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Neofaschismus
in Italien

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Wird Berlusconi am Ende wieder der Lachende sein?
Foto: dpa

Berlusconi will mit Tricks siegen

Italiens Wahlrecht soll zum Nachteil der Opposition geändert werden

Von Anna Maldini, Rom

Der Wahltermin steht in Italien noch nicht fest. Dafür ist aber klar, dass Silvio Berlusconi mit seiner rechtspopulistischen Koalition verlieren wird. Deshalb versucht er trickreich, dem Debakel vorzubeugen.

Auch Institute, die Premier Berlusconi eher wohlgesonnen sind, sprechen von einem Vorsprung für den Oppositionsführer Romano Prodi und seine Verbündeten von etwa zehn Prozent - Tendenz steigend. Keiner sieht, was passieren müsste, um diesen Trend umzukehren, auch weil in den Staatskassen kein Geld mehr für Wahlgeschenke ist.

Doch jetzt, sozusagen fünf Minuten vor zwölf, hat die Regierungskoalition möglicherweise einen Weg gefunden, um doch noch eine Siegeschance zu haben: die Änderung des Wahlgesetzes. Das »Haus der Freiheiten« hat einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der - so hofft man zumindest - noch rechtzeitig vor den Parlamentswahlen verabschiedet werden soll.

Grob gesagt, kann man ihn folgendermaßen zusammenfassen: Das Mischsystem aus Mehrheitsund Verhältniswahlrecht, wie es jetzt besteht, wird zu Gunsten eines reinen Verhältniswahlrechts abgeschafft. Gleichzeitig werden drei Elemente eingeführt: die Möglichkeit, schon vor der Wahl Koalitionen zu bilden, eine Vierprozentklausel und ein »Mehrheitsbonus«, wonach die Koalition, die die meisten Stimmen erhält, automatisch 53 Prozent der Sitze im Parlament belegen kann. Nur wenige Minuten, nachdem dieser Entwurf bekannt wurde, trat Romano Prodi vor die Presse und erklärte, in Italien sei eindeutig die Demokratie in Gefahr: Mit einem Taschenspielertrick werde versucht, aus einer Minderheit eine Mehrheit zu machen.

Tatsächlich wäre dieses neue Gesetz haargenau auf die augenblickliche politische Situation und die Bedürfnisse der derzeitigen Regierungskoalition zugeschnitten. Diese besteht aus Parteien, die alle über der Vierprozenthürde liegen. Die »Unione« von Prodi hingegen umfasst sechs Parteien, die da Schwierigkeiten haben dürften, allen voran die »Grünen« und die »Italienischen Kommunisten«. Die Stimmen dieser Parteien würden einfach nicht gezählt (bisher sind sie über Direktmandate im Rahmen der Koalition vertreten und erlangen so Fraktionsstatus), was zur Folge haben könnte - darauf scheint wenigstens Berlusconi zu bauen -, dass die rechte Koalition mit etwa 40 Prozent der Wählerstimmen 53 Prozent der Sitze im Parlament bekäme.

Die »Unione« hat sich sofort zu extrem harten Protesten entschieden. Man hat schon damit begonnen, die Arbeiten im Parlament zu blockieren, um zu verhindern, dass das »Betrugsgesetz«, wie es bereits in einem großen Teil der Presse genannt wird, rechtzeitig verabschiedet wird. Weitere Maßnahmen wie eine große Demonstration sind in der Planung.

Ob Silvio Berlusconi diesen Weg der frontalen Auseinandersetzung gehen wird, um seine Regierung eventuell doch noch über die nächsten Wahlen hin zu retten, ist fraglich. Und nicht klar ist auch, ob alle seine derzeitigen Verbündeten gewillt sind, diesen Weg mit ihm zu gehen. Erste Zweifel wurden bereits von den Postfaschisten der Nationalen Allianz und den Christdemokraten angemeldet.