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Holger Reile
am 28.7.99
im Südkurier

Schönhubers Parolen zogen nicht

Treffen Rechtsextremer bei Engen

Befürchtete Randale blieb aus - 200 Polizisten vor Ort

Engen - Etwa 200 Polizeibeamten aus Konstanz, Freiburg, Lahr und Böblingen hatten am Samstag den kleinen Ort Anselfingen bei Engen weiträumig abgesperrt. Anlaß dafür war ein Wochenendtreffen der rechtsradikalen Szene, getarnt als "Pressefest" der Rechtsaußenpostille "Signal". Organisiert wurde die Veranstaltung von Manfred Rouhs, derzeitiger Stadtrat der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) in Köln sowie "Signal"-Herausgeber.

VON SÜDKURIER-MITARBEITER HOLGER REILE

Die Anselfinger Gaststätte Krone ist ein beliebter Treffpunkt für den politisch extrem rechten Rand. Früher hielten hier die mittlerweile verbotenen Neonazigruppen "Nationale Offensive" und "Heimattreue Vereinigung Deutschland" ihre Zusammenkünfte ab. Die Anselfinger hatten ihre Rolläden heruntergelassen, nur wenige kamen auf die Straße, um das befürchtete Scharmützel zwischen Rechten und Linken aus sicherer Entfernung zu beobachten. Das "Antifaschistische Bündnis" hatte zu einer Demonstration aufgerufen, aber der Zulauf war bescheiden. Etwa 40 waren es, die bis auf rund 100 Meter von der Polizei an die "Krone" herangelassen wurden. Sie gaben etwa zwei Stunden lang in Sprechchören ihrer Empörung über das "Nazi-Pressefest" Ausdruck. Später klagte Manfred Rouhs bei seiner Begrüßung im Saal darüber, daß mit den "Linken auch nichts mehr los ist". Veranstalter Rouhs war sichtlich enttäuscht: Mindestens 150 bis 200 Gleichgesinnte aus dem "patriotischen Lager" hatte er erwartet, aber nur etwa 60 kamen. Die Skins waren in der Mehrheit und hatten zum festlichen Anlaß ihre Stiefel und Glatzen sorgsam poliert. Es waren die Internet- und Handyskins, die hier im Südwesten ihr Wochenende verbrachten und sich mehr für den angebotenen rechten Schmuck interessierten als für die angekündigten Vorträge. Mit Spannung erwartet wurde "Starredner" Franz Schönhuber, früher Vorsitzender der "Republikaner". Für ihn ist der "Antiamerikanismus das große Thema der Deutschen", und er propagierte einen "Boykott aller Institutionen, die amerikanischen Interessen dienen". Im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg bezeichnete Schönhuber Verteidigungsminister Scharping als "nicht ganz dicht", die Bundeswehr habe auf dem Balkan nichts verloren. Franz Schönhuber, mittlerweile 76 Jahre alt, hat noch vor wenigen Jahren als Republikaner-Chef bei Wahlen zweistellige Ergebnisse erzielt, heute pilgert er als rechter Wanderprediger durch halbleere Hinterzimmer. Auch bei dem Treffen Gleichgesinnter in Anselfingen verhallten seine schlichten Parolen zwischen Bier- und Zigarettendunst. Am Sonntag nachmittag war der rechte Spuk vorbei. Die Polizei räumte die Absperrgitter weg und die Anselfinger bevölkerten wieder ihre Vorgärten.


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