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24/06/07 12:26

Prof. Breyer, Krankenkassen und Euthanasie

02.07.2003, 04:23, LinksRhein

Antifa | Konstanz | Universität | Euthanasie | Soziales | Friedrich breyer

Der Konstanzer Wirtschaftspolitik - Professor Friedrich Breyer denkt darüber nach, wie Euthanasie und steigende Kosten in der Krankenversicherung zusammenpassen



Der Sozialverband Deutschlands (SoVD), ein Verein, der sich für RentnerInnen, behinderte und chronisch kranke Menschen, alle Sozialversicherten, Pflegebedürftige, Sozialhilfeempfänger und Arbeitsunfallverletzte einsetzt, hat Anzeige gegen den Konstanzer Professor Friedrich Breyer am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpolitik erstattet. Der Grund: Verdacht auf Anstiftung zur Tötung durch Unterlassen sowie Volksverhetzung und Anleitung zu Straftaten.

Anlass dafür war eine Report-Sendung des SWR vom 2.6.03, in der Breyer (und ein gewisser Prof. Joachim Wiemeyer von der Uni Bochum) Vorschläge zu Einsparungen im Gesundheitswesen machten: die gesetzlichen Krankenkassen sollten in Zukunft bei Menschen, die älter als 75 Jahre sind, keine teuren lebenserhaltenden Beandlungen mehr übernehmen sondern höchstens noch Schmerzmittel bezahlen.

Auszug aus der Report-Sendung, 2.6.03

(...)

Zum Beispiel an der Universität Konstanz, am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpolitik. Professor Friedrich Breyer ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Seiner Meinung nach sollen ab einem bestimmten Alter keine aufwändigen Behandlungen mehr von der Krankenkasse bezahlt werden.

O-Ton, Prof. Friedrich Breyer, Universität Konstanz:

»Leistungen, die teuer sind und die in erster Linie dazu dienen, das Leben zu verlängern, werden nicht mehr finanziert, wohingegen Leistungen, bei denen es um die Schmerzlinderung geht – darum etwa, ein Leiden erträglicher zu machen – die würden weiter finanziert.«

Breyer rechnet Kosten gegen Nutzen, zum Beispiel bei einer Herzoperation. Ab 75 Jahre sei der Nutzen zu gering, die Kosten zu hoch. Wer älter als 75 wird, soll seine Operation in Zukunft nicht mehr bezahlt bekommen.

(...)

Die empörten Reaktionen der Öffentlichkeit, die ihm u.a. Euthanasie aus Altersgründen vorwerfen, kann der Professor nicht verstehen. Er erklärt sie sich und jedem, der es hören will, "durch eine extrem einseitige Selektion von Statements, durch sinnentstellende Hinzufügungen sowie durch die Einbettung in einen aktuellen Bezug" in dem Bericht. Zudem bemängelt Breyer, dass den ZuschauerInnen seine guten Argumente für diese "altersbezogene Rationierung", wie er es wissenschaftlich verbrämt, vorenthalten wurden und will dadurch beschwichtigen, dass diese Vorschläge erst in 20 oder 30 Jahren greifen sollten. Zeit genug also für jüngere Menschen, Vorsorge zu treffen und sich privat zu versichern.

Im übrigen wiederholt Prof. Breyer jedoch in weiteren Interviews und auf seiner Website immer wieder aufs neue, was er irgendwie gleichzeitig sagen und doch nicht gemeint haben will: alte Menschen sind für die Gesellschaft weniger wert und sollen daher ihre Gesundheitsrisiken selbst tragen.

Wie nah dran dieser Lehrstuhl an der Euthanasiedebatte ist, wird deutlich, wenn man nur einige Titel der Publikationen von Breyer und einem seiner Mitarbeiter, Dr. Carlo Schultheiss, liest: "Für eine argumentative Auseinandersetzung mit den Thesen Singers zur Euthanasiethematik, in: Ethik in der Medizin 6/3 (1994), 133-142." oder "Breyer, F. und C. Schultheiss, "Primary" Rationing of Health Services in Ageing So-cieties – a Normative Analysis, unveröff. Manuskript, Universität Konstanz, 2000." und " Breyer, F. und C. Schultheiss (2002), „Alter“ als Kriterium bei der Rationierung von Gesundheitsleistungen - eine ethisch-ökonomische Analyse, erscheint in: T. Gut-mann und V. Schmidt (Hrsg.), Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen, Verlag Velbrück Wissenschaft." Vielleicht lohnt es, sich diese Texte mal genauer anzuschauen.

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