Gefängnisse: Särge für lebende Menschen

I. Einleitung

Die MRTA (Movimiento Revolucionario Túpac Amaru - revolutionäre Bewegung Túpac Amaru) ist eine aus Männern und Frauen bestehende politische Organisation: ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen, Studierende, Menschen aus dem kirchlichen Sektor, fortschrittliche Intellektuelle und Soldaten. Die MRTA als politische Organisation versucht, die peruanische Gesellschaft zu verändern. Sie soll in eine gerechte Gesellschaft verwandelt werden, in der die Lebensbedingungen der in Peru lebenden Menschen verbessert worden sind.
Die peruanische Verfassung, die 1979 von der verfassunggebenden Versammlung verabschiedet wurde, setzt deutlich fest:

Art. 82 Grundrechte der Bürger:

"Niemand muß einer diktatorischen Regierung Gehorsam leisten. Ebensowenig denjenigen, die als Staatsangestellte die Grundsätze der Verfassung verletzen".

Das Volk hat das Recht dann Widerstand zu leisten, wenn es um die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Ordnung geht.

Dieses Gesetz wurde in der derzeit geltenden Verfassung leicht modifiziert (Verfassung von 1993):

Der Staat und die Nation

Art. 46: Niemand muß einer diktatorischen Regierung Gehorsam leisten. Ebensowenig denjenigen, die als Staatsangestellte die Grundsätze der Verfassung verletzen.

Die Zivilbevölkerung hat das Recht dann Widerstand zu leisten, wenn es um die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Ordnung geht. Aktionen von Personen, die sich öffentlicher Ämter unrechtmäßig bemächtigen, gelten als ungültig.
Das Recht des Volkes, Widerstand gegen Diktaturen zu leisten, läßt sich auch im 3. Abschnitt der Allgemeinen Menschenrechtserklärung vom 10.12.48 nachlesen: „Es ist unerläßlich, daß die Menschenrechte von einem rechtmäßigem Regime geschützt sind, damit sich die Menschen nicht zum äußersten Mittel des Aufstandes gegen Tyrannei und Unterdrückung genötigt sehen."

Hier muß nun in Betracht gezogen werden, daß die peruanische Regierung sich nicht um die Sehnsucht unseres Volkes nach Demokratie und sozialer Gerechtigkeit kümmert, sondern im Gegenteil die Bevölkerung mit einem neoliberalen Wirtschaftsmodell in bittere Armut stürzt. Angesichts der gerechtfertigten Proteste der Bevölkerung antwortet die Regierung mit Repression, die in der Praxis in Staatsterrorismus mündet, wie etwa bei den Massakern von Uchuraccay, Umaru, Soccos, etc. So wurde 1984 die MRTA mit einem bewaffnetem Arm - dem Ejército Popular Tupacamarista - EPT (Tupacamaristisches Volksheer) - gegründet. Ziel war es, die demokratischen Errungenschaften zu verteidigen, die in jahrzehntelangen Kämpfen erobert wurden, und für Frieden und soziale Gerechtigkeit zu kämpfen.

Der Regierungswechsel von 1985 weckte bei der Bevölkerung große Hoffnungen. Die Partei, die die Regierung übernahm, repräsentierte eine populistische Strömung mit antiimperialistischen Grundsätzen, was große Teile unseres Volkes verwirrt hat. Angesichts dieser Situation hat die Nationale Führung des MRTA und des EPT sich in einer klandestinen Versammlung dazu entschlossen, den bewaffneten Kampf gegen die neue Regierung einseitig einzustellen, um zu gewährleisten, daß diese Regierung ihr Wahlprogramm verwirklicht.

Leider setzte auch diese Regierung ihre neoliberale Politik fort. Außerdem standen sie auch in der Kontinuität des Staatsterrorismus mit den Massakern von Accomarca, Pucayacu, und in den Gefängnissen. Das hat uns dazu veranlaßt die bewaffneten Handlungen wieder aufzunehmen.
Als Victor Polay Campos - Comandante General des EPT - im Februar 1989 verhaftet wurde, benutzte die Regierung die Gelegenheit ihn als normalen Verbrecher zu behandeln, die Gerichte wollten ihn als normalen Verbrecher oder Terroristen verurteilen. Aufgrund dieser Situation haben politische Organisationen, Gewerkschaften und fortschrittliche Intellektuelle die die politische Aktivität von Victor Polay und von der MRTA kannten, erklärt, daß Victor Polay für Aufruhr und Rebellion verurteilt werden sollte und nicht für Terrorismus.

1990 gab es erneut einen Regierungswechsel. Schon im Wahlkampf wurde deutlich, daß das Volk die Forderung nach einer Ausweitung des Neoliberalismus und der 'Schock'-Politik ablehnte. Ebensowenig stimmten sie der Politik zu, die Guerillas mit dem zu hohen Preis von 160.000 Morden zu bekämpfen. Da es keine bessere Möglichkeit gab, wählte das Volk Herrn Fujimori zum Präsidenten, der damals versprach, keine 'Schock'-Politik durchzusetzen und sich dem Problem der Guerilla im Dialog zu stellen. Versprechen, die er nicht erfüllte.

Herr Fujimori hatte weder ein Programm, noch eine politische Partei, die ihm den Rücken stärkte und so verbündete er sich mit den rückständigen Bereichen des Militärs und des Geheimdienstes. Gleichzeitig setzte er das politische und wirtschaftliche Programm durch, das ihm die transnationalen Unternehmen mittels des IWF vorschrieben.

Um dieses Programm zu erfüllen, verletzte Herr Fujimori die verfassungsrechtliche Ordnung, auf die er noch bei seiner Vereidigung zum Präsidenten von Peru geschworen hatte. Am 5.4.1992 putschte er sich in einem Bündnis mit dem Militär selbst an die absolute Macht - er löste den Kongreß auf, ebenso das Verfassungsgericht und er 'reorganisierte' die Judikative so, daß sie fortan in Diensten der Regierung arbeitete.

In diesem Zusammenhang erließ er Gesetze mit folgendem Wortlaut:

- Das (Beamten-)Beleidigungsgesetz, das sich gegen die Freiheit des Wortes und die Pressefreiheit richtete.

- Das Reuegesetz

- Das Gesetz, das die Bildung von Militärgerichten ermöglichte, in denen die Richter nicht von Angesicht zu Angesicht mit den Angeklagten stehen mußten.

- Das Gesetz, das 'schweren' Terrorismus oder 'Landesverrat' mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe belegt.

- Das Gesetz, das die Todesstrafe in den Fällten von Terrorismus und Landesverrat vorsehen kann.

Diese und andere Gesetze wurden durch sogenannten Demokratischen Verfassunggebenden Kongreß gebilligt, der von bedingungslosen Anhängern der 'neuen' Regierung nach dem Selbstputsch gebildet wurde. Das Ziel dieser Mittel ist die Zerstörung der Arbeiter- und Volksbewegung und der Guerilla, um jedwede neoliberale Politik durchzusetzen. Die Regierung Fujimori hat eine systematische und selektive Repression gegen die politischen Organisationen und ihre Führer entwickelt, die sich gegen seine Regierung stellen. So kommt es, daß das Habeas Corpus Gesetz in der Praxis nicht existiert und das Recht auf Verteidigung ebenfalls starken Restriktionen unterliegt.

In bezug auf die MRTA heißt das, daß die Regierung nach der Verhaftung von Víctor Polay Campos, María Lucero Cumpa, Peter Cárdenas Shult und anderen FührerInnen und Guerilleros/as die Zerstörung der MRTA angekündigt hat. Die Regierungskampagne sah sich dann in der Entscheidung unserer Organisation 'bestätigt', sich taktisch zurückzuziehen. Die MRTA betrachtet den Krieg nicht mehr als Weiterführung der Politik mit anderen Mitteln. Deshalb muß die Führung eines Krieges die objektive politische Situation in Betracht ziehen, in der sich der Konflikt entwickelt hat. Die peruanische ArbeiterInnen- und Volksbewegung befindet sich aufgrund des Staatsterrorismus und der irrationales Politik des 'Leuchtenden Pfades' in einem Prozeß des Rückzugs und der Verwirrung.

Angesichts dieses Rückzug der Bewegung und der Offensive der Regierung war die technische und numerische Überlegenheit auf seiten der Regierung. Sich unter diesen Bedingungen mit dem Militär zu konfrontieren, hätte den Verlust von KämpferInnen und die Schwierigkeit, Neue für den Kampf zu gewinnen, bedeutet. Das wiederum hätte das strategische Scheitern des revolutionären Kampfes in Peru bedeuten können.

Daher hat die MRTA in den letzten Jahren eine Politik der Neugewinnung von Kräften entwickelt, die auf dem Programm der 'bewaffneten Propaganda' beruht. Sie soll sowohl die Ausbildung von KämpferInnen forcieren, aber auch eine intensive politische und organisatorische Arbeit in Bereichen des Volkes vorantreiben. Das hat dazu geführt, daß sich unsere politischen und militärischen Strukturen wieder gestärkt haben. Als wir dann wieder in die Offensive gegangen sind, mußten wir am 1.12.1995 einen militärischen Rückschlag hinnehmen. Allein das Ereignis, daß unter den Bedingungen der Repression, die in unserem Land herrschen, die MRTA neue Kräfte gewinnen konnte und außerdem 25 KämpferInnen in einem gesicherten Haus in Lima unterbringen konnte, zeigt deutlich, daß die MRTA weder aufgegeben hat noch besiegt ist, wie es uns etwa die Regierung Fujimori weismachen wollte. Die MRTA bleibt trotz der Schwierigkeiten, die sich aus der momentanen politischen Situation auf nationaler und internationaler Ebene ergeben, eine Möglichkeit für das peruanische Volk, für Demokratie und soziale Gerechtigkeit zu kämpfen.

Weder aufgegeben noch besiegt - der Kampf geht weiter!!!

Es wird keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit geben!!!

Die Gefängnisse in Peru und die Situation der Gefangenen der MRTA

Hochsicherheitsgefängnis des Marinestützpunktes von Callao

In diesem Hochsicherheitsgefängnis werden als Geiseln der Diktatur eingesperrt der Genosse Victor Polay Campos, Mitglied der nationalen Führung der Revolutionären Bewegung Túpac Amaru (Movimiento Revolucionario Túpac Amaru - MRTA) und Comandante General der Tupacamaristischen Volksarmee (Ejército Popular Tupacamarista - EPT). María Lucero Cumpa Miranda, Mitglied der nationalen Führung und Comandante der Guerilla und Peter Cardenas Schulte, Mitglied der nationalen Führung.

Sie alle sind bereits in Schnellgerichtsverfahren in den Militärgerichten zu lebenslang verurteilt worden, sie wurden angeklagt nach den Paragraphen von „Terrorismus und Landesverrat", die eine Verschärfung des Strafgesetzbuches darstellen, die von der Fujimori-Diktatur mit der Absicht geschaffen wurde, die ständigen Verletzungen der internationalen Abkommen und Konventionen zu „legalisieren", die von Perú unterzeichnet und im Kongreß abgestimmt wurden, wie etwa unter anderem die allgemeine Menschenrechtserklärung, die amerikanische Erklärung der Rechte und Pflichten der Menschen, die Amerikanische Menschenrechtskonvention, das Internationale Abkommen der zivilen und politischen Rechte und die Anti-Folter Konvention; genauso wie auch den Text der eigenen peruanischen Verfassung.

Haftbedingungen im Gefängnis des Marinestützpunktes Callao

Das Gefängnis wurde im März 1993 von der Fujimori-Diktatur fertiggestellt , es ist die größte Demonstration ihrer Menschenfeindlichkeit und ihrer Ignoranz der menschlichen Würde. Er befindet sich im Inneren der militärischen Anlagen der peruanischen Kriegsmarine, in dem Marinestützpunkt im Hafen von Callao in Lima. Die Absicht, die hinter diesem Gefängnis steckt - er wird als „lebendiges Grab" bezeichnet - sind die physische, psychische und moralische Zerstörung unserer Gefangenen, außerdem erfüllt er einen psychologischen Zweck - er soll jeden Mann und jede Frau abschrecken und einschüchtern, die es wagt sich gegen die neoliberale Fujimori-Diktatur zu erheben.

Der Bau dieses Gefängnisses gehorcht einem Programm, das von dem undurchsichtigsten Teil der Armee und ihres Geheimdienstes ausgedacht wurde. Es ist gemacht worden, um - mittels Angst - zu verhindern, daß es einen revolutionären Weg des peruanischen Volkes gibt, und es wird von einem Korb von Maßnahmen der Kontrolle - Zwang - Repression begleitet, den sie die „psycho-soziale Kampagne" nennen.
Dieses Gefängnis-Grab, besteht aus acht hochgerüsteten Zellen (Zement und gestärkte Eisengitterstäbe), die sich 8m unter der Erdoberfläche befinden, damit das Ziel der Vernichtung gewährleistet ist: physische Isolation, akustische Isolation, visuelle Isolation, Dunkelheit, ständige räumliche Enge und totale Observation und Kontrolle. Das Gefängnis ist mit akustischen Detektoren und Bewegungsmeldern ausgestattet, mit einem Alarmsystem, Minen in den verschiedenen Geschossen des Kellers und mit immer laufenden Videokameras. Die Kamerabilder werden von einem Wachzentrum gesteuert, außerdem von den Wachtürmchen auf den Gefängnismauern, die mit Marinepersonal besetzt sind, diese ausgerüstet mit Distanzgewehren (FAL).

Die Zellen

Die Zellen sind in der Art eines rechteckigen Kastens gestaltet. Sie sind 3m lang und 2m breit. An einer der langen Seiten ist die gepanzerte Metalltür, die mit gekreuzten Riegeln gesichert ist, unbeweglich durch Schlösser, deren Schlüssel in Besitz verschiedener Personen sind - allesamt Marineoffiziere der Sicherheitsabteilungen.

Im unteren mittleren Teil der Tür befindet sich ein kleines rechteckiges Fensterchen, das dazu dient, das Essenstablett durchzureichen. Es ist so gebaut, daß jeder physische Kontakt zwischen unseren Gefangenen und den Wachen verhindert wird.

Im Inneren jeder Zelle nahe der Tür befindet sich ein kleines Waschbecken und ein Klo, deren Wasserzufuhr bewußt von außen nur zu bestimmten Zeiten geregelt wird. Die Zellen haben kein künstliches Licht, die einzige Möglichkeit des Erkennens besteht im Halbdunkel der totalen Dunkelheit. Über der Tür jeder Zelle, ungefähr zwei Meter über ihr, in einer Art Kellerfenster, gibt es einen Schlitz von 15cm Breite, der für einige Minuten am Tag den Eintritt von direkten Licht in die Zelle ermöglicht.

Die Zellen sind so aufgeteilt, daß sie sich gegenüber befinden, vier auf jeder Seite und in der Mitte befindet sich ein kleiner Gang. Diese 8 Zellen wurden, wie schon gesagt, in einem Loch gebaut, was in 8m Tiefe in die Erde gebuddelt wurde.

Als unsere GenossInnen in dieses Gefängnis-Grab verlegt wurden, wurden sie mit Beruhigungsmitteln betäubt, damit sie die genaue Position nicht angeben können und außerdem das Zeitgefühl verlieren. Jeder und jede der Gefangenen war ein Jahr der totalen Isolation ausgesetzt mit dem Verbot von Besuchen und ohne die Erlaubnis zum Hofgang.

30 Minuten Recht auf Hofgang

Nach dieser totalen Isolation hat man ihnen nur 30 Minuten Hofgang alle 24 Stunden zugestanden, jeder und jede für sich, damit eine Kontaktaufnahme verhindert wird. Diese kurze Zeit können sie dazu nutzen, einige Runden auf dem kleinen Hof zu drehen, um die Bibel zu lesen (die ihnen von den eigenen Wachen gegeben wurde) oder um im aus dem Wachzentrum überwachten Fernsehraum einige von den Militärs vorbereitete Videos anzusehen.

Briefe und Informationsmöglichkeiten

Alle Briefe, sowohl die, die an unsere GenossInnen geschrieben werden, als auch die, die an sie gerichtet sind, werden von Geheimdienstlern genaustens studiert - diese bestimmen auch, welche Briefe ankommen oder das Gefängnis verlassen und wann sie befördert werden. Es gibt weder ein Recht auf Intimssphäre noch die Garantie des Briefgeheimnisses. Die Gefangenen haben auch keinen Zugang zu Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften, sie können keine Radio- und Fernsehprogramme nutzen.

Besuche

Die Besuchszeiten haben eine Dauer von 30min. und beschränken sich auf einen Besuch pro Monat. Nur nahe Familienangehörige (Eltern, Kinder und EhepartnerIn) sind zugelassen. Bei diesen Besuchen dürfen die Angehörigen keinen physischen Kontakt mit unseren GenossInnen aufnehmen, die Gespräche finden durch ein dickes Panzerglas statt und in Anwesenheit von einer Lauschgruppe auf jeder Seite, die es dem Geheimdienstapparat erlaubt, alle Gespräche während der Besuche aufzunehmen und später zu analysieren.

Bei diesen Besuchen dürfen die Angehörigen unseren Gefangenen nur persönliche Kleidung und Essen in Dosen mitbringen. Diese Mitbringsel von den Angehörigen gelangen erst ins Innere des Gefängnisses nach einer ausgiebigen Kontrolle durch das Militärsicherheitspersonal der Marine, die bestimmen, wann und wie die Mitbringsel zu den gefangenen Angehörigen gelangen. Die besuchenden Angehörigen werden in hermetisch abgeschlossenen Fahrzeugen zum Besuchszimmer gebracht, so daß sie nicht feststellen können, wohin genau sie gebracht werden.

Versuch, ein „Friedensabkommen" zu erzwingen

Nachdem sie unsere Gefangenen in absoluter Isolation gehalten haben, bietet die Regierung jetzt - mittels des Sprechers der „psycho-sozialen Kampagne", Vladimiro Montesinos - unseren Gefangenen an, die Haftbedingungen zu lockern, wenn sie ein „Friedensabkommen" unterzeichnen. Dieses soll einen Aufruf zum Dialog mit der Diktatur und das Abschwören des bewaffneten Kampfes beinhalten. Dieses Angebot, das von Montesinos persönlich zu unserem Genossen Comandante General Víctor Polay Campos getragen wurde, wurde sofort abgelehnt. Diese Entscheidung erregte den Zorn des Regierungsgesandten, der daraufhin drohte, unseren Genossen zu erschießen. Die Zurückweisung des Angebots der Diktatur wurde von allen dort gefangenen GenossInnen geteilt. Als Repressionsmaßnahme entschied die Diktatur die Haftbedingungen noch mal zu verschärfen, indem die Regelungen noch restriktiver gehandhabt werden. Diejenigen aber, die sich der Regierungskampagne unterworfen haben, erfahren seitdem Vorteile in der Behandlung.

Hochsicherheitsgefängnis Yanamayo

Dieses Hochsicherheitsgefängnis wurde 1990 in der Provinz Puno gebaut, die sich im äußersten Süden Perus befindet, in der andinen Hochebene auf 3800m über dem Meeresspiegel. Das Klima ist kalt mit Temperaturen, die sich in dem zwei Monate dauernden Sommer um die 15°C bewegen, im Rest des Jahres aber etwa um die -10°C. Der Gefängniskomplex wurde in der Mitte der andinen Hochebene gebaut, als eine Art Insel inmitten der Einsamkeit der Hochebene. Er ist auf einem Gebiet von etwa 10.000m² errichtet worden. Er wird von außen von einer Hundertschaft der „schwarzen Baskenmützen" der Armee bewacht, die Truppen in Schützengräben aufmarschiert - in der Umgebung befinden sich außerdem gepanzerte Fahrzeuge, Lastwagen, Pick-ups und zwei Hubschrauber, hinzu kommt ein Minenfeld. Für die innere Sicherheit sorgen 300 Elitepolizisten der Nationalpolizei.

Das Gefängnis ist aus Beton gebaut und gemauert, es besteht aus verschiedenen Pavillons, jeder mit einem von den anderen unabhängigen Hof. Im Pavillon 4A befinden sich die GenossInnen Mitglieder des MRTA.

Die Zellen sind 3m x 3m groß und beherbergen jeweils zwei Personen. Sie haben sanitäre Anlagen, aber der Gebrauch von elektrischen Geräten (Radio oder Fernsehen) ist verboten, ebenso das Kochen. Die Fenster haben kein Glas und die Tür ist ein schweres metallisches Gitter, so daß unsere Gefangenen ständig der Unbarmherzigkeit des starken Windes der Kordilleren und der Kälte ausgesetzt sind. In der Konsequenz leiden sie ständig an Atemwegsinfektionen.

Nach einer Anordnung der Diktatur müssen alle GenossInnen, die in den Gefängnis gebracht werden, ein Jahr in totaler Isolation gehalten werden. Nach dieser Zeit bekommen sie 30min. Hofgang täglich, d.h. sie sind 23,5 Stunden am Tag in der Zelle. In den 30min. können sie ein bißchen Gymnastik machen oder sich in dem kleinen Hof in die Sonne setzen. In dem Hof dürfen nie mehr als 14 Personen gleichzeitig Hofgang machen. Es dürfen keine Zeitungen oder Zeitschriften in das Gefängnis gelangen, nur Bücher, die vorher zensiert wurden. Die Bücher, die von Familienangehörigen gebracht werden dürfen nicht bei unseren GenossInnen bleiben, sondern werden in der Bibliothek des Gefängnisses bleiben.

In den Zellen dürfen nur Arbeiten gemacht werden, die keine Werkzeuge erfordern, denn Werkzeuge sind verboten.
Die Wachen können eigenmächtig Strafen festlegen, so daß unsere GenossInnen willkürlich bis zu 48 Tage in einer dunklen Zelle eingeschlossen werden, die nur 2m x 1m mißt, oder ihnen werden Besuche oder der Hofgang gestrichen.

Was die Ernährung angeht, so kalkuliert das Gefängnis mit einem täglichen Essensgeld von 60 centavos (100 centavos = 1 Dollar) pro Person und die Qualität läßt stark zu wünschen übrig. Wir kennen Fälle von GenossInnen, die sehr stark abgenommen haben, an Magen-Darmerkrankungen und an Tuberkulose leiden. Angehörige können während der monatlichen 30min. Besuch ihren gefangenen Verwandten zwar uneingeschränkt Lebensmittel mitbringen, aber die Schwierigkeiten, diese bis zum Gefängnis zu transportieren, verunmöglichen meist das Mitbringen. Außerdem können viele Familien nur zweimal im Jahr einen Besuch machen, da die Reise für einen Besuch sehr teuer ist.

Die Besuche sind nur direkten Familienangehörigen vorbehalten, die sich vorher ausweisen müssen und die mit einem Besuchsdokument erfaßt werden. Es ist kein physischer Kontakt erlaubt, die Unterhaltung findet mit natürlicher Stimme statt. Die GenossInnen befinden sich hinter zwei Gitter mit einer Mittelstrebe. Während der Besuchszeit sind die Wachen im Besuchsraum immer präsent.

Hochsicherheitsgefängnis von Castro Castro

Dieses Gefängnis befindet sich in den Vororten von Lima und wurde seinerzeit als Hochsicherheitsgefängnis gebaut, bis es einem tupacamaristischen Kommando gelang, unsere GenossInnen 1990 durch einen mehr als 315m langen Tunnel zu befreien.
Mit der Fujimori-Diktatur wurde mit Hilfe von militärischen Truppen die äußere Bewachung des Gefängnisses verstärkt. Im Inneren kontrolliert die Nationalpolizei, viele der Polizisten sind vermummt, damit sie nicht erkannt werden können.

In diesem Gefängnis entstehen viele Probleme durch das Zusammenpferchen der Gefangenen in einer Zelle, die nur 6m² mißt, in der aber 23,5 Stunden am Tag drei Menschen zusammenleben müssen. Diese Situation wird noch dadurch verschlimmert, daß sich im selben Raum auch die sanitären Anlagen für die drei befinden.

Durch diese Bedingungen wurden viele Fälle von Atemwegserkrankungen, Magen-Darm-Infektionen und Tuberkulose bekannt. Die GenossInnen können nicht auf eine ihnen zustehende und schnelle ärztliche Hilfe hoffen und es gelten starke Einschränkungen bezüglich des Essenmitbringens durch die Angehörigen der Gefangenen: die Nahrungsmittel, die mitgebracht werden, müssen vorher gekocht sein und für den sofortigen Verzehr geeignet sein; außerdem dürfen Früchte mitgebracht werden. Im Inneren des Gefängnisses - wie in den anderen auch - wurde ein Raum eingerichtet, in dem die Schnellgerichtsverfahren stattfinden, zu denen die Gefangenen in Kapuzen gebracht werden, gezeichnet von schlechter Behandlung und Folter.

Hochsicherheitsgefängnis von Chorrillos

Dieses Gefängnis befindet sich im Zentrum von Lima und ist ein Frauengefängnis für Frauen, die nach den Terrorismusparagraphen angeklagt sind. Auch wenn ein Teil der Wachen Frauen sind, so besteht der Polizeiapparat, der für die Sicherheit im Inneren verantwortlich ist, aus Männern. Das ist wichtigste Unterschied zur Realität in den anderen Gefängnissen, da die Repressionen, die in den anderen Gefängnissen herrschen, hier auch die gleichen sind.

Das Gefängnis besteht aus drei Pavillons, die jeweils drei Stockwerke besitzen. In jedem Stockwerk befinden sich auf einer Seite eine ganze Reihe von Zellen, eine neben der anderen. Von dem dünnen Gang kann man durch einige winzige Fenster auf die inneren Höfe des Gefängnisses sehen.

Die Zellen, 3m x 2m groß haben auf einer Seite zwei Holzbetten; gegenüber ein kleines Waschbecken und ein Klo. „Es ist verboten, einen Kamm zu haben, einen Spiegel, ein Foto, einen Brief, Radio zu hören oder fern zu gucken; es ist verboten, von Politik zu reden oder von etwas Aktuellem; es ist verboten zu lesen, zu schreiben, zu rauchen...", berichtet eine Genossin der Delegation des Roten Kreuzes, die das Gefängnis besucht.

Diese Fälle sind nur ein Beispiel für das, was sich in den peruanischen Gefängnissen abspielt, wie auch in Cajamarca, Ica, Arequipa, Huancayo, Huancavelica Aufgrund dieser Haftbedingungen, aufgrund dieser Verstöße gegen die Grundrechte des Menschen fordern wir Solidaritätsgruppen, die Nicht-Regierungsorganisationen und politische Organisationen auf, sich gegen die Aufrechterhaltung dieser Repression und Verletzung der Würde des Menschen zu verhalten.

Juristische Gründe, die die Unrechtmäßigkeit und Illegitimität der peruanischen Justiz zeigen

Die folgenden Verfügungen, Gesetze und Dekrete zeigen, daß die peruanische Judikative nicht unabhängig ist, ein juristischer Grund, der ausreicht, um die Unrechtmäßigkeit, den Mißbrauch und Autoritarismus der Justiz in Peru aufzuzeigen. In unserer neuesten Geschichte hat das Triumvirat Fujimori - Montesinos - Hermoza nach dem Selbstputsch vom 5.4.1992 Artikel der Verfassung geändert, andere abgeschafft, um eine Judikative zu ihren Diensten zu haben und so die Praxis einer 'demokratischen' Diktatur durchzuziehen. Das war eines der wichtigsten Handlungen nach dem Selbstputsch. Eine unabhängige Judikative ist aber Notwendigkeit, um einen Rechtsstaat zu garantieren, den jede moderne Gesellschaft heute erreichen will. Letztendlich hatte die Änderung der Verfassung nicht die Bekämpfung des Terrorismus des Leuchtenden Pfades zur Absicht, sondern die Durchsetzung des neoliberalen Wirtschaftsmodelles und die notwendigen Garantien für Investitionen transnationaler Unternehmen. Deren Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes führte notwendigerweise auch zur Kontrolle über eine der wichtigen Säulen des Staatswesens, der peruanischen Justiz.

Wir wissen, daß die transnationalen Interessen für die Regierung 'wichtiger' als Rechtsgültigkeit und die Lebensbedingungen des peruanischen Volkes sind und wollen so in den folgenden Abschnitten den wahrhaften repressiven und diktatorischen Charakter der Regierung Fujimori aufzeigen.

Keine Unabhängigkeit der Judikative

Die Regierung Fujimori hat sich der Legislative und der Judikative in diktatorischer Absicht bemächtigt. Er hat Gesetze, Dekrete und Verfügungen erlassen, die im totalen Gegensatz zur den juristischen und prozessualen Garantien stehen und also juristische Verirrungen darstellen:

- Gesetz 26291: auch bekannt als 'Ley Cantuta'

Dieses Gesetz greift in die Untersuchungen des Zivilrechts ein, um dem Militärrecht die Kompetenzen für die Verurteilung der Mörder des 'Kommando Lino Najar - Gruppe Colina' zu geben. Diese waren wegen Völkermordes angeklagt und verurteilt im Fall des Mordes an einem Professor und neun Studierenden der Universität Enrique Guzmán y Valle - La Cantuta. Die gleiche Gruppe war verantwortlich für die Verbrechen an der Bevölkerung in Barrios Altos, genauso wie an anderen menschenverachtenden Verbrechen.

Hier wird nun das Grundprinzip des Nichteinmischens in die Justiz, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Einhaltung der eigenen Verfassung gebrochen. Ebenso viele internationale Verträge und Abkommen wie der Art.6, Abs.3 des Internationalen Abkommens über zivile und politische Rechte, in dem es heißt: Wenn Mord innerhalb des Verbrechens des Völkermordes verübt wird, heißt das nicht, daß das in diesem Artikel Gesagte den beteiligten Staat von der Erfüllung der aufgrund der Konvention für die Vorbeugung und Sanktionierung des Völkermordes übernommen Pflichten befreit.

- Gesetz 26479: Amnestiegesetz oder das Gesetz der Schmach und Straflosigkeit

Dieses Gesetz gewährt den Soldaten und Polizisten Amnestie, die der Verbrechen von Völkermord, Folter, Vergewaltigungen und außergerichtlichen Exekutionen angeklagt wurden. Dies betraf die Verbrechen gegen die peruanische Bevölkerung in Cayara, Accomarca, Uchuraccay, das Massaker in den Gefängnissen von 1986, das Massaker von Los Molinos, genauso wie alle Verbrechen, die nach dem Selbstputsch verübt wurden, wie die Massaker von Cantuta und Barrios Altos und viele andere Verbrechen wie außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, Folter und andere unmenschliche Behandlungen.

Die Judikative in Peru ist somit nicht zu Diensten der Bürger sondern zu Diensten von Herrn Fujimori und seinen Verbündeten. Das soll die Verantwortlichkeit der Handelnden schützen, ebenso diejenigen, die als Mörder im Auftrag der Regierung arbeiten. Das Triumvirat der zivil-militärischen Diktatur Fujimori, Hermoza Ríos und Bladimiro Montesinos -reißt alle juristischen Garantien an sich, um sich selber Straflosigkeit für alles zu gewähren.

Das der 'Fujimorismus' viele diktatorische Züge trägt, muß er die Judikative unter seiner Gewalt haben. Deshalb ist die Mehrheit der RichterInnen, StaatsanwältInnen und MinisterInnen, mit einigen wenigen rühmlichen Ausnahmen, den ständigen politischen Schwankungen der Regierung bedingungslos unterworfen. Die Judikative sollte eigentlich zu Diensten und zur Verteidigung des Volkes, der Gesetze und der Verfassung da sein.

Im Kapitel VIII der von der momentanen Regierung veränderten Verfassung, finden sich auch nach dem Selbstputsch von 1992 in den Artikeln 138 bis 149 Hinweise zur Judikative, die Gerechtigkeit, Autonomie, Legalität und Rechtsprechung und viele andere Prinzipen des Rechtsstaat festschreiben.

Wenn man das Kapitel analysiert, findet man in aller Klarheit die Intentionen des Fujimorimus. Eine Justiz, in einem Land, wo die Verwaltung der Justiz nach den Notwendigkeiten der Regierung funktioniert und nach den Wünschen desjenigen, der gerade an der Macht ist. Die folgenden Beispiele führen die falsche 'Autonomie' vor Augen:

Art.139, Abs.2:

Die Unabhängigkeit in der Rechtsprechung. „Keine Autorität kann laufende Fälle vor einen Gerichtshof ziehen noch sich in die Aufgaben einmischen. ... Niemand kann in laufende Verhandlungen eingreifen, Urteile verändern oder verzögern...

Abs.3: Prozeßbeobachtung und Rechtsschutz

Abs.4 Öffentlichkeit der Prozesse, etc.etc.

Das sind die entsprechenden Prinzipien - vor allem das der 'Gleichheit vor dem Gesetz' -, die nicht nur in der peruanischen Verfassung im Art.2, Abs.2 festgesetzt sind, sondern auch im Art.10 der Menschenrechtserklärung, die in unsere Rechtsprechung einbezogen ist. Darüber hinaus findet man in diesem Protokoll, welches in jedem Unterzeichnerland gesetzesbindende Kraft hat, also auch in Peru, folgendes: „Jede Person hat das Recht unter Bedingungen der Gleichheit aller, öffentlich vor einem unabhängigen und unparteiischem Gerichtshof gehört zu werden, damit seine Rechte und Pflichten gewährleistet sind oder damit jedwede strafrechtliche Anklage gegen die Person geprüft werden kann.

Wie sieht es mit der Erfüllung der Gesetze aus?

Das Benutzen der Judikative in den staatsterroristischen Plänen hat eine Grenze erreicht, wo die einzige politische Praxis die wiederholte Verletzung der Menschenrechte, der elementaren Grundrechte der Menschen und der BürgerInnen, der Gesetze, der internationalen Konventionen und Verträge. Es bedeutet Wortbruch und jeden 28.7. einen falschen Schwur, der deutlich unsere Intelligenz und die der internationalen Gemeinschaft mißachtet. Das peruanische Volk muß alternativlos die tägliche Lüge der Medien 'akzeptieren', die das rechtfertigen will, was man nicht rechtfertigen kann.

In diesem Kontext von Mißbrauch und ungerechtfertigter Straflosigkeit, sehen wir uns gezwungen, zum letzten Mittel zu greifen, zum Widerstand gegen Tyrannei und Unterdrückung (in bezug auf den Art.3 der Menschenrechtserklärung); denn wir können nichts Menschliches von diesem Staat erwarten, und ebensowenig von seinem Rechtswesen.

Die Unterdrückung des Rechts auf Widerstand führt zu Grenzsituationen von unmenschlicher und grausamer Behandlung; deren gemeinster Ausdruck ist die Vergewaltigung von Frauen, Kindern und alten Menschen, die Verfolgung und Bedrohung jeder Person der Opposition und die Attentate gegen Organisationen und Personen, die in Menschenrechtsfragen aktiv sind. Dieses Geheimdienstmodell läßt sich mit der Praxis der Gestapo vergleichen. Dazu gehören Razzien, bei denen Haus für Haus durchkämmt wird, Absperrungen von Vierteln, etc. In den Gefängnissen wird physisch und psychisch gefoltert. Das betrifft nicht nur die Gefangenen, sondern auch ihre Angehörigen.

Auf der anderen Seite gibt es für die völkermordenden Militärs ein Entgegenkommen, man setzt alle Hebel in Gang, daß sie straflos ausgehen oder zumindest in Freiheit bleiben. Das manipulierte Amnestiegesetz ist nicht nur Lizenz zum Töten, sondern es dient auch als allgemeines Mittel der Repression. D.h., daß die juristisch-prozessualen Garantien, die Gesetze, die internationalen Konventionen und Verträge, die in der Verfassung gesichert werden, in keiner der Abschnitte der juristischen Verwaltung gewährt werden. Das zeigt uns daß die Autonomie der peruanischen Judikative nur eine Illusion ist.

Ungleichheit vor dem Gesetz

Diese von der Regierung Fujimori eingesetzte Repression, die Nichtbeachtung der Gesetze, der Staatsterrorismus und der 'guerra sucia' (schmutziger Krieg), muß fortschrittliche und demokratische Männer und Frauen auf der ganzen Welt über die Legitimität der peruanischen Rechtsprechung nachdenklich machen. Die Männer und Frauen unserer Organisation, sind heute noch mehr in ihrer Sehnsucht nach sozialem Frieden bestärkt. Denn unter anderem kämpfen wir für einen wahren Frieden mit einer sozialen Gerechtigkeit für unser Volk.

- Das Gesetz 25475 und das Gesetz 25659, die sogenannten 'antiterroristischen' Gesetze

Mit diesen Gesetzen wird der Nationalpolizei wesentlich mehr Macht zugestanden. Grundrechte wie das Recht auf einen Verteidiger oder das Recht nach der Habeas Corpus Akte Berufung einzulegen werden gekürzt. Außerdem ermöglicht es Gerichte, in denen die Angeklagten das Gericht nicht sehen. Zudem werden sie vor Militärgerichte gestellt, obwohl die Mehrheit der Angeklagten Zivilpersonen sind.

Die Schnelligkeit der Prozesse ermöglicht es dem Verteidiger nicht, sich in die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft einzuarbeiten, sie zitieren ihn in den 24 Stunden, in denen die Schnellstgerichtsverfahren durchgezogen werden, nur aus formalrechtlichen Gründen herbei. In 24 Stunden ist es, selbst wenn man sich der neusten technologischen Möglichkeiten der 'entwickelten' Welt bedient, nicht möglich, eine ausreichende Beweisaufnahme durchzuführen, in der die Rechtmäßigkeit der Anklage bewiesen werden könnte.

Hinzu kommt das Fehlen einer technischen und juristischen Vorbereitung des Gerichtes, die sich auch nur aufgrund der militärischen Hierarchie der Farce beugen. Deshalb sind sie den Befehlen von Fujimori in bedingungslosem Gehorsam unterworfen, der er ihnen aus seinem Palast als Generalkommandant der Streitkräfte schickt. Ein unparteiisches Gericht existiert somit nicht. Und es ist ein schlechter Witz mehr, daß sich der ganze peruanische Staatsapparat zu Lasten der besten Söhne und Töchter, Männer und Frauen unseres Volkes verhält, die dafür kämpfen, eine Gesellschaft zu verwirklichen, in der man die Würde und die Lebensbedingungen der Menschen respektiert, ungeachtet der Hautfarbe, des Geschlechts und des Glaubens.

- Gesetz 25499, das 'Reuegesetz'

Das Gesetz soll Mitglieder der aufständischen Bewegungen zur Denunziation und zum Abtrünnigwerden bewegen, indem es Freiheit oder Strafverminderung im Austausch gegen Information verspricht. Diese staatsterroristische Methode, die die Judikative mißbraucht, hat Tausende von Menschen unschuldig ins Gefängnis gebracht, viele von ihnen waren GegnerInnen der Regierung.

Das juristische Prinzip des 'in dubio pro reo' wurde in ein 'im Zweifel für die Gesellschaft' umgewandelt. Das impliziert, daß die einzig eine Aussage eines Menschen, oft unter der Folter erzwungen, Grund genug ist, viele andere Menschen ins Gefängnis zu bringen, die ihre Unschuld nicht beweisen können. Die Gerichte verurteilen so aufgrund einer zweifelhaften Aussagen Menschen zu Gefängnisstrafen, ohne den Fall weiter zu untersuchen. Viele dieser Personen, die unschuldig der Verbrechen sind, derentwegen sie angeklagt worden sind, sind von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und American Watch in ihren Berichten zu Gefangenen aufgrund der politischen Gesinnung erklärt worden.

- Gesetz 24150 und Dekret 749, bekannt als Notstandsgesetze

Diese Regelungen ermöglichen es den bewaffneten Kräften (Heer, Marine, Luftwaffe, Bundespolizei), Kontrollmaßnahmen gegenüber der Bevölkerung zu unternehmen. Sie erhalten zivile und militärische Machtbefugnisse und können so ohne Kontrolle direkten Einfluß auf Wirtschaft und Gesellschaft ausüben. In der Praxis ist es so, daß die ganze Härte der Repression der 'guerra sucia' (schmutziger Krieg) durch diese Gesetze legalisiert wird. sie dienen also dem Triumvirat und der Diktatur.

Diese Maßnahmen stehen im Gegensatz zum Art. 139, Abs. 14 der Verfassung, die besagt: „Niemand kann in keiner Phase eines Prozesses das Recht auf Verteidigung verlieren. Jede Person muß sofort über die Gründe einer Festnahme unterrichtet werden. Sie hat das Recht, einen Rechtsanwalt ihrer Wahl als Verteidiger zu bestellen, der der Person ab dem Moment zur Seite stehen darf, in dem sie vorgeladen oder festgenommen wird." Dieser Absatz entspricht den Artikeln 7,8,9: „Niemand darf aus parteiischen Gründen festgenommen, gefangen gehalten oder verbannt werden."

Art.10: „Jede Person hat das Recht unter gleichen Bedingungen vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht öffentlich gehört zu werden."

Art.11, Abs.1: „Jede angeklagte Person hat als unschuldig zu gelten, wenn man so lange man ihre Schuldigkeit nicht beweisen kann. Das gilt gemäß dem Gesetz und im öffentlichen Verfahren, in dem man der angeklagten Person die notwendigen Garantien zur Verteidigung gegeben hat." Ähnliche Verfügungen stehen in den Artikeln 9 und 10 des Internationalen Paktes über zivile und politische Rechte.

Im heutigen Peru werden diese juristischen Grundprinzipien nicht beachtet: Bei nicht bewiesener Schuld wird nicht die Unschuld des Angeklagten vermutet; es wird willkürlich festgenommen und das Recht auf einen Verteidiger nicht gewährt. Außerdem kümmert sich niemand um die Beobachtung und Überwachung dieser Prinzipien. Alle diese juristischen Normen werden von der Regierung Fujimori systematisch verletzt.

Rehabilitierung oder Vernichtung?

Die Anwendung dieser ungerechten, repressiven Gesetze des Staatsterrorismus der Regierung Fujimori endet nicht an dieser Stelle. 24 Stunden am Tag werden Gesetze verletzt, wie die Grundrechte der Angeklagten, die aufgrund des „Terrorismusparagraphen" wegen Landesverrat angeklagt sind; Verfügungen werden erlassen, die schlimmste juristische Verirrungen darstellen und gegen jedwedes Grundrecht verstoßen, wie wir in den vorangegangenen Absätzen festgestellt haben.

Es ist eine Praxis von Lustigmachen und Geringschätzung der Menschen- und Bürgerrechte, wenn alle Angeklagten öffentlich in Gefängniskleidung von vornherein als 'Terroristen' verhöhnt werden, so als ob sie schon verurteilt wären.

Einige Medien erfüllen die Arbeit der Verbreitung der unbeschreiblichen Absicht der psycho-sozialen Kampagne des Staatsterrorismus. Das ist auch der Grund dafür, daß die Anwendung und Praxis der antidemokratischen und unmenschlichen Gesetze das tägliche Brot sind.

Es ist zudem unwürdig, die 'in den Käfig gesperrten' Gefangenen zu beobachten, es scheint, daß Fujimori & Co. sich daran erfreuen diese Szenen zur Schau zu stellen. Das enthüllt den Sadismus und die Fähigkeit von Haß und Rache, die dazu geeignet sind, die Unterdrückung fortzusetzen. Dies erreichen sie, indem sie über die Zellen im Marinestützpunkt Naval de Callao im Fernsehen berichten. Es sind fast Mausoleen, denn es gibt nur eine Art Nadelöhr im oberen Teil, durch das das Tageslicht durchdringen kann; die Wut und Verzweiflung könnte nicht größer sein, wenn bekannt wird, daß man in den 2x3m großen Zellen nichts machen kann, nicht einmal selbst aufs Klo gehen.

Es braucht nicht gesagt zu werden, daß die Ernährung, die ärztliche Versorgung und das Besuchsrecht nicht gewährleistet sind - man kann diese Kette von illegalen Haftbedingungen endlos fortsetzen.

Diese Mittel sind darauf gerichtet, die Regierungsgeiseln zu vernichten - es ist eine dramatische Situation, die von unseren Führern Víctor Polay Campos, Maria Lucero Cumpa Miranda und Peter Cardenas Shult gelebt wird; Totalisolation, die uns nochmals die Unmenschlichkeit der Verantwortlichen in bezug auf Menschenrechtsverletzungen zeigt. Eines Tages werden sie sich für diese Taten vor unseren Gerichten verantworten müssen, in denen wir unsere GERECHTIGKEIT durchsetzen werden.

Es gibt keinerlei Beobachtung durch die peruanische Justiz, die - repräsentiert durch ihre Staatsanwälte - eigentlich auf die Einhaltung des Art.139, Abs.21 der Verfassung achten müßte, wo: „das Recht auf menschliche Unterbringung der Gefangenen" festgelegt wird. Diese Anordnung läßt sich im Art.10, Abs.1 (Internationaler Pakt der politischen und sozialen Rechte) wiederfinden: „Jede gefangene Person muß menschlich behandelt werden, mit Respekt auf die unantastbare Würde der Menschen."

Der Art.5 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung sagt:

„Jedes menschliche Wesen hat in JEDER HINSICHT das Recht auf Anerkennung seiner Person vor dem Gesetz."

Diese Rechts- und Gesetzesbrecher kümmern sich nicht einmal um internationale Abkommen und Vereinbarungen, die im Falle eines bewaffneten Konfliktes beachtet werden müssen, wie das Menschenrechtsgesetz, das in einem internationalen Abkommen im Genf am 12.8.1949 unterzeichnet wurden, um Kriegsopfer zu schützen; im Art.3, Abs.1 heißt es: „Die Personen, die nicht direkt am Konflikt teilnehmen, eingeschlossen der Teile der bewaffneten Kräfte, die die Waffen niedergelegt haben und der Personen, die aus Gründen von Krankheit, Verletzung, VERHAFTUNG oder irgendeines anderen Grundes nicht am Kampf teilnehmen können, müssen unter welchen Umständen auch immer, menschlich behandelt werden ohne Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Glauben, Geschlecht oder sozialer Status oder irgendeines anderen Kriteriums behandelt werden.

Deswegen verbieten sich an jedem Ort und zu jeder Zeit die Bedingungen, denen die vorher genannten Personen unterworfen sind:

a) Der Angriff gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit, besonders der Mord in den verschiedenen Formen, die grausame Behandlung, die Folter und Quälerei.

b) Jede Form der Geiselnahme.

c) Der Angriff gegen die Menschenwürde, besonders die erniedrigende und herabsetzende Behandlung.

d) Vorgeschriebene Urteile und Exekutionen ohne Gerichtsverhandlung vor einem verfassungsrechtlich legitimierten Gericht, mit den rechtlichen Garantien, die von zivilisierten Völkern für unverzichtbar erklärt worden sind.

Diese Verfügung korrespondiert mit dem Art.3, Abs.1 der Genfer Konvention in bezug auf die Behandlung von Kriegsgefangenen (Konvention III), die am 21.10.1950 in kraft getreten ist und die Peru ebenfalls unterzeichnet hat.

Die Forderung nach gerechter Behandlung als Menschen wird auch durch Art.4 der Internationalen Konvention gedeckt, wo es heißt:
„A: Kriegsgefangene, im Sinne dieser Konvention, sind Personen, die einer der folgenden Gruppen zugehören und in die Hände des Feindes gefallen sind:

Abs.2: Mitglieder von anderen Milizen, eingeschlossen der organisierten Widerstandsbewegungen, die entweder im oder außerhalb des eigenen Landes agieren, auch wenn dieses Gebiet besetzt ist, wenn von den Milizen oder Freiwilligencorps, eingeschlossen der organisierten Widerstandsbewegungen, folgende Bedingungen erfüllt werden:

a) Sie müssen von einer Person geschickt worden sein, die verantwortlich für die Untergebenen ist;

b) Sie müssen ein aus der Distanz erkennbares Zeichen tragen;

c) Sie müssen Waffen sichtbar tragen;

d) Sie müssen ihre Aktionen gemäß der Kriegsgesetze austragen...

Die MRTA erfüllt diese Bedingungen. Deshalb fordern wir die gleiche Behandlung, die Polizisten und Soldaten in ähnlichen Situationen zuteil werden; deshalb appellieren wir an die internationale Öffentlichkeit, die Regierung Fujimori zur Einhaltung der internationalen Abkommen und Konventionen zu ermahnen, wie etwa die Allgemeine Menschenrechtserklärung oder auch die eigenen internen peruanischen Gesetze.

Außerdem rufen wir Organisationen wie das Rote Kreuz an, die die Verpflichtung haben, mit Hilfe ihrer Mittelspersonen ihre Mission zu erfüllen und die grausame, erniedrigende und unmenschliche Behandlung zu erleichtern, deren Opfer die in den peruanischen Gefängnissen einsitzenden tupacamaristischen Gefangenen sind.

Wir appellieren an die Hilfsorganisationen, damit sie fortfahren, gegen die Doppelmoral der 'Lobeshymnen' auf die Demokratie anzugehen und gleichzeitig die Unbestraftheit der Mörder zu verhindern; die täglich die Grundrechte des Menschen und Bürgers verletzen.

Für unseren Teil wiederholen wir unsere Verpflichtung gegenüber dem peruanischem Volk, mit dem Kampf für unsere Freiheit, Selbstbestimmung und volle Souveränität fortzufahren. Wir respektieren die Gesetze, die der Willen des Volkes bestimmt, dessen Mandat mit den internationalen Konventionen und Abkommen übereinstimmen muß, die ein friedliches Zusammenleben der Völker ermöglichen.

Das bedeutet außerdem die Respektierung einer sozialen Gerechtigkeit, zu der jeder Mensch Zugang haben muß: Ideale, für die heute Hunderte Frauen und Männer unserer Organisation eine Strafe verbüßen und andere im Kampf um soziale Gerechtigkeit, dem Verlangen unseres Volkes, gefallen sind.

Es wird keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit geben.

Dokumente

Prozeß gegen Victor Polay Campos - Widerstand und nicht Terrorismus

Für das Leben, für den Frieden, für Gerechtigkeit

Wir FührerInnen von Verbänden, Gewerkschaften und anderen Organisationen unterschreiben das vorliegende Papier angesichts des nun anstehenden Prozesses gegen den politischen Führer Víctor Polay Campos, da wir es wir für notwendig erachten diese Erklärung öffentlich zu machen:

1. Peru leidet unter den Folgen einer wachsenden Gewaltspirale, die die gesamte Gesellschaft betrifft. Diese Situation ist nicht neu; sie reicht bis weit in die Geschichte zurück, ihre Ursachen liegen in der Existenz eines ungerechten ökonomischen und sozialen Systems, das die demokratischen und Befreiungsbewegungen auf der einen Seite mit den Interessen der Ausbeuter, Herrscher und Unterdrücker unseres Volkes auf der anderen Seite konfrontieren läßt.

2. Angesichts der schweren Krise, in die die peruanische Gesellschaft geraten ist, hat in den letzten Jahren die Gewaltspirale, die hauptsächlich vom Staatsapparat ausgeht, Tausende Leben unseres Landsleute gekostet, in der Mehrzahl unschuldige Opfer. Zurückgeblieben ist eine Schneise der Verwüstung mit unglaublichen Verlusten an Gütern und Werkstoffen.

3. Das peruanische Volk ist ein fleißiges Volk, das in Frieden leben will, das sich aber verpflichtet sieht, ständig für die Verteidigung der Grundrechte zu kämpfen, wenn diese mit Füßen getreten werden.

4. Das peruanische Volk kämpft mit verschiedenen Mitteln, wir, als FührerInnen von Volksorganisationen, haben uns für den demokratischen Kampf und der Agitation der Massen entschieden und daher bekämpfen und lehnen wir den provozierenden Terrorismus ab, der so oft schon klassenkämpferischen Organisationen angegriffen hat, indem er ihre FührerInnen ermordete.

5. Die politischen Aktivitäten von Víctor Polay Campos, müssen wir anerkennen. Diese Aktionen kann man nicht als blinden und anarchischen Terrorismus bezeichnen. Seine Formulierungen und Aktivitäten sind in nationalen und internationalen Medien aufgegriffen und verbreitet worden. Sie zeigen ihn als Führer einer aufständischen politischen Organisation, die sich entschieden hat, die Waffen zu ergreifen, um - in ihrer eigenen Entscheidung - das momentane Herrschaftssystem abzulösen.

6. Deshalb ist Victor Polay kein normaler Verbrecher. Er ist nach unserem Urteil ein politischer Führer, der sich mit Waffen erhoben hat. Deshalb sollten seine Behandlung und sein Urteil nach dem Widerstandsparagraphen beurteilt werden, wie es das Strafrecht festsetzt. Diese Verantwortung haben die Richter, die über Víctor Polay Campos urteilen.

7. Wir wollen hier noch mal deutlich machen, daß diese Deklaration nicht so verstanden werden soll, daß wir die Ideologie oder die Praxis der politischen Organisation, die Víctor Polay anführt, unterschreiben oder diese Ansichten teilen. Das gilt genauso für die Menschen, die wir in unseren Organisationen repräsentieren. Unsere Position ist grundsätzlich und sie orientiert sich daran, daß Frieden und nationale Einheit in Peru in einem System sozialer Gerechtigkeit etabliert werden.

Lima, Juni 1990

UnterzeichnerInnen:

Organisation - Amt - Name:

Diese Deklaration wurde in der Zeitung La República und anderen veröffentlicht. Was hat sich seitdem verändert, damit Víctor Polay und die anderen RevolutionärInnen nicht für 'Landesverrat' zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und lebendig begraben werden?

Die angeklagten und verurteilten politischen Gefangenen der MRTA und unabhängige politische Gefangene aus dem Hochsicherheitsgefängnis Miguel Castro Castro melden sich hiermit zu Wort:

1) Zuallererst die liebsten Grüße und die vollste Anerkennung für Ihre ständige Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte.

2)Wir zeigen hiermit vor Ihnen und der Organisation, die sie leiten, die Gewalttätigkeiten, die Willkürherrschaft, die schlechte Behandlung und die Folter an, der wir am 1. März diesen Jahres ausgesetzt waren.

3) Jenen Tag hat man uns völlig willkürlich und ohne daß ein Motiv erkennbar gewesen wäre, mitgeteilt, daß wir in andere Pavillons und Zellen verlegt werden. Normalerweise respektieren wir die Entscheidungen der Gefängnisdirektion. Aber diese Maßnahme , die ausschließlich gegen uns gerichtet war, ist ohne Erklärung und Sinn und nur dafür gedacht, uns auf das gesamte Gefängnis zu verteilen. Sie kümmert es nicht, daß die Gefangenen, die aus den Provinzen kommen und daher keinen Besuch bekommen, unter Isolationsbedingungen leiden; sie kümmert es nicht, daß wir gemeinsam besser mit der Mangelernährung zurechtkommen, die uns die Gefängnisleitung zukommen läßt. Zusammen und solidarisch konnten wir trotz der Gefängnisrestriktionen Arbeitswerkstätten einrichten. Außerdem kümmert es sie nicht, daß es uns unmöglich ist, mit den MitgliederInnen des Leuchtenden Pfades (Sendero Luminoso) zusammenzuleben.

4) Diese Tatsachen haben uns dazu bewegt, ein Gespräch mit dem Direktor zu erbitten - der zu anderen Gelegenheiten sich zu einem Interview bereitgefunden hatte, was aber nun bis zum heutigen Tag aus seinem Mangel an Interesse nicht stattgefunden hat. Er sollte uns die Details dieser Entscheidung erklären und außerdem unsere Ansicht zu dieser Sache anhören, genauso wie verschiedene andere Punkte, die mit den Haftbedingungen zu tun haben.

5) Unser Ersuchen nach einem Gespräch mit der Leitung, um eben unsere Rückverlegung zu erreichen, wurde vollständig abgelehnt. Ungefähr 30 Mitglieder der PN (Bundespolizei) stürzten sich mit Knüppeln auf uns und schlugen uns brutal, während sie aus ihrem Angriff ein kleines Fest machten und ihre zahlenmäßige Überlegenheit und die Isolation zwischen den Zellen vollständig ausnutzten.

6) Das Ergebnis war furchtbar: viele Verletzte, Grün- und Blaugeschlagene und ein weiterer neuer schlimmer Vorfall der Verletzung der Menschenrechte im Gefängnis unter einer ungerechten und unmenschlichen Herrschaft von Tod und Hunger. Wir klagen die Urheber dieser Aggression an: den politisch Verantwortlichen Direktor Oberst Romero, den direkten Ausführenden, Hauptmann Ochoa, und die Schließer Pasapera, Zapata, sowie die übrigen PN die zu jener Zeit Dienst gehabt haben.

7) Wie Sie von der Einhaltung der Menschenrechte wissen, werden diese im Gefängnis verletzt, mit Füßen getreten und völlig verkürzt. Es ist nun für uns sehr dringend notwendig, genauso wie für die anderen Organisationen und Personen, die die Menschenrechte verteidigen, die Anstrengungen in dieser Hinsicht zu verdoppeln. D.h. diese Vorkommnisse auf den verschiedenen Ebenen der Regierung bekannt machen, genauso wie in der Bevölkerung, um die Gewalttätigkeiten, die Folter und die Verletzung der Menschenrechte, wie hier beschrieben, zu stoppen.

8) Wir fordern weiterhin, daß wir in unseren Pavillon zurückgelegt werden, und es ist nur zu gerecht aus den Gründen, die wir hier bereits beschrieben haben, und, was mehr zählt, wenn wir uns vor Augen rufen, daß es Pavillons gibt, die nur den MitgliederInnen des Leuchtenden Pfades (Sendero Luminoso) und zuletzt sogar Pavillons gibt, die nur Mönchen vorbehalten sind.

Wir kommen deshalb hier auf Sie zurück, damit Sie uns in einer mittelnden Funktion ein Interview mit dem Direktor und den anderen Leitern ermöglichen, um endlich Lösungen für die schwerwiegenden Probleme zu finden, die uns Gefangene bedrücken.

Erneut senden wir unsere Grüße und besondere Hochachtung und verabschieden uns mit unserem vollen Vertrauen, daß wir auf ihre Hilfe zählen können.

Canto Grande, 25. März 1996

Politische Gefangene der MRTA und Unabhängige

Brief an die ChilenInnen mit dem Herz am richtigen Fleck

Dieser Brief wurde vom Solidaritätskomitee für politische Gefangene in Lateinamerika verfaßt. Wir halten es für notwendig, sie zu veröffentlichen, um jene schrecklichen Ereignisse bekannt zu machen. Wir kämpfen für die Menschenrechte, der Frauen und Männer, die ihre Freiheit verloren, weil sie eine Utopie möglich machen wollten.

Terror und Vernichtung herrschen in den peruanischen Gefängnissen, wie es die chilenische Schriftstellerin Matilde Ladron de Guevara in ihrem Buch „Für sie" nennt. In dem Buch geht es um das Martyrium ihrer Tochter, Sybila Arredondo, Witwe von Arguedas. Die chilenischen politischen Gefangenen in Peru genießen diese 'Vorzüge': Das Recht auf einen Besuch pro Monat von Mutter, Vater oder den Kindern durch ein doppeltes Gitter, der nur 30 Minuten dauern darf. Minderjährige Kinder dürfen die Gefangenen sogar nur einmal in drei Monaten besuchen. Die Zellen sind 2,5 x 2 Meter groß, für vier Gefangene, 24 Stunden am Tag. Klo und Waschbecken befinden sich in der Zelle. Es gibt elektrisches Licht von 19 bis 22 Uhr, Wasser nur von Mitternacht bis 6 Uhr morgens. Es ist nicht erlaubt, Studien- oder Arbeitsmaterial zu besitzen, keine Bücher, keine Stifte, keine Wolle, keine Nadeln, kein Papier. Sie leben ständig eingeschlossen und dürfen nur eine halbe Stunde pro Tag auf den Hof.

Unter den Gefangenen befinden sich außer Sybila auch noch andere ChilenInnen: Jaime Castillo, Lautaro Mellado, Maria Concepción Pincheira, Marcela Gonzales, Alejandro Astorga und Alejandro Valdivia. Für diese Gefangen macht niemand irgend etwas, mit Ausnahme der Angehörigen. Die chilenische Regierung und ihre Repräsentanten haben 'vergebliche Anstrengungen' unternommen, um ihre Freiheit zu erreichen. Im Gegensatz dazu steht, daß etwa die italienische, die spanische und die us-amerikanische Regierung in kurzer Zeit die Freiheit ihrer BürgerInnen aushandeln konnten, die sich in einer ähnlichen Situation befanden.

Die ChilenInnen sind für 'Landesverrat' verurteilt worden, das Vaterland von Fujimori, und niemand unternimmt irgend etwas. Der Kardinal Oviedo, der an der Spitze der chilenischen katholischen Kirche steht, wurde an einem Besuch von Sybila Arredondo im Gefängnis von Chorrillos gehindert. Wichtige Persönlichkeiten wie Ernesto Sabato, Juvencio Valle, Francisco Coloane, Gulio Ainaudi, Ricard Salvat, Alvaro Company und die chilenische Schriftstellervereinigung fordern die Freiheit von Sybila Arredondo.

Ernesto Sabato, der mit dem spanischen Cervantes-Preis prämiert wurde, sagte: „Was mit Sybila passiert ist schrecklich und mich erschreckt es, daß niemand gegen diese Ungeheuerlichkeiten ankämpft", und wir fügen hinzu, „und für andere ChilenInnen auch nicht." Es kann sich niemand mehr hinter dem Unwissen über jene Vorgänge verstecken, um etwa nichts für die Freiheit und die Rückkehr jener Landsleute zu tun. die Regierung, die Autoritäten, das ganze Volk müssen sich mobilisieren, um das Leben der chilenischen Gefangenen in Peru zu retten, bevor es ganz zu spät ist.

Wir rufen die BürgerInnen auf, einen Boykott gegen peruanische Produkte zu initiieren, um unsere Landsleute aus den Gefängnissen von Fujimori auszulösen. Wir rufen alle auf, sich mit den Angehörigen zu solidarisieren mittels einer großen Mobilisation, eingeschlossen die FührerInnen der Gewerkschaften, der Verbände und der Parteien, um zu zeigen, daß wir die Menschenrechte verteidigen. Vereinigen wir uns, um Druck auszuüben, genauso wie es die italienische, die spanische und die us-amerikanische Regierung getan haben, um ihre Landsleute aus dem Terror von Fujimori zu befreien.

Solidaritätskomitee für politische Gefangene in Lateinamerika

Forum von São Paulo

Liebe RepräsentantInnen, Vollmitglieder und Eingeladene zum Forum von São Paulo.

Liebe Brüdern und Schwestern, Genossen und Genossinnen:

Die Söhne und Töchter von Túpac Amaru und Micaela Bastidas grüßen Euch und stellen sich diesem wichtigem lateinamerikanischem Ereignis vor, um unsere und die Entscheidung des peruanischen Volkes zu bezeugen und zu erneuern, nämlich den Kampf gegen das härteste Modell des Kapitalismus fortzuführen: gegen den Neoliberalismus. Der Kampf des peruanischen Volkes ist Teil der Kämpfe, die auf dem ganzen Kontinent stattfinden, der noch die dicken Ketten von Unterentwicklung und Abhängigkeit trägt. Außerdem überbringen wir die Grüße der Nationalen Führung der MRTA und der Männer und Frauen, die mit verschiedenen Mitteln gegen den Neoliberalismus in Peru kämpfen.

Für das neoliberalistische Wirtschaftsmodell ist charakteristisch, daß die Reichen auf Kosten der Armen und dem Tod von Millionen Menschen, die seit ihrer Geburt zu einer unmenschlichen Existenz verurteilt sind, immer reicher werden. Unter diesen Umständen stellt das VI Forum von São Paulo die Möglichkeit dar, sich dem gemeinsamen Feind entgegenzustellen, der unsere Völker mit dem Auslöschen bedroht. Die Suche nach einer Alternative zum Neoliberalismus ist die gemeinsame Aufgabe derjenigen, die wir heute an diesem großen Ereignis teilnehmen. Wir wollen die 'demokratischen' Diktaturen - wie den Fujimorismus - abschaffen, die von der OEA kontrolliert und den USA eingesetzt sind, die mit der Geißel von Tod und Völkermord uns bedrohen.

Es gab keinen Kampf in der Geschichte der Befreiungskämpfe der Völker Lateinamerikas der der peruanischen Erfahrung entspricht; auf der einen Seite gibt eine Organisation, die aus den Reihen des Volkes entstanden ist und die in der Praxis gegen die Übereinstimmung mit den Zielen der Regierung , die sie vorgibt zu bekämpfen, angeht. Das peruanische Volk sieht sich so zwischen zwei Fronten: Auf der einen Seite der Staatsterrorismus und auf der anderen Seite die Irrationalität des Leuchtenden Pfades. Das hat zur Folge, daß der Fujimorismus eine psychosoziale Kampagne beginnen konnte, die große Teile des Volkes - einschließlich der fortschrittlichen Teile - verwirrte. So haben sie es geschafft, den revolutionären Kampf auf das gleiche irrationale Niveau zu heben wie die Politik des Leuchtenden Pfades. Es hat den TupacamaristInnen und den einsichtigen Teilen des Volkes viel Kraft gekostet, diesen für den revolutionären Prozeß kritischen Moment zu überwinden, und heute kann niemand die Existenz der MRTA als Organisation mit politischen und militärischen Strukturen negieren.

Deshalb sollten die Argumente, die unsere Teilnahme als Vollmitglieder des Forums von São Paulo verhindert haben, nicht in Betracht gezogen werden, sondern unsere Aufnahme ermöglicht werden.

Die MRTA ist Teil des peruanischen Volkes und des lateinamerikanischen Kontinentes. Das große Land von Bolivar und Ché wiederholt seine Entscheidung, in der Arbeit für die Errichtung einer Gesellschaft von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit fortzufahren.

Für Frieden und soziale Gerechtigkeit!!!

Gegen Neoliberalimus, für Solidarität und Internationalismus!!!

Europäische Delegation der MRTA

Schlußbemerkung

- Die MRTA ist eine grundsätzlich politische Organisation, die sich dafür entschieden hat den politischen Kampf mit dem Mittel des bewaffneten revolutionären Kampfes weiterzuführen; dies geschieht angesichts der brutalen und systematischen Repression von Staatsseite gegen die gerechten Forderungen unseres Volkes.

- Die MRTA betrachtet, daß die Lösung der schwerwiegenden Probleme (Arbeitslosigkeit, Hunger, Elend) die unser Volk quälen eine politische Lösung auf Grundlage des Respektes der Lebensbedingungen der Männer und Frauen unseres Volkes ist. Es gibt keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit.

- Die MRTA hat bei der Errichtung des bewaffneten Kampfes den Artikel 3 der Genfer Konvention berücksichtigt: sie hat eine anerkannte Führung, die KämpferInnen sind uniformiert und haben sichtbare Erkennungszeichen. Eine rotweiße Armbinde, die Zeichen der Organisation und sie tragen die Waffen sichtbar.

- Die MRTA berücksichtige die Menschenrechte der Polizisten und Soldaten, die im Gefecht verletzt oder gefangengenommen werden. Das kann der General der Nationalpolizei Perus John Caro bezeugen, dessen Sohn, Leutnant der Nationalpolizei, in einem Gefecht während der Besetzung von Juanjui im November 1987 verletzt wurde und gemeinsam mit anderen Verletzten vom Genossen Evaristo in ein Krankenhaus gebracht wurde. Ebenso bezeugen kann dies Monseñor Venancio Orbe, der 9 Polizisten erhielt, die im Mai 1991 gefangengenommen wurden. In diesen und anderen Fällen wurden die Gefangenen würdig behandelt, so wie es ihnen als Menschen zukommt.

Daher fordern wir die fortschrittlichen Organisationen, fortschrittliche Männer und Frauen auf, vor der peruanischen Regierung aufzutreten, damit diese die Würde und die Lebensbedingungen der politischen Gefangenen, der KämpferInnen und GenossInnen der MRTA, Männer und Frauen, die für ihre Ideen und Ideale ihrer Freiheit beraubt wurden, respektiert und damit die Gefangenen nicht Opfer von Wut und Wahnsinn werden.