Stadt Freiburg weist Forderungen der Flüchtlinge zurück
22.05.2002, 16:04, SAGA
Asyl
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Konkrete Forderungen der Flüchtlinge aus dem abgebrannten Sammellager sowie deren Zurückweisung durch der Stadt Freiburg
Freiburg (22-05-02). Zum Brand in der Nacht vom 16. auf den 17.5. 2002 fand am Abend des 21.5. eine Versammlung in der Bissierstr. statt. Die Stadt hat hier ihre Ablehnung bekannt gegeben, auf entscheidende Forderungen der Betroffenen einzugehen. Die Polizei geht bei dem Brand in der Unterkunft (ca. 200 Personen) von der These der Brandstiftung aus. Sie ermittelt wegen vorsätzlicher Entzündung "in alle Richtungen".
Den Verdacht, sie ermittele vorrangig im Bereich der dort wohnenden BewohnerInnen, weist der Leiter des Reviers Nord (Hager) zurück.
Das städt. Sozialamt berief diese öffentliche Versammlung ein, um die seit dem Brand geäusserten Beschwerden der BewohnerInnen anzuhören. Allerdings ging sie im wesentlichen nicht auf die gravierenden Beschwerden ein - zur grossen Enttäuschung aller LagerbewohnerInnen. Deren Forderungen wurden im Namen aller Flüchtlinge vorgetragen. Sie umfassen zwei unterschiedliche Themenbereiche, die von ihnen selbst definiert worden sind.
I. Der Komplex der eigenen Sicherheit Sie wünschen existenzielle und soziale Sicherheit. Dies hat für sie Vorrang.. Diese Sicherheit ist unter den gegebenen Umständen nicht gewährleistet. Daher ist ihr allgemeines Anliegen, dass Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Bis zur vollen Erfüllung dieses Anliegens wünschen sie eine Übergangslösung: für Bewohnerinnen, die über zwei Jahre in der Unterkunft leben müssen; für kranke, ältere BewohnerInnen und für Familien.
Die Stadt soll auf diese grundsätzliche Frage bis zum Sept. 2002 reagieren.
II. Der Komplex der kurzfristigen Änderungen Hierzu zählen folgende, schnell umzusetzenden Forderungen:
- persönliche Briefkästen für jedes Haus, um die Post auch persönlich zugestellt zu erhalten (bislang erfolgt dies über die Hausmeister und verläuft sehr unzufriedenstellend);
- jedes Haus soll eine Waschmaschine erhalten (auch hier ist dies bislang zentral geregelt);
- die Rücksichtslosigkeit der Hausmeister muss beendet werden (z.b. indem sie einfach in die Zimmer gehen);
- Einzelpersonen und Familien sollen getrennt untergebracht werden (bislang führt dies zusätzlich zu sozialen Konflikten);
- der Einkauf soll selbst gestaltet werden;
- für Kinder müssen spezifische sozial-pädagogische Betreuungen garantiert werden;
- regelmässige und kostenlose Sprachkurse sollen angeboten werden;
- eine unabhängige Überwachung der Zustände im Lager soll durch neutrale Organisationen sichergestellt werden (z.b. Ausländerbeirat, SAGA);
- der Zustand der Toiletten und Dusche soll gebessert werden.
Die Stadt - die u.a. durch den Bürgermeister v. Kirchbach vertreten war - wies die ersten Forderungen prinzipiell zurück. Man könne einen privaten Sicherheitsdienst (zw. 21.00 und 6.00 Uhr) anbieten, aber werde die Forderungen nach Wohnungen nicht erfüllen. Hierfür werden übergeordnete, landespolitische Erwägungen ins Feld geführt. Hinsichtlich des 2. Sektors der Forderungen (die bereits seit Jahren auf dem Programm stehen) zeigte sich der Bürgermeister auch nur in geringen Ansätzen gesprächsbereit. Freundlich gemeinte Hinweise, auch aus dem Gemeinde- und Ausländerbeirat, doch diese Haltung nochmals zu überprüfen, blieben zunächst ungehört.
Von den BewohnerInnen wurde wiederholt die grosse Angst ins Feld geführt, die ihnen auch im Gesicht geschrieben steht. Wenn dies ein Land der Menschenrechte wäre, ein Land der Demokratie und ein Land mit Sicherheit, dann müsse dies schnellstens unter Beweis gestellt werden. Man werde die Proteste fortsetzen und -so wurde teilweise angekündigt- auch den Einkauf im ‚Minimal' verweigern. Auf einer weiteren Versammlung werden die BewohnerInnen des Lagers sich über ihr weiteres Vorgehen und die ablehnende Haltung der Stadt Freiburg klar werden.
SAGA Freiburg, 21.5.2002, 21.00 Uhr
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