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sw, Konstanz 7. März 2000

Protokoll des Vorbereitungstreffens - Karawanekongress: Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen am 19. Februar 2000 in Nürnberg,

1. Anwesende Organisationen

  • Villa Courage- internationales Frauenkultur und Flüchtlingshaus: von Migrantinnen organisiert und geleitet, unterstützen Frauen die durch §19 (Koppelung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für AusländerInnen an eine vierjährige Ehe mit Person mit Aufenthaltsrecht) erniedrigt, erpresst und gedemütigt werden. Erwartungen an Kongress: Organisierung von Flüchtlingsfrauen/Migrantinnen, die bislang vermisst wird.
  • Karawane Konstanz
  • VertreterInnen von Agis und Karawane Darmstadt: Wie kann das Thema/die Perspektive der Frauen in den ganzen Kongress eingebracht werden?
  • Karawanegruppe Nürnberg
  • Internationaler Menschenrechtsverein/Karawanegruppe Bremen
  • Kampagne zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran (Vertreterin aus Darmstadt): Frauen aus iranischen Ländern müssen allein aufgrund ihrer Situation als Frau ein Bleiberecht erhalten
  • Komitee 8. März

nicht anwesende Gruppen, die auf das Einladungsschreiben geantwortet haben:

  • Agisra Köln: Vorschläge zu Themen, die in Jena besprochen werden sollten, bzw. zu denen sie selbst Referate oder Arbeitsgruppen machen könnten: Rassismus (in nach Geschlechtern getrennten Workshops wegen latentem Sexismus), Sexismus, Frauenhandel/Zwangsprostition, Empowerment für Migrantinnen, Frauenabschiebeknast Neuss
  • Cfmw (Comittee of filipino migrant workers), Amsterdam : bieten Arbeitsgruppe zum Thema "eigenständiges Aufenthaltsrecht für Frauen" an
  • Frau Kamara aus Sierra Leone ist interessiert daran, zum Thema "Frauenrechte in der (deutschen) Gesellschaft " zu arbeiten.
  • Agisra Köln hat angefragt, ob Fahrtkosten erstattet und Honorare gezahlt werden => Fahrtkostenerstattung sollte moglich sein, Honorare widersprächen den Zielen und den Prinzipien der Karawane und des Kongresses

2. Diskussion zu inhaltlichen Fragen, Zielvorstellungen, konkreter Organisation, Mobilisierung

Frage der Organisation, Verhältnis von Referaten und Arbeitsgruppen: Allgemeine Tendenz, dass Berichte darüber, wie Frauenorganisationen konkret für Frauenrechte arbeiten und kämpfen, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch im Rahmen von Arbeitsgruppen den Vorrang haben sollen gegenüber langen, faktengeladenen, tendenziell autoritären Vorträgen.

Vorschlag von Doro für Binnenstrukturierung der Arbeitsgruppen: kurze Einführung, Diskussion, Erarbeiten einer Resolution

Mehrnousch (Kampagne zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran): Alle Frauen, denen Abschiebung vor der Tür steht, sollten eingeladen werden samt ihres Abschiebebescheids; der gesamte Kongress soll sich hinter sie stellen und sie unterstützen, psychisch, materiell, durch Öffentlichkeitsarbeit, Kampagne, damit etwas erreicht werden kann: Vor einem Monat machten Flüchtlinge, die abgschoben werden sollten, einen Sitzstreik in Münster, durch den ihre Abschiebung verhindert werden konnte.

Fragen zur Organisation: Es müssen Reisegenehmigungen besorgt werden, Kinderbetreuung gewährleistet sein, Busse zur Anreise organisiert werden, Frauen muss gezielt die Möglichkeit zur Teilnahme gegeben werden.Dazu könnte in verschiedenen Sprachen ein Flugblatt verfasst werden, das gezielt Frauen zum Kongress mobilisiert.

Villa Courage schlägt vor, dass zu Beginn des Kongress speziell in Jena Aufmerksamkeit erregt werden könnte (durch eine Art Mobilisierungsdemonstration) In Freiburg hat sich im Vorfeld eine Gruppe gebildet: Es ist wichtig, dass wir nicht unter uns bleiben, sondern nach draußen gehen und uns an Bevölkerung und Presse wenden: In jedem Gebiet sollte es Aufrufe, Pressekonferenzen, Demonstrationengeben.

Viraj gibt diesbezüglich einen kurzen Überblick über Idee und Geschichte der Karawane (und über das Verhältnis von nach innen und nach außen gehen): Ziel der Karawane 1998 war es, die Probleme nach außen zu bringen und in die Öffentlichkeit zu bringen: die Karawane war eine Show und als solche war sie erfolgreich. Danach aber traten die Probleme auf, vor allem: Sexismus, Spaltungen der Karawane und Abschiebung - Die Realität schlug zurück. Bei manchen Aktivisten gab es einen Zusammenhang zwischenKarawane-Aktivität und Abschiebungsandrohung (wegen Verletzung der Residenzpflicht). Es gab Sexismus-Probleme innerhalb der Karawane (Übergriffe auf Frauen in Köln nach dem Abschlussfest). Die Entscheidung der Karawane, sich gegen das Verbot und die Kriminalisierung von Widerstandsorganisationen wie der PKK zu wenden, hat dazu geführt, dass manche Organisationen die Karawane verlassen haben. Diese Probleme haben die Karawane fast zerstört. Die Karawane besteht aus Menschen aus aller Welt, es besteht die gemeinsame Grundposition "Gegen Abschiebung", aber für Diskussionen, zum Ausdiskutieren der Probleme, gibt es keinen Platz. Dies ist ein Grund für den Kongress: Alle zusammenzubringen mit der gemeinsamen Basis "Gegen Abschiebung", aber auch alle anderen Probleme diskutieren zu können, Zeit zu haben für Diskussionen, sich wiederzufinden.

Gegen 15Uhr treffen weitere Frauen vom Komitee 8.März aus Bremen, Köln, Kanada, sowie ein iranischer Mann vom Menschenrechtsverein ein.

- Pause-

Mobilisierung - Ergebnissammlung

  • lokale alternative Medien ansprechen
  • Vor Ort kann /soll Mobilisierung durch Flugis, Zeitungen, lokale Radiossender erfolgen: Beispiel Freiburg, wo großes Mobilisierungstreffen mit The Voice von SAGA und Rasthaus organisiert wurde mit anschließenderPressekonferenz
  • Es soll ein Flugblatt speziell zur Mobilisierung von Frauen erstellt werden
  • Frauenvorbereitungstreffen in den einzelnen Städten und Flüchtlingsheimen
  • Busse organisieren
  • Reisegenehmigungen nicht vergessen
  • zur weiteren Organisierung: ggf. Koordinationsgruppe?

Vorschlag zum Flugblatt: mit praktischen, konkreten Dingen zu starten ist besser als über alles Mögliche zu sprechen Beispiele: Kampagne der iranischen Frauen gegen die Zwangsverschleierung, der Kampf der tamilischen Frauen, Kampagne gegen Apartheid in der deutschen Familienpolitik,Villa Courage: Kampf gegen §19. Dies sind konkrete Punkte, wo Frauen konkret und erfolgreich kämpfen, wodurch andere Frauen ermutigt und mobilisiert werden => Deshalb müssten diese Punkte den Anfang eines Flugblattes bilden.

3. Sammlung von Themen und Verantwortlichkeiten für Arbeitsgruppen

3.1 Diskussion

Komitee 8.März möchte Arbeitsgruppe zur Zwangsverschleierung und Abschiebegefahr von iranischen Frauen machen: Die deutsche Staatsmachts setzt hier die Politik des iranischen Staates fort.

Bemerkung von Claudia (Nürnberg):

  1. AKs sollten nicht nach Nationen getrent sein
  2. Selbstorgansation ja, aber: es sollte auch eine Art Resolution dabei herauskommen, so dass es auch Veränderungen auf Gesetzesebene gibt ( z.B.in Bezug auf Anerkennung frauenspezifischer Fluchtgründe, in Bezug auf §§ 51 und 52 ), eine gemeinsame Kampagne für alle Frauen auf der Flucht mit Forderungskatalog:

Frau vom Komitee 8. März: Die zentrale Aufklärungsarbeit sollte über die Abschiebepraxis des deutschen Staates erfolgen, nicht wieder über Fluchtgründe von Frauen. Wenn man mit Flüchtlingsfrauen spricht, ist das erste/wichtigste, worüber sie erzählen, das was ihnen hier in Deutschland passiert ist.

Mehrnousch: Internationale Kampagne zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran: will was zur Lage im Iran und in Deutschland machen, Bericht über Arbeit mit Flüchtlingsfrauen im Rhein-Main-Gebiet Resolution der Kampagne: Frauen aus islamischen Ländern sollen automatisch Bleiberecht bekommen. Beim Kongress soll am Ende ein politisches Ziel herauskommen.

Nelida: Kongress soll dazu dienen, Solidarität zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern zu schaffen. Verfolgung und Flucht hat verschiedene Ursachen. Basis für Zusammenhalt, gemeinsames Arbeiten soll geschaffen werden. Anerkennung frauenspezifischer Fluchtursachen soll nicht nur auf dem Papier gelten, sondern in Kraft treten. Frauen aus allen Nationalitäten sollen was Gemeinsames finden, sich gegenseitig unterstützen, stark sein.

Viraj: Es ist wichtig bei den praktischen Dingen anzufangen: Bezüglich einer Veränderung der Gesetze kann man nur sagen, dass wir gegen jedes einzelne von ihnen sind: Eine Resolution gegen einzelne Gesetze wird niemanden beeindrucken. Diese praktischen Dinge sind zum Beispiel: Der Kampf der Frauen vom Komitee 8. März gegen die Zwangsverschleierung, der Kampf der tamilischen Frauen, die Kampagne der Karawane Apartheid im deutschen Familienrecht (binationalen Ehen und Partnerschaften) die Arbeit der Villa Courage

Doro: Es gibt diese praktischen Dinge, aber es gibt daneben auch Übergreifendes wie die Situation in den Flüchtlingsheimen, Gewalterfahrungen von Frauen

Laleh: Frage: Was soll am Ende dabei rauskommen? => ein spezieller Blick auf die Situation von Frauen, Sexismus ist in jedem Zusammenhang etwas, das beachtet werden muss, dem in jeder Kampagne erhöhte Aufmerksamkeit zu kommen muss.

Die Kampagne gegen die Apartheid in der Familienpolitik kann eine Arbeitsgruppe machen:

Villa Courage kann eine Arbeitsgruppe zum Kampf gegen § 19 Ausländergesetz machen:

Traudi: Kongress soll auch Platz zur Selbstverständigung von Frauen bieten können, die bisher noch in keinem konkreten Kampf stehen, eine Perspektive könnte ein Frauenkomitee innerhalb der Karawane sein.

Laleh: Frage. Was wird am Ende rauskommen? Ergebns müsste die Verhinderung der Abschiebung der Frauen sein,die jetzt davon bedroht sind. Wichtig ist, dass Aktivitäten von Erfahrungen sprechen. Abgesehen von den verschiedenen langfristigen Zielen ist es wichtig, dass man im ganzen Kongress gegen Abschiebung ist. Vorschläge, was man heute, sofort, konkret dagegen machen kann, sind nötig, aktuelle Vorschläge zur Verhinderung von Abschiebung. Am Ende des Kongresses sollen alle Konzepte, Ideen, Ergebnisse, zusammengebracht werden.

Simone wünscht sich allgemeine Diskussion: Soll man versuchen, Gesetze zu ändern oder das ganze Gesetz pauschal ablehnen => Diskussion zu Spannungsfeld: legalistische Forderung vs. Grenzen auf

Frau vom Komitee 8. März will Diskussion für mehr Solidarität mit Frauen Es gibt Demo 2000 gegen weltweite Armut UN-Projekte in Bangladesh/Indonesien z.B. führen zwar zur Senkung von Armut, trotzdem haben Frauen noch immer keine Rechte. Auf der Ebene Frauen und Armut wäre auch Sexhandel zu nennen => Das Thema Frauen im Iran könnte durch weltweite Perspektive erweitert werden, sowie durch das Thema Situation und Behandlung von Flüchtlingsfrauen, Roya als Symbol. Vorstellbare Resultate: Bleiberecht für Frauen Gesamte Situation der Flüchtlingsfrauen sollte in den Blickpunkt gestellt werden. Was kann man gegen konkrete Abschiebepraxis tun???

Nelida: Motor, der uns zusammenhält, was uns eint: Solange eine Frau in dieser Welt gedemütigt, sexuell verfolgt, unterdrückt wird, sind wir nicht frei, müssen sich auch deutsche Frauen angesprochen fühlen, müssen wir uns von deutschen Frauen Unterstützung holen.

Frau aus Sri Lanka: Bericht über die Situation in ihrem Land. Wir haben die Männer nicht gefragt, wir haben uns unsere Rechte einfach genommen. Wir haben als Frauen die Aufgabe, unsere Rechte zu finden, müssen den Männern, die Gesetze machen, die ein bestimmtes Bild von Frauen haben, klarmachen, dass wir Menschen wie sie sind. Ein Abschiebestopp für Frauen könnte Frauen ermutigen, nach Deutschland zu kommen, statt in ihren Ländern zu bleiben und zu kämpfen; Männer haben nicht nur schuld, es ist auch Aufgabe der Frauen, den Männern beizubringen, zu zeigen, dass wir Menschen wie sie sind, die gleichen Gefühle, die gleiche Stärke, die gleichen Rechte haben.

3.2 Themen für Arbeitsgruppen - Zusammenfassung der Ergebnisse:

  • Mehrnousch (Kampagne zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran): Frauen im Iran und Arbeit mit Flüchtlingsfrauen in Deutschland
  • Komitee 8. März: Frauen im Iran, Rechte der Frauen weltweit, Rechte von Flüchtlingsfrauen in Deutschland: Beispiel Zwangsverschleierungen
  • Villa Courage und ggf. Comittee for Filipino Migrant Workers (Niederlande):
  • Kampf für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von Frauen
  • Frauen aus Bremenm (IMRV): Kampagne gegen Apartheid in der deutschen Familienpolitik

Weitere Vorschläge (von Nichtanwesenden oder noch ohne konkrete Verantwortliche)

  • agisra köln: Zwangsprostitution/Frauenhandel, Sexismus, Rassismus, Empowerment für Migrantinnen, Frauenabschiebeknast Neuss
  • Spezifische Situation von Flüchtlingsfrauen: Situation in Heimen, Gewalterfahrung, Sexismus, Isolation durch gesellschaftliche Rolle als Frau
  • Frau Kamara aus Sierra Leone: Frauenrechte in der deutschen Gesellschaft
  • Diskussion zu Spannungsfeld: legalistische Forderung vs. Grenzen auf
  • Bildung eines Frauennetzwerk/Frauenkomitees in der Karawane
  • Entwicklung von konkreten Aktionen/Vorschlägen gegen Abschiebungen

4. Organisatorisches

Doro: drängt angesichts der vorrückenden Zeit, die Themensammlung zu beenden und konkret Aufgaben zu verteilen.

  • Verantwortliche für Mobilisierungsflugblatt? Darin sollen einzelne Vorschläge nicht gegeneinander stehen, sondern es soll gesammelt werden, was heute besprochen wurde.
  • Kinderbetreuung muss organisiert werden:
  • An jedem Tag muss die Möglichkeit vorhanden sein, dass reine Frauengruppen gebildet werden und das muss respektiert werden., muss mitgedacht werden, wenn es um Räume geht
  • es muss Übernachtungsräume nur für Frauen geben.
  • Diese Forderungen sollen nicht als "Gegeneinander", nicht als "gegen die Männer", sondern "für die Frauen" begriffen werden.

Laleh: Wenn man die Leute an das erinnert, was bei der Karawane 98 passiert ist, verstehen sie warum.

Traudi schreibt an Flugblatt mit. Es ist ungünstig, dass der 27. April, der Tag zur Situation von Flüchtlingsfrauen ein Donnerstag ist, also ein Schultag - denn nicht in jedem Land sind Ferien. Dies könnte viele Frauen mit schulpflichtigen Kindern dazu bewegen, zuhause zu bleiben. Deshalb ist es verstärkt wichtig, das Thema und die Perspektive der Frauen auch in andere Blöcke reinzutragen, auch an anderen Tagen kann von uns eine Arbeitsgruppe organisiert werden.

Nelida: wegen des Übersetzungsproblems sollte jedeR TeilnehmerIn ihren Beitrag auf Deutsch vorher verfassen und vorlesen, Deutsch ist die Sprache, die uns eint, wir leben in diesem Land, wir müssen diese Sprache lernen.

Einwände: Man könnte genauso gut jede andere Sprache lernen.

Am Flugblatt werden außerdem: Steffi, Jamile, Mehrnousch, Nelida mitschreiben.

Zur weiteren Koordinierung wird am 25. März in Darmstadt ein zweites Vorbereitungstreffen stattfinden. Bis dahin: Einladung von weiteren Gruppen und Einzelfrauen.

Vorschlag von Villa Courage für Bild und Motto des Flugblatts: Bild: Frauen aus fünf verschiedenen Kontinenten mit Erdball Motto: "Solange eine Frau..."