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| letzte Änderung: 01/07/02 11:57 |
Grenzregime
Der Züricher Flughafen will ein biometrisches Gesichtserkennungssystem zur Abschiebung von Flüchtlingen einsetzen
Erschienen am: 01.07.2002
Systematische Erfassung der Fotos aller Postkonto-Kunden, ein PIN-Code für
jeden Menschen im Land, automatische
Gesichtsvermessung für alle Fluggäste und bald auch Biodaten in jedem Pass:
Seit den Terroranschlägen auf die USA im September rüsten
die Überwacher auf.
[Bild]
Im Visier. Zürich-Kloten installiert demnächst ein
Gesichtserkennungssystem für ankommende Passagiere.
Bern. Ein PIN-Code für alle Menschen in der Schweiz, Gesichtsvermessung bei
allen Fluggästen in Kloten.
Von Niklaus Ramseyer
Die eine Nachricht stand gestern in der «Sonntagszeitung», die andere kann
man heute im deutschen Magazin «Der Spiegel» lesen. Und
beides hätte offenbar klammheimlich aufgegleist werden sollen. Nur «als
Versuch» sei die Gesichtsvermesserei in Zürich-Kloten geplant,
heisst es im «Spiegel». Bevor jedem Einwohner ein PIN-Code verpasst werde,
der die elektronische Registrierung der Bürger erleichtern
soll, treffe das Bundesamt für Statistik noch «weitere Abklärungen»,
versichert die Sprecherin des zuständigen Departements des Innern
(EDI).
Immerhin soll bei diesem neusten Projekt der elektronischen Volksüberwachung
der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür jetzt
«noch die rechtlichen Aspekte prüfen», wie die Bundesstatistiker versichern.
Thür hat aber schon von der Vernetzbarkeit individueller
PIN-Codes gewarnt, die weit über die AHV-Nummer hinaus auch Kinder erfassen
würden, die künftig von Geburt an einen eigenen Pass
tragen müssen.
Völlig unbeschwert von irgendwelchen Rechtsgrundlagen geht derweil der
Gesichtsvermessungsversuch im Flughafen Kloten über die
Bühne: Eine solche Rechtsgrundlage brauche sein Pilotversuch auch nicht,
behauptete der Chef einer Spezialabteilung der
Flughafenpolizei Zürich, Ulrich Neracher, gegenüber der Zeitung «Der Bund»
Ende Mai dieses Jahres.
Wer sammelt Vergleichsfotos?
Schon damals widersprach der Zürcher Datenschützer Bruno Baeriswyl dem
Zürcher Flughafenpolizisten. Er habe höheren Orts schon im
letzten Herbst auf die fehlende Rechtsgrundlage aufmerksam gemacht -
umsonst. Das System, bei dem die Gesichtsproportionen
elektronisch vermessen werden, ist zudem fehlerhaft und umstritten: Tests im
Flughafen von Palm Beach in Florida (USA) ergaben eine
Fehlerquote von 50 Prozent. Schon nur, wer eine andere Brille trägt oder die
Mundwinkel systematisch runter zieht, kann nurmehr schlecht
erkannt werden.
Das System beruht zudem auf dem blitzschnellen Vergleich der Kameraaufnahmen
mit elektronisch gespeicherten Daten aus früheren
Aufnahmen oder systematisch gesammelten Fotografien. Solche Fotografien hat
die Post von den meisten ihrer Kontokunden in einer
immer noch laufenden Aktion soeben zu hunderttausenden aus Ausweisen
fotokopiert. Der Gelbe Riese hat zwar jeglichen Datenschutz
garantiert, das Misstrauen der Bevölkerung war aber doch recht gross.
Verdacht nach Rassenkriterien
Der Pilotversuch solle «nur selektiv» laufen, beschwichtigt Polizeichef
Neracher: Verdächtig seien vorab junge Männer aus Westafrika,
China und dem Irak. Nur bei ihnen solle künftig eine «biometrische
Gesichtsaufnahme» vorgenommen und so «die illegale Migration
zumindest etwas eingegrenzt» werden. Die rechtliche Grundlage für diese
Erfassung nach Rassenkriterien steht indes erst im Entwurf des
Bundesrates für ein neues Ausländergesetz.
Sollte der Vermessungsversuch ihnen die erhofften Resultate bringen, wollen
die Polizisten die Überwachung indes rasch flächendeckend
ausweiten und etwa sämtliche ankommenden Passagiere aus gewissen
Destinationen heimlich filmen und vermessen. Der neue Pass, den
die Schweiz auf Druck der USA eingeführt hat, ist auch schon für die
Erfassung der «biometrischen Daten» vorbereitet. Die USA verlangen
an ihren Grenzen schon heute solche Daten.