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cm, Konstanz 06. 09. 99

Allensbach, 17. April 1988: NPD-Landesdelegiertenkonferenz

Schon im Herbst 87 kündigt die NPD ihren Landesparteitag für das Frühjahr 88 in Konstanz an. In der Folgezeit wächst auch der Widerstand antifaschistischer Gruppen. Der Höhepunkt bildet eine Demonstration am 30. Januar 88 mit über 1000 TeilnehmerInnen. Der geplante Landesparteitag findet in der kommunalen Presse große Beachtung. In der öffentlichen Diskussion kommt selbst Oberbürgermeister Eickmeyer nicht darum herum, Stellung zu beziehen. Er verkündet, daß die Stadt der NPD keine Räume zur Verfügung stellen will. Die NPD verwirft offensichtlich die Absicht in städtischen Räumen ihren Landesparteitag abzuhalten und bringt über die Presse andere Städte in die Diskussion. Am 16. April 88 bekommen NPD-Mitglieder per Post eine Einladung zu einer Landesdelegiertenkonferenz am nächsten Tag im von Konstanz zehn Kilometer entfernten Allensbacher Gasthaus "Löwen". Organisierte AntifaschistInnen wurden noch am Abend des 16. April über das Faschisten- Treffen informiert. Telefonisch werden Leute für den nächsten Vormittag zu einem Treffpunkt in Konstanz mobilisiert, um nach Allensbach zu fahren und gegen die NPD zu protestieren. Etwa 30 Leute folgen dem abendlichen Aufruf. Doch nicht nur diese sind dort: Die Leute werden von einer Zivilstreife der Kriminalpolizei bereits beim Treffpunkt erwartet. Da der Treffpunkt nicht öffentlich bekannt gemacht wurde, war klar, daß sich die Konstanzer Polizei auf anderen Wegen diese Informationen beschafft. Die Gruppe wird auch auf der Fahrt nach Allensbach observiert. Beim Tagungslokal in Allensbach wartet bereits die Bereitschaftspolizei, die trotz des konspirativen Charakters des Treffens informiert wurde und mit einer Hundertschaft angerückt war. Offensichtlich wurde die Polizei früher unterrichtet als die NPD-Mitglieder selbst. Als sich die Gruppe ihre aussichtlose Situation, irgendetwas am Ablauf des Treffens be- oder verhindern zu können, vor Ort klarmacht, fährt sie wieder nach Konstanz zurück. Bis vor ein Lokal in der Konstanzer Innenstadt wird die Gruppe erneut von zivilen Polizeistreifen verfolgt. Der freie Mitarbeiter der taz, Holger Reile, der von den Faschisten über das Treffen unterrichtet war, teilte der örtlichen Antifa nichts davon mit. In der taz vom 19. April 88 schreibt er von einer Krise der Linken und - Dank seiner Hilfe - vom "friedlichsten Landesparteitag der letzten Jahre". Dabei ignoriert er die Tatsache, daß die NPD nicht in der Lage war, ihre Landesdelegiertenkonferenz öffentlich anzukündigen. Während Reile, der mit der örtlichen Antifa auf Kriegsfuß steht, noch versucht gegen die AntifaschistInnen Stimmung zu machen, rätseln wir bis heute über die Motivation des lokalen "Südkurier". Er entblödet sich am Ende einer 20-Zeilen-Meldung zu dem Treffen der NPD nicht: "Das Mittagessen, Schweinebraten oder Wildgulasch, sei sehr gelobt worden". Wohl bekomms!