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letzte Änderung: 23/04/02 22:26

Antimilitarismus

Die Barrikaden in Straßen und Köpfen überwinden

23.04.2002, 22:26, Freiburger Friedenswoche e.V. , DFG-VK

Keren Assaf von New Profile (Israel) berichtete in Freiburg über Antikriegsarbeit in Israel. Am 26.04.2002, 19.30 Uhr spricht sie im Kultur- und Congress-Centrum Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen


Auf Einladung von Freiburger Friedenswoche e.V. und DFG-VK, unterstützt von weiteren Freiburger Gruppen, besuchte am 19. April 2002 eine israelische Friedensaktivistin die Stadt. Ein Bericht von Wolfgang Menzel.

"Für Israel zu sein heißt auch, für die Palästinenser zu sein". Die junge Israelin Keren Assaf ließ an diesem Abend im mit mehr als 150 Personen vollbesetzten Saal der ev. Petrusgemeinde keinen Zweifel daran, wo im israelisch-palästinensischen Bürgerkrieg ihrer Meinung nach die Frontlinie verläuft: nicht zwischen den Menschen, sondern zwischen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde. Das Militär sei die stärkste Institution in Israel und die Regierung manipuliere die Menschen, errichte scheinbar unüberwindbare physische und mentale Barrikaden zwischen Juden und Palästinensern, sagte die Referentin. Der Durchschnitts-Israeli habe keinen Kontakt zu Palästinensern, wisse kaum, unter welchen zum Teil unwürdigen Bedingungen die Menschen in den autonomen Gebieten und Flüchtlingslagern um ihr tägliches Überleben kämpften.

Keren Assaf beleuchtete in einfachen, eindringlichen Worten die psychologischen Hintergründe eines eskalierten, völlig verfahrenen Konflikts. In Israel herrsche eine Paranoia, ein Gefühl des Ausgeliefertseins und der Angst. "Die ganze Welt ist gegen uns", glauben viele Israelis und setzen auf Militär und Gewalt. Dadurch entsteht Hass - auf beiden Seiten. Nicht nur der Gegner wird entmenschlicht, bei den Israelis geht auch die Fähigkeit zum Mitgefühl mit den Palästinensern verloren. Davon profitiere, meinte Keren Assaf, die israelische Regierung, die mittels der umfassenden Militarisierung die enormen Spannungen (ethnischer, sozialer, ökonomischer, kultureller Art) neutralisiert, die die israelische Gesellschaft zu zerreißen drohen. Auch in Israel nehmen Armut und Arbeitslosigkeit zu. "Der Krieg ist das Bindemittel dieser Gesellschaft ", so die Israelin - allerdings eines, dass in den Abgrund führt, wenn die Hoffnungslosigkeit weiter anhält und keine Alternativen aufgezeigt werden. "Weder Palästinenser noch Israelis wollen diesen Krieg, und sie brauchen ihn nicht. Aber die Regierung braucht ihn. Und es gibt ein starkes ausländisches Interesse am Fortbestehen des Konflikts", sagte Keren Assaf. Ihr Vorschlag: eine zwei-Staaten-Lösung, zuvor Räumung der besetzen Gebiete und gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser.

In Israel gilt die Wehrpflicht für Männer und Frauen. Keren Assaf hat den Kriegsdienst verweigert und arbeitet hauptberuflich für das "Israelische Komitee gegen die Zerstörung von Häusern". Es setzt sich ein für einen gerechten Frieden mit den Palästinensern und insbesondere die Rückgabe der besetzten Gebiete. Eine politische Bildungsarbeit, die im vollkommen militarisierten Israel nicht unbedingt gern gesehen wird. Zusätzlich engagiert sich Keren Assaf ehrenamtlich in der Organisation "New Profile" für Kriegsdienstverweigerer, Entmilitarisierung und Feminismus. In Freiburg warb sie um Unterstützung für die arabisch-jüdische Solidarität, insbesondere für die Versöhnungsarbeit der Frauengruppen und für die noch kleine, aber stetig wachsende Bewegung der Kriegsdienstverweigerer. Rund 40 Kriegsdienstverweigerer sitzen gegenwärtig in israelischen Gefängnissen, weil sie entweder den Militärdienst generell oder einen Einsatz in den besetzten Gebieten ablehnen.

Die Veranstalter - Freiburger Friedenswoche e.V., DFG-VK Regionalgruppe Freiburg, Ev. Petrusgemeinde, Ev. Jugendwerk, Freiburger Friedensforum, RIB e.V., Frauen in Schwarz, VVN/BdA Südbaden - wollten mit diesem Abend den Stimmen aus Israel Gehör verschaffen, die sich für eine Friedenslösung auf der Grundlage von Gleichberechtigung, Entmilitarisierung und sozialem Ausgleich einsetzen. Dies ist auf eindrucksvolle Weise gelungen. Die 21-jährige Referentin erwies sich als hervorragende Botschafterin der israelischen Friedensbewegung. Sie beeindruckte, weil es ihr gelang, Kopf un d Herz anzusprechen, weil sie auf platte Polit-Parolen verzichtete und den komplexen Konflikt differenziert und nüchtern darstellte. Ausführlich und ernst beantwortete sie - unterstützt von zwei kompetenten olmetscherinnen - die nicht enden wollenden Fragen und zum Teil kritischen Stellungnahmen. Das ebenfalls geäußerte Lob und die zahlreichen Sympathiebekundungen nahm sie bescheiden und dankbar an. Dem Publikum vermittelte sie Denkanstöße und Impulse für politisches Handeln; sie selbst erfuhr, auch in vielen persönlichen Gesprächen, Ermutigung und Unterstützung für ihre Arbeit.

Zwei Wochen dauert die Vortragsrundreise, die Keren Assaf auf Einladung von Connection e.V. und DFG-VK durch ein knappes Dutzend Städte führt. Ein volles Programm auch in Freiburg mit sehr wenig Zeit für touristische Aktivitäten: am Nachmittag beobachtete sie in der Stadt, wie eine Anti-Scharon- und eine Pro-Israel-Demonstration aufeinander stießen, gab Medieninterviews, diskutierte am Abend drei Stunden lang mit den TeilnehmerInnen der Vortragsveranstaltung und fuhr am Samstag weiter nach Karlsruhe, um dort auf der Kundgebung des Karlsruher Friedensbündnisses zu sprechen. Es sind Menschen wie Keren Assaf , die uns hoffen lassen, dass Israel-Palästina eine Zukunft hat.

Wolfgang Menzel, Vorstandsmitglied DFG-VK und Freiburger Friedenswoche e.V.

Informationen über New Profile im Internet unter: http://www.newprofile.org (in englisch), über die Rundreise und internationale Solidaritätsarbeit für Kriegsdienstverweigerer bei http://www.connection-ev.de oder http://www.dfg-vk.de (auf deutsch).

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