linksrhein Quelle: AZW Nummer 07, erschienen am 03.08.1995
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Aufruf von Menschen aus Kurdistan

An die deutsche Öffentlichkeit

Mit einer Erklärung an die deutsche Öffentlichkeit haben sich Menschen aus Kurdistan in Singen und Konstanz Ende Juli zu Wort gemeldet. Sie greifen darin vor allem die staatliche Verfolgung an, der sie sich inzwischen auch in der hiesigen Region ausgesetzt sehen. Am 22. Juli besuchten rund 50 Leute aus Kurdistan mit dieser Erklärung auch die "Südkurier"-Redaktion, und wollten darüber mit den RedakteurInnen diskutieren, vergeblich. Wir veröffentlichen die Erklärung im Wortlaut. - red

Wir Kurden, Menschen aus Kurdistan, sind seit Jahren in Deutschland. Hunderttausende von uns leben in Europa, Millionen am Rande der türkischen Metropolen. Wir alle wurden entwurzelt durch den schmutzigen Krieg gegen uns mit seinen schmutzigen politischen Hintergründen und Wirtschaftsinteressen.

Wir haben uns hier in Europa organisiert; das ist unser legitimes politisches und menschliches Recht; und wir haben damit weder Gesetze gebrochen noch gegen geltende Rechte verstoßen. Die Ziele der gegen unser Volk gerichteten schmutzigen Politik sind, uns zu versklaven, uns ohne Organisation und Führun g zu lassen und schließlich zu vernichten.

In der jetzigen Phase zeigt sich jedoch das Scheitern dieser Gewaltpolitik. Welche Macht auch immer eine solche Gewaltpolitk gegen die Kurden betreibt, wird sich damit selbst entlarven und ihren Anteil an der Verantwortung für diesen schmutzigen Krieg offenlegen.

Von seiten der Kurden werden dagegen große und ernste Anstrengungen unternommen, den Weg für eine politische Lösung des Konflikts zu öffnen.

Durch diese Gegenüberstellung der Politik der Kurden und ihrer Gegner ist klar zu erkennen, welche Seite die Internationalen Abkommen einhält und das Recht respektiert.

Die politische Lösung der Kurdenfrage steht in der jetzigen Phase zweifellos auf der internationalen Tagesordnung. Anstatt jedoch die notwendigen Schritte in die richtige Richtung zu tun, setzen die Gegner des kurdischen Volkes weiterhin auf Gewalt und Einschüchterung. Dadurch werden zwangsläufig Reaktionen der Kurden ausgelöst.

Wir kurdischen Menschen haben kein Verständnis dafür, daß überall in Deutschland, so auch neuerdings speziell in Singen und Konstanz kurdische Wohnungen von der Polizei überfallen und durchsucht werden, daß Bücher und Zeitungen beschlagnahmt werden, daß von der Polizei versucht wird, Kurden zu Spitzeldiensten gegen ihr eigenes Volk anzuwerben, und daß Kurden allenthalben eingeschüchtert und bedroht werden.

Als Antwort auf diese Angriffe wollen wir hiermit die Öffentlichkeit informieren und auffordern, nicht länger zu schweigen, um dadurch nicht an den Geschehnissen mitschuldig zu werden.

Die gegen uns angewandte Unterdrückung ist eines Rechtsstaates nicht würdig und erinnert an die Methoden des kolonial-faschistischen türkischen Staates.

Wir betonen, daß wir von jetzt an zu weiterer Unterdrückung nicht mehr schweigen werden und fordern die fortschrittliche, demokratische, intellektuelle Menschheit auf, ebenfalls ihre Stimme zu erheben und mit der unsrigen zu vereinen, damit das Unrecht an unserem Volk unüberhörbar angeprangert wird.

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linksrhein,cm, 29.5.00