rückwirkenden Gesetzes über Rechtshilfe
ersuchen, in dem bestimmte, kaum zu erfüllende Bedingungen verlangt werden. Ungefähr 2000 Prozesse müssen neu aufgerollt werden.

7. Okt.
Referendum über das Gesetz der Mitte-Links-Regierung
zur Föderalisierung: Das Gesetz wird mit 64,2% bestätigt. Nur 34 % Wahlbeteiligung, dennoch ist das Referendum gültig, da es sich um ein verfassungsänderndes Gesetz handelt.

8. Okt.
Außer RC verweigern auch Verdi (Die Grünen) und Partito
dei Comunisti Italiani (PCdl) die Unterstützung für den amerikanischen Afghanistan-Einsatz, die anderen Parteien des Ulivo unterstützen die Amerikaner.

10. Okt.
Verabschiedung des Rahmengesetzes (legge obiettivo) über die »großen öffentlichen Arbeiten«, das der Exekutive wichtige Entscheidungsbefugnisse gibt (z.B. gegenüber Regionen undUmweltschutzbestimmungen).Neues Aktiengesellschaftsrecht, das das Strafmaß für Bilanzfälschung herabsetzt.


14. Okt.
Auf dem Friedensmarsch Perugia-Assisi werden die Vertreter des Ulivo ausgepfiffen.


17. Okt.
Die im Haushaltsgesetz vorgesehene Erhöhung der Mindestrenten auf eine Million Lire wird an Bedingungen geknüpft, so daß nur noch etwa 10.000 Personen davon profitieren. Italien beteiligt sich nicht an dem europäischen Airbus-Konsortium zum Bau des Militärtransporters A 400M.


19. Okt.
Berlusconi wird im Prozeß um Bestechung von Finanzbeam
ten freigesprochen. Vertreter seiner Finanzholdung Fininvest werden dagegen verurteilt.

10. Nov.
USA-Day der Casa delle Libertà


16./17. Nov.
Parteitag der DS in Pesaro: Piero Fassino zum neuen Generalsekretär gewählt. Sein Programm beinhaltet die »klare Entscheidung für ein sozialdemokratisches Reformprogramm, das Modernität und Rechtsstaatlichkeit verbindet«.


25. Nov.
Kommunalwahlen in Sizilien: Klarer Sieg der Casa delle Libertà. Einbruch der DS, Cristiani Democratici Uniti (CDU) wird zweitstärkste Partei hinter Fl.

4. Dez.
Carlo Taormina tritt zurück, nachdem er vergeblich ver
sucht hat, den Richter im Prozeß SME gegen Berlusconi wegen Richterbestechung während des Prozesses zu versetzen. Justizminister Castelli kündigt »Disziplinarmaßnahmen gegen Richter an, die Politik betreiben«.

6. Dez.
Italien verweigert die Zustimmung zur Regelung des europäischen Haftbefehls.


20.
 Dez.
Berlusconi spricht sich für eine Verfassungsänderung zur
Direktwahl des Staatspräsidenten aus, der mit exekutiven Vollmachten ausgestattet sein soll.

15. Dez.
EU-Gipfel in Laeken: Italien verlangt, daß die europäische Lebensmittelbehörde nach Parma gelegt wird. Giuliano Amato wird stellvertretender Vorsitzender des EU-Verfassungskonvents.


2002
1. Jan.
Einführung des Euro als Zahlungsmittel. Im Gegensatz zu allen anderen Teilnehmerländer der Einheitswährung finden in Italien keinerlei Feierlichkeiten statt. Wirtschaftsminister Tremonti nennt den Euro etwas für »fahnenschwingende Affen, Gesundbeter, Medizinmänner, Wunderheiler und Bankiers«.


5. Jan.
Rücktritt des Außenministers Renato Ruggiero, weil er »mit
diesem Trauerspiel nichts mehr gemein« haben wolle. Berlusconi übernimmt das Außenministerium kommisarisch. 12. Jan. Bei der Eröffnung des Gerichtsjahres erscheinen Richter und Staatsanwälte aus Protest gegen die Eingriffe in die Autonomie der Justiz in schwarzen statt in den traditionellen roten Roben. Der scheidende Generalstaatsanwalt von Mailand Francesco Saverio Borrelli ruft zum »Widerstand wie an der Piave-Linie« auf.

24. Jan.
Aufgrund eines Protokollfehlers der Vereinbarungen von Laeken setzt Italien durch, außer dem Vizepräsidenten Giuliano Amato als Vertreter Italiens noch Gianfranco Fini (AN) in den europäischen Verfassungskonvent zu entsenden.


24. Jan.
Dem Aufruf einiger Professoren der Universität Florenz zur Protestdemonstration gegen die Regierung folgen 12.000 Menschen.


23. Feb.
An der Veranstaltung der Zeitschrift »MicroMega« zu zehn Jahren Mani Pulite in Mailand nehmen 40.000 Menschen teil.


28. Feb.
Die Legge Frattini zur Lösung des Interessenkonflikts passiert die Abgeordnetenkammer: Nicht der Besitz, sondern nur die tatsächliche Leitung eines Unternehmens soll einen Interessenkonflikt beinhalten. Eine Kommission soll überwachen, daß Gesetze nicht ausschließlich den Interessen des Ministerpräsidenten dienen.


19. März
Der Arbeitsrechtler Marco Biagi, der für die Regierung Vorschläge zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts entwickelt, wird vor seinem Haus in Bologna ermordet. Der Staat hatte ihm den Personenschutz entzogen. Die Roten Brigaden bekennen sich zu der Tat.


23. März
An der von der Gewerkschaft CGIL organisierten Demonstration in Rom gegen die Aufweichung des § 18 des Arbeiterstatuts nehmen circa drei Millionen Menschen teil. Die friedliche Veranstaltung wird auch zu einem Protest gegen die Versuche der Regierung, den Mord an Biagi mit der Gewerkschaftsbewegung in Verbindung zu bringen.


16. April
Seit acht Jahren findet erstmals wieder ein Generalstreik in Italien statt. Alle drei großen Gewerkschaften protestieren
damit gegen die geplante Arbeitsmarktpolitik und gegen die unnachgiebige Haltung der Regierung in der Frage des § 18.


27./28.Mai/8./9. Juni
Kommunalwahlen. Nach dem zweiten Wahlgang gehen von den 27 Gemeinden an Mitte-Links 14 (+ 4), an Mitte-Rechts 13 (- 4). Mitte-Links gewinnt im Norden, Mitte-Rechts im Süden.


3. Juni
Verabschiedung des sogenannten »Bossi-Fini«-Gesetzes über die Einwanderung: Aufenthaltserlaubnis nur noch bei Vorliegen eines Arbeitsvertrags, Einführung obligatorischer
Fingerabdrücke im Paß, erneute Einwanderung nach Ausweisung wird Strafbestand.

3. Juli
Innenminister Claudio Scajola muß zurücktreten, weil er
sich abfällig über den ermordeten Regierungsberater Marco Biagi geäußert hat. Neuer Innenminister wird Giuseppe Pisanu (Fl), der bisher für die Verwirklichung des Regierungsprogramms zuständig war.

5. Juli
Abschluß des sogenannten »Patto per l'Italia« zwischen zwei der drei großen Gewerkschaften und der Regierung. Die CGIL, die größte Gewerkschaft, unterschreibt nicht. Kündigungsschutz für Betriebe unter 15 Beschäftigten gelockert (§18). Arbeitslosenhilfe und Steuererleichterungen vereinbart.


31. Juli
Das nach dem Abgeordneten Cirami (Udc) benannte Gesetz über die Verlegung von Prozessen bei »berechtigtem Verdacht« eines den Angeklagten feindlichen Klimas passiert den Senat.


31. August
Beim Treffen der EU-Außenminister in Helsingör schert Italien neben Großbritannien im Streit um den internationalen Strafgerichtshof aus der EU-Front aus und erklärt sich bereit, bilaterale Verträge mit den USA zu schließen, in denen die Nichtauslieferung von US-Bürgern zugesichert wird.


4.  September
Das Haushaltsloch erweist sich größer als erwartet.
Wirtschaftsminister Tremonti sperrt die Konten der Einzelministerien.

7. September
Gesetzentwurf zur Neuordnung des Fernsehens: Entgegen einem seit 1997 bestehenden Gesetz (Legge Maccanico) muß Mediaset seinen dritten Sender Retequattro nicht auf Satellit verlegen. Umwandlung der RAI in eine Aktiengesellschaft geplant. Über die Wahl des Verwaltungsrats soll die Regierung entscheiden.


14. September
»Fest des Protests« der Bürgerbewegungen gegen die Legge Cirami in Rom, an dem etwa eine Million Menschen teilnehmen. Vertreter der Mitte-Links-Parteien und der Gewerkschaften nicht auf dem Podium, sondern nur unter den Demonstranten. Die Legge Cirami passiert den Parlamentsausschuß.


20. Oktober
Plädoyer der Staatsanwältin Ilda Boccassini im Prozeß Imi-Sir, die hohe Haftstrafen für alle Angeklagten fordert, u. a. für Berlusconis ehemaligen Anwalt Cesare Previti drei
zehn Jahre. Es lägen »erdrückende« Beweise für die systematische Bestechung von Richtern vor.

6. November
Der Antrag der Verteidigung auf Ablehnung des Rich
terkollegiums im SME Prozeß wegen Befangenheit wird abgelehnt.

7.  November
Endgültige Verabschiedung der Legge Cirami in der
Abgeordnetenkammer.

14. November
Nachdem Berlusconi zehn Monate das Außenministerium kommisarisch innehatte, wird Franco Frattini neuer Außenminister. Vor allem die Unterstützung für Bush angesichts des drohenden Irakkriegs wird weiterhin von Berlusconi persönlich formuliert.


2003

23. Januar
Der ehemalige Fiat-Chef Giovanni Agnelli gestorben.
Fiat erlebt die größte Krise seiner Geschichte. Gegen landesweite Proteste wurde die Entlassung von über 8000 Arbeitern und die vorläufige Schließung des sizilianischen Werks Termini Imerese durchgesetzt.

27. Januar
Der Kassationsgerichtshof entscheidet, daß die Legge Cirami nicht auf die Berlusconi betreffenden Prozesse IMI-Sir und SME anzuwenden sei. Die Prozesse bleiben in Mailand und werden nicht unterbrochen. Berlusconi droht mit Neuwahlen, falls er verurteilt werden sollte.


16. Februar
In Rom nehmen ca. drei Millionen Menschen an der weltweit größten Demonstration gegen den Irak-Krieg teil. Berlusconi gehört zu den acht EU-Ministerpräsidenten, die Bush ihre volle Unterstützung für seine Irakpolitik zugesichert haben.


21. Februar
Streik der Metallindustrie gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung. Während die Gewerkschaft CGIL von einem großen Erfolg spricht, behaupten die Arbeitgeberverbände, der Streik sei gescheitert.


24.  Februar
Das von der Lega eingebrachte Gesetz über die soge
nannte »Devolution« in der Abgeordnetenkammer. Schule, Gesundheitswesen und Polizei sollen Kompetenz der Regionen werden. Dieses Gesetz wird als Anfang einer großen Verfassungsreform gesehen, die Italien in eine Präsidialdemokratie umwandeln soll.