nach der ersten Akteneinsicht vorläufige Bilanz, Stand: August 2003.


Goldene Hakenkralle und politische Verfolgung


Die Herkunft des Namens “Goldene Hakenkralle”, unter dem die BKA-Ermittlungen lief, ergibt sich nach Aktenlage aus einem abgehörten Telefongespräch (§ 100a-Maßnahme). Anläßlich des Geburtsta­ges eines “Beschuldigten” sollen sich zwei weitere “Beschuldigte” über ein mögliches Geschenk un­terhalten haben. Der Vorschlag soll eine vergoldete Hakenkralle gewesen sein. Und die Bemerkung eines “Beschuldigten”, noch einen ganzen Kasten davon bei sich zu haben, sei Auslöser für die bun­desweiten Hausdurchsuchungen gewesen.

Im Übrigen wurde versucht, die zu dieser Geburtstagsparty eintreffenden Gäste zu filmen, was wohl zumindest teilweise unterbunden werden konnte.



Rückblick


Es war am 6.Juli 1999 - also inzwischen vor vier Jahren - als das Bundeskriminalamt (BKA) insge­samt 10 Wohnungen in Berlin, Bremen, Hamburg, im Landkreis Lüchow-Dannenberg und im Land­kreis Lüneburg, einen Taxi-Betrieb in Berlin Kreuzberg und ein Umweltinstitut in Bremen durch­suchte.

Der Vorwurf lautet: “Verdacht eines Verbrechens nach §129a (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) und gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr durch Mitglieder "Autonomer Gruppen"!

Nach der Pressemitteilung des Generalbundesanwaltes (vom 6.7.1999) waren 9 StaatsanwältInnen, 100 BKA-BeamtInnen und weitere 200 PolizistInnen der Länder beteiligt.


Die Beschuldigten wurden erkennungsdienstlich behandelt, teilweise wurden noch zusätzlich Spei­chelproben und Haarproben (aus Haarbürsten) für DNA-Analysen entnommen.[1] In eine Wohnung in Berlin drangen vermummte SEK-BeamtInnen mit Stahlhelm und gezogenem Revolver ein. Ein Mensch wurde von der Arbeit in seine Wohnung "verbracht".


Nach Angaben der Bundesanwaltschaft gingen der Durchsuchungsaktion “intensive Ermittlungen der “Arbeitsgruppe Energie” beim Bundeskriminalamt” voraus (sie wurde im Januar 97 eingerichtet). Diese Ermittlungen hätten ergeben, daß die Hakenkrallen-Aktionen auf eine Personengruppe aus dem militanten Widerstand gegen die CASTOR-Transporte und auf eine, die aus dem Widerstand gegen die Olympischen Spiele in Berlin (AOK, Anti-Olympia-Komitee) stammt, zurückzuführen sind.

Das AOK wurde schon vorher durch den Verfassungsschutz (VS) observiert.


Begründet wurde der Vorwurf mit den Hakenkrallenaktionen gegen die Deutsche Bahn 2 , die laut Pres­semitteilung des Generalbundesanwaltes

In dem breit veröffentlichten Kommuniqué heißt es dazu:

Ziel der Anschläge war es, die Deutsche Bahn AG unter Druck zu setzen, um die CASTOR-Trans­porte auf dem Schienennetz einzustellen."

Aus der Zeitgleichheit der Aktionsserien und gemeinsamer Erklärungen schloß die Generalbundesan­waltschaft auf die Existenz einer Organisation “Autonome Gruppen”, deren “Führungskader” sie in den Beschuldigten gefunden zu haben glaubt. Die "Führungskader" brauchen dann nicht selbst prak­tisch an den Aktionen teilgenommen zu haben, sondern müssen nur der "terroristischen Vereinigung" angehören, um nach §129a verurteilt werden zu können.


Es gab elf sog. “Beschuldigte” und neun weitere sog. “Betroffene”. Wobei “Betroffene” Personen sind, die mit den “Beschuldigten” in Kontakt stehen und zu den Räumen der “Beschuldigten” Zugang haben sollen.

Gegen vier (inzwischen fünf, dazu s. später) “Beschuldigte” wurde und wird weiterhin zusätzlich we­gen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr im Rahmen des Widerstandes gegen das AKW Krümmel ermittelt.

Es soll sich hierbei um das “Durchtrennen der Schienenstränge der Bahnstrecke Geesthacht-Bergedorf” handeln. Gemeint ist das Anschlußgleis, das das AKW-Krümmel an das öffentliche Bahn­netz anschließt.


Im Fall der Hakenkrallenaktionen unterstellte die Staatsanwaltschaft, daß durch die reißenden Ober­leitungen Gefahr für Leib und Leben von LokomotivführerInnen und Reisenden entstanden war.

Dagegen geht aus den Diskussionen der Anti -AKW-Bewegung ganz klar hervor, daß solche Aktionen so angelegt sind, daß keine Menschen gefährdet werden.


Die Durchsuchungen – zumindest bei den “Beschuldigten” – fanden in allen Räumen statt, zu denen sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Zugang hatten.

Das betraf auch Keller, Dachböden, Schuppen, Ställe, Autos, Gärten und landwirtschaftliche Flächen.

Die Durchsuchungen begannen zeitgleich etwa um 8 Uhr morgens und dauerten bis zu 13 Stunden. Es wurde zugelassen, jeweils eine AnwältIn zu benachrichtigen, dann aber konnten, bis auf eine Aus­nahme, keine weiteren Telefongespräche geführt oder empfangen werden.



In Bremen gehörte ein Mitarbeiter der Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz (MAUS e.V.) zu den Beschuldigten.

Sein Arbeitsplatz, aber auch die Räume der Meßstelle und das gesamte Haus - d.h. mehrere Wohnein­heiten -, in dem sich die Meßstelle befindet, einschließlich einer Kunstgalerie, wurden durchsucht. Ge­schäfts- und Arbeitsunterlagen wurden in einem Ausmaß beschlagnahmt, daß ein Weiterbetrieb nur notdürftig möglich war.

Hier wurde vor Ort eine weitere Beschuldigung erhoben: “Anfangsverdacht des Betruges durch un­zweckmäßig verwendete Fördergelder” (aus der Anlage zum Durchsuchungsprotokoll des BKA vom 6.7.99). Da es diesen Vorwurf juristisch gar nicht gibt, wurde er in “Subventionsbetrug u.a.” (Schrei­ben der Staatsanwaltschaft Bremen vom 26.7.99) umgeändert.

Daß dieser Vorwurf ausschließlich politisch motiviert ist zeigt sich auch daran, daß die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens und die Beschlagnahme der Unterlagen durch die Staatsanwaltschaft Bremen allein auf Anordnung der Staatsanwältin der Generalbundesanwaltschaft erfolgte[3]. Wohl auch, um alle Unterlagen in Ruhe sichten zu können.

Das geschah sicher nicht zufällig: Die MAUS gehört seit ihrer Gründung 1984 zu den entschiedenen KritikerInnen von Atomtechnologie und deren Verwertung im militärisch-wirtschaftlichen Sektor. Dies hat sich niedergeschlagen in diversen Veröffentlichungen und Durchführungen von Seminaren zu diesem Thema, in der Beteiligung an unzähligen Veranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen, in GutachterInnentätigkeit und wissenschaftlicher Beratung. Nicht zuletzt hat die Meßstelle auch die Kampagne gegen Atomtransporte durch Bremen und Bremerhaven (’97,’98) wissenschaftlich begleitet und politisch unterstützt. Diese Kampagne bekam durch den “CASTOR-Skandal” im Früjahr 1998 eine zusätzliche Bestätigung.


Der MAUS sind sämtliche öffentliche Mittel gestrichen worden, sie mußte daraufhin alle Beschäftig­ten entlassen und kann auch nicht mehr die Bearbeitung spezieller Aufgaben durch Werkverträge absi­chern. Sie versucht zur Zeit ihr Überleben notdürftig durch Spenden und verstärktem ehrenamtlichen Einsatz zu gewährleisten.



Das Projekt “Opferperspektive” aus Brandenburg (kümmert sich um Opfer rechter Gewalt) mußte anfänglich seine Arbeit einstellen, da die weitere Förderung durch das Land Brandenburg gestoppt wurde. Schon vor den Durchsuchungen am 6.7. wurde den MitarbeiterInnen im Mai `99 aus dem Ju­stizministerium eröffnet, daß die Namen von zwei ProjektmitarbeiterInnen in Ermittlungsakten der BAW genannt wurden, und zwar im Zusammenhang mit Anschlägen im Bereich “Anti-Olympia” und “Hakenkrallen gegen CASTOR-Transporte”.

Es gab eine schriftliche Aussage aus dem Brandenburger Justizministerium, daß eine weitere Finanzie­rung möglich sei, wenn “ein Mitarbeiter” aufhört.



Die KTG (Kreuzberger Taxigenossenschaft), der bei der Durchsuchung Werkzeuge beschlagnahmt wurden, ist inzwischen wieder arbeitsfähig und repariert auch ihre Autos wieder.



Bei den Durchsuchungen wurden beschlagnahmt (wobei bei den verschiedenen Durchsuchungen sehr unterschiedlich vorgegangen wurde): PCs und Datenträger (Disketten, CDs), Videofilme, Fotos, Ka­lender, Adress-, Notiz- und Tagebücher, Material, an dem gerade gearbeitet wurde (unter anderem Ar­tikel und weitere Texte, unabhängig vom konkreten Tatvorwurf), Krankenunterlagen und Therapieun­terlagen über die eigene Behandlung, PatientInnenunterlagen, Strategiediskussionen zu Uran-, CASTOR-Transporten und AKW-Widerstand, Unterlagen zu Bankkonten, Quittungen, Verträge usw., Schraubstöcke, Rohrzangen, Bolzenschneider, Schraubschlüssel, Eisenbahnschienen, Funkscanner, Signalwesten, Landkarten, Schreibmaschinen, Typenrad, Handschriften- und Schreibmaschinenpro­ben, Haarbürsten und Hanfpflanzen. Außerdem wurden Zigarrettenkippen beschlagnahmt, da laut ei­nes Durchsuchungsbeschlusses eine Zigarette (Marke Juwel) auf einer Betonschwelle im Gleisbett ausgedrückt worden sei. Sie soll 13,20 m von der Stelle gelegen haben, an der eine Hakenkralle bei Potsdam eingehängt worden sein soll.


Erfahrungsgemäß kann es als Folge der Auswertung von beschlagnahmtem Material zu weite­ren Durchsuchungen kommen. Darauf sollten wir immer vorbereitet sein! Das ist dann auch ge­schehen. Dazu später.



Observationen und Zeugenverhöre


Aus Begründungen der Bundesanwaltschaft zu den Ermittlungen, aus Vernehmungen von Zeugen und jetzt zuletzt aus der Akteneinsicht ergibt sich, daß über längere Zeiträume Telefongespräche abgehört, Wohnungen und Treffen observiert wurden (s. unten).


Das BKA und BAW (Karsruhe) hatten verschiedene Zeugen vorgeladen:

Es sei hier noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Vorladungen zur Polizei oder zum BKA nicht befolgt werden müssen und auch nicht sollten und Vorladungen zur Staatsanwalt­schaft nie ohne anwältliche Begleitung nachgekommen werden sollten!



Bekannt wurde auch - und das scheint uns in diesem Ausmaß neu zu sein -, daß das BKA unmittelbar mit Sozialamt, Arbeitsamt, Finanzamt, Verkehrsamt, Katasteramt, Ordnungsamt, Bauamt, Versiche­rungen, Ausländerbehörde und Banken zusammenarbeitete.

Die Ermittlungsbefugnisse bei § 129a-Verfahren [4] entsprechen denen bei Verfahren gegen "organisier­ter Kriminalität" (z.B.: Geldwäsche, Mafia). D.h. es gibt keinen Datenschutz, kein Bankgeheimnis - auch nicht für Verwandte, FreundInnen, MitbewohnerInnen usw. Der § 129a öffnet der polizeilichen Willkür Tür und Tor!

So wurden z.B. die Vermögenslage, Konten (über mehrjährige zurückliegende Zeiträume), Immobili­enbesitz, Baumaßnahmen oder Urlaubszeiten überprüft. Es wird vermutet, daß bei Aufenthalt in ande­ren Ländern das BKA und die BAW mit den jeweiligen Geheimdiensten zusammengearbeitet haben.

Das führte in einem Fall dazu, daß die Arbeitslosenhilfe gestrichen wurde und finanzielle Rückforde­rungen gestellt werden.



Juristische Verteidigung


Die AnwältInnen (etwa 20 an der Zahl, denn jede(r) “Beschuldigte” oder “Betroffene” kann sich ja nur unabhängig von den anderen vertreten lassen) haben sofort Widerspruch gegen die Durchsuchungen und gegen die Beschlagnahmungen eingelegt, Akteneinsicht gefordert, spezielle beschlagnahmte Ge­genstände oder Papiere (oder deren Kopien) zurückgefordert.


Akteneinsicht (teilweise) wurde erst etwa 4 Jahre nach den Hausdurchsuchungen genehmigt, vorher wurde sie abgelehnt, um angeblich “die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden”.

Ablehnungen der Rückgabe von Beschlagnahmungen oder auch die Anfertigung von bestimmten Ko­pien wurden lange u.a. vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes (BGH) in unterschiedlichen Schriftsätzen inhaltlich begründet z.B. mit:

>> Der Beschuldigte steht im Verdacht, sich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung zu be­teiligen, die bestrebt ist, die “Castor”-Transporte der Deutschen Bahn durch militante Aktionen (Ha­kenkrallenanschläge, Schienensägereien und andere Aktionsformen des militanten Widerstandes) zu unterbinden und dadurch auch die Gesellschaft als solche revolutionär zu erschüttern. Die Mitglieder der Vereinigung stehen untereinander in regem Kontakt, arbeiten dabei aber äußerst konspirativ. ...


Sie (gemeint sind: die schriftlichen Unterlagen) können Aufschluß geben über die Art und Weise der Begehung der Straftaten sowie deren Vorbereitung, über die Kommunikationswege der Gruppenmit­glieder untereinander, die Konzeption der terroristischen Vereinigung und die Einbindung des Be­schuldigten in die Führungsstrukturen der “Autonomen Gruppen” ...


Ihr militanter Widerstand wendet sich nicht allein gegen die CASTOR-Transporte, sondern steht in ei­nem viel größeren Zusammenhang, nämlich dem Kampf gegen den Staat. ...


Der Beschuldigte ... steht nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen im Verdacht, sich insbeson­dere am Versand der Selbstbezichtigungsschreiben zu der Anschlagsserie vom 7. Okt. 1996 beteiligt zu haben. Der Verdacht wird bestärkt durch den während der Durchsuchung am 6. Juli 1999 im Zim­mer des Beschuldigten ... in einem Stahlschrank aufgefundenen vollständigen Block von zehn Post­wertzeichen zu je 1,00 DM mit dem Motiv “Luise Henriette von Oranien”. Briefmarken der gleichen Art fanden sich auf dem bei den Presseagenturen “ADN” und “AP” in Magdeburg eingegangenen Selbstbezichtigungsschreiben, dem “Kommunique autonomer Gruppen”. Nach Auskunft der Post AG wurden Briefmarken mit diesem Motiv nur bis Oktober 1997 verkauft. <<


In einem Beschlagnahmebeschluß gegen den Einspruch eines Anwalts wird die Herausgabe einer Haarbürste von einem Richter am BGH wie folgt abgelehnt:

>> Ob es im Hinblick auf die Beweissicherung sachgerecht erscheint, das Asservat Nr. 1.4.9.3.1 (=Haarbürste) nach evtl. Entfernung der Haare herauszugeben, bedarf noch der näheren Prüfung. Im Interesse einer möglichst weitgehenden Sachaufklärung kann dem Beschuldigten zugemutet werden, eine Haarbürste bei seinen Mitbewohnern vorübergehend zu entleihen, bzw. eine neue Bürste zu er­werben, damit sein individuelles, schutzwürdiges Interesse an einer geordneten Haartracht befriedet werden kann. <<



Die Ermittlungsakten umfassen eine ungeheuere Menge Papier. Schätzungsweise an die 100 Akten­ordner mit an die 25.000 Seiten (läßt sich so genau noch nicht sagen, da sich manches überschneidet). Dennoch ist uns nur ein Bruchteil der Akten zugänglich gemacht worden. So sollen z.B. die Mit­schnitte von Lauschangriffen nach der Einstellung des Verfahrens zu unserem eigenen Schutz (Daten­schutz!) vernichtet worden sein (s. unten). Wir waren bisher noch nicht in der Lage, das ganze Mate­rial ver­nünftig zu sichten.



zum weiteren Ablauf







- Ein Hauseingang in Berlin/Kreuzberg wurde mindestens sechs Monate videoüberwacht.
- Ein Fußballspiel zwischen Autonomen und ehemaligen Tupamaros in Montevideo und ihr Auf­enthalt in Uruguay wurde observiert.
- Personen mit Handys wurden abgehört und geortet.
- Schriftgutachten und linguistische Gutachten einzelner Beschuldigter wurden angefertigt und Textvergleiche zwischen BekennerInnenschreiben und veröffentlichten Texten durchgeführt.
Über Textidentitäten wurden dann neue Ermittlungsverfahren eröffnet. Z.B. im Fall eines An­schlags auf das Luftwaffenmuseum in Berlin-Gartow (während des Kosovokrieges) oder im Fall eines Anschlages auf eine Telefonleitung während des Kölner EU-Wirtschaftsgipfels (1999, es wurden mehr als 200.000 Telefone lahmgelegt).



Wie erklären wir uns diesen immensen Aufwand des Staatsschutzes?

nach den Hausdurchsuchungen sagten wir dazu und sehen uns heute darin bestätigt:





Schlußbemerkungen


Den Beschuldigten ist mitgeteilt worden, daß ein nicht unerheblicher Teil der Akten, z.B. alle abge­hörten Gespräche vernichtet wurden - ebenso wie die Akten über die sonstige Personenüberwachung. Angeblich zum Schutz ("Datenschutz!") der Beschuldigten. Damit wurde Be­weismaterial über eventu­ell illegale Abhörpraktiken der verschiedenen Statsschutzorgane vernichtet. Und da sich ja herausge­stellt hat, daß die Beschuldigten "unschuldig" sind, hätten sie auch keine AnwältInnen hinzu­ziehen müs­sen - das heißt, die Anwaltskosten werden nicht von der Staatskasse getragen.


Obwohl das Verfahren gegen das AOK mit Erkenntnissen des Verfassungsschutzes begann, finden sich nur wenige Hinweise darüber in den Akten. Schließlich sollen wohl nicht unnötig irgendwelche Quellen offengelegt werden.

VS und BKA haben offenbar gut zusammengespielt, sich gegenseitig mit Infos versorgt; getreu der Devise "legal-illegal-scheißegal" alle möglichen Quellen angezapft. Doch nicht zu vergessen ist die Verletzung der Persönlichkeitsrechte tausender Beteiligter, der nicht unerhebliche materielle Schaden für einige Projekte und Beschuldigte. Und nicht zuletzt: Wieder einmal gelang es der Justiz mithilfe des Ermittlungsparagraphen 129 a linke und linksradikale Strukturen zu durchleuchten und zu nerven.



Wir wollen noch besonders darauf hinweisen, u.a. beim Telefonieren doch große Sorgfalt walten zu lassen. Als Oppositionelle(r) in diesem Land muß mensch damit rechnen, daß diverse Überwachungs­beamte mithören. Und daß diese einem nichts Gutes wollen, dürfte auf der Hand liegen. Besonders betrifft das Handys, denn neben der Tatsache, daß diese abgehört werden, wie jedes andere Telefon auch, können diese der aktuellen Ortung und möglicherweise der Identifizierung der Telefonierenden dienen.



Wenn wir hier über die Repressionstechniken von BKA und anderen Staatsschutzbehörden so aus­führlich berichtet haben, dann nicht mit der Absicht, Angst und Horror zu verbreiten und Leute einzu­schüchtern. Sondern wir verstehen unseren Beitrag als Aufforderung, die Bedingungen unter denen wir uns bewegen genau zu studieren. Je besser wir diese Bedingungen kennen, um so sicherer werden wir uns bewegen können - immer auch mit dem Wissen: »wer sich bewegt, hinterläßt auch Spuren!«

Die Gewißheit alleine: »wir sind moralisch im Recht« und daraus die Folgerung: »deshalb darf uns nichts geschehen!« wird uns erfahrungsgemäß nicht vor politischer und polizeilicher Verfolgung schützen.


Die Beschuldigten in diesem Verfahren und die UnterstützerInnen haben diesen Angriff offensiv zu­rückgewiesen:



Aber, auch wenn vielleicht manches in dem Verfahren konstruiert und lächerlich erscheinen mag, sollten wir diesen Angriff nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Wir haben schon ein sehr ernsthaftes Anliegen und das richtet sich gegen die bestehenden Herr­schaftsverhältnisse, und genau das wissen auch die, die uns jetzt angreifen.

Denn es geht uns nicht nur darum, die Atomtechnologie zu stoppen – und zu glauben, danach ist alles in Ordnung – sondern es geht uns um eine Gesellschaft, in der u.a. diese menschenverach­tende Technologie keinen Platz hat.

Die Atomtechnologie ist nicht ein Fehler, sondern konsequenter Ausdruck dieser herrschenden Verhältnisse. Verhältnisse, in denen die Profitinteressen der Konzerne über die Lebensinteressen der Menschen gestellt werden, in denen Menschen zunehmend nach ihrer Verwertbarkeit kategori­siert und selektiert werden.


Solidaritätsgruppe Goldene Hakenkralle

(weitere Informationen s. WWW.MAUS.Bremen.de (Goldene Hakenkralle))

(Spenden-Kto. f. Anwaltskosten: Rote Hilfe/Stichwort:"Ehrenwort"/Kto. Nr.: 718 9590 600/Berliner Bank/BLZ 10020000)


(Label: Goldene Kralle, Dateiname: GH-Bilanz-250703, überarbeitet: 10.09.03)

1 Aus einer Vorladung zur Entnahme einer Speichelprobe - oder im Falle der Weigerung, zur Entnahme einer Blutprobe: >> Am 8.9.1998 ist in der BRD das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz in Kraft getreten. Durch §1 dieses Gesetzes ist die Strafprozeßordnung um einen Paragraphen § 81g StPO ergänzt worden: Die Vorschrift erlaubt Abnahme und Speicherung eines sog."genetischen Fingerabdrucks" bei Personen, die einer Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere eines Verbrechens, eines Verbrechens gegen die sexuelle Selbstbestimmung, einer gefährlichen Körperverletzung, eines Dieb­stahls im besonderen schweren Fall oder der Erpressung verdächtig sind. Voraussetzung dafür ist, daß wegen der Ausfüh­rung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, daß gegen ihn künftig erneut Straftaten wegen einer der vorgenannten Straftaten zu führen sind.


Diese Regelung findet gem. § 2 des DNA-Identifizierungsgesetzes auch Anwendung auf bereits verurteilte Personen, so­lange der Eintrag ihrer Verurteilungen im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist. <<


Nach einer Meldung der Hamburger Morgenpost vom 6. Mai 2000 waren davon bis dahin alleine in Hamburg 22 000 Menschen betroffen.

2 Unsere bisherigen - sicher sehr unvollständigen - Recherchen haben ergeben:

Zwischen Sept. 1994 bis Juni 2000 haben wir 118 Anschläge gezählt: davon 19 im Jahr 1994 an 11 verschiedenen Orten, 31 im Jahr 1995 an 21 verschiedenen Orten, 39 im Jahr 1996 an 27 verschiedenen Orten, 27 im Jahr 1997 an 18 verschie­denen Orten, 3 im Juni 2000 an 3 verschiedenen Orten als Protest gegen die Weltausstellung in Hannover.

3 Die Generalbundesanwaltschaft darf in diesem Fall nur wegen § 129a ermitteln. Das hätte aber die Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen der MAUS nicht gerechtfertigt. Deshalb das Hinzuziehen der Bremer Staatsanwaltschaft erst im Ver­lauf der Durchsuchung mit der Konstruktion eines neuen Vorwurfs. Die Bremer Staatsanwaltschaft gab sich darüber selbst erstaunt, schien gar nicht zu wissen, wie mit der Situation umgehen und wartete wohl auf neue Anweisungen von der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe.

4 Zum § 129a und zu Erfahrungen damit s.: "Aufruhr, Widerstand gegen Repression und § 129a", ID-Archiv, Amsterdam, 1991.