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racism kills

18.04.2002, 22:41, www.no-racism

Rassismus | Marcus Omofuma | Abschiebung | Balkan Air | Asyl

Das Urteil im Omofuma-Prozess ist gefallen. Wg. 'fahrlässiger Tötung' kommen die Täter mit 8 Monaten bedingt auf drei Jahre davon. Die Urteilsbegründung und zwei Stellungsnahmen.


Rassenjustiz

Es gibt kein Recht in diesem Land. Das Verbrechen bleibt ungesühnt. Die kleinen Schergen, die die Tat ausführten, kommen mit bedingten Strafen davon. Ihnen konnte "kein Vorsatz nachgewiesen" werden, behauptet das Gericht. Sie werden weiter ihren Dienst tun, lachend, reuelos, als wäre nichts geschehen. Ihre Anwälte triumphieren: "ein 99-prozentiger Sieg!" Auch ihre Hintermänner, all die Löschnaks und Schlögls, die Sikas und Matzkas laufen frei herum - lebendige Symbole eines mörderischen Systems.

Wie viele tausende "Gast"-Arbeiter wurden durch die rassistischen Gesetze der Neunzigerjahre um ihre Existenz gebracht? Wie vielen Verfolgten verweigerte Österreich den vom Völkerrecht garantierten Schutz? Der Mord an Marcus Omofuma war die Spitze des Eisbergs. Ein Verbrechen besonderer Art, gerechtfertigt nun in einem unsagbar zynischen Prozeß, der das Opfer als Angeklagten erscheinen ließ. Wer war schon Marcus Omofuma? Ein Schwarzer. Ein Wilder, ein Tier. Sogar gestöhnt hat er wie ein Tier, als sie ihm die Luft verklebten. Und um sich geschlagen, die Beamten mussten sich fürchten vor ihm. Sie handelten in "Notwehr". Er war selber schuld. Ein Wirtschaftsflüchtling, Asylbetrüger. Er gehörte selbst vor Gericht, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, behauptete der F-Anwalt, für den nach eigener Aussage "das Dritte Reich die Heimat" war - und der "Richter" (bar jeder Kenntnis des Asylrechts) bekräftigt: Er wehrte sich ja gegen einen "rechtskräftigen Abschiebungsbescheid".

Marcus Omofuma war ein fleißiger Arbeiter, der für seine Familie sorgte, der den Seinen Anteil zu schaffen versuchte für kurze Zeit, bescheidensten Anteil am Wohlstand der Festung Europa - einem Wohlstand, der nicht zuletzt auf jahrhundertelanger Ausbeutung der Dritten Welt beruht.

Marcus Omofuma mußte sterben. Für ihn gab und gibt es keine Gerechtigkeit. Sein Tod dient einem klaren Zweck: der Abschreckung. Dem abschreckenden Terror gegen die Habenichtse aus der Dritten Welt. Der faktische Freispruch der Täter verfolgt das gleiche Ziel.

Tausende Menschen verschwinden in der Schubhaft Jahr für Jahr. Sie haben nichts verbrochen. Ihr einziges "Delikt" ist eine Verwaltungsübertretung: der illegale Aufenthalt. Hinter Gitter! Aber wer einen Schwarzen zu Tode quält, verlässt das Gericht als freier Mann. Preisfrage an alle, die noch an den "Rechtsstaat" glauben: Was würde drei Schwarzen geschehen, die einen österreichischen Polizisten - einen, der sich auszeichnete durch besondere Brutalität, zum Beispiel bei der berüchtigten Razzia in Traiskirchen vor zwei Jahren - so knebelten, wie es Marcus Omofuma geschah? Welche Strafe würden sie erhalten - selbst wenn der Mann nicht stürbe? Zwanzig Jahre? Lebenslang?

Marcus Omofuma starb als Opfer eines rassistischen Systems. Wir werden ihn nicht vergessen. Nicht ihn, und auch nicht die vielen anderen, die der Festung Europa zum Opfer gefallen sind. Wir vergessen auch die Schuldigen nicht. Unser Weg ist weit und mühevoll. Wir geben nicht auf. Das Recht wird wieder gelten - auch in diesem Land.

Michael Genner, Asyl in Not

Rechtsstaat und Verhaeltnismaessigkeit

Acht Monate bedingt bekam jeder der drei Fremdenpolizisten als Strafe fuer die "fahrlaessige Toetung" Markus Omofumas. Der Anklage nach §312 StGB (Quaelen oder Vernachlaessigung eines Gefangenen) wurde vom Schoeffensenat nicht zugestimmt, denn, so der vorsitzende Richter Alexander Fiala, es waere der Vorsatz nicht nachweisbar gewesen.

Es gibt aber auch einen Absatz 2 des §312 StGB. Dort steht: "Ebenso ist ein Beamter zu bestrafen, der seine Verpflichtung zur Fuersorge oder Obhut einem solchen Menschen gegenueber groeblich vernachlaessigt und dadurch, wenn auch nur fahrlaessig, dessen Gesundheit oder dessen koerperliche oder geistige Entwicklung betraechtlich schaedigt." Auch hier sieht das Gesetz bei Todesfolge eine Mindeststrafe von einem Jahr vor.

Aber dann waere auch bei einer bedingten Strafe die Karriere der Beamten beendet gewesen - und das war wohl nicht im Sinne des Gerichts. So entschied man sich fuer "fahrlaessige Toetung". Dieses Delikt kennt keine Mindeststrafe.

In der Strafanstalt Wien-Simmering sitzt derzeit ein Demonstrant von einer Opernballdemo ein. Einmal abgesehen davon, dass die Vorwuerfe gegen ihn lediglich Polizeibehauptungen waren und deren Verlaesslichkeit ja bekannt ist, so ist wenigstens doch nie jemand soweit gegangen, zu behaupten, er haette jemand vom Leben in den Tod befoerdert. Die Fremdenpolizisten haben das sehr wohl - laut sogar diesem Gericht. Die Polizisten verliessen als freie Menschen den Saal, der Verteidiger will sogar berufen. Der Demonstrant hat 6 Monate abzusitzen.

Richter Fiala meinte, Omofuma treffe "eine Mitschuld am Geschehen", weil er sich trotz eines rechtskraeftigen Abschiebebescheids diesem widersetzt habe. Und wenn man dann noch vernimmt, dass Verteidiger Harald Ofner meinte: "Haette Omofuma den Flug ueberlebt, waere er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Koerperverletzung zur Verantwortung zu ziehen gewesen", dann weiss man: Das ist kein Zynismus. Es ist die Wahrheit.

Bernhard Redl, 'akin - aktuelle informationen' akin.buero@gmx.at, http://akin.mediaweb.at



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