LinksRhein- News admin
Startseite Zurück letzte Änderung: 06/10/02 22:11

Anti-Atom-Initiative im Kanton Zürich: Keine direkte Demokratie in Atomfragen?

06.10.2002, 22:11, junge welt

AKW | Benken | Endlager | Interview

jW sprach mit Käthi Furrer, sozialdemokratische Kantonsrätin und Vizepräsidentin der Interessengemeinschaft für Energie und Lebensraum in der Schweiz. Bürgerinitiativen gehen dort gegen ein Endlager für hochradioaktiven Abfall bei Benken (nahe Schaffhausen) vor


F: Sie haben eine Volksinitiative mit dem Titel »Atomfragen vors Volk« gestartet, um zu erreichen, daß die Bevölkerung im Kanton Zürich das letzte Wort über Atomfragen erhält. Wie steht es darum?

Wir haben am 10. März beim Züricher Regierungsrat 15000 Unterschriften eingereicht, 10000 braucht man, damit über eine Volksinitiative abgestimmt wird. Diese Unterstützung macht uns zuversichtlich, denn es ist sonst schwierig, für linksgrüne Themen eine Volksinitiative durchzubringen. Am Anfang war ein Problem, daß niemand in den größeren Städten wußte, daß Benken überhaupt im Kanton Zürich, übrigens direkt an der Grenze zu Deutschland, liegt. Inhaltlich konnten die Leute aber leicht davon überzeugt werden, daß eine Mitsprache der Bevölkerung in der Frage eines atomaren Endlagers nötig ist.

F: Bei der kommenden Abstimmung geht es nicht direkt um die Endlagerfrage.

Richtig, es geht vorerst nur darum, daß die Bevölkerung im Kanton ein Mitspracherecht erhält. Trotz der direkten Demokratie gibt es Fragen, wie die Endlagerfrage, bei denen bisher der Bund entscheidet. Wir verlangen, daß es über die Frage eines Endlagers, wie über viele andere auch, eine Volksabstimmung gibt. Man kann mit uns über ein Endlager erst verhandeln, wenn Bund und Atomwirtschaft den Ausstieg aus der Atomenergie signalisieren. Erst wenn kein neuer Müll produziert wird, können wir überlegen, wo wir den hausgemachten Abfall entsorgen.

F: Wieso konnte die Bevölkerung im Kanton Nidwalden in einem Referendum ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ablehnen?

Das ist der einzige Kanton, der bisher das Mitspracherecht hat, und dieses Recht wollen wir auch im Kanton Zürich erhalten. Der Nationalrat, das schweizer Parlament, hat nun entschieden, einen Artikel in das neue Kernenergiegesetz aufzunehmen, der das Mitspracherecht der Standortkantone bei Endlagern gewährleisten soll.

F: War das vorhersehbar? Schließlich gibt es erhebliche Widerstände gegen Ihre Volksinitiative.

Wir hatten die größten Befürchtungen, daß nach der Ablehnung in Nidwalden die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat versuchen würde, die Mitbestimmung aus dem atomfreundlichen Gesetz zu kippen. Das ist zum Glück nicht passiert. Auch der Bundesrat hat noch einmal bekräftigt, daß die Bevölkerung in einer so weitreichenden Frage gefragt werden muß.

F: Werden Sie Ihre Initiative jetzt abbrechen?

Wir halten sie aufrecht, weil uns nicht klar ist, wie die Umsetzung im Bundesgesetz aussehen wird. In sechs bis zwölf Monaten kommt die Initiative vors Parlament und dann an die Urne. Nach der Ablehnung in Nidwalden ist Benken der einzig mögliche Standort für ein Endlager.

junge welt, 7.10.02


Kommentar

  Startseite Anfang