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cm, Konstanz 13. Juli 99

Einladung zu einem Treffen zu einer linken Kandidatur zur Kommunalwahl

Hallo Leute

Seit den Bundestagswahlen haben sich insgesamt dreimal Leute getroffen, um über die Möglichkeiten einer linken Kandidatur in Konstanz zu den Kommunalwahlen am 24.10. dieses Jahres zu beraten.

Vorläufiges Ergebnis des letzten Treffens war, daß eine Mehrheit der Anwesenden keine hinreichenden Aussichten auf eine partei- und gruppenübergreifende Bündniskandidatur gesehen hat. Hauptkritikpunkt: es gebe zu wenig fundiertes kommunalpolitisches Wissen (als Ergebnis kontinuierlicher praktischer Politik von Leuten, die sich in die Auseinandersetzungen vor Ort einmischen) und zu wenig Leute, um eine 40er-Liste auf die Beine zu stellen.

Die PDS Konstanz unternimmt jetzt dennoch einen neuen Anlauf in Sachen Kommunalwahl. Wir haben den Grundsatzbeschluß gefaßt, mit einer offenen Liste der PDS zur Kommunalwahl anzutreten, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Zu letzteren später mehr, zuerst einmal wollen wir einige Gründe für die Entscheidung aufführen, a) zu kandidieren und b) als PDS-Liste zu kandidieren.

Zu a): Der Krieg hat alles verändert. Wer hätte vor fünf Monaten angenommen, daß die Parteien der rotgrünen Koalition in einen völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Krieg ziehen, der tausende von Menschen das Leben gekostet und Jugoslawien zerstört hat, der die Auseinandersetzungen zwischen den Bevölkerungsgruppen und das Flüchtlingselend nicht nur nicht gelindert, sondern vergrößert hat (heute jagen Albaner unter den Augen der KFOR eben Serben).

Und wer hätte darüberhinaus zu prognostizieren gewagt, daß diese rot- grüne Koalition alle zentralen politischen, sozialen und ökologischen Vorhaben, mit denen sie zur Wahl angetreten war, restlos über Bord wirft: vom Atomausstieg über die Reform des Staatsbürgerrechts bis zur Rentenreform und zur Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Armen - überall bedient man die Profitinteressen der Konzerne auf Kosten sozialer Ansprüche der Bevölkerung.

Innerhalb weniger Monate haben Schröder, Fischer & Co deutlich gemacht, daß diese Regierung auf die auch in der Linken gehegten Hoffnungen auf eine andere, von antimilitaristischen, sozialen und ökologischen Grundsätzen geprägte Politik pfeift. Sie orientiert sich außenpolitisch an deutschen Groß- und Vormachtinteressen und setzt innenpolitisch die neoliberale Angebotspolitik fort - mit allen Konsequenzen bis runter in die Kommunen.

In dieser Situation erscheint es uns nicht nur notwendig, daß sich außerparlamentarischer Widerstand gegen die rot-grüne Politik entwickelt, es ist auch wichtig, daß sich in den Parlamenten was tut, auch in den Kommunalparlamenten.

Zu b): Nach den Bundestagswahlen im Herbst 98 hat die PDS bei den Europawahlen abermals einen wichtigen Schritt der Festigung als linke und sozialistische Partei bundesweit und auch im Westen getan. Die PDS ist zu einem deutlichen Bezugspunkt parlamentarischer Politik und damit auch des parlamentarischen Wirkens der linken, sozialen Bewegung in der BRD geworden. Sie ist als einzige Antikriegspartei gegen den NATO-Krieg aufgetreten und hat sich gegen die Kriegsparteien im Bundestag und in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung politisch, ideologisch und organisatorisch behaupten können.

Die Erfahrungen der letzten Monate auch in den westlichen Bundesländern zeigen, daß sich die Partei nicht nur personell festigt (Eintritte), sondern auch zunehmend als Sammelpunkt für soziale Interessenvertretung betrachtet wird. All diese Tendenzen spielen sich selbstverständlich auf vergleichsweise bescheidener Basis ab, müssen aber angesichts des linken Niedergangs der vergangenen Jahre trotzdem als Trendwende bezeichnet werden.

All diese Aspekte sprechen unserer Meinung nach dafür, zu den Kommunalwahlen als offene Liste der PDS zu kandidieren.

Einige Bemerkungen noch zu den Voraussetzungen einer solchen Kandidatur. Programmatisch sollten wir, ausgehend vom Grundsatz "sozial und solidarisch", an das anknüpfen, was in Konstanz aktive Gruppen und Initiativen in verschiedenen Auseinandersetzungen fordern, z.B. in der Ausländer- und Flüchtlings-, Frauen-, Bildungs- und Verkehrspolitik.

Grundsätzlich treten wir ein für eine Umverteilungspolitik von oben nach unten (ein Beispiel: Preissenkungen beim Strom vor allem für Privatkunden der Stadtwerke, statt für industrielle Großverbraucher), für einen Ausbau von sozialen und gesellschaftlichen Leistungen für arme Leute (z.B. genereller Nulltarif für Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose bei städtischen Einrichtungen) und machen uns für eine Stadtentwicklungspolitik stark, welche die Interessen derjenigen berücksichtigt, die in den bürgerlichen Stadtmarketings-Visionen mangels Kaufkraft nicht vorkommen (z.B. kulturelle Stadtteilzentren in "armen" Gegenden statt weiterer Protzmeilen, ob am Hafen oder anderswo). Wir werden uns gegen die vielfältige Diskriminierung von Menschen ohne deutschen Paß stark machen. Und wir wenden uns gegen ein "sauberes" Konstanz, daß die Armen und nicht die Armut durch Polizeigewalt bekämpft.

Personell scheint klar, daß wir keine 40er-Liste zusammenbekommen werden. Da es im baden-württembergischen Kommunalwahlrecht jedoch die Möglichkeit gibt, zu kumulieren (d.h. einem Kandidaten bis zu drei Stimmen zu geben), hat auch eine kleinere Liste die Chance, in den Gemeinderat zu kommen. Uns scheint es deshalb sinnvoll, die Kandidatur- Entscheidung an eine Mindestzahl von Kandidatinnen und Kandidaten zu knüpfen, die bei 20 liegen könnte. Gelingt es uns, das Wählerpotential zu mobilsieren, daß uns in den letzten beiden Wahlen die Stimmen gegeben hat, bestehen gute Aussichten, daß wir in den Gemeinderat einziehen.

Abschließend: etwas Zeit haben wir noch. Der letzte Termin für die Einreichung einer Liste ist in Konstanz der 9. September.

Wer also an einer solchen Kandidatur interessiert ist, den laden wir am Montag, den 19. Juli zu einem Treffen um 19.00 Uhr im Restaurant "Fragata" (Ex-Wienerwald, Bodanstr.) ein.

PDS, BO Konstanz, 13.7.99