Der Kampf um Demokratie unter „Führung" des Vorsitzenden des Revisionsgerichts!

[Devrimci Çözüm Oktober 1999]

Im Zusammenhang mit der Rede, die der Vorsitzende des Revisionsgerichts, Dz. Dr. Sami Selcuk, anläßlich der Eröffnung des Gerichtsjahres am 6. September 1999 hielt, wird von diesem Tag bis heute über Demokratie, demokratische Verfassung, theokratischen Staat, Laizismus, ob die Verfassung von 1982 unrechtmäßig sei, etc., diskutiert.

Jedesmal, sobald die Reden der mit dem Thema befaßten Zuständigen am Beginn jedes Gerichtsjahres, oder auch zur Einberufung des Verfassungsgerichts oder auf verschiedenen Versammlungen der Rechtsanwaltskammern in der Presse erscheinen, wird, wenn es in diesen Reden bemerkenswerte Punkte und Kritiken gibt, für kurze Zeit darüber diskutiert. Obwohl auch die Rede des Vorsitzenden des Revisionsgerichts eine von diesen ist, haben sich im Hinblick auf den 55-seitigen Redetext Fronten gebildet, indem jeder diese Rede sofort nach eigenem Geschmack kommentierte und in die eigene Front einreihte. In den positiven Bewertungen bezüglich des Redentextes, der im ersten Moment die Unterstützung breiter Kreise erhielt, und in den Angriffen der Anti-Sami-Selcuk-Front, die einen Tag nach der Rede folgten, haben sich, indem die Beziehungen des Vorsitzenden des Revisionsgerichts zu reaktionären Kreisen aufgedeckt wurden, Trennungen zwischen Atatürk-Anhängern und -Gegnern, zwischen Laizisten und Anti-Laizisten, zwischen jenen, die Demokratie (oder auch die Demokratische Republik) fordern und staatstreuen Konservativen, ... eröffnet. Und im Umfeld dieser „breiten" Diskussion wird auch von den Revolutionären gefordert, sich in kürzester Zeit in eine dieser beiden entstandenen Fronten einzureihen und sich zu positionieren. Auch, wenn man denken mag, wir würden ein Hindernis für die Demokratisierung unseres Landes errichten, wenn wir nicht sofort Partei ergriffen und am demokratischen Kampf teilnehmen, müssen wir uns darüber klarwerden, worauf die Ereignisse hinauslaufen. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, zähneknirschend über die Rede hinwegzugehen und uns für den „Demokratismus" umzukleiden. Marxisten-Leninisten dürfen niemals auch nur daran denken, sich in ihrem Kampf um die Demokratie in die internen Berechnungen und Kämpfe der Oligarchie zu begeben. So, wie der Kampf um Demokratisierung nicht vom revolutionären Kampf getrennt ist, sondern, im Gegenteil, indem die Grenzen der Demokratisierung entwickelt werden, diese Bejahung dazu dient, die revolutionäre Phase zu beschleunigen. Daher müssen wir klarstellen, wozu die Diskussion im Rahmen der betreffenden Rede dient.

Der Vorsitzende des Revisionsgerichts hat die Konflikte zwischen den Kräfte des Staates ausgedrückt In der Rede des Vorsitzenden des Revisionsgerichts existieren sehr viele positive Bewertungen über die Vergangenheit unseres Landes. Man kann sagen, daß dadurch, daß Sami Selcuk diese zur Sprache gebracht hat, sehr viele Menschen mit größerer Aufmerksamkeit und Interesse zugehört haben. Selbstverständlich haben die Äußerungen einer Person an der Spitze des Justizwesens die Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Einige der Kritiken des Vorsitzenden des Revisionsgerichtes sind folgende:
-„ Die Türkische Republik ist aus dem Blickwinkel der Herkunft ihrer Souveränität ein laizistischer, aus dem Blickwinkel der Organisierung des Staates ein theokratischer, aus dem Blickwinkel der Lenkung der Religion ein laizististischer Staat." -„ ...ein krankhaft aufgeblähter Staat."
-„ Ich lehne eine degenerierte Demokratie ab, die unter der Vormundschaft der hohen Herrschaften genehmigt wird."
-„Ich will eine Republik, in der Gedanken und Glauben durch die Demokratie bestimmt werden, einen einwandfreien und bedingungslosen Laizismus zurück (Zurückfordern ist unmöglich, denn die TR war niemals laizistisch)"
-„Urteile, die sich in die Politik einmischen, bringen eine schmutzige Justiz hervor."
-„Wo es kein Recht gibt, ist das Volk eine Herde, der Mensch ein Sklave."
-„Es ist notwendig, daß die Justiz unabhängig ist."
-„Die Demokratie der Türkei noch nicht mal die Vereinbarungen von 1950 erfüllt."
-„Wo die Demokratie die Republik lenken sollte, lenkt statt dessen die Republik die Demokratie."
-„Der Name dieses Systems, daß die Religion verstaatlicht hat, ist nicht Laizismus, sondern Laizistismus."
-„Die Verfassung hat keine formale Berechtigung, sie ist ungültig. ... Die Türkei ist heute ein Staat mit einer Verfassung, aber kein Verfassungsstaat."
-„Unser Staat konnte das multinationale Recht, das sich die Gesetzgebung organisch angeeignet hat, einfach nicht durchdringen; er spielt den einsamen Cowboy."

Diese Liste ließe sich verlängern, aber das ist nicht nötig. Der Vorsitzende des Revisionsgerichts fordert eine „Demokratisierung" der Türkischen Republik im Rahmen des angelsächsischen Rechts und mit der Distanzierung vom Laizistismus einen Laizismus im wahren Sinne. Im Umfeld der Laizismusforderung, die Sami Selcuk zur Sprache gebracht hat, haben sich die Diskussionsteilnehmer zwangsläufig zweigeteilt, denn der Türkische Staat ist dadurch, daß er die Religion zum Mittel der Politik gemacht hat, in eine Sackgasse geraten.

Sami Selcuk brachte seine Ansichten auf dem Ersten Abant [Abant: See in der Türkei; d.Ü.] Treffen, der von der Reaktion gegründeten Journalisten und Schriftsteller Stiftung, an dem er teilnahm, nochmals zum Ausdruck und betonte in einer von den Reaktionären verbreiteten Zeitschrift seine Kritik am Staat. Auf anderen Seite sagte der, sich in diesen der Rede Sami Selcuk`s am meisten Applaus spendenden reaktionären Kreisen bewegende und in der Führung der FP [Tugendpartei; ehemals Refahpartisi, unter diesem Namen verbotene islamistische Partei; d.Ü.] agierende Recai KUTAN „Das war eine Rede der ich hundertprozentig zustimme" und ergänzte, daß er unter den Text der Rede seine Unterschrift setzen könnte. Die Zeitung „Neue Morgendämmerung" (Yeni Safak) und natürlich auch die anderen reaktionären Blätter benutzten Überschriften wie „Die Ehre der Türkei/ Diese Stimme haben wir seit Jahren vermißt" und die die sich gegen die Rede von Sami Selcuk wandten, wurden selbst als Reaktionäre dargestellt. Nach der Kritik gegenüber dem Vorsitzenden des Revisionsgerichts antwortete er auf die Frage. ob er Kontakte zu religiösen Kreise mit „Nein", aber das hat keine große Bedeutung, denn wenn er sich wirklich in diesen Kreisen bewegt, wird er nicht daran denken, dies offen zu sagen. Der Vorsitzende des Revisionsgericht, der seinen Stern mit der offenen Unterstützung der reaktionär-religiösen Organisationen, Sekten und in der letzten Zeit des amerikanischen Imperialismus in der Arbeitssystematik der Mafiastrukturen zum Glänzen gebracht hat, hat die Möglichkeit ergriffen in dieser Karawane seinen Platz einzunehmen. Aber diese Seite der Angelegenheit hat in den geführten Diskussionen keine Bedeutung.

Die Bewegung in der Gottergebenheit der religiösen Kreise hat einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber die Reihen derer, die die gleiche Freude verspüren, ist nicht auf sie begrenzt. Während der Vorsitzende der PKK Abdullah ÖCALAN die Rede mit „ dies ist die juristische Version der von mir auf die Tagesordnung gebrachten demokratischen Republik" kommentierte, fanden die Erklärungen von Sami Selcuk von den kurdischen Patrioten bis zur ÖDP, EMEP, SIP und HADEP [verschiedene legale mehr oder wenig linke Parteien in der Türkei; d.Ü.], vom IHD [Menschenrechtsverein; d.Ü.], den Rechtsanwaltskammern, Gewerkschaften, Konföderationen bis zu manchen Zeitungen und Journalisten breit gefächerte Unterstützung. Kurzum gegen die Verfassung von 1982 [die Verfassung nach dem Militärputsch von 1980; d.Ü.], gegen das staatliche und rechtliche System, gegen die gewaltsame Unterdrückung der Rechte und Freiheiten stimmten alle sofort der Kritik des Vorsitzenden des Revisionsgerichts zu. Auch wenn die Reaktion, während diese Unterstützung ausdrückt wird, in manchen Punkten der Rede anderer Ansicht ist, trifft die Kritik Sami Selcuk`s in diesen Punkten die Hauptgedanken der Demokratisierer.

Die an der Seite des Staats Stehenden unterstützen Selcuk entweder „ähnliche Dinge hätten wir auch gesagt" oder nehmen indem sie Sami Selcuk einen antikemalistischen, antilaizistischen Reaktionär nennen die entgegengesetzte Position ein.

Wenn man aus der Sicht der Oligarchie auf die Rede sieht, ob nun von der Seite der den Vorsitzenden des Revisionsgericht Unterstützenden, oder von der Seite der gegen ihn Stehenden, eins ist klar, im Ergebnis wird der Staat erklären „Die abendländische Front ist nichts Neues" und in der Schlammschlacht fortfahren. Es gab nach dieser Rede hinter den Reaktionen von Demirel gegenüber den Vorsitzenden des Revisionsgerichts. Während Ecevit Unterstützung für die Rede zeigte, gab es „nach der Art des Sicherheitsrates" vom Türkischen Parlament keine Reaktion. Genauso alle Parteien und der TÜSIAD [Türkischer Arbeitgeberverband; d.Ü.] die angesichts von Veränderungen in der Verfassung vor Freude aufspringen, tun die, die in der Front der Oligarchie Veränderungen wollen, so als würde dies ohne innere Veränderungen für sie vor sich gehen können.

Es kann nicht die Aufgabe der Marxisten-Leninisten sein, sich in die an den inneren Fronten der Oligarchie auf die Tagesordnung kommenden Diskussionen einzumischen. Jedoch müssen wir natürlich von diesen inneren Auseinandersetzungen profitieren, die inneren Widersprüche der Oligarchie verschärfen und Freiräumen, die aus diesen Brüchen entstehen aufzeigen und in unseren Land unseren demokratischen Kampf verstärken, um das herrschende faschistische System zurückzudrängen. Die Revolutionäre, die den revolutionären Kampf mit dem demokratischen verbinden, müssen sich mit ihren eigenen Programmen und Ansichten in die Tagesordnung einmischen.

Wenn wir uns in die Tagesordnung einmischen, indem wir uns in die inneren Diskussionen der Oligarchie einspannen lassen und eintauchen und uns in Situation bringen für eine „Seite" zu positionieren, wenn wir um eine Gelegenheit auszunutzen, uns selbst aufgeben, uns nicht davon befreien können, uns an den Schwanz der Bourgeoisie zu hängen, dann machen wir nichts anderes, als Wasser auf ihre Mühlen zu gießen.

Es ist richtig, daß es in der Rede des Vorsitzenden des Revisionsgerichtes positive Punkte gibt, aber wir sind nicht die Verfechter der von ihm diskutierten „Demokratie", seines „demokratischen Staates", seines Laizismus, seines Rechtsverständnisses. Wir müssen unsere Ansichten kurz darlegen und unserer Tagesordnung anpassen ohne uns zu Mitläufern der Ansichten der Bourgeoisie zu machen.

Was für eine Demokratie, was für ein Staat ...? Die Linken und kurdischen Patrioten, die den Vorsitzenden des Revisionsgerichts zu einer revolutionären Persönlichkeit machen und ihn als Helden der Demokratie darstellen, versuchen, indem sie die allgemeinen Erkenntnisse des Marxismus-Leninismus über Staat, Demokratie, das Verhältnis von Glauben und Staat übergehen, sich selbst der Oligarchie zu beweisen. Sogar die, die wenig Anteil an marxistischen Gedanken haben, fühlen, daß die vom Vorsitzenden des Revisionsgerichtes gewünschte Demokratie, die bürgerliche Demokratie ist. Wie er auch, wenn er vom angelsächsischen Recht spricht, daß was er damit meint offen zur Sprache bringt. So wie Sami Selcuk seine Absicht zum Ausdruck bringt, zeigten unsere Linken, die mit ihrem Gerede die wirklichen Kommunisten/Sozialisten zu sein glauben, der Gesellschaft Lektionen über Marxismus/Leninismus geben wollen und die kurdischen Patrioten mit ihrem „demokratische Republik" Projekt, daß sie die wirklichen bürgerlichen Demokraten sind. Das A. ÖCALAN, der mit der „demokratischen Republik" die kurdische Frage glaubt lösen zu können, mit seiner Friedenssuche-Strategie für die patriotischen Kreise einen Ausweg finden will, kann man im Sinne der neuen Politik verstehen, aber das sie sich als „echte-wortwörtliche" Sozialisten darstellen, ist unmöglich zu verstehen. Eigentlich verstehen und kennen wir sie sehr gut. Sie sind damit beschäftigt, die „schlechten" die Spitzen des Systems zu beseitigen und es in einen „guten Faschismus" umzuwandeln. Die parallel zu diesen Beschäftigung vorgelegte Rede des Vorsitzenden des Revisionsgerichtes wird aus diesem Grund sofort ergriffen und gleich als das „Rezept zur Befreiung" zur grundlegenden Perspektive zu gemacht.

Die von sich selbst sagen, ich bin Revolutionär, ich bin Sozialist, ich bin Vertreter der Arbeit, werden sicher die Massen mit der bürgerlichen Demokratie täuschen. Denn indem sie ein abweichendes Verständnis vertreten, und die Aufmerksamkeit und den Kampf der Massen vom revolutionären Kampf ablenken und im entscheidenden Moment unechte linke Parolen benutzen, dienen sie der „fähigen" Bourgeoisie, die die Massen zurückhält. Sich von den in der Rede von Sami Selcuk betonten positiven Punkten täuschen zu lassen, ihnen anzuhängen und die bürgerliche Demokratie auf unsere Tagesordnung zusetzen, heißt sich selbst zu verleugnen und die Revolution abzulehnen.

Wenn auf der anderen Seite die Verfassung von 1982 wirklich verändert wird, wenn es ihnen wirklich darum geht unser Land in eine bürgerliche Demokratie zu verwandeln, dann gibt es nur eins was wir ihnen darauf sagen können: Diese politischen Systemstützen leugnen die Realitäten in unseren Landes ... . Außer den Entwicklungen um den 27. Mai, in der Phase als die Verfassung von 1961 gültig wurde, -bis heute in der Verfassung das positivste Zeichen- hat sich unser Land von der bürgerlichen Demokratie Schritt für Schritt entfernt. Die Oligarchie, die von Anfang an gegen die Verfassung von 1961 war, hat um einige der von ihr gewährten Rechte und Freiheiten außer Kraft zu setzen, bestimmte Gesetze durchgesetzt. An dem Punkt, wo dies nicht mehr ausreichend war, kam die Junta des 12. März [mit einem Militärputsch; d.Ü.] an die Macht und veränderte die gesamte Verfassung indem sie die verbleibenden Rechte zurücknahm.

In der Frage des Laizismus hingegen interessiert, die in unserem Land in den letzten Jahren erlebt Annäherung von Politik und Glauben. Die Laizismusdiskussion begann mit der Gründung der Türkischen Republik und soll spätestens seit der Junta vom 28. Februar [1998; an dem es beinahe einen Militärputsch gegen die an der Regierung beteiligte islamistische Refahpartisi gegeben hätte; d.Ü.] als eins der wichtigsten Themen auf die Tagesordnung gebracht werden.

Die Türkische Republik ist seit ihrer Gründung kein im bürgerlichen Sinne laizistischer Staat. Zu jeder Zeit hat der Staat den Glauben als Trittbrett benutzt um die Massen mit religiösen Glauben zu verwirren und zu betäuben, sie zu entpolitisieren. Sogar die gegen die Gläubigen vorgehende Junta hat um die religiösen Gefühle des Volkes zu stärken, alles machbare versucht; mit den Sekten wurden sogar heimliche Handel, Absprachen gemacht, ihnen wurde alle mögliche materielle/ideelle Unterstützung gegeben. Trotzdem wurde immer wenn die Gläubigen, das von ihnen erwartete überstiegen, und dem Monopolkapital Unbehagen bereiteten, dann wurde der Laizismus-Schariasturm entfacht.

Es ist wichtig die Laizismus-Schariadiskussion auf der Tagesordnung nicht zu leicht zu nehmen. Denn die laizistischen Kreise zeigen, daß sie mit den Sekten gut auskommen, und sie stiften unter den Parteien der Oligarchie Unbehagen indem sie ihnen ihren eigenen Glauben vorhalten. Um ihrer religiösen Vorteile zu schützen, wissen sie, daß sie ohne die Ausnutzung des religiösen Glaubens des Volkes ihrer schmutzigen Ziele nicht weiter verfolgen können, spielen die Parteien alle im Religionsszenario mit. Auch wenn alle laizistischen Anhänger sich nicht so geben, für ihre politischen Vorteile tun sie alles ohne zu rot zu werden und sind Meister in diesem Spiel.

Auch Sami Selcuk, der einen demokratischen Staat anstelle eines theokratischen will und seine Bewunderung für das angelsächsische Recht zum Ausdruck bringt, weiß, daß es gegenüber diesen Wünschen in unserem Land niemand mit einer weißen Weste gibt; denn es gibt niemanden, der in der Lage ist der Kritik zu zuhören und seine Lehren daraus zu ziehen. Wenn Sami Selcuk die Rolle eines Unterstützers der reaktionären Kreise annimmt, dann ist es klar, daß die Islamisten wie im Iran die Macht an sich reißen, und diese Kreise wollen eine Entwicklung mit angelsächsischer Ausrichtung nicht, werden sich auch an der heutigen Verfassung nicht mehr orientieren und das faschistische System mit einer islamischen Maske fortführen.

Die die mit dem Glauben an den Klassenkampf nicht vom Ziel der Revolution abweichen, können keine Partei in der Diskussion um bürgerliche Demokratie, kapitalistische Staatsformen, bürgerlichen Laizismus und eine an einigen Ecken abgefeilte, veränderte Verfassung sein. Zusammen mit dem Vorsitzenden des Revisionsgerichts und den traditionellen Linken und den Patrioten in das Loblied auf die „bürgerliche Demokratie" einstimmen, kann nicht die Sache der Marxisten-Leninisten sein. Die Marxisten-Leninisten streben demgegenüber die „proletarische Demokratie" der sozialistischen Gesellschaft mit wirklicher Demokratie und Freiheit an, in der sogar der Staat im heutigen Verständnis von der Bühne der Geschichte verschwinden wird.

Niemand kann uns dazu zwingen „im Schlechten das Gute" zu suchen. Im demokratischen Kampf ist es an uns die Tagesordnung zu bestimmen.
Als natürliches Ergebnis der inneren Auseinandersetzungen und Widersprüche der Oligarchie werden verfassungsmäßige und rechtlichen Veränderungen auf die Tagesordnung kommen und man sich manchmal sogar nicht vor harten Diskussionen scheuen. Jedoch ist wird nicht davon die Rede sein den Staat in einen sehr gut funktionierenden Mechanismus umzuwandeln. Sowohl die inneren Widersprüche, wie auch die außerhalb der Oligarchie liegenden Kräfte und Spannungen der Klassen und Schichten werden in der inneren Struktur des Staates Diskussionen und Auseinandersetzungen hervorbringen. Die Grundlage dafür die Gleichgewichte im System zu erschüttern und damit ein paar positive Schritte zu gehen, ist bereitet. Ein den revolutionären Kampf führende marxistisch-leninistische Organisierung nimmt den Kampf der demokratischen Kampffront darum dem Staat Zugeständnisse abzutrotzen und die Grenzen der Rechte und Freiheiten zu verbreitern als Grundlage. Aber der revolutionäre Kampf läßt sich zu keiner Zeit auf den Bereich des sich mit der Ausweitung der Grenzen der bürgerlichen Demokratie identifizierenden Reformismus drängen. Diese Art Rechtsabweichungen vertretenden Organisationen gleiten entfernt von eigener Identität in die reformistische Front ab.

Eine marxistisch-leninistische Organisation führt in der revolutionären Auseinandersetzung den demokratischen Kampf verbunden mit dem politischen. Sie setzt trotz des systematischen Faschismus in unserem Land die Bemühungen um die Ausdehnung der demokratischen Rechte und Freiheiten ohne Verzögerung fort.

Die, die den demokratischen Kampf geringschätzen und denken er würde den revolutionären Kampf beeinträchtigen, befinden sich in einem großen Irrtum. Denn der demokratische Kampf ist gleichzeitig die Schule der Revolution; er bietet viele Möglichkeiten hinter der demokratischen Maske des Staats das herrschende System, sein diktatorisches Wesen zu begreifen, er bildet und schafft Bewußtsein. Die praktischen Lebenserfahrungen des Volkes bieten eine breite Gelegenheiten für den demokratischen Kampf. Aus diesem Grund müssen wir die Möglichkeiten des demokratischen Kampfes unserem Ziel der Revolution näher zu kommen in wirkungsvollsten und klügster Form nutzen. Die Arbeit der demokratischen Massenorganisationen sind aus diesem Blickwinkel sehr wichtig. In der Arbeit mit den breiten Massen müssen die reichen Möglichkeiten des demokratischen Kampfes erläutert werden.

Mit dem Bewußtsein, der von den Marxisten-Leninisten zur Sprache gebrachten proletarischen Demokratie und der Tatsache, daß es Demokratie im wirklichen Sinn nur im Sozialismus gibt, werden wir den Massen „keine verbesserte bürgerliche Demokratie" als Ziel zeigen.

Die TÜSIAD-Vertreter, die versuchen mit ihrem Gerede „Wirtschaftliche Liberalisierung kann es nicht ohne Demokratisierung geben" die Aufmerksamkeit des Volkes mit kapitalistischer Demagogie zu zerstreuen, aber sie schaffen es nicht die Massen zu verwirren. Die Welt weiß was sie mit ihrer Liberalisierung für eine unechte Demokratisierung wollen. Die falschen Demokraten, die die Propaganda der Neuen Weltordnung in unsere Gehirne eingravieren wollen und die Rücknahme der sozialen Investitionen der Vergangenheit verschleiern wollen, können mit ihrer Lügenkampagne die wahren Ziele des Volkes nicht verdunkeln.

Alle uns vom Vorsitzenden des Revisionsgerichts oder von den gegen ihn auftretenden ehemaligen Vorsitzenden des Verfassungsgerichts und anderen vorgestellten Alternativen aus der ausweglosen Situation des Staates geboren. Auch die an der Diskussion Beteiligten verspüren das Bedürfnis für einige Veränderungen, denn der faschistische Staat der sich selbst zum Vorposten des Imperialismus gemacht hat und sich ganz auf eine Kriegsökonomie ausgerichtet hat, ist in eine Sackgasse geraten und bereitet sogar manchmal den Vertreten der Oligarchie und ihren gedungenen Tintenkullis [der Begriff wurde von Lenin geprägt; d.Ü.] Unbehagen. Deshalb bieten ihre inneren Auseinandersetzungen uns Möglichkeiten, außerhalb der sozialistischen Propaganda, einige Ansatzpunkte für unsere Agitation, gibt uns Informationen über sie, aber man darf die eigene Politik keinesfalls an ihrer Führung ausrichten.

Marxisten-Leninisten reflektieren bei ihrer Arbeit in den Massen von der Demokratie bis zum Staat in jedem Thema ihr Verständnis. Sie haben nicht das Ziel die Massen in die Irre zu führen und zu zerstreuen. Sie betonen, daß es als ein Teil des revolutionären Kampfes bis zum Sieg notwendig sein wird sich Fortschritte im bürgerlichen Sinn zu bemühen.

Die Bestrebungen der linken Organisationen eine im bürgerlichen Sinne auf Demokratisierung zielende Politik als Grundlage zu nehmen, indem sie sich von Sami Selcuk Unterstützung erwarten, sind falsch. Wir haben die Pflicht, für die von uns angestrebte proletarische Demokratie (Volksdemokratie auf der Stufe der demokratischen Volksrevolution) mit einem antifaschistischen, antiimperialistischen, die Trennung von Glauben und Staat betonenden Revolutionsprogramm als Teil unserer auf die Revolution gerichtete Politik einen demokratischen Kampf zu führen.

Die Rede von Sami Selcuk wird bald vergessen sein, aber der demokratische Kampf der Revolutionäre dauert in seiner ununterbrochenen Form an und wird sogar nach der Revolution seine Bedeutung nicht verlieren. Und es ist auch klar, daß auch wenn sich in dem internen Verteilungskampf der Oligarchie die Anhänger der jeweiligen Seiten bekennen, werden sie doch in der letzten Konsequenz nicht darauf verzichten im Angriff gegen uns zusammen zustehen. Wir müssen sie in ihrer Situation einfach sich selbst überlassen und unseren eigenen Weg gehen.

Wir glauben daran, daß wenn sich alle linken Organisationen und die kurdischen Patrioten in ihrer gemeinsamen Politik ihre demokratischen Forderungen zur Sprache bringen, dann kann auch die Oligarchie in die Ecke getrieben und vom Staat Zugeständnisse erreicht werden. Wenn dies nicht gemacht wird, man sich statt dessen auf die von der Oligarchie gesteuerten Diskussionen einläßt, dann kann nicht gewartet werden, daß die Bourgeoisie die linken Kreise ernst nimmt.

Welches Thema auch immer auf die Tagesordnung kommt, es muß unsere grundlegende Methode sein sich der Angelegenheit mit unserer unabhängigen Politik und unserem Vertrauen auf unsere eigene Kraft anzunehmen. Wenn man dem ausweicht und sich von den Signalen, die andere geben abhängig macht, wird man in kurzer Zeit komische Rolle geraten.



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