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letzte Änderung: 19/09/02 13:28

Repression

Strafbefehl gegen SAGA

12.08.2002, 18:42, Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen

Mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht Waldshut am 13.8.02, 10.00 Uhr wegen 'Anstiftung zu einem Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage nach dem Asylverfahrensgesetz'.


Das Amtsgericht Waldshut hat am 23.07.02 gegen einen Mitarbeiter der SAGA einen Strafbefehl in Höhe von 2.400,- Euro verhängt, wegen "Anstiftung zu einem Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage nach dem Asylverfahrensgesetz". Auf den Einspruch hin wird bereits am 13.8. um 10.00 vor dem Amtsgericht in Waldshut verhandelt. Was ist der Hintergrund dieser absurden Verfahrensweise?

Als Vormund von zwei Jugendlichen aus Guinea (Westafrika) ist dieser gem. Anweisungen des Vormundschaftsgerichts zuständig für die Aufsicht und die Bestimmung des Aufenthalts. Das Regierungspräsidium Freiburg hatte im Juli 2001 diese beiden Jugendlichen wider besseren Wissens der bereits damals ins Gerede gekommenen Unterkunft Albbruck (Stieg) mit Behördengewalt zugewiesen (vgl. Anlage: zwei Selbstmorde, BZ: "Ein ganz besonderes Reizklima").

Seit dem August 2001 lag dem Landratsamt Waldshut ein Antrag auf Umverteilung nach Freiburg (dem Wohnort des Vormunds) vor, da nur durch den engen räumlichen Kontakt die Aufgabe als Vormund angegangen werden kann. Das Landratsamt hat diese Verlegung immer wieder abgelehnt, sogar eine zeitweise Abwesenheit von der Unterkunft mit dem Hinweis verweigert, es gebe dafür keine besonderen humanitären Gründe. Beide Jugendliche (Jahrgang 1986 und 1987) drohten allerdings in Albbruck (Stieg) immer mehr zu verwahrlosen; es gab keine Schule, kein Sprachunterricht, niemand sorgte sich für sie.

Zum Jahresende 2001 haben wir daher - gemeinsam mit den Schutzbefohlenen - entschieden, dass der weitere Verbleib der beiden Minderjährigen in Albbruck nicht länger mit dem Kindeswohl in Deckung gebracht werden kann. Von behördlicher Seite war eine Hilfe nicht zu erwarten.

Auch nach Schilderung der bedrohlichen Situation (Ermittlungsverfahren wegen Residenzpflicht und wegen angeblichem Drogenhandel waren eingeleitet; letzteres wurde jedoch ersatzlos eingestellt) hielt das Landratsamt an seinem Entschluss fest, dass für einen Aufenthalt keine Erlaubnis vorliege. Für eine Umverteilung nach Freiburg fehle die dortige Zustimmung. Bereits im März 2000 hatte hingegen das Innenministerium Baden-Württemberg zugesichert, dass Jugendliche "in geeigneten Jugendhilfe-einrichtungen" (und nicht in staatlichen Gemeinschaftsunterkünften) untergebracht werden dürfen. (Drucksache 12/4896)

Den unteren Behörden ist somit bei derartigem Zuwiderhandeln ein Verstoß gegen die Fürsorgepflichten leicht nachweisbar. Dass die Bundesregierung insgesamt gegen die Kinderschutzkonvention verstößt, ist vom Bundestag schon mehrfach festgehalten worden. Das Amtsgericht Waldshut will allerdings entgegen der tatsächlichen Situation und Problematik einen schnellen Prozess - und hat dabei die Strafwürdigkeit des Vorgangs bereits festgelegt (ersatzweise 2 Monate Haft), statt die lästige Sache ersatzlos einzustellen.

Nachbemerkung:

Das Landratsamt Waldshut hat inzwischen der Verlegung der beiden Minderjährigen an den Wohnort des Vormunds zugestimmt; pikanterweise zeitgleich mit dem Strafbefehl und um einer drohenden Niederlage vor dem eingeschalteten Verwaltungsgericht Freiburg zuvorzukommen. Beide Jugendliche gehen seit Febr. 2002 in verschiedene Sprachkurse bzw. Schulen, einer wird im Sept. die Caritas-Werkschule beginnen.

SAGA, 8.8.02

p.s.: termin auf den 17.9. verschoben


Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen (SAGA)
c/o ADW, Postfach 5328, D - 79020 Freiburg, Treff: Freitags 20.00
Tel. (0049) 0761 - 74003 - Fax (0049)0761 - 709866