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letzte Änderung: 20/11/02 17:24
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Rassismus
Flüchtlinge unerwünscht
20.11.2002, 17:21, junge welt
Zweimal gingen im Schwarzwaldort Baiersbronn geplante Flüchtlingsunterkünfte in Flammen auf
Zweimal brannten in den vergangenen sechs Monaten im Schwarzwaldstädtchen Baiersbronn (Baden-Württemberg) leerstehende Hotels, die zu Flüchtlingsunterkünften umgebaut werden sollten. Auch für die Polizei besteht mittlerweile ein Zusammenhang zwischen den Bränden und der geplanten Nutzung der beiden Gebäude. »Im ersten Fall konnte der Verdacht der Brandstiftung nicht erhärtet werden, diesmal wurden aber Brandbeschleuniger gefunden«, sagte ein Polizeisprecher. Von den Brandstiftern gebe es bisher keine Spur. Das baden-württembergischen Landeskriminalamt ist in die Ermittlungen eingeschaltet worden.
Insgesamt 180 Asylbewerber soll der Kreis Freudenstadt laut Zuweisung des Landes unterbringen; davon sollten 80 in Baiersbronn einquartiert werden. Zunächst hatten die Behörden das ehemalige Hotel »Bären« im Stadtteil Huzenbach auserkoren. Doch am 31.Juli brannte das Gebäude nieder. Sachschaden: 500000 Euro. Die Behörden begaben sich erneut auf die Suche – und wurden diesmal im Ortsteil Obertal fündig. Diesmal sollten die Flüchtlinge, die sich derzeit noch in der Zentralen Landesaufnahmestelle in Karlsruhe befinden, im ehemaligen Hotel »Sonne« wohnen. Das Gebäude wurde umgebaut und zum 1. Dezember an das Landratsamt Freudenstadt vermietet. Doch auch dort brannte es vor dem geplanten Einzug. Am vergangenen Dienstag, gegen sieben Uhr morgens, stand der Dachstuhl des Hotels in Flammen. Sachschaden: 300000 Euro.
Sollten die Brände verhindern, daß in dem idyllischen Schwarzwalddorf, das aufgrund seiner hoch dekorierten Gourmet-Restaurants ein Mekka für Feinschmecker aus aller Welt ist, Flüchtlinge unterkommen? Norbert Beck, Bürgermeister der 16500-Seelen-Gemeinde, bestreitet dies auf jW-Anfrage vehement. »Bis zum Beweis des Gegenteils sage ich, daß die Brände auf das Konto eines verwirrten Einzeltäters gehen, Baiersbronn ist nicht fremdenfeindlich«, erklärte er. Daß Flüchtlinge dort nicht mit offenen Armen empfangen werden, hatte jedoch der Sozialamtsleiter von Freudenstadt, Robert Bornhauser, vor kurzem mitgeteilt. »Es hat Bedenken gegeben, daß die geplante Unterkunft für Asylbewerber im Stadtteil Obertal nicht zum Fremdenverkehr paßt«, berichtete Bornhauser nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister und örtlichen Interessensvertretern.
Die Presse zitierte Ortsansässige, die die Unterbringung von Asylbewerbern in dem heilklimatischen Luftkurort ablehnen. Auch Flüchtlingsinitiativen berichten von einer ausländerfeindlichen Stimmung im Murgtal. Eine dezentrale Unterbringung in kleinen Wohnungen wäre ohnehin die bessere Lösung als eine Sammelunterkunft im letzten Winkel des Schwarzwaldes, kommentierte das Südbadische Aktionsbündnis gegen Abschiebungen (SAGA). Allerdings dürfe man den Rassisten nicht nachgeben, die im Ort Stimmung gegen die Flüchtlinge machten. Doch genau dies scheint nun zu passieren. Denn der Landkreis Freudenstadt hat dem zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe gemeldet, daß es sich derzeit nicht in der Lage sehe, die angewiesenen 180 Flüchtlinge unterzubringen, sagte Sabine Inderst, Pressesprecherin des Landkreises, gegenüber jW. Die Brandstifter von Baiersbronn, so scheint es, haben ihr Ziel erreicht.
Martin Höxtermann