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letzte Änderung: 17/03/02 01:23

Turkstaaten

Usbekistan: Petition an den Bundestag

17.03.2002, 01:23, Warning, Georg

Petition zu Ehren des usbekischen Parlamentariers und Menschenrechtlers Shovruk Ruzimuradov und als Zeichen der Unterstützung der usbekischen Menschenrechtsbewegung. Mit Hintergründen zum usbekischen Staatsterrorismus


Liebe Freunde,

ich habe vor, untige Petition an den Bundestag zu schicken. Vielleicht habt Ihr noch Veränderungsvorschläge.

Grüße, Georg Warning

Deutscher Bundestag
Petitionsausschuss
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin
Fax 030-22730057

Absender: Georg Warning, Bodanstr. 15, D-78462 Konstanz, e-mail: gwarning@hotmail.com Konstanz, den 18.01.2002

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PETITION

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte Sie hiermit, zu Ehren des usbekischen Parlamentariers und Menschenrechtlers Shovruk Ruzimuradov und als Zeichen der Unterstützung der
usbekischen Menschenrechtsbewegung folgenden Antrag in das Plenum einzubringen:

1. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, in der Website des Auswärtigen Amtes zusätzlich zu dem Link auf die Usbekische Botschaft auch Links zu Seiten von usbekischen Oppositionsgruppen sowie zu den
Menschenrechtsberichten des US-Außenministeriums und Internationaler Menschenrechtsorganisationen zu schalten.

2. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, an der Außenwand der Deutschen Botschaft in Taschkent am 7. Juli 2002 zum 1. Todestag von Shovruk Ruzimuradov eine Gedenktafel in russischer und usbekischer Sprache
anzubringen, auf der der Beitrag dieses Mannes für die Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie in Usbekistan gewürdigt wird, und den Text dieser Gedenktafel als zweisprachige Zeitungsanzeige in der usbekischen
Regierungszeitung "Pravda Vostoka" zu veröffentlichen.

3. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, in Absprache mit den anderen Regierungen der Europäischen Union ein Programm zum Schutz
usbekischer MenschenrechtlerInnen auszuarbeiten, das u.a. deren Ausstattung mit Satellitentelefonen beinhalten sollte, über die Verhaftungsnachrichten an eine einzurichtende Notrufzentrale geleitet werden können. Jede Meldung sollte zu einer raschen Reaktion der europäischen Vertretungen in Usbekistan
führen, mit dem Ziel, die Nachricht zu prüfen und Menschenrechtsverletzungen zu verhüten. Dazu sollte auch ein Katalog von Sanktionen gehören, die notfalls gegen die usbekische Regierung verhängt werden.

4. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, nach einjähriger Testzeit des unter Punkt 3 vorgeschlagenen Schutzprogramms seine Erweiterung
auf andere für die EU wichtige Staaten wie Türkei, Ägypten und Iran vorzubereiten.

Der Antrag gilt absatzweise zur Abstimmung eingebracht.

Begründung:

Die Ereignisse nach dem 11. September 2001 haben gezeigt, dass andauernde, schwere Menschenrechtsverletzungen eine große Gefahr für den Weltfrieden darstellen. Die von der US-Regierung auf die Liste terroristischer Organisationen gesetzte Islamische Bewegung Usbekistans/IBU (O'zbekiston Islomiy Harakati) ist ein Produkt der Repressionspolitik des
usbekischen Präsidenten Islam Karimov gegen alle Gläubigen, die sich nicht vom Staat gängeln lassen wollen. Selbst privater Religionsunterricht an Kinder kann in Usbekistan mit bis zu 3 Jahren Gefängnis bestraft werden!
Der Gründer der IBU, unter seinem Pseudonym Juma Namangani bekannt, war zu Sowjetzeiten als Soldat bei der Besetzung Afghanistans eingesetzt,
bewunderte dort den Widerstand der Mudschahedin und wechselte darauf die Seiten. Als er dann noch Anfang der 90er Jahre Islam Karimow vor
versammelter Menge aufforderte, auf den Koran zu schwören, ging die Verfolgung los. Erst dies trieb radikalisierten Menschen wie Juma Namangani
genügend Anhänger in die Arme, um damit bewaffnete Angriffe gegen Usbekistan und Kirgisistan zu unternehmen.

Die Möglichkeiten einer friedlichen Entwicklung werden von Islam Karimow systematisch abgeblockt. Nicht nur durch die korrupte Pfründewirtschaft, die das Entstehen einer Marktwirtschaft verunmöglicht, sondern auch durch die
Verfolgung aller Vertreter einer aufkommenden Zivilgesellschaft.

Der 1964 geborene Shovruk Ruzimuradov, Vorstandsmitglied der Partei "Birlik"
(Einheit) und Vorsitzender der Menschenrechtsgesellschaft Usbekistans in der
Provinz Kashkadaryo, war 1990 als Vertreter der Opposition ins damalige Parlament, den Obersten Sowjet, gewählt worden. Er war der einzige, der
gegen Islam Karimow stimmte, als dieser am 1. März 1990 vom Obersten Sowjet zum Präsidenten gewählt wurde. Seine Stimme wurde unterschlagen, so dass ihm nur noch der Aufschrei blieb:
"Leute, was macht ihr da, so einen Menschen kann man nicht zum Präsidenten machen, ihr werdet das noch bereuen!" Denn er kannte Karimow aus dessen Zeit als KP-Führer der Provinz Kashkadaryo.

So wurde Shovruk Ruzimuradov schon im Juni 1991 auf persönliche Anweisung des Präsidenten zu 4,5 Jahren Gefängnis verurteilt und erst nach der
Unabhängigkeit des Landes im selben Jahr auf Verlangen des usbekischen Parlaments freigelassen.
Zum zweiten Mal festgenommen wurde Shovruk Ruzimuradov 1998, damals aber auf Intervention des damaligen OSZE-Vorsitzenden Bronislaw Geremek, der als Solidarnosc-Berater seine persönlichen Erfahrungen mit totalitären Regimen
gemacht hat, wieder freigelassen.

Das dritte Mal endete für Shovruk tödlich. Am 15. Juni 2001 wurde er im Dorf Olakarga (Bezirk Yakkabogh, Provinz Kashkadaryo) verhaftet und verschwand spurlos. Seine Freunde und Verwandte, die nach ihm suchten, wurden überall abgewiesen, hier sei er nicht. Am 7. Juli 2001, nach 21 Tagen, wurde seine Leiche den Verwandten ausgehändigt. Angeblich habe er sich in einer
Untersuchungszelle des Innenministeriums in Taschkent erhängt, das noch kurz zuvor bestritten hatte, dass sich Shovruk Ruzimuradov dort befinde.
Schriftlich wurde die Todesursache nicht mitgeteilt, der Autopsiebericht wurde ebenfalls geheim gehalten. Seine Leiche war mit blauen Flecken übersät, die inneren Organe waren entnommen. Das Begräbnis fand unter massiver Polizeiabriegelung statt.

Eine offizielle Anklage gegen Shovruk wurde nicht bekannt gegeben, ist aber unerheblich, da die usbekische Polizei ihren Opfern routinemäßig Patronen, Rauschgift oder islamistische Flugblätter unterschiebt, die dann zusammen
mit den unter Folter erzielten "Geständnissen" als Grundlage für die Verurteilung dienen. Mit Wahrheitsfindung haben usbekische
Gerichtsverhandlungen nichts am Hut.

Da die Repression in diesem Fall einen Ihrer Berufskollegen getroffen hat, wäre betretenes oder diplomatisches Schweigen gegenüber der usbekischen Regierung fehl am Platz. Dieses Vorgehen trifft die westliche Lebensweise
nicht weniger wie die Angriffe auf die Twin Towers in New York. Der Kampf gegen den Terror muss auch den Staatsterror umfassen. Das erwarte ich von Ihnen. Nicht mehr und nicht weniger.

Hochachtungsvoll
Georg Warning