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Editorial

Hallo liebe Schüler und Schülerinnen!

Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass man nach der Schule keinerlei Anstrengung in die Suche nach erfolgreichen Jobs mehr zu stecken braucht? Wenn wir alle einmal groß sind, und ALG II beziehen, gibt es einfach gar keine erfolgreichen Jobs mehr. Alles was dann noch zu tun bleibt, ist die eigene Arbeitskraft ohne Vorbehalte der staatlichen Verwaltung zu übergeben, für 1 Euro pro Stunde zu arbeiten, umzuziehen, wenn es in Oberschnurpsheim noch ein paar Beete zu harken gibt usw. Das Prinzip, dass wer nicht arbeitet auch nicht essen darf, wurde zwar von der wild um sich schlagenden „unsichtbaren Hand“ des Marktes schon immer durchgesetzt, aber nun ist es auch wieder Staatsdoktrin. Und auch Verteidigungsminister Struck brachte gute Ideen zur Beschäftigung der millionenstarken Armee der Rechtlosen ein: Warum nicht bei der Bundeswehr zu Übungszwecken als Statisten verpflichten? In jedem Manöver wird doch wohl noch ein kleiner Platz für den ein oder anderen Nutzlosen übrig sein, oder?
Die Pessimisten unter euch werden jetzt denken „Oh nein! Schlimmer kann’s ja gar nicht mehr werden!“. Wir von Tomorrow sind allerdings keine Pessimisten. Wir wissen, dass es sehr wohl noch um einiges schlimmer werden kann. Dies ist für uns Grund genug, die dritte Ausgabe unserer Zeitung erneut dem Vorhaben zu widmen, anderen Jugendlichen eine gesellschaftskritische Sicht auf die Dinge ans Herz bzw. an den Kopf zu legen. Ohne den Versuch, die jetzige Gesellschaftsform zu durchschauen und die Formen ihrer Gewalt zu erklären, wird man sie ja wohl kaum abschaffen können. Außerdem hoffen wir einmal mehr, dass ihr euch bei uns meldet, wenn ihr Anschluss an eine Organisierung von Jugendlichen sucht, wenn ihr es satt habt euren Frust alleine mit euch herum zu tragen oder wenn ihr Kritiken an unserer Vorstellung von Gesellschaftskritik habt. Dies könnt ihr entweder per e-mail (tomorrow@left-action.de) oder ihr besucht uns Freitags 19:00 Uhr in der Braustr. 20 in Leipzig. Dort veranstalten wir jede Woche ein Jugendcafé, welches durch Vorträge und Diskussionen versucht, linke Kritiken dieser Gesellschaft einführend zu erklären. Um das Ganze interessant zu gestalten, sind wir allerdings auf eure Wünsche angewiesen. Wenn ihr also Interesse habt und Anschluss an andere linke Jugendliche sucht oder schon immer mal vom Stapel lassen wolltet, warum ihr uns so scheiße findet, stattet uns einfach einen Besuch ab. Ansonsten ist ja leider alles beim alten geblieben. Die Verteilung von Gütern im Kapitalismus kostet täglich tausende Menschen den Tod, die Arbeitenden sind immer gestresster während den Arbeitslosen immer mehr ein vernünftiger Lebensstandard abgesprochen wird, Deutschland stinkt und der aggressive Klang des Weckers lässt jeden Morgen aufs Neue das höllische Fegefeuer im eigenen Zimmer brennen. Alles ist halt beim Alten geblieben.
Doch Moment, sagte ich alles? Das war falsch. Wir planen für die nächsten Ausgaben dieser Zeitung oder auch für unsere Website eine Rubrik, die ganz allein euren Leserbriefen gewidmet werden soll. Die inhaltliche Füllung dieser Rubrik liegt allerdings ganz in euren Händen, liebe Leser und Leserinnen. Desweiteren gab es einige Änderungen in der Gestaltung unserer Zeitschrift. Da wir selbst Jugendliche sind und die meisten ebenfalls noch mitten in der Diskussion bestimmter Themen standen, hatten wir den Anspruch, dass jegliche Veröffentlichung von uns vorher so lange gemeinsam gelesen und diskutiert wurden, bis alle von sich sagen konnten, dass sie es verstanden und für gut befunden hatten. Die Texte wurden also so lange diskutiert und umgeschrieben, bis sie von allen Tomorrows mitgetragen werden konnten. Aufgrund des enormen zeitlichen und organisatorischen Aufwands, den diese Methode mit sich brachte, änderten wir diese Art der Veröffentlichung. In dieser Zeitschrift werden also erstmals Texte zu lesen sein, die nicht unbedingt die Gruppenmeinung von Tomorrow wiedergeben, sondern die der einzelnen Autoren.
Ansonsten wünschen wir euch noch einen schönen Herbst und Winter, uns natürlich auch und den Nazis die Pest an den Hals. Immer dran denken: Die Revolution beginnt mit einem kritischen Geist und einem guten Buch, äh....Heft.

Tomorrow