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Neofaschismus
in Italien



Sofri, Adriano:

Die Gefängnisse der anderen

Aus d. Italien. u. Nachw. v. Volker Breidecker
Edition Epoca, 2001
205 Seiten
19,50 EUR 

Der Publizist und Soziologe Adriano Sofri wurde 1997, nach fast zehn Jahren Instanzenweg, zu 22 Jahren Haft verurteilt. Sofri hat 1969 die linksgerichtete Organisation Lotta continua mitgegründet. Im Dezember 1969 explodierte in einer Bank in Mailand eine Bombe, 17 Menschen wurden getötet, 88 verletzt. Kurze Zeit später nahm man die Anarchisten Pietro Valpredo und Giuseppe Pinelli fest. Während der Vernehmungen stürzte Pinelli aus dem Fenster des Büros von Carabinieri-Kommissar Calabresi und war tot. Lotta continua bestritt jede Beteiligung an diesem Bombenanschlag. Mehr als 30 Jahre danach wurden im Sommer 2001 drei Neofaschisten als Urheber des Bombenanschlags verurteilt.

Aber davor, 1972, wurde erst einmal Calabresi ermordet, der von der Linken für den Fenstersturz verantwortlich gemacht wurde. Der Mord wurde den Linken zugeschrieben. 16 Jahre später, 1988, verhaftete man Sofri und zwei andere ehemalige Anführer von Lotta continua. Leonardo Marino, auch ehemaliges Mitglied der schon 1975 aufgelösten Organisation, hatte sich der Polizei gestellt und sich und zwei andere Mittäter des Mordes an Calabresi für schuldig erklärt. Sofri sei der Auftraggeber gewesen.

Marino kam in den Zeugenschutz und ist längst ein freier Mann. Sofri, der die Tat bestritt, wurde zu 22 Jahren Haft verurteilt.

Sofri sitzt also aufgrund windiger Zeugenaussagen noch immer im Gefängnis, erklärt nach wie vor seine Unschuld und beschreibt in seinem Buch die seit 1988 gesammelten Erfahrungen mit den Verhältnisse in italienischen Gefängnissen, die deprimierenden Zustände des Gefängnisalltags, die Schikanen, die sinnlosen Rituale.

Der Fall Sofri ist ein Riesenskandal. Und Sofri will Gerechtigkeit. An einem Gnadengesuch ist ihm nicht gelegen. Es kann bezweifelt werden, ob ihm diese Gerechtigkeit jemals widerfahren wird. Wer die italienischen Verhältnisse kennt, hat allen Grund, sich vor der dortigen Politik und Justiz zu fürchten. Genua hat noch in jüngster Zeit auch uns einen kleinen und erschütternden Einblick in den Rechtsstaat Italien gegeben Die Gefängnisse in Italien sind voll, die eigentlich Kriminellen an der Macht, wo soll da die Gerechtigkeit herkommen?

Ursula Ott, Georg Büchner Buchladen, Darmstadt.

Adriano Sofri, Gründer der linken Sammelbewegung Lotta continua, sitzt wegen eines angeblich in Auftrag gegebenen Mordes an einen Polizeikommissar seit 1988 im Gefängnis. Sein »Fall« wird in Italien mit der Dreyfus-Skandal verglichen. Sofri beschreibt seine Verhaftung und seine erste Zeit im Gefängnis. Darüber hinaus äußert er sich pointiert zum Thema »Strafe«.