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Starke Blutungen

Grundüberlegungen

Um die Gefährlichkeit akuter Blutungen richtig einschätzen zu können, solltest Du einige Grundüberlegungen anstellen:

Wieviel Blut hat ein Mensch im Körper?

Durchschnittliche Erwachsene etwa 6 Liter. Das ist natürlich nur ein grober Anhaltspunkt, denn Menschen sind ja bekanntlich sehr unterschiedlich.

Wieviel davon hat Deine Verletzte verloren?

Erfahrungsgemäß ist es kaum möglich, einen Blutverlust genau zu ermitteln. Zum einen wirkt Blut immer dramatisch, was zu Überschätzung der verlorenen Blutmenge führt, zum anderen sieht die gleiche Menge Blut auf unterschiedlichem Untergrund sehr verschieden aus. In Sand beispielsweise kann eine Menge Flüssigkeit versickern. Wenn Du Dir einen "Spaß" machen möchtest, kippe doch mal einen halben Liter Tomatensaft auf Deinen Küchenfußboden. Du hast dann etwa die Menge, die bei einer Blutung als kritisch angesehen wird. Viel Freude beim putzen ;-)

Zur Beurteilung einer akuten Blutung ist die verlorene Blutmenge also kein geeignetes Kriterium! Besser ist es, die Reaktion des Körpers zu untersuchen.

Welche Störungen sind durch den Blutverlust zu erwarten?

Blut ist bekanntlich das Transportmedium für Sauerstoff und Nahrung im Körper. Fehlt ein Teil davon, kann es zu Versorgungsengpässen kommen. Die davon betroffenen Körperorgane können dann ihre Aufgaben nicht oder nicht ausreichend erfüllen. Meistens treten diese Störungen zuerst im Gehirn auf. Sauerstoffmangel führt hier zu Schläfrigkeit, Benommenheit oder sogar zu Bewußtlosigkeit und zum Absterben von Hirnzellen.

Sind von dieser Minderdurchblutung auch Teile der Lungen betroffen kommt jetzt natürlich noch ein weiteres Problem hinzu: Lungenregionen, die nicht durchblutet werden, können auch keinen Sauerstoff an das Blut abgeben. Die Unterversorgung wird also noch gesteigert.

Wie versucht der Körper den Blutverlust auszugleichen?

Der Körper bemerkt natürlich den durch den Blutverlust ausgelösten Sauerstoffmangel. In der ersten Zeit nach dem Notfallgeschen versucht er diesen Mangel zu kompensieren, indem er die Herzfrequenz erhöht (Tachykardie). Auf diese Weise wird das Blut schneller durch die Gefäße zu den Organen befördert.

Gleichzeitig jedoch steht dem Herz weniger Blut zur Verfügung. Das Blut wird zwar schneller transportiert, insgesamt ist jedoch auf diese Weise keine bessere Sauerstoffversorgung zu erreichen. In der nächsten Stufe versucht der Körper die Blutversorgung auf die Organe im Körperkern zu beschränken (Zentralisation).

In dieser Phase wird die Haut blaß und Du kannst am Arm nur noch sehr erschwert einen Puls tasten, der zudem sehr schnell ist. Diesen Zustand nennt man Schock (Blutungsschock/ Volumenmangelschock). Ein Schock ist immer akut lebensbedrohlich - Du benötigst dringend den Rettungsdienst!

Lange Rede - kurzer Sinn: lebensbedrohliche Blutungen sind selten, aber eben lebensbedrohlich. Wie immer wenn Lebensgefahr besteht mußt Du sofort handeln. Zu den hier geschilderten Maßnahmen kommt dann noch die Schockbekämpfung hinzu (siehe "Schock").

Abdrücken

Die beste und effektivste Sofortmaßnahme bei starken Blutungen ist das sofortige Abdrücken der Blutversorgung vor der Wunde, d.h. zwischen dem Herz und dem Ort der Verletzung. Geeignet sind dazu im Prinzip alle Arterien, die in der Nähe der Körperoberfläche verlaufen. Am besten funktioniert das Abdrücken an den Schlagadern, an denen Du auch den Puls gut tasten kannst. Das Finden der entsprechenden Stellen solltest Du regelmäßig üben, um Sicherheit zu gewinnen - aber Vorsicht: wenn Du die Arterien stark zusammendrückst, unterbindest Du den Blutfluß und das ist nur im Notfall erwünscht.

In der Praxis wirst Du starke Blutungen vor allem bei "klassischen" Handwerkerunfällen, wie Verletzungen durch Messer, Beitel und Sägen erleben. Sie betreffen in der Regel die Extremitäten (Arme und Beine). Zum Abdrücken kommen folglich vor allem die Oberarmschlagader (Arteria brachialis) und die Leistenschlagader (Arteria femoralis) in Frage.

Den Druckpunkt an der Oberarmschlagader findest Du, indem Du Dich zwischen den beiden Muskelsträngen hindurch bis zum Knochen hindurchtastest. Die Arterie hast Du gefunden, wenn Du ein deutliches Pochen wahrnehmen kannst. Zum Abdrücken mußt Du die Schlagader fest gegen den darunterliegenden Knochen pressen.

Hilfreich ist es auch, den betroffenen Arm hochzuhalten, da dies die austretende Blutmenge zusätzlich vermindert. Auf dem Bild ist eine andere Methode des Abdrückens dargestellt, bei der manche einen besseren Druck ausüben können.

Das Abdrücken der Oberschenkelschlagader erfordert viel Kraft und soll grundsätzlich mit beiden Händen erfolgen.

Weiterversorgung

Starker Blutverlust kann einen Schock auslösen! Bringe die Verletzte in die Schocklage, decke sie zum Wärmerhalt zu und ergreife ggf. weitere Maßnahmen zur Schockbekämpfung.

Zur weiteren Versorgung der Wunde wird meistens ein Druckverband vorgeschlagen.

Amputationsverletzungen

Eine auf Demos eher selten anzutreffende Verletzungsart - hat's aber auch schon gegeben und zwar verursacht durch eine "explodierende" Tränengasgranate.

Grundsätzlich musst Du bei Amputationsverletzungen - hierzu gehört auch die sogenannte Teilamputation - wie bei starken Blutungen vorgehen. Zur Blutstillung hat es sich schon häufig als vorteilhaft erwiesen, keine Verbände zu wickeln, sondern die Wunde nur mit einem Verbandtuch abzudecken und dann mit einem Ballen Verbandstoffen auf die Blutungsstelle zu drücken.

Hinweis: der Umgang mit Amputaten wird demnächst auf einer eigenen Seite beschrieben!