Transporte von Uranhexafluorid über den Hamburger Hafen und durch das Hamburger Stadtgebiet

 

(Letzte Aktualisierung: 27.09.2011)

Über das Hamburger Stadtgebiet und den Hafen gehen eine Vielzahl von Atomtransporten. Hamburg ist eine Drehscheibe zur Versorgung und zur Entsorgung der AKWs im internationalen Atomgeschäft.
Uranoxide, das extrem giftige Uranhexafluorid, unbestrahlte und bestrahlte  Brennelemente oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden im Hamburger Hafen umgeschlagen und/oder durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert.

- Uranhexafluorid-Transporte durch Hamburg
-  Uranhexafluorid-Transporte aus Urananreicherungs-Anlagen durch Hamburg 
    zu der Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Västeras/Schweden  
-  Uranhexafluorid-Transporte aus Urananreicherungs-Anlagen über Hamburg nach Südkorea
-  Uranhexafluorid-Transporte aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau 
    über den Hamburger Hafen in die USA
-  Uranhexafluorid-Transporte von der Techsnabexport (TENEX) in Moskau in Russland durch Hamburg 
    in die Brennelementfabrik der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF)  in Lingen

Uranhexafluorid-Transporte durch Hamburg

Durch das Hamburger Stadtgebiet erfolgten laut Angaben des Hamburger Senats in den letzten fünf Jahren insgesamt 166 Transporte von angereichertem Uranhexafluorid (UF6). Davon wurden über 133 Transporte an angereichertem Uranhexafluorid aus europäischen Urananreicherungs-Anlagen zu den Brennelementfabriken im In- und Ausland durchgeführt, wobei mehr als 1300 Tonnen angereichertes Uranhexafluorid befördert wurden. (Bei 24 Transporten von angereichertem Uranhexafluorid lag die Menge jeweils unter 120 kg UF6.)
Dies geht aus der Antwort der Hamburger Senats auf eine Große Anfrage in der Hamburger Bürgerschaft mit dem Titel "Atom-Transporte durch den Hamburger Hafen und das Hamburger Stadtgebiet", Drucksache (Drs.) 19/3835 Anlage 1, vom 11.09.09 eindeutig hervor.
Über Transporte von nicht angereichertem Uranhexafluorid (UF6 aus Natururan) und Transporte von abgereichertem Uranhexafluorid durch den Hamburger Hafen und das Hamburger Stadtgebiet in den letzten fünf Jahren gibt der Hamburger Senat in der Antwort auf die Große Anfrage (Drs. 19/3835) dagegen nur ungenügend Auskunft.
Deshalb bezieht sich die folgende Auswertung lediglich auf die Transporte von angereichertem Uranhexafluorid ("Kernbrennstoffe" im Wortlaut des Atomgesetzes) aus europäischen Urananreicherungs-Anlagen zu den Brennelementfabriken im In- und Ausland:

 

1. Uranhexafluorid-Transporte aus Urananreicherungs-Anlagen durch Hamburg zu der Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Västeras/Schweden

Nach Angaben des Hamburger Senats in der Drs. 19/3835 Anlage 1 erfolgten im Zeitraum vom 05.05.2004 bis zum 10.08.2009 insgesamt 69 Transporte mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) aus Urananreicherungs-Anlagen in der EU auf der Straße durch das Hamburger Stadtgebiet zu der Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Västeras/Schweden.
(In Schweden befindet sich keine Urananreicherungs-Anlage, daher muß das gesamte angereicherte Uranhexafluorid für den Betrieb dieser Brennelementfabrik aus dem Ausland importiert werden. - Urananreicherungs-Anlagen befinden sich in der EU in Gronau/Deutschland, Almelo/Niederlande, Pierrelatte (Tricastin)/Frankreich und Capenhurst/Groß Britannien.)

Dabei wurden insgesamt rund 800 Tonnen angereichertes Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) befördert.

Aus der Urananreicherungs-Anlage in Pierrelatte/Frankreich erfolgten 44 Transporte (561 Tonnen UF6), aus der Urananreicherungs-Anlage in Almelo/Niederlande erfolgten 15 Transporte (142 Tonnen UF6) und aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau erfolgten 10 Transporte (86 Tonnen).

Nach den Listen der Transportgenehmigungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) wurden für diese Transporte Genehmigungen erteilt, die außer dem Straßentransport auch einen Seetransport beinhalten. Es ist daher davon auszugehen, daß diese Uranhexafluorid-Transporte auf der Straße durch Hamburg zu einem Seehafen an der Ostseeküste gingen und dort für den Transport über die Ostsee nach Schweden verschifft wurden. - Da das BfS bei diesen Transporten keinen Umschlag genehmigt hatte, ist eine Beförderung mittels Ro/Ro-Frachtfähren wahrscheinlich.  - Als möglicher Hafen kommt z.B. Rostock in Frage.

Nach Mitteilung des Bremer Senats in der Drs. 17/973 vom 27.10.09 auf eine Große Anfrage "Atomtransporte durch das Land Bremen" erfolgte ein Transport mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) am 24./25.10.06 aus der Urananreicherungs-Anlage in Almelo/Niederlande durch das Land Bremen per Lkw (über das Hamburger Stadtgebiet) nach Rostock, von dort aus weiter mittels Schiff nach Schweden zu der Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Västeras.  

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern gibt im Internet zu den 'Kernmaterialtransporten' in Mecklenburg-Vorpommern bekannt: "Transportiert werden überwiegend unbestrahlte Brennelemente über den Seehafen Rostock von und nach Schweden. Mecklenburg- Vorpommern ist dabei Transitland. Die Transporte erfolgen bis/ab Seehafen Rostock per LKW, der Transport von/nach Trelleborg [Schweden] erfolgt auf dem Wasserwege."

Am 29.12.08 wurde ein Transport (1,5 Tonnen UF6) mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) von der Firma Techsnabexport (TENEX) in Moskau aus der Urananreicherung in Russland kommend auf dem HHLA Containerterminal Burchardkai umgeschlagen und zur Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Västeras/Schweden weiterbefördert. Dieser Transport wurde laut den Angaben des Hamburger Senates sowohl als Straßen- als auch als Schiffstransport durchgeführt.

 

2. Uranhexafluorid-Transporte aus Urananreicherungs-Anlagen über Hamburg nach Südkorea

Nach Angaben des Hamburger Senats in der Drs. 19/3835 Anlage 1 erfolgten im Zeitraum vom 11.08.2004 bis zum 05.07.2009 insgesamt 26 Transporte mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) aus Urananreicherungs-Anlagen in Europa über den Hamburger Hafen und weiter auf dem Seeweg nach Südkorea zur Firma Korea Hydro Nuclear Power Company in Seoul.
(In Daejeon/Südkorea befindet sich eine Brennelementfabrik der Korean Nuclear Fuel. - Südkorea verfügt über keine großtechnische Urananreicherungs-Anlage, daher muß das angereicherte Uranhexafluorid für den Betrieb der Brennelementfabrik in Daejeon aus dem Ausland importiert werden.)  

Auf eine Große Anfrage von der Fraktion 'Die Linke' in Hamburger Bürgerschaft mit dem Titel "Atom-Transporte durch den Hamburger Hafen und das Hamburger Stadtgebiet" antwortete der Hamburger Senat am 02.06.09 in der Drucksache 19/3011:
Frage von der Fraktion 'Die Linke': "1. Bezogen auf Transporte von radioaktiven Stoffen (zum Beispiel Uranhexafluorid, Uranoxide und andere radioaktive Stoffe, wie zum Beispiel Brennelemente für Atomkraftwerke) in und aus dem Hafen von Hamburg sowie durch das Hamburger Stadtgebiet innerhalb der letzten fünf Jahre (bitte in tabellarischer Auflistung und nach Datum sortieren): a) Wann erfolgten Transporte von radioaktiven Stoffen innerhalb der letzten fünf Jahre (Datum des Eingangs beziehungsweise Ausgangs)? b) Welche Schiffe (bitte mit Angabe der Schiffsnamen und der dazugehörigen Reederei) haben innerhalb der letzten fünf Jahre in den Hafen von Hamburg radioaktive Güter angeliefert? c) Welche Schiffe (bitte mit Angabe der Schiffsnamen und der dazugehörigen Reederei) haben innerhalb der letzten fünf Jahre aus dem Hafen von Hamburg radioaktive Güter abtransportiert? d) Wer war der jeweilige Absender (Firma mit Ortsangabe) der transportierten radioaktiven Güter? e) Wer war der jeweilige Empfänger (Firma mit Ortsangabe) der transportierten radioaktiven Güter? f) Wie wurden die jeweiligen radioaktiven Stoffe klassifiziert? g) Um welche beförderten radioaktiven Stoffe handelte es sich dabei? h) Welche Art von Behältern wurde zum Transport (zum Beispiel Castor- Behälter) der radioaktiven Stoffe jeweils verwendet (bitte genaue Typen-Kennung der Behälter angeben)? i) Welche weiteren Beförderungsmittel (zum Beispiel Bahn, Lkw ...) wurden zum Transport der radioaktiven Stoffe jeweils verwendet und welche Unternehmen waren daran beteiligt? j) Wo wurden die radioaktiven Stoffe umgeladen? k) Wie war der Transportweg der radioaktiven Stoffe (bitte mit Angabe der genauen Transportroute)?"
Antwort des Hamburger Senats: "Angaben zu den meldepflichtigen Kernbrennstofftransporten durch Hamburg sind in der Anlage 1 für den Zeitraum vom 5. Mai 2004 bis zum 5. Mai 2009 zusammengestellt. Daten über die im GEGIS gemeldeten Transporte liegen der Polizei nur für die jeweils letzten drei Monate vor. Die Transportvorgänge mit sonstigen radioaktiven Stoffen aus GEGIS sind für diesen Zeitraum in Anlage 2 zusammengefasst. Als Beförderer waren unter anderem die Firmen Aspol Baltic Corporation, Atlantic Container Lines, Hanjin Shipping, Kieserling Spedition & Logistik GmbH, Northern Shipping Company, Nuclear Cargo + Service GmbH, S & G Schwertransporte und Gesamtkranlogistik GmbH und TRANSKEM SPEDITION GmbH tätig. Weitergehende Angaben zu den Transportfirmen und den Schiffsnamen sowie zu den Transportrouten sind aus Sicherheitsgründen bundesweit als Verschlusssache eingestuft. Im Übrigen berühren die Fragen die Einsatztaktik der Polizei, über die der Senat grundsätzlich keine Auskunft gibt."

Über den Hafen von Hamburg werden Atomtransporte mit Containerschiffen der Reederei Hanjin Shipping mit dem Firmensitz in Südkorea (Republik Korea) offensichtlich nach und gelegentlich aus Südkorea durchgeführt. Dabei wird angereichertes Uranhexafluorid (UF6) aus den Urananreicherungs-Anlagen in Gronau und Pierrelatte (F) zur Korea Hydro Nuclear Power Company in Seoul/ROK transportiert. Umschlagort im Hamburger Hafen ist nach Aussagen des Hamburger Senats der HHLA Containerterminal Burchardkai und auch der Eurogate Containerterminal Hamburg. Aus der Urananreicherungs-Anlage in Almelo (NL) erfolgen die Atomtransporte demnach im Transit über den Hafen von Hamburg nach Süd-Korea.
Hanjin Shipping befindet sich nach eigener Aussage im Web unter den weltweiten Top Ten für Container-Transporte. Die Reederei hat demzufolge insgesamt etwa 200 Frachtschiffe für den Transport von Containern, Massengut und verflüssigtem Erdgas (LNG).
Ein Schwerpunkt von Hanjin Shipping ist demnach die Beförderung von Frachten zwischen Europa u.a. über die Häfen von Hamburg, Rotterdam (NL), Antwerpen (B) und Le Havre (F) über den Suez-Kanal nach Südkorea, Japan sowie China und zurück.

Aus der Urananreicherungs-Anlage in Almelo/Niederlande erfolgten 16 Transporte (35 Tonnen UF6). Diese Transporte erfolgten per Schiff aus Richtung der Niederlande über den Hamburger Hafen im Transit und anschließend weiter in Richtung Südkorea. - Aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau erfolgten 8 Transporte (12 Tonnen UF6). Diese Transporte wurden ausschließlich als Straßentransporte aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau zum Hamburger Hafen durchgeführt, dort wurde, nach Aussage der Hamburger Bürgerschaft, das angereicherte Uranhexafluorid auf dem HHLA Containerterminal Burchardkai bzw. dem Eurogate Containerterminal Hamburg für den Schiffstransport umgeschlagen und anschließend auf dem Seeweg nach Südkorea transportiert.

Ein Transport mit angereichertem Uranhexafluorid (1,5 Tonnen UF6, max. 5% Anreicherung) erfolgte am 28.10.05 aus der Urananreicherungs-Anlage der Eurodif Production in Pierrelatte/Frankreich per Lkw in den Hamburger Hafen, dort wurde das Uranhexafluorid auf dem Eurogate Containerterminal Hamburg für den weiteren Seetransport nach Südkorea umgeschlagen. - Am 11.11.05 wurde ein Transport mit angereichertem Uranhexafluorid (1,5 Tonnen UF6, max. 5% Anreicherung) auf dem Seeweg von der Firma Techsnabexport (TENEX) in Moskau aus der Urananreicherung in Russland durchgeführt. Nach dem Umschlag auf dem Eurogate Containerterminal Hamburg erfolgte der weitere Seetransport nach Südkorea.

Dabei wurden über 50 Tonnen angereichertes Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) befördert.

 

3. Uranhexafluorid-Transporte aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau über den Hamburger Hafen in die USA

Nach Angaben der Hamburger Senats in der Drs. 19/3835 Anlage 1 erfolgten im Zeitraum vom 04.03.2008 bis zum 18.07.2009 insgesamt 16 Transporte mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) aus der Urananreicherungs-Anlage (UAA) der Urenco in Gronau über den Hamburger Hafen und weiter auf dem Seeweg in die USA.

Davon gingen 12 Uranhexafluorid-Transporte in die Brennelementfabrik der Westinghouse Electric in Columbia/South Carolina und 4 Transporte zur Brennelementfabrik der Framatome ANP (AREVA NP) in Richland/Washington.
(In den USA befinden sich zurzeit 104 Reaktorblöcke an 65 Standorten. Obwohl sich in den USA mehrere Brennelementfabriken befinden, gibt es nach Angaben der United States Enrichment Corporation (USEC Inc.) in den USA nur eine Urananreicherungs-Anlage, die sich in Paducah, Kentucky befindet. Die Urananreicherungs-Anlage in Paducah hat nach Internetangaben näherungsweise die gleiche Produktionskapazität wie die Urananreicherungs-Anlage in Pierrelatte/Frankreich. Eine Demonstrationsanlage zur Urananreicherung nach dem Zentrifugenverfahren befindet sich laut der USEC in Piketon, Ohio. - Folglich müssen die USA zum Betrieb ihrer Brennelementfabriken und der Atomkraftwerke angereichertes UF6 im größeren Umfang aus dem Ausland importieren.)

Dabei wurden über 180 Tonnen angereichertes Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) befördert.

Diese Transporte wurden ausschließlich als Straßentransporte aus der Urananreicherungs-Anlage in Gronau zum Hamburger Hafen durchgeführt, dort wurde nach Aussage des Hamburger Senats das angereicherte Uranhexafluorid auf dem Gelände der UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesellschaft mbH, Dessauer Str. 10, 20457 Hamburg, für den Schiffstransport umgeschlagen und anschließend auf dem Seeweg in die USA transportiert.

 

4. Uranhexafluorid-Transporte von der Techsnabexport (TENEX) in Moskau in Russland durch Hamburg in die Brennelementfabrik der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF)  in Lingen

Nach Angaben des Hamburger Senats in der Drs. 19/3835 Anlage 1 wurden im Zeitraum vom 15.03.2005 bis zum 30.06.2009 insgesamt 21 Transporte mit angereichertem Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) von der Firma Techsnabexport (TENEX) in Moskau aus der Urananreicherung in Russland auf dem Seeweg in den Hamburger Hafen befördert, dort umgeschlagen und weiter auf der Straße in die Brennelementfabrik in die Brennelementfabrik der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in Lingen transportiert.
(In Russland befinden sich nach Internetangaben Urananreicherungs-Anlagen der Techsnabexport (TENEX) z.B. in Jekaterinburg, Rostow am Don, Angarsk und Tomsk.)

Dabei wurden rund 270 Tonnen angereichertes Uranhexafluorid (max. 5% Anreicherung) befördert.

Nach Aussage des Hamburger Senats erfolgte der Umschlag des angereicherten Uranhexafluorids auf dem Gelände des Eurogate Containerterminal Hamburg und des HHLA Containerterminal Burchardkai.