Infos/Artikel zu Marilyn Buck

Beitrag für die Totengedenkfeier für Albert Nuh Washington
am 22. April 2000 in Oakland, Kalifornien.

Es freut mich, daß Menschen zusammen gekommen sind um unserem geliebten Genossen Bruder Nuh zu gedenken und daß ich diese Möglichkeit habe, etwas zu ihm zu sagen.

Ich erinnere mich nicht mehr, wann oder wie ich Nuh das erste Mal kennenlernte, und wenn ich es wüßte, würde ich es wahrscheinlich nicht sagen können! Wir hatten uns viele Jahre lang hin und wieder geschrieben, je nach dem wie unsere eigene Situation gerade war. Über die Jahre wurden unsere Briefe immer kürzer und seltener. Die Zeit ist zermürbend, und die Bedingungen unserer jeweiligen Gefangenschaft waren immer hart. Nichtdestotrotz, wächst nach wie vor die Liebe und der Respekt, die ich für Nuh hege, wie eine Oase in der Wüste.

Wenn ich die Augen schließe, sehe ich Nuh im Frühling 1988. Mutulu Shakur und ich standen vor Gericht, und der Richter hatte es unseren Anwälten bewilligt, potentielle Entlastungszeugen zu befragen. Es wurde zur erhellendsten und geschätztesten Zeit, die ich seit meiner Festnahme im Mai 1985 erlebte. Unsere Zeugen waren u.a. Bruder Nuh und die Kriegsgefangenen Geronimo ji jaga und Sekou Odinga wie auch die politischen Gefangenen Susan Rosenberg, David Gilbert und Chui Ferguson, das war ein Treffen! Wie schön es war abends nach der Gerichtsverhandlung und an den Wochenenden im Kreis zusammenzusitzen.

Während dieser Zeit verfaßten wir, von Mutulus weitreichender Sicht der Lage der Kriegsgefangenen geleitet, einen juristischen Schriftsatz in Bezug auf politische Straftaten, auf die Ausnahmeklausel über politische Straftaten im internationalen Gesetz und vor allem für unser Recht als Kriegsgefangene und politische Gefangene behandelt zu werden. Nuh war unser weiser, großer alter Mann - warm, aufmerksam und mit klarem Durchblick. Für ihn, wie für einige der anderen GenossInnen, war es das erste Mal seit vielen Jahren, daß er die Möglichkeit gehabt hatte, mit anderen politischen Gefangenen zusammen zu kommen - außer unseren vom Gericht angeordneten gemeinschaftlichen Rechtsberatungen war er immer in Isolationshaft im Gefängnis im Bundesstaat New York. Ich glaube, daß es eine außergewöhnliche und kostbare Zeit für uns alle war. Für mich war es aufregend und ermutigend diese Zeit zusammen zu verbringen, besonders mit Nuh und G., die so viele Jahre in Isolation verbracht hatten. In jenen wenigen Wochen fühlte ich mich gestärkt durch ihre Standfestigkeit trotz der außerordentlichen Bestrafung und Grausamkeit, der sie ausgesetzt waren.

Durch diese innerliche Stärkung war ich besser vorbereitet auf die Jahre der Gefangenschaft und Entbehrungen. Wie erstaunlich Nuh damals war und immer noch ist, stark, würdevoll, zielgerichtet in der Absicht und dem Widerstand gegen eine lebenlange Erniedrigung, verübt durch die weißen herrschsüchtigen Kolonialisten und ihre Handlanger im Gefängnis. Nuhs Fähigkeit sich zu behaupten - nein, sie zu überwinden - leuchtet wie ein Stern, der viele Lichtjahre unterwegs ist, bevor er unsere Augen -müde von den Verlusten und Schmerzen, welche wir, die die Freiheit und Gerechtigkeit lieben, tagtäglich erleiden müssen - erreicht und erwärmt. Jedesmal wenn ich meine ermüdeten Augen schließe, werden die kalten Tatsachen meines eigenen Lebens durch Nuhs Mut erhellt und erwärmt. Bruder Nuh wird solange leben wie wir leben - sowohl in den Gedanken wie auch im Herzschlag des Kampfes für menschliche Würde, Gerechtigkeit und Befreiung.

Danke Nuh, daß es dich gegeben hat. Ich liebe dich.

Marilyn Buck

Infos/Artikel zu Marilyn Buck