e-mail

home

Neofaschismus
in Italien



Das nachstehende Glossar haben wir dem Buch:

Ginsborg, Paul: Berlusconi, Deutsche Erstausgabe 1.März 2005, ISBN: 3-8031-2497-2
entnommen:
(vgl. zu diesem Buch auch die Kurzvorstelltung auf unserer Seite)

Ein Ausdruck dieses Glossars könnte bei der Lektüre der Download-Bücher und unserer anderen Internetseiten sinnvoll sein.

 


GLOSSAR

Die folgende Liste enthält häufig auftauchende offizielle Bezeichnungen und Namen von Institutionen. Wenn im Text normalerweise die deutsche Bezeichnung verwendet ist, steht diese an erster Stelle, sonst die italienische.

Abgeordnetenkammer
[Camera dei deputati]: Das italienische Parlament besteht aus Senat und Abgeordnetenkammer, die verfassungsrechtlich gleichrangig sind und gleichzeitig, aber nach unterschiedlichen Wahlverfahren für fünf Jahre gewählt werden. Der Senat hat 315 Mitglieder, darunter einige vom Staatspräsidenten ernannte und außerdem alle ehemaligen Staatspräsidenten, und wird auf regionaler Basis gewählt. Die Abgeordnetenkammer hat 630 Mitglieder, die zu 75% nach Mehrheitswahlrecht in Einmannwahlkreisen und zu 25% nach Verhältniswahlrecht mit einer Vierprozenthürde gewählt werden.


Alleanza Nazionale (AN) [Nationale Allianz]: Die 1994 gegründete Partei ging aus dem faschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) hervor und setzte sich zum Ziel, als Partei der konservativen Mitte größere Wählergruppen anzusprechen. Unter ihrem gegenwärtigen Präsidenten Gianfranco Fini erreichte AN bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 2001 13,5 Prozent der Stimmen.

Appellationsgericht [Corte d'Appello]: Die zweite Instanz der italienischen Justiz, die von Anklage und Verteidigung nach einem erstinstanzlichen Urteil angerufen werden kann.

Casa delle libertà (Cl)
[Haus der Freiheiten]: Das seit den Wahlen von 2001 regierende Mitte-Rechts-Bündnis besteht heute aus Alleanza Nazionale, Lega Nord, Unione dei democratici cristiani e di centro (UDC) und Nuovo partito socialista (NPSI).


Christdemokraten [Democrazia Cristiana (DC)]: Die Partei wurde 1942 gegründet und beherrschte das politische Leben von 1946 bis 1992. Nachdem viele Parteigrößen von den unter dem Namen Mani pulite bekanntgewordenen Korruptionsvorwürfen betroffen waren, löste sich die Partei im Januar 1994 auf. Splittergruppen der alten DC finden sich sowohl im Mitte-Links- als auch im Mitte-Rechts-Bündnis.

Confederazione generale italiana del lavoro (CGIL):
Die älteste und größte der italienischen Gewerkschaftsorganisationen zählt heute etwa fünfeinhalb Millionen Mitglieder und gehört zum linken Flügel des politischen Spektrums. Generalsekretär ist derzeit Guglielmo Epifani, sein Vorgänger Sergio Cofferati führte die CGIL von 1994 bis 2002.


Confederazione italiana sindacati lavoratori (CISL): Die zweitgrößte Gewerkschaft mit über vier Millionen Mitgliedern steht den christlichen Parteien der politischen Mitte nahe. Ihr gegenwärtiger Generalsekretär ist Savino Pezzotta.
Finanzpolizei [Guardia di finanza]: Als Teil des Heeres sind ihre Einheiten kaserniert, zugleich unterstehen sie dem Schatzministerium. Ihre Hauptaufgaben sind die Verhütung und Aufdeckung von Steuerhinterziehung, Schmuggel und Finanzvergehen.

Fininvest: In der 1978 gegründeten Holding sind seit 1984 die vielfältigen Unternehmen Silvio Berlusconis zusammengefaßt.

Forza Italia (Fl) [Vorwärts, Italien]: Die von Silvio Berlusconi 1994 gegründete Partei, die bei den Parlamentswahlen des Jahres 2001 29,4 Prozent der Stimmen für die Abgeordnetenkammer auf sich vereinigen konnte und damit zur größten Partei aufstieg.

Interessenkonflikt [Conflitto d'interessi]: Eine Regelung, die den Interessenkonflikt zwischen der Ausübung eines öffentlichen Amtes und der Verfügung über möglicherweise von diesem Amt betroffenes Vermögen lösen sollte, ist bisher nicht getroffen worden. Der nach ihrem Verfasser legge Frattini genannte Entwurf der gegenwärtigen Regierung, der in den Mühlen des Gesetzgebungsverfahrens hin und her geschoben wird, sieht vor, daß nur tatsächliches Eigentum einen Interessenkonflikt begründet. Demnach müßte sich Berlusconi lediglich vom AC Mailand trennen.

Kassationsgericht
[Corte di Cassazione]: Als dritte und damit höchste Instanz des italienischen Justizwesens befaßt sich das Kassationsgericht mit allen Fällen, die keine verfassungsrechtlichen Fragen berühren. Nach einem Spruch des Appellationsgerichts können sowohl Anklage als auch Verteidigung die Kassation anrufen, die über Verfahrensfehler, nicht aber in der Sache selbst entscheidet.


Lega Nord: Die 1991 von Umberto Bossi gegründete Bewegung hat ihren Schwerpunkt in der Lombardei und Venetien. Fremdenfeindlichkeit und Forderungen nach Autonomie des Nordens bis hin zu Sezessionsdrohungen haben der Lega 2001 3,9 Prozent der Stimmen eingebracht.

Linksdemokraten [Democratici di sinistra (DS)]: Die größte Linkspartei, hervorgegangen aus der 1991 aufgelösten Kommunistischen Partei (PCI), kam bei den Wahlen 2001 auf 16,6 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus. Generalsekretär ist Piero Fassina, Präsident Massimo D'Alema.

Mani pulite
[Saubere Hände]: Sammelbegriff für die staatsanwaltlichen Ermittlungen, die - 1992 von Mailand ausgehend - ein umfangreiches Netz von Korruption und illegaler Parteienfinanzierung aufgedeckt haben. Zahlreiche bekannte italienische Geschäftsleute und Politiker wurden angeklagt, einige von ihnen rechtskräftig verurteilt.

Ministerpräsident [Presidente del Consiglio]: Der italienische Regierungschef leitet und koordiniert die Exekutive im Rahmen der durch die Verfassung abgesteckten Machtbefugnisse. Der Ministerpräsident hat gegenüber seinen Ministern keine Richtlinienkompetenz.

Ministerrat [Consiglio deiministri]: Bestehend aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern, deren Anzahl seit Bestehen der Republik stark variierte. Die gegenwärtige Regierung Berlusconi zählt 23 Minister.

Montecitorio
[Palazzo Montecitorio]: Der Palazzo aus dem 17. Jahrhundert im Zentrum Roms ist seit 1871 Sitz der Abgeordnetenkammer.


Oberstaatsanwalt [Procuratore capo]: Der Staatsanwalt, der die Strafverfolgungsbehörden jeder größeren Stadt leitet und die Fälle und Zuständigkeiten in seiner Behörde regelt.

Oberster Richterrat [Consiglio superiore della magistratura (CSM)]: Der 1958 eingerichtete CSM ist das oberste Organ der italienischen Justiz, die sich selbst verwaltet. Von der 1948 in Kraft getretenen republikanischen Verfassung war er als Bollwerk zur Sicherung der Unabhängigkeit der Dritten Gewalt gedacht. Präsident des CSM ist der jeweilige Staatspräsident.

Palazzo Chigi:
Der aus dem 17. Jahrhundert stammende Palazzo nahe Montecitorio ist der offizielle Sitz des Ministerpräsidenten.


Präsident der Region/Gouverneur [Presidente della Regione/Governatore]: Die Präsidenten der Regionsregierungen verfügen über einen beachtlichen, weiter wachsenden politischen Handlungsspielraum in ihrem Gebiet. Aufgrund ihrer neuen Rolle werden sie gelegentlich als »Gouverneure« bezeichnet.

Quirinal [Palazzo del Quirinale]: Die frühere Sommerresidenz der Päpste ist heute der offizielle Sitz des Staatspräsidenten auf dem gleichnamigen Hügel im Stadtzentrum von Rom.

Rifondazione Comunista (RC)
[Partito della Rifondazione Comunista]:
Die
»Partei für den Wiederaufbau des Kommunismus« entstand 1991 nach der reformistischen Wende der Kommunistischen Partei, die sich zunächst in Partito democratico di sinistra (PDS) umbenannt hatte. Unter ihrem Generalsekretär Fausto Bertinotti erreichte RC bei den Wahlen 2001 5 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus.

Social Forum
[Weltsozialforum]:
Das Weltsozialforum versteht sich nicht als Organisation, sondern als »ein offener Treffpunkt für reflektierendes Denken, demokratische Debatte von Ideen, Formulierung von Anträgen, freien Austausch von Erfahrungen und das Verbinden für wirkungsvolle Tätigkeit durch und von Gruppen und Bewegungen der Zivilgesellschaft, die sich dem Neoliberalismus und der Herrschaft der Welt durch das Kapital und jeder möglichen Form des Imperialismus widersetzen und sich für den Aufbau einer planetarischen Gesellschaft engagieren, die auf fruchtbare Verhältnisse innerhalb der Menschheit und zwischen dieser und der Erde abzielen.« (Aus der Charta der Prinzipien)


Staatspräsident [Presidente della Repubblica]: Der höchste Repräsentant des Staates und Hüter der republikanischen Verfassung. Der Präsident verfügt über eingeschränkte, aber entscheidende Machtbefugnisse, und die Inhaber dieses Amtes haben stets, wenn auch in unterschiedlichem Maße, eine aktive politische Rolle gespielt. Der Staatspräsident wird von den Mitgliedern des Parlaments für sieben Jahre gewählt.

Ulivo [Olivenbaumbündnis]: Das von Romano Prodi für die knapp gewonnenen Wahlen von 1996 geschmiedete Bündnis aus Parteien der linken Mitte verlor - in kleinerer Zusammensetzung und ohne Prodi -die Wahl von 2001.

Unione italiana del lavoro (UIL):
Die 1949 gegründete Organisation ist heute die drittgrößte italienische Gewerkschaft mit circa 1,9 Millionen Mitgliedern und steht politisch zwischen der linken CGIL und der katholischen CISL. Ihr derzeitiger Generalsekretär ist Luigi Angeletti.


Verfassungsgericht [Corte costituzionale/Consulta]: Das mit fünfzehn Richtern besetzte Verfassungsgericht entscheidet über die Verfassungskonformität von Gesetzen und gesetzesähnlichen Akten des Staates und der Regionen.