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cm, Konstanz 22. 10. 99

Kriminalisierung von Antifaschisten und Antifaschistinnen in Hamburg
- wir stehen nicht tatenlos daneben!

Am Donnerstag, den 15. 6. 89 wurden in Hamburg 8 Wohnungen durchsucht. Die Landeskriminalämter Niedersachsen und Hamburg ermitteln gegen sechs Menschen wegen militanterAktionen gegen Faschisten. Die Wohnungen wurden ohne Durchsuchungsbefehl durchsucht. Begründet wurde dies mit "Gefahr im Verzug"

Zwei der Beschuldigten, Renate und Burghard, wurden während der Durchsuchungen verhaftet und sitzen seitdem in Hamburg in Untersuchungshaft. Haftgrund ist neben angeblicher Flucht- und Verdunkelungsgefahr ein behaupteter dringender Tatverdacht, das Faschistenehepaar Worch überfallen zu haben. (Im Mai 89 wurden Christian und Ursula Worch 50 Aktenordner mit Material dert "Nationalen Liste" (FAP Hamburg) aus deren Wohnung beschlagnahmt.)

Inzwischen wurden die Beschuldigungen damit begründet, daß gegen vier der sechs Beschuldigten wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB ermittelt wird. Dabei konstruieren sich die Staatsschützer eine Vereinigung herbei, die im norddeutschen Raum militante Aktionen gegen politische Gegner - nämlich Faschisten - und Repräsentanten des Staates durchgeführt haben soll. Diese ungenauen Angaben reichen den verantwortlichen Staaatsanwälten aus, um aktive AntiufaschistInnen in Hamburg derart massiv anzugreifen. Wie schon so oft in Ermittlungsverfahren wegen § 129 a legen die Ermittlungsbehörden keinerlei Tatsachen vor, die ihre Behauptungen untermauern würden.

Interessanterweise erschien 2 Wochen vorher im "Spiegel" ein Artikel über antifaschistische Gruppen, in dem nicht etwa hervorgehoben wurde, daß das antifaschistische Bewußtsein und die Bereitschaft, den antifaschistischen Kampf aufzunehmen, in den letzten Monaten -vor allem seit den Wahlerfolgen der REPs in Westberlin - zugenommen hat. Dieser Artikel versucht Teile der antifaschistischen Bewegung als sog. Militante zu denunzieren. Ziel des Artikels ist es, eine Spaltung der antifaschistischen Bewegung in "Gewaltfreie" und "Militante" herbeizureden.

Es ist eine uralte Masche, Bewegungen an der Gewaltfrage spalten zu wollen. Wir sollen dazu gebracht werden, nicht mehr GEMEINSAM unsere Ziele und Inhalte zu diskutieren, denn wir können dabei zum gemeinsamen Handeln kommen. Unsere solidarischen Diskussionen, in denen wir unsere Stärke auch in der Vielfalt unserer Aktionsformen begreifen und Bündnispartner und Gegner besser unterscheiden lernen, ist den Herrschenden gefährlich. Und daher nützt es nur ihnen, wenn wir uns aufreiben in Auseinandersetzungen über die "Gewaltfrage".

Wir, die Linke, haben gelernt in den letzten Jahren. Wir haben gelernt, daß wir die einzelnen Kämpfe nur gemeinsam erfolgreich führen können. Auch die antifaschistische Bewegung hat dies erkannt. Vor diesem Hintergrund richtet sich unser antifaschistischer Kampf nicht nur gegen "alte" und "neue" Faschisten und ist eng verknüpft mit dem Suchen nach UNSEREN Lösungen, die bestehenden gesellschaftlichen Widersprüche zu beseitigen. Wir kämpfen für ein menschenwürdiges und gleichberechtigtes Leben aller Menschen. Das greift die besteheden Machtverhältnisse grundlegend an.

In den letzten Jahren sind zunehmend AntifaschistInnen kriminalisiert worden; größtenteils durch Strafbefehle und "kleinere" Prozesse wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand etc. In Westberlin werden zur Zeit mehrere Menschen wegen "Bildung bewaffneter Haufen" verfolgt. Dies steht in Zusammenhang mit der Mobilisierung und den Selbstschutzmaßnahmen um den 20. April 1989 (Hitlers 100jähriger Geburtstag). Jetzt werden sechs Menschen in Hamburg mit Hilfe des Staatsschutzparagraphen 129a verfolgt. Derzeit ist uns noch offen, welche konkreten Interessen dahinterstehen. Der §129a bietet den Ermittlungsbehörden viele Möglichkeiten: Er soll durch hohe Strafen abschrecken, politische Aktionen als terroristische diffamieren, Menschen dazu bringen, sich aus Angst oder aus politischer Taktik zu distanzieren. Er diffamiert politische Inhalte ganzer Teilbereiche als "anschlagsrelevante" Themen und bietet zusätzlich gegen ganze Bewegungen gerichtete Ermittlungsmöglichkeiten, die unter anderen Vorwürfen gar nicht legal wären -wie z. B. Abhören, Observieren, Spitzel und Provokateure eischleusen usw. Dieser massive Kriminalisierungsangriff soll uns alle treffen: Die Hamburger Antifa-Koordination läßt sich nicht spalten! Wir wollen GEMEINSAM unseren Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus organisieren. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen Oben und Unten - und schon gar nicht zwischen uns!

Wir setzen uns ein für die Freiheit von Renate und Burghard und für die Einstellung aller Ermittlungsverfahren gegen AntifaschistInnen!

Auf einem Treffen der Hamburger Antifa-, Koordination haben Mitglieder der folgenden Organisationen dieses Papier erarbeitet: GAL FG Antifa; WN/BdA; Antifa-Jugendfront; Jusos; DKP; Volksfront; GJA/R; Antifa Hamburg; VSP