zensur
Zur Herausgabe kriminalisierter Texte aus der radikal Von Berlin aus organisiert eine Gruppe von ProfessorInnen, PolitikerInnen, JournalistInnen, GewerkschafterInnen und KünstlerInnen eine Sondernummer mit Texten aus der "radikal". Die Auswahl traf die Bundesanwaltschaft. Schon jetzt gibt es in diesem HerausgeberInnenkreis Diskussionen um einzelne Texte. Und dies ist auch der Sinn der Sondernummer selbst. Anhand der kriminalisierten Texte soll eine Auseinandersetzung mit diesen als einem Teil von dem, was in diesem Land schon wieder nicht erstellt, gedruckt und vertrieben werden darf, stattfinden. Im folgenden wird die Erklärung der HerausgeberInnen der Sondernummer dokumentiert: Die Bundesanwaltschaft hat am 14. Juni 1995 mittels mehrerer Hundertschaften Polizei die Wohnungen und Räume von mehr als 50 Personen und Institutionen im gesamten Bundesgebiet durchsucht. Ziel der Razzia waren die unbekannten HerausgeberInnen der Zeitschrift »radikal«, deren weiteres Erscheinen verhindert werden soll. Wir wehren uns gegen diese Form staatlicher Zensur per Polizei und Paragraphen. Unabhängig davon, ob wir den Inhalt der Zeitschrift gutheißen oder ablehnen, wenden wir uns entschieden gegen den - wiederholten - Versuch, eine mißliebige Publikation zum Schweigen zu bringen. Man muß die in der »radikal« vertretenen Inhalte nicht teilen, um ihr Recht auf Erscheinen jedoch zu bejahen. Die »radikal« ist aus der Geschichte der außerparlamentarischen Linken entstanden und ist immer auch ein Spiegelbild dieses Teils der neuen sozialen Bewegungen gewesen. Ihr Inhalt ist entsprechend heterogen; ausdrücklicher Bestandteil des Konzeptes ist es, Gruppen zu Wort kommen zu lassen, die nicht in bürgerlichen Medien repräsentiert werden.Die Auseinandersetzung mit publizierrten Thesen - auch, wenn sie diese Gesellschaftsform kritisieren - darf und soll nicht mit staatlicher Repression geführt werden. Der Versuch der Bundesanwaltschaft, die Redaktion einer Zeitschrift zu einer kriminellen Vereinigung zu erklären, ist der Versuch, das Recht auf Meinungsfreiheit auszuhöhlen. Wir geben diese Dokumentation bereits veröffentlichter und nun verfolgter »radikal«-Beiträge heraus, um damit eine kritische Auseinandersetzung jenseits von Polizeirazzien und Anklageschriften zu fördern und gleichzeitig zu dokumentieren, wie in diesem Land mittels des Staatsschutzes Politik betrieben wird. UnterzeichnerInnen: Antirassistische Initiative e.V. (Berlin), AStA TU (Berlin), Elke Breitenbach (Landesjugendsekretärin der HBV Berlin), Carsten Dannel (Junge DemokratInnen Berlin), Judith Demba, MdA (Bü90/Grü, Berlin), Susanne Dittberner (Berlin), Peter Finger (Berlin), Prof. Peter Grottian (FU Berlin), Wolfram Kempe (Schriftsteller, Berlin), Michael Klöckner, Andreas Köhn (Stellv. Vors. IG Medien, Berlin-Brandenburg), Hans Hermann Kotte (Journalist, Berlin), Jürgen Kuttner (Autor, Moderator, Berlin), Prof. Wolf-Dieter Narr (FU Berlin), Gerd Nowakowski, Uwe Rada (taz, Berlin), u.v.a.m. Quelle: Angela Marquardt Homepage
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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 17.07 .1997