land in sicht ordnungswidrige aktionstage 16. bis 22. august 2002 in hamburg

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Besuch beim Nazi-Kriegsverbrecher Engel

21.08.2002 - Anonym

Dokumentation


Kundgebung mit Farbbeuteln beim Henker von Genua Friedrich Engel

"Tote sind keine anonymen Größen, sondern Menschen mit Namen und Gesichtern, mit Wünschen und Hoffnungen" (italienischer Widerstandskämpfer)

Wir sind heute hier vor dem Haus des SS-Obersturmbannführer Friedrich Engel. Engel ist ein Mörder, verantworlich für den Tod von mindestens 246 Menschen und ungezählten Genueser Juden und Jüdinnen. Obwohl er erst kürzlich von einem Hamburger Gericht zu 7 Jahren Haft wegen 59 fachem Mord verurteilt wurde, wird der rüstige Gartenfreund aus Altersgründen für immer auf freiem Fuß bleiben.

Wir grüssen mit unserer Kundgebung die Angehörigen der Ermordeten der Massaker am Turchino-Pass, am Kloster Benedicta und Cravasko. Und wir grüssen die jüdischen Kultusgemeinden in Genua und die Jüdinnen aus Genua in aller Welt.

Seit Ende 1943 war Engel tätig als Polizeichef von Genua und befehligte bis Kriegsende alle in Ligurien aktiven Gestapo-und SS-Einheiten. Unter seiner Verantwortung wurden 7000 Juden aus Genua deportiert. Unter seiner Verantwortung und Befehlsgewalt wurden 147 gefangene PartisanInnen in der Nähe des Klosters Benedicta erschossen. Auch die Ermordung von 18 Geiseln in Cravasko im März 1945 geht auf Engels Konto.

Die Ermordeten waren Menschen mit Namen und Hoffnungen. Viele der von Engels SS-Schergen Ermordeten, waren Menschen, die an Widerstandsaktionen im Rahmen der italienischen Resistenza beteiligt waren. Für ihre mutigen Taten wurden sie eingesperrt und im Marassi-Gefängnis gefoltert. Für die Hinrichtungen am Turchino-Pass wählte Engel persönlich sich die Todeskandidaten für die anstehende "Sühnemaßnahme" aus. Die "Teilnahme" am Hinrichtungskommando war freiwillig, auf Anordnung des "Kommandanten Engel" wurden belegte Br�tchen und dreißig Flaschen Cognac bei der Exekution serviert. Engel, "eine respektable Erscheinung, Pistole in der Hand, guckte sich das Gemetzel an", so ein Augenzeuge der Hinrichtung vor Gericht. Mindestens ein Opfer, das zunächst nur verletzt gewesen sei, habe Engel selbst erschossen.

Engel ist ein Mörder mit vielen Gesichtern. Vorneweg bei der Partisanenbekämpfung in Ligurien, bei Säuberungsaktionen und Vergeltungsmaßnahmen nach Angriffen der Resistenza. Als Polizeichef und SD -Chef von Genua ist er persönlich der Befehlsgeber und Verantwortliche für Folter, Deportationen und Hinrichtungen. Das er überhaupt in Deutschland verurteilt wird, ist der Tatsache geschuldet, das die italienische Öffentlichkeit und Militärjustiz Druck auf die deutsche Justiz verübte und das sich - möglicherweise- die gesellschaftliche Macht der Täter verringert hat. Nach dem Abtreten der berüchtigten Staatsanwälte vom Kaliber eines Klaus Schacht von der Dortmunder Znetralstelle für NS-Kriegsverbrechen, gibt es keine Freispruchgarantie mehr für Mörder und das ist gut so. Trotzdem ist die Begründung für den Urteilsspruch von Hamburg skandalös. Dieses deutsche Gericht legitimiert die Praxis der Deutschen, Tausendfach gefangene Partisanen als Geiseln zu erschießen. Geiselerschießungen seien "völkerrechtliches Gewohnheitsrecht." Sogar Massaker an der Zivilbevölkerung werden so als "Sühnemaßnahmen und "Vergeltungsaktionen" als legitime Reaktionen auf "ungesetzliche Partisanenaktionen" ausgewiesen. Nur "die Brutalität bei der Hinrichtung" habe die "Humanitätsschranke" durchbrochen und Engel symbolische 7 Jahre eingebracht, die er nicht mal absitzen muß. Für den Mord an den 59 Italienern am Turchino Pass ist das ein günstiges Ergebnis für den ehemaligen SD-Chef von Genua. Die "kleinen" Mörder in Wehrmachts- und SS-Uniformen brauchen sich bei solch einem Urteil keine Sorgen mehr zu machen. Sie bleiben unbehelligt, sie sind entweder nur Mord- Gehilfen (verjährt) oder gezwungen worden. Die höheren Chargen können sich letztendlich auf den immer noch auf "Führerbefehl" und Befehlsnotstand berufen. Diesen Kern des Urteils gilt es mit praktischen Initiativen anzugreifen.

Kein Vergeben - Kein Vergessen!