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letzte Änderung: 02/04/02 14:09

Arbeitskampf

Unbefristeter Streik bei den Badischen Drahtwerken

02.04.2002, 14:01, Baden Online

Mit 95,8 Prozent hatte sich vorige Woche eine deutliche Mehrheit der BDW-Beschäftigten für Streik ausgesprochen. Zuvor hatte es zwei Warnstreiks gegeben. Auseinandersetzung mit Streikbrechern am Werktor.


Ostern im Zeichen des Streiks

Seit Anfang der Woche heißt es bei den Badischen Drahtwerken (BDW) im Kehler Hafengebiet: Nichts geht mehr. Mehr als 200 Beschäftigte sind in einen unbefristeten Streik getreten.

Von Oscar Sala

Kehl. Donnerstag, 16 Uhr, Schichtende bei den Badischen Drahtwerken in der Weststraße – einzelne Arbeiter machen sich Richtung Werkstor auf, um den Betrieb zu verlassen. Als sie dort ankommen, werden sie von einer rot bekleideten Arbeiterschar mit einem Pfeifkonzert empfangen. Es sind ihre streikenden Kollegen, die dieser Tage die Szenerie rund um den BDW-Gelände prägen. Die Atmosphäre ist geladen, plötzlich bricht Trubel und Hektik aus . »Verräter« skandiert eine kleine Gruppe, die Situation droht zu eskalieren. Die als »Streikbrecher« beschimpften, versuchen sich einen Weg zu bahnen, doch immer wieder werden sie gehindert, einige werden angerempelt, der BDW-Geschäftsführer taucht auf und versucht die aufgebrachte Menge zu beschwichtigen.

Im Drahtwerk herrscht derzeit Streikalltag, inzwischen haben protestierende Arbeiter mit Wohnwägen und Zelten zwei Stützpunkte aufgebaut, um sich bei Bedarf zurückzuziehen. Das Werksgelände dürfen sie nicht betreten. Gestreikt wird rund um die Uhr, auch nachts und über die Feiertage. »Diese acht Leute, die sich nicht mit uns solidarisch erklärt haben, werden genauso von unsere Forderungen profitieren, wenn wir Erfolg haben«, erbost sich Armin Kopf von der Streikleitung. »Wir wollen uns friedlich verhalten, doch die Stimmung könnte in den nächsten Tagen überkochen.«

Die acht Arbeiter, die nicht streiken, werden von einem Sammeltaxi abgeholt, das von der Geschäftsleitung angefordert wurde. Bereits einen Tag zuvor musste die Polizei anrücken, weil die Streikposten den Wagen blockiert hatten. Es habe immer Bestrebungen gegeben, die Arbeiterschaft auseinander zu dividieren, doch diesmal sei der Zusammenhalt sehr groß. »Wir kämpfen für den Firmentarifvertrag, den die Geschäftsführung gekündigt hat«, betont Betriebsrat Hans-Peter Sester. Es habe allerdings, so wird wiederholt, nichts mit den laufenden Metall-Tarifverhandlungen zu tun.

95,8 Prozent für Streik

Mit 95,8 Prozent hatte sich vorige Woche eine deutliche Mehrheit der BDW-Beschäftigten für Streik ausgesprochen. Zuvor hatte es zwei Warnstreiks gegeben. Viele der Streikenden sehen müde aus, Kaffee und Zigaretten sind ihre Begleiter: »Das Rumstehen schlaucht mehr als ein ganzer Arbeitstag, aber wir müssen weitermachen, viele von uns haben Schulden und ein Haus abzubezahlen«, sagt Rainer Eberhardt.
Ostern ist für viele Arbeiter regelrecht »versaut«, doch die Stimmung unter der Belegschaft sei dennoch gut, ist vor Ort zu erfahren. »Wir haben unsere Moral behalten und werden solange streiken, bis die Arbeitgeber nachgeben«, so der Tenor der Arbeiter. Die Devise lautet für die kommenden Tage: Streik total.