linksrhein Quelle: AZW Nummer 05, erschienen am 06.07.1995
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Gleichstellung

Trend-stories

Als Trend-story bezeichnete es die Züricher Gleichstellungsbeauftragte Zita Küng, wenn auf der Titelseite einer schweizerischen Magazins "Frauen kassieren ab, Männer bezahlen" steht oder wenn der Vorsitzende des Schweizer Arbeitgeberverbandes, ausführlich und mit Zahlenmaterial untermauert, auf einer halben Zeitungsseite einer renomierten Züricher Zeitung, daß es keine Frauendiskriminierung im Erwerbsleben gäbe.

Am 14. Juni, dem Jahrestag des Schweizer Frauenstreiks war die Züricher Gleichstellungsbeauftragte Zita Küng nach Kreuzlingen gekommen, um diesen Tag zu feiern und um eine Bilanz der letzten vier Jahre zu ziehen. Der Streik hat etwas ins Rollen gebracht, beispielsweise sei die derzeitige Erarbeitung eines Gleichstellungsgesetzes für die Schweiz ein Erfolg, der auf den Streik zurückzuführen ist. Die Lage der Frauen sei jedoch noch immer weit davon entfernt, zufriedenstellend zu sein. Also kein Anlaß, sich auf dem Erreichten auszuruhen: Das Gleichstellungsgesetz muß nach den Vorstellungen der Frauen verbindliche und effektive Regelungen enthalten, damit es das Papier, auf dem es stehen wird, wert ist. Allein was die Lohnunterschiede bei der Erwerbsarbeit beträfe, könne von Gleichheit noch keinerlei Rede sein.

Woher kommen also diese in Zeitungen verbreiteten Behauptungen, die unsere Realität negieren, unser Wissen und unsere Wahrnehmungen als Lügen dastehen lassen?

Beispiele für diese Trend-stories sind aktuell auch bei der Berichterstattung über das baden-württembergische Landesgleichstellungsgesetz zu finden: "Frauen am Zug" oder "Kleines Wunder". Viel entlarvender und aufschlußreicher ist die Überschrift "Nicht gegen Männer" - als ginge es um Männer. Im darunter stehenden Interview mit dem am Gesetzentwurf beteiligten CDU-Mann Oettinger, stellt dieser stolz fest: es kostet nichts, es beeinträchtigt die Männer nicht, und es schränkt die Selbstbestimmung der Kommunen nicht ein. Davon, was es den Frauen bringen wird, ist kaum die Rede, ist diese auch nicht wert.

Das Gesetz soll noch vor der nächsten Landtagswahl verabschiedeten sein, damit das Thema die Herren bei der Wahl nicht stört. Vom ernsthaften Willen, Frauen zu fördern, um der Gleichbehandlung von Frau und Mann näher zu kommen, ist nichts zu spüren.

Die Worte wollen uns Frauen suggerieren, daß wir nun zufrieden sein können, wo wir doch immerhin ein Papier, auf dem "Gleichstellung" steht bekommen sollen. Die Trend-stories zeigen, daß Papier, gleichermaßen wie eine unverbindliche Richtlinie anstelle einer Verordnung, biegsam und geduldig ist. Doch man hat sich geschnitten, wenn man glaubt, uns ein a für ein u vormachen zu können.

Welche noch Interesse hat, die Frauenberichterstattung auf Ihren Gehalt an Falschinformationen, Weglassungen und Sprache am Beispiel des Südkuriers zu untersuchen, der melde sich bei mir.

Margot Muscinelli.

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linksrhein,cm, 29.5.00