LinksRhein- News admin
Startseite Zurück letzte Änderung: 20/11/02 17:54

Brandstiftung im Heim

02.04.2002, 19:49, Warning, Georg

Rassismus | Konstanz | Gustav-Schwab-Strasse | Asyl | Sammellager | Brandanschlag | NPD

Am 26.3. berichtete der Südkurier von einer Brandstiftung im Sammellager Gustav-Schwab-Strasse und dass weder Polizei noch Staatsanwaltschaft an 'politische oder ausländerfeindliche Motive' glaubten. Die Flüchtlinge jedoch schon, wie Nachforschungen von G. Warning zeigen. Sie haben Angst vor weiteren Anschlägen.


Heute war ich mit G. im Heim in der Gustav-Schwab-Straße zu Besuch. Der Brand wurde in dem Gebäude gelegt, in dem G. mit den Kinderrn und mir gelebt hatten. Es waren zwei Brandherde erkennbar. In unserem Stock (dem ersten, das Erdgeschoss ist unbewohnt und dient der Essenspaket- und Kleidungsausgabe), wo ein Teil des Parketbodens rausgeschnitten war und an den Rändern noch schwarze Brandstellen zu sehen waren, daneben ein mit gelber Kreide umrahmter großer Fleck, wo Benzin vergossen war. In der Küche trafen wir unsere ehemalige Nachbarin, die mit ihrem Mann und ihren Kindern in dem direkt an die Brandstelle angrenzenden Zimmer lebt. Es sind Kosovo-Albaner, sehr friedliche Leute, die mit niemandem Streit haben und mit denen wir sehr gut auskamen. Nachts, so um vier Uhr, war die Frau wegen des seltsamen Geruchs rausgegangen und hatte das Feuer gesehen. Sie rief ihren Mann, der geistesgegenwärtig den dort hängenden Feuerlöscher ergriff und das Feuer löschte.

Im gleichen Stock trafen wir auch eine junge, hagere Afghanin, die mit ihrer Familie vor ca. 6 Monaten nach Konstanz verlegt wurde. Sie klagte über die üblichen Probleme mit der Sauberkeit im Heim (Toilette, Küche), die auch wir nur zu lange ertragen mussten, aber sie macht eben selbst immer wieder sauber. Der Kinderwagen im Eingang, über den Benzin gegossen war, der aber nicht angezündet worden war, gehörte ihr. Sie hatte von dem Brand nichts mitbekommen, nur so um 5 Uhr klopfte es an ihrer Tür und die Polizei stand draußen und erkundigte sich nach ihren Kindern und dergleichen. Ihr gegenüber, also in unserem ehemaligen Zimmer, wohnen jetzt drei junge Chinesinnen, die gerade rauskamen, als wir da standen, wohl mit einer Afrikanerin, die wir nicht sahen.

Obwohl die Afghanin schon seit sechs Monaten hier ist, hatte sie noch keine Anhörung, wohl auch sie ein Opfer der Politik des Innenministeriums, Fälle nicht zu entscheiden, wenn sie Aussicht auf Erfolg haben, und sie solange liegen zu lassen, bis die Anerkennungschancen gering werden. Das war seinerzeit nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Albanien so, und jetzt nach dem US-Krieg in Afghanistan ist es anscheinend wieder so.

Wir haben auch mit dem aus Ex-Jugoslawien kommenden Mann vom zweiten Stock gesprochen, der ebenfalls noch nicht so lange da ist. Seine Frau hatte das Feuer im zweiten Stock bemerkt und ihn gerufen, er hatte wohl versucht, es mit Wasser zu löschen, wie eine syrische Kurdin uns erzählte. Wir sahen auch seinen jungen Sohn, aber nicht seine Frau.

Die Brandreste, die wir im zweiten Stock suchten, fanden wir auf dem Treppenabsatz zwischen zweitem Stock und Dachspeicher. Die Spinnweben ganz oben waren sehr dunkel, vermutlich hatte sich in ihnen Ruß festgesetzt. Ansonsten waren die Spuren des Brandes weitgehend beseitigt.

B., die schon Jahre im Heim lebt (im selben Gebäude, allerdings im zweiten Eingang), erzählte uns, dass die Polizei sich bei der Befragung auf mögliche Streitigkeiten zwischen den Familien im Heim konzentrierte und ablehnend auf ihre Vermutung reagierte, dass dies das Werk von Ausländerfeinden sein könnte.

Die Täter gesehen hat um die nächtliche Stunde niemand, allerdings soll die Jugoslawin im zweiten Stock, die das Feuer wohl zuerst entdeckte, die Schritte von zwei Personen im Treppenflur gehört haben.

B. berichtete auch, dass ein Kurde (M. oder so, wir haben ihn kurz gesprochen) zwei Tage später am Fenster der ehemaligen Pförtnerloge des Heims einen Aufkleber der NPD gesehen habe (M. spricht und liest Deutsch), den er gleich abgerissen habe. Ich fragte, warum sie das nicht der Polizei gezeigt hätten, er winkte ab, von deren Ermittlungen hielt er nichts.

Festzuhalten bleibt, dass das Haus, wo der Brand gelegt wurde, gleich der erste Eingang rechts vom Eingangstor ist und somit für eine Flucht besser geeignet ist als weiter hinten liegende Gebäude oder Eingänge. Zweitens wurde der Brand gezielt im Treppenflur gelegt und nicht konkret vor der Wohnung einer einzelnen Person. Das bedeutet, dass der Brand, hätte er sich ausbreiten können, den Fluchtweg für alle in diesem Haus versperrt hätte! Die Uhrzeit war so gewählt, dass auch die meisten Heimbewohner schliefen, und es ist keine Zeit, in der sich irgendwelche "spielenden Kinder" rumtreiben. Zudem ist Benzin nichts, was im Heim zur Hand wäre.

Streitigkeiten werden im Heim in der Regel mit Worten ausgetragen, besonders handgreifliche Typen mögen auch zu Fäusten oder Messern greifen. Aber die Leute im ersten Eingang sind friedfertige Menschen. Auch darf man nicht vergessen, dass die meisten Flüchtlinge, die für sich keine Aussicht auf einen festen Aufenthalt oder eine Heirat sehen, die Zeit hier nutzen, so viel wie möglich zu arbeiten und so wenig wie möglich aufzufallen, um nicht die Aufmerksamkeit der Behörden auf evtl. Schwarzarbeit zu ziehen. Das Letzte, was solche Leute täten, wäre, in ihrem Heim Brand zu legen.

Es spricht daher manches dafür, dass der Brand von außen gelegt wurde, wobei nichts über die Nationalität oder Motive der Täter ausgesagt werden kann.

Das kann aber auch die Polizei nicht. Dass sie dennoch nicht an ausländerfeindliche oder politische Motive glaubt, heißt, dass sie es entweder nicht in Betracht ziehen will oder evtl. Täter in falsche Sicherheit wiegen will, indem sie nach außen erklärt, sie glaube das nicht.
Solche Erklärungen aber einfach nachzubeten, wie es Frau I. König vom Südkurier tut, ist kein Zeichen für kritischen Journalismus.

Im übrigen leben im Heim nicht 30 Bewohner, wie der Südkurier schreibt, sondern wesentlich mehr, die Zahl 30 dürfte ungefähr der Bewohnerzahl des Gebäudetrakts entsprechen, wo der Brand gelegt wurde. Das Gebäude geht aber noch weiter, ein zweiter Eingang führt zu weiteren Flüchtlingswohnungen.

Auch trifft es nicht zu, dass "in dem Wohnheim hauptsächlich Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien untergebracht sind", wie der Südkurier schreibt. Es sind Kosovo-Albaner, Chinesinnen, Afghanen, Iraner und evtl. auch noch eine Afrikanerin dort untergebracht. Der Hinweis auf Jugoslawien ist insofern irreführend, als dies bei der Leserschaft Assoziationen mit dem Krieg in Ex-Jugoslawien wecken könnte.

Die Flüchtlinge sind jedenfalls sehr unruhig, weil sie befürchten, dass die Täter wieder zuschlagen. Es ist nicht einzusehen, warum es keinen Nachtwächterdienst für Flüchtlinge gibt. Lieber Geld sparen als Menschenleben zu schützen, scheint die Devise der zuständigen Stellen, falls sich überhaupt eine zuständig fühlt (Regierungspräsidium Freiburg, Innenministerium Stuttgart???). Aber die Leibwächter behält der Innenminister lieber für sich, als dass er sie den Flüchtlingen zur Verfügung stellen würde. Deren Leben ist einfach nicht so viel wert, scheint es.

Georg Warning
Konstanz, den 29.03.02

(Namen wurden anonymisiert von LinksRhein)




Kommentar

  Startseite Anfang