Dokumentation einer Solidaritätserklärung aus den Gewerkschaften

Kriminalisierung von Anti-AKW-GegnerInnen

Am 6.7.99 durchsuchte das Bundeskriminalamt insgesamt 10 Wohnungen, einen Betrieb und ein Institut in Berlin, Bremen, Hamburg, im Landkreis Lüchow-Dannenberg und im Landkreis Lüneburg. Der Vorwurf lautet "Verdacht auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" (§ 129a) oder "gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr" (§315). Die angetroffenen Beschuldigten wurden erkennungsdienstlich behandelt, teilweise wurden ihnen auch Speichelproben für eine DNA-Analyse entnommen. Es wurden beschlagnahmt Pcs, Datenträger, Videofilme, Kalender, Adress-, Notiz- und Tagebücher, Artikel und Material an dem gerade gearbeitet wurde - unabhängig vom konkreten Tatvorwurf. U.a. wurden auch medizinische Unterlagen, Therapie- und PatientInnen-Unterlagen mitgenommen.

Begründet wird der Vorwurf mit den Hakenkrallenaktionen gegen die Deutsche Bahn AG, die im Oktober 1996 und im Februar 1997 stattfanden. Die Staatsanwaltschaft unterstellt, daß durch die reißenden Oberleitungen Gefahr für Leib und Leben von Bahnbeschäftigten und Reisenden in Gefahr wären. Aus den Diskussionen in der Anti-AKW-Bewegung geht aber ganz klar hervor, daß solche Aktionen dazu angelegt sind, daß keine Menschen gefährdet werden: "Wir bewegen uns mit dieser Aktion im Konsens des wendländischen Widerstandes, keine Menschenleben zu gefährden".

Im aktuellen Fall gibt es elf "Beschuldigte" und neun weitere "Betroffene", die mit den Beschuldigten in Kontakt stehen sollen oder zu deren Räumen Zugang haben sollen.

Die Durchsuchungen fanden in allen Räumen statt, zu denen sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Zugang haben. Die Durchsuchungen begannen zeitgleich um ca. 8.00 Uhr mörgens und dauerten bis zu 12 Stunden.

In Bremen gehört ein Mitarbeiter der Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz zu den Beschuldigten. Sein Arbeitsplatz, sowie die Räume der Meßstelle und das gesamte Bürohaus wurden durchsucht. Geschäfts- und Arbeitsunterlagen wurden in einem Ausmaß beschlagnahmt, daß ein Weiterbetrieb gefährdet ist. Außerdem wurde eine weitere Beschuldigung erhoben "Anfangsverdacht des Betruges durch unzweckmäßig verwendete Fördergelder". Hier soll eine kritische wissenschaftliche Arbeit regelrecht mundtot gemacht werden. Schließlich hat die Meßstelle z.B. die Kampagne gegen Atomtransporte wissenschaftlich begleitet und politisch unterstützt.

Diese Staatsschutzaktion steht offensichtlich im Zusammenhang mit den Energiekonsensgesprächen zwischen Regierung und Atomindustrie. Der Widerstand gegen die in Vorbereitung befindlichen Atomtransporte soll kriminalisiert und eingeschüchtert werden . Ein mal mehr soll die Anti-Atom-Bewegung in "riedliche" und "Gewaltätige" gespalten und dadurch geschwächt werden.

Wir wenden uns als GewerkschafterInnen gegen diese Machenschaften der Staatsanwaltschaft und des BKA und fordern die Einstellung aller Verfahren gegen AtomkraftgegnerInnen.

Katharina Seewald
DGB-Jugendbildungsstätte Fulda
Jörg Köhlinger
Gewerkschaftssekretär IG Metall Bezirk Frankfurt
Angelo Lucifero
Landesvorsitzender - hbv Thüringen
Jörg Zimmermann
Gewerkschaftssekretär hbv Thüringen
Ernst Richter
DGB-Jugend Hessen
Jürgen Planert
DGB-Jugendbüro Darmstadt
Mechtild Middeke
DGB-Jugendbüro Kassel
Domenico Perroni
DGB-Jugend Frankfurt
Kai-Olli Tiffany
DGB-Jugend Frankfurt