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15/03/03 19:12

Friedensdemos am Bodensee gegen den Irak-Krieg

18.02.2003, 17:53, LinksRhein

Antimilitarismus | Ravensburg | Konstanz | Bregenz | Krieg | Irak

Beinahe 10.000 Menschen waren am Samstag, den 15.02.03, allein in der Bodenseeregion auf die Strasse gegangen, um gegen einen Irak-Krieg zu protestieren


Die weltweiten Grossdemonstrationen (Rom: 2.5 Mio., London: 1.5 Mio., Barcelona: 1 Mio., Madrid: 1 Mio., etc.) gegen einen Irak-Krieg am letzten Wochenende sind umso eindrucksvoller, wenn man bedenkt, dass viele Menschen auch in der Provinz demonstriert haben. So sind z.B. die Leute aus Süddeutschland statt nach Berlin (500.000) zu fahren meist in Stuttgart (50.000) oder in ihren eigenen Städten geblieben. Allein am Bodensee haben wohl fast 10.000 Menschen gegen den Irak-Krieg demonstriert: gut 5000 in Ravensburg, 2.500 in Konstanz und 1000 - 1500 in Bregenz.

Es scheint, als wäre spätestens mit dem 15.2. die Verbindung von Antiglobalisierungsbewegung und Friedensbewegung gelungen und mit der Globalisierung der Proteste die Antwort auf die kapitalistische Globalisierung gefunden worden.

Soviel zur Oberfläche. Aber die Frage sei gestattet, wer denn nun mit welchen Gründen wogegen protestiert hat. Die Erfahrung lehrt uns, dass es sowohl gute als auch schlechte Gründe gegen den drohenden Irak-Krieg gibt und die Demos anläßlich der Münchner Sicherheitskonferenz haben z.B. gezeigt, dass man sehr wohl gegen einen Irak-Krieg (seitens USA und ihrer Verbündeten) und gleichzeitig für die Nato-Kriege (inklusive Modernisierung und Umstrukturierung der Armeen zu global einsetzbaren Interventionstruppen) und Rüstungsexporte in Krisenregionen sein kann. Bei Vorbereitungsbündnissen und Mitaufruferlisten finden immer wieder auch die rechtskonservative Ökopartei ÖDP (München) oder Silvio-Gesell-Anhänger ihren Platz. Auf den Podien der "internationalen und öffentlichen Friedenskonferenz anlässlich der 'Sicherheitskonferenz' in München 7.2. - 9.2.2003" sprachen Typen z.B. wie Helmut Creutz 1), Franz Alt 2) oder Johan Galtung. 3) (vgl. Programm der Konferenz "Frieden und Gerechtigkeit gestalten. Nein zum Krieg.", DFG-VK)

Wie sah es am Bodensee aus? Der sympathischste Aufruf war ohne Zweifel der FAU-Aufruf "gegen den Krieg im Irak und gegen Kapitalismus im Allgemeinen" für die Bregenzer Demo. Allerdings war das nicht der mir unbekannte Bündnisaufruf. Für die Ravensburger Demo wurde im Vorfeld bekannt, dass die ÖDP mitunterzeichnet hat und auf der Demo auch ein CDU-Oberbürgermeister Vogler sprechen sollte. Die beiden fast wortgleichen Aufrufe von Konstanz und Ravensburg waren u.a. an die Adresse der deutschen Regierung gerichtet. Diese wurde korrekterweise dazu aufgefordert, ihre eigenen Truppen aus der Golfregion abzuziehen, den USA Überflugrechte zu verweigern und im UN-Sicherheitsrat mit Nein zu stimmen. Im Ravensburger Aufruf trieb die OrganisatorInnen zusätzlich die Sorge um die "unkalkulierbaren politischen und ökonomischen Risiken, die eine militärische Intervention im Irak mit sich bringt" um. Ökonomische Risiken für wen? möchte man da fragen. Und was wäre, wenn es ökonomische Vorteile hätte?

Schenkt man dem Südkurier glauben, so befanden sich auf der Konstanzer Demo, bei der auch OB Frank eine Rede gehalten hatte, "zahlreiche Gemeinderäte von Grünen und SPD". Die SPD-Anhänger hätten auf Ansteckern "das Kanzlerwort 'Mut zum Frieden' aufgegriffen" und auf einem Transparent hätte es "Danke Gerhard und Joschka" geheissen. Wie kurz muss ein antimilitaristisches Gedächtnis sein, um zu vergessen, welche Rolle die rot-grüne Bundesregierung jüngst bei den Bombardements von Jugoslawien gespielt hatte. Im April 1999 hatte das Konstanzer Bündnis gegen den NATO-Krieg noch formuliert: “Der Kriegseinsatz der Bundeswehr ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die von der Kohl-Regierung in Gang gesetzt worden war, und die das Ziel hat, eigene Interessen künftig wieder durch weltweite Kriegseinsätze durchzusetzen. In kleinen Dosierungen, zuerst durch "humanitäre Einsätze" z.B. in Kambodscha und Somalia, sollte die Bevölkerung daran gewöhnt werden, daß deutsches Militär künftig wieder weltweit dreinschlagen darf. Daß die rot-grüne Regierung diese Politik noch verschärft hat, muß als verbrecherisch bezeichnet werden.“. Damals waren nur 250 Menschen dem Demonstrationsaufruf gefolgt.

Gegen Kapitalismus, der Triebfeder für imperialistische Kriege schlechthin, war die Mehrzahl der DemonstrantInnen weder in Bregenz noch in Ravensburg oder Konstanz auf die Strasse gegangen. Aber gegen einen Irak-Krieg. Immerhin.

1) Gesellianer und Mitglied der Initiative für eine natürliche Wirtschaftsordnung (INWO)

2) "Ein weiterer Friedensbewegter stellt sich als Interviewpartner der "Deutschen National-Zeitung" des DVU-Chefs Gerhard Frey zur Verfügung: Dr. Franz Alt. Der "Lebensschützer", "Junge Freiheit"-Autor und Moderator des 3sat-Magazins "Grenzenlos" tritt dort gegen eine drohende US-Invasion im Irak auf und wirbt für sein neues Buch, das im Riemann-Verlag erschienen ist." Nach den Rechten sehen Ausgabe 24, 2003, VVN-BdA

3) Zur Frage ob es eine Alternative zur Gewalt gegen Hitler gegen hätte, meinte Johan Galtung 2002 in der Weltwoche: "Falsch, es gab eine wunderbare Option: die Revision des Versailler Vertrags. Man hätte nicht das ganze deutsche - und nur das deutsche - Volk bestrafen sollen. Was die Ablehnung des Versailler Vertrags betrifft, hatte Hitler die Unterstützung der Deutschen, in den andern Punkten, etwa der Judenvernichtung, nicht." Weltwoche, 05. 08. 2002
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