GRENZCAMP 2001   FRANKFURT/M AIRPORT

 
4. antirassistisches Grenzcamp vom 27. Juli bis 5. August 2001 beim Flughafen Frankfurt/Main
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Selbstmordversuche, Psychiatrisierung, Kinderknast

Das Internierungslager für Flüchtlinge auf dem Frankfurter Flughafen mußaufgelöst werden!
von campzeitung - - 24.07.2001 16:22

Naimah Hadjar lebte bereits seit acht Monaten im Internierungslager des
Frankfurter Flughafens, bis sie es nicht mehr aushielt und ihrem Leben ein Ende setzte. Unterbrochen wurde diese Zeit nur durch Aufenthalte im Preungesheimer Gefängnis und im Krankenhaus. Dass es nicht noch mehr Tote gab, ist Zufall: mehr als 30 Suizidversuche von Flüchtlingen gab es in den vergangenen Jahren.

Das Leben der bis zu 80 im Internierungslager
festgehaltenen Menschen ist geprägt von der Unsicherheit über ihre weitere
Zukunft, von der Angst vor einer Abschiebung in das Land, aus dem sie
geflohen sind, und von der hilflosen Untätigkeit, zu der sie gezwungen
werden. Seelische und körperliche Zusammenbrüche sind häufige Folge dieser
gefängnisähnlichen Unterbringung.

Zwei Beispiele* von vielen:

Frau F. aus
dem Bürgerkriegsland Algerien: Am 79. Tag ihres Aufenthalts im
Internierungslager erleidet sie einen Nervenzusammenbruch. Sie kommt für
11 Tage in die Psychiatrie und danach zurück zum Flughafen. Am 111. Tag
wird sie erneut in die Psychiatrie eingewiesen und bleibt dort für neun
Wochen. Nach mehreren Suizidversuchen, u.a. nach dem Trinken von
Reinigungsmitteln, wird sie ans Bett fixiert. Nach 179 Tagen schließlich
darf sie einreisen.Herr K. aus dem Bürgerkriegsland Angola: Nach der
Ablehnung seines Asylantrags ist Herr K. nervlich am Ende: er sitzt im
Aufenthaltsraum, weint und betet. Die Nacht vom neunten zum zehnten Tag
seines Aufenthalts verbringt Herr K. betend. Er erhält Beruhigungsmittel
vom Psychiater. Herr K. schildert aus Angola: Explodierende Bomben und
Minen, verletzte und verstümmelte Menschen. Eine Mitarbeiterin des
Flughafen-Sozialdienstes notiert: "Es ist offensichtlich, daß er noch
stark traumatisiert ist und großer Bedarf an der Verarbeitung der
Erlebnisse besteht. Die Erinnerungen in Verbindung mit der Angst vor einer
Zurückweisung wirken sich physisch in Kopf- und Nackenschmerzen aus. Er
hat das Gefühl, verrückt zu werden." Wegen seiner Depressionen wird Herr
K. am zwölften Tag seines Aufenthalt ins Krankenhaus überwiesen. Sein
Asylantrag wird am 22. Tag auch vom Verwaltungsgericht abgelehnt. Einen
Tag später wird er nach Angola abgeschoben.

Bundesinnenminister Otto Schily
will diese Situation jetzt noch verschärfen: durch die Einrichtung eines
Abschiebegefängnisses auf dem Flughafen.

Otto Schilys Kinderknast

Wer nach
dem Antritt der rot-grünen Regierung auf eine Verbesserung der Situation
für Flüchtlinge gehofft hatte, wurde schnell eines besseren belehrt. Nur
sechs Wochen nach dem Weltkindertag wurde am 1. November 1999 eine
geschlossene Unterkunft am Frankfurter Flughafen für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge in Betrieb genommen. In die Wege geleitet hat
dieses Projekt Bundesinnenminister Schily. Es richtet sich gegen die
hilfloseste Flüchtlingsgruppe, die alleinstehenden Kinder und
Jugendlichen. Vorher durften Kinder unter 16 Jahren, die über den
Frankfurter Flughafen ankamen, sofort einreisen, um ihr Asylverfahren zu
betreiben. Ab sofort jedoch wurden jetzt auch Kinder dem
Asylschnellverfahren ausgesetzt. In einem vom BGS bewachten Gebäude mit
Blick durch Panzerglas auf Stacheldrahtzäune und Militärfahrzeuge des BGS
erleben die Kinder ihr Verfahren: Eingesperrt in einer Dienststelle des
BGS und konfrontiert mit ihnen unbekannten Menschen, mit einer Sprache,
die sie nicht verstehen und einer undurchschaubaren Bürokratie
ausgeliefert. Vor dem Hintergrund möglicher Traumatisierungen durch Krieg,
Flucht und der Trennung von der Familie ist dieser Kinderknast mehr als
menschenunwürdig.

Erstes Opfer dieser Schily-Maßnahme war Sara, ein
15-jähriges Mädchen aus Eritrea. Nach Zwangsrekrutierung und Einsatz als
Sanitäterin an der Front im Kriegsgebiet zwischen Eritrea und Äthiopien
wurde sie durch Granatsplitter am Bein verletzt. Nach ihrer Flucht wurde
die traumatisierte Sara gleich im neuen Kinderknast interniert. Erst nach
mehreren Protestbriefen an das Bundesinnenministerium durfte Sara, deren
Asylantrag im "Flughafenverfahren" abgelehnt wurde,
einreisen.

Hungerstreiks und Proteste

Seitdem es das Internierungslager
gibt, hat es immer wieder Proteste und Hungerstreiks der dort Inhaftierten
gegeben. Pro Asyl und andere Menschenrechtsorganisationen fordern seit
langem seine Abschaffung. Das Antirassistische Grenzcamp wird diese
Forderung in den nächsten Tagen mit zahlreichen Aktionen auf dem
Flughafengelände unterstützen.Weder Kinder noch jugendliche oder
erwachsene Asylsuchende gehören hinter Stacheldraht und Panzerglas.

Freie Einreise für alle Flüchtlinge!

* nach Berichten des Flughafen-Sozialdienstes

Zitate von Flüchtlingen im Internierungslager:

»Der Mensch braucht Veränderungen, Freiheit. Wir aber drehen uns hier in
einem leeren Kreis.«»Man fühlt sich wie im Gefängnis: total beengt. Ich
verbringe schlaflo-se Nächte, man hat einfach nichts zu tun.«»Ich denke
ständig an meine Probleme und daran, wie es weitergeht«»Ich habe manchmal
das Gefühl, dass das Nervensystem in dieser Einrichtung kaputt geht. Das
heißt, dass man die Möglichkeit zum Reden verliert. Die Angst vor der
un-bekannten Zukunft macht mich fertig.«»Das Nachdenken, die Angst gehört
zu meinem Alltag. Ich bin hier nicht willkommen, man will mich hier nicht.
Warum?«