GRENZCAMP 2001   FRANKFURT/M AIRPORT

 
4. antirassistisches Grenzcamp vom 27. Juli bis 5. August 2001 beim Flughafen Frankfurt/Main
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Antira heißt Autobahnfahren

zelten mit freien Radios
von Blue - - 03.08.2001 11:52

RadioaktivistInnen aus sechs Städten tummeln sich auf dem Camp. Für die Frauen vom FSK Hamburg hat die Telekom viel vermasselt. Doch so geht es auch.

Sie fragen die Leute von der Vokü, wieviel Kilo Zwiebeln sie schon geschält haben, oder die Verkäufer der Eisdiele in Kelsterbach, wie sie denn die vielen jungen Leute mit den zotteligen Haaren finden. Den halben Tag rennen die Frauen vom Freien Sender Kombinat (FSK) Hamburg (www.fsk-hh.org) über die Wiese und halten Leuten ihr Mikro vor die Nase. Sämtliche Camp-Initiativen haben sie schon den Hamburgern vorgestellt. Die andere Hälfte des Tages verbringen sie im Auto, behaupten sie. Das stimmt nicht ganz: Jeden Tag von 17 bis 19 Uhr sitzen sie im Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden und machen ihre Sendung.
Auf dem Camp gibt es sechs freie Radios. Die Leute von Coloradio Dresden, Radio Unerhört aus Marburg (90,1), Wüste Welle Tübingen, GZSZ aus Köln, Radios Resistenz aus Frankfurt a. M. (auf Radio X 101,4) und von FSK (90,3) machen unkommerzielles linkes Radio in ihren Städten.
Auf dem Camp wollten die FSKlerinnen mal die Studioarbeit auf die Wiese verlegen. Es sollte ein großes Radiozelt geben. "Wir dachten uns, die Leute kommen zufällig vorbei, fragen, was wir machen, und wir interviewen sie dann - vielleicht weil sie gerade von der Schülerinitiative aktiv gegen Abschiebung in Bamberg sind oder auch nur so", erzählt Birte. In den vergangenen zwei Jahren gab es so ein Radiozelt. Dort wurden allerdings Sendungen für einen Piratensender gemacht. Die Radiomacher hatten sich eine Frequenz vor Ort ausgesucht, auf der sie für das Camp und die umliegenden Orte berichteten. In Zittau schaute 1999 nur einmal ein Beamter vom zuständigen Amt in Westdeutschland vorbei. Die Zittauer hätten ihn informiert, dass es hier ein illegales Radio gebe, sagte der Mann. Doch recht kooperativ fügte er hinzu, dass er sich das gar nicht vorstellen könne. Er bekam eine Platzführung und fuhr wieder davon.
In Forst rückten dagegen gleich mehrere Hundertschaften BGSler an, um den Sender zu finden. Sie wurden als Arschlöcher beschimpft, durchsuchten einige Busse und fanden ihn nicht.

Viele freie Radios, die dieses Jahr dabei sind, hätten nichts dagegen gehabt, wieder einen Piratensender zu machen. Aber direkt neben dem Flughafen ist das heikel. "Möglicherweise gerätst du in eine Militärfunkfrequenz - die fackeln nicht lange, da bist du schnell einen Kopf kürzer"; sagt Birte. Darum produzieren die meisten Sender nur Berichte, die sie via Internet in die heimatlichen Redaktionen schicken (auch unter www.freie-radios.net).
Die Technik von FSK ist etwas anders. Ihr sogenanntes "Musiktaxi" ist ein Übertragungswagen im Kofferformat. Damit können sie von überall, wo sie gerade sind, komplette Sendungen live nach Hamburg senden. Die FSKlerinnen haben große Boxen mitgebracht, die den Platz beschallen sollten. Jeder auf dem Camp hätte erfahren können, dass die HelferInnen der Vokü am Montag 50 Kilo Zwiebeln geschält haben. Nur: man braucht dazu eine ISDN-Leitung. Die Telekom war beauftragt, zwei davon zu legen. Doch jetzt heißt es dort, einen solchen Auftrag habe es nie gegeben.
Und so verbrachten die Frauen vom FSK gemeinsam mit ein paar WebjournalistInnen die ersten Tage damit, Klinken zu putzen. "Entschuldigung, haben Sie vielleicht rein zufällig eine ISDN-Leitung, die wir benutzen können?" Das bekamen ortsansässige Pastoren und AktivistInnen der Bürgerinitiative gegen Fluglärm zu hören, aber auch jede, die sich auf der Straße aufhielt und irgendwie so aussah, als habe sie ein Herz für Antirassisten. Der Erfolg war mäßig - immerhin funktioniert das Webjournal nun leidlich (ein dickes Dankeschön an die Telefonbesitzer). Die FSKlerinnen fanden in einem Nachbarort ein WG-Zimmer im vierten Stock. Doch diese provisorische Lösung konnte nur am ersten Tag funktionieren. "Mach mal einer WG klar, dass du ihre Wohnung für ein paar Stunden pro Tag in ein kleines Studio verwandeln musst", sagt Birte. "Und schlepp dann auch noch 150 Kilo in den vierten Stock bei 40 Grad Hitze."
Jetzt müssen die FSKlerinnen täglich ein paar Kilometer Autobahn nach Wiesbaden zurücklegen. Doch nicht nur das. Ein paar von ihnen fahren dazu noch nach Frankfurt, um dort eine Sendung zu bestreiten. Denn just pünktlich zum Grenzcamp gabs Knatsch bei Radio Resistenz. Wie gut, dass gerade RadioaktivistInnen fünf anderer freier Radios in der Nähe waren. In einer Feuerwehraktion stellten die Radios aus Dresden, Marburg, Tübingen, Köln und Hamburg Leute ab, um die eine Stunde, die Resistenz auf Radio X sendet, nicht sinnfrei verstreichen zu lassen.
Bei 35 Grad Hitze die meiste Zeit auf der Autobahn und noch kein mal schwimmen gewesen: Das richtige Sommercamp-feeling kommt bei den Radiomacherinnen jedenfalls nicht auf. Doch das war auch nicht geplant: "Wir konnten uns nicht vorstellen, hierher zu fahren, ohne aktiv etwas zu machen", sagt Birte. Nach ein paar Sekunden fügt sie hinzu: "Allerdings kann ich auch Zwiebeln schneiden, vielleicht wäre das eine Option gewesen."