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10/01/03 17:41

Veränderungen des Hochschulsystems durch Stiftungsfinanzierung

10.01.2003, 17:31, LinksRhein

Bildung | Konstanz | Universität | Vortrag

Bericht von der Veranstaltung 'Wettbewerb - Autonomie - Profilbildung' am 9.1.03 an der Uni Konstanz



Zu der Veranstaltung waren nicht viel mehr als die OrganisatorInnen (Asta, AK Bildung) selber gekommen: Zusammen 15 Leute. Geboten wurde trotzdem substanzielle Kritik an den derzeitigen Veränderungen im Wissenschaftssystem. Bultmann faßte diese als eine Reorganisation des Hochschulsystems nach wettbewerblichen oder betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten zusammen. Ausführlich ging er auf die angeblich neue Hochschulautonomie und das Modell der Stiftungsfinanzierung ein.

Autonomie

Die Begriffe Wettbewerb und Autonomie sind zentral im gegenwärtigen Diskurs über Hochschulpolitik. Sie haben die Funktion die Vorstellungswelten der Reformierer zu vereinheitlichen, wenngleich beide schwammig sind und analytisch nicht viel hergeben. Der Begriff Autonomie z.B. kann in der Debatte drei sich teilweise gegenseitig ausschliessende Bedeutungen haben:

Allgemein wird angenommen, daß, nach Art eines Nullsummenspiels, die Autonomie an Hochschulen umso geringer ist, je stärker die Wissenschaftsbürokratie wirkt. Bultmann brachte einige Beispiele, die zeigten, wie wenig mit diesen Begriffen anzufangen ist, wenn es konkret wird:

Auch die seit den 70er Jahren entstandene Gruppenuniversität hatte den Hochschulen schon Autonomie gebracht, auch wenn heute Autonomie als Gegenargument für die Gruppenuniversität eingesetzt wird. Gleichstellungspolitik ist ein Beispiel für eine durch staatliche Gesetzgebung und entsprechender Kontrolle durch die Wissenschaftsbürokratie auf den Weg gebrachte Stärkung einer sozialen Gruppen (Frauen) an den Hochschulen Bultmann möchte Autonomie nicht als ein Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen definieren sondern als eines zwischen Hochschule und Gesellschaft.

In den gegenwärtigen Debatten um Hochschulpolitik werden regelmäßig 3 Erfolgskriterien für den Umbau der Hochschulen ins Feld geführt:

Bultmann meinte zwar, daß Bildung im zuge dieses Wandels tendenziell Warencharakter annimmt, er wandte sich aber auch gegen eine zu simplifizierende Wahrnehmung dieser Vorgänge, die z.B. eine einfache Privatisierung des öffentlichen Hochschulsystems konstatieren (zunehmende Ersetzung von öffentlichen Investitionen durch private, wenn Stiftungsunis eingeführt oder Privatunis gegründet werden). Keineswegs seien die „Reformen“ mit einer Senkung der öffentlichen Mittel zur Hochschulfinanzierung verbunden und gerade auch Privatunis werden mitenormen öffentlichen Mittel subventioniert die auch schon mal ein Vielfache der Mittel pro Studienplatz ausmachen können, die normale Unis erhalten (Beispiel Berlin)

Stiftungsunis

Stiftungen gibt es im Hochschulsystem, von Anfang an, oft auch im konfessionellen Bereich und mit z.T. emanzipatorischem Geahlt (Bsp. Institut von Adorno / Horkheimer). Die Rechtsform allein läßt daher noch keinen Rückschlüsse auf die Art der Einrichtung zu. Das Problem fängt aber an, wenn in Deutschland das gesamte Hochschulsystem zu einem Stiftungssystem umgebaut werden soll, wobei das zentrale Motiv - so die These von Bultmann - weniger die private Finanzierung als die dadurch ermöglichten neuen Steuerungsmodell ist. Stiftungsuniversitäten existieren grundsätzlich in 2 Finanzierungsmodellen:

Der zentrale Punkt mit den neuen Steuerungsmöglichkeiten bei Stiftungsfinanzierungen beruht darauf, daß normale Unis den Doppelcharakter als Landesbetriebe und als Körperschaften des öffentlichen Rechts besitzen. Für letztere sind immer in irgendeiner Form Komponenten von Selbstverwaltung vorgeschrieben. Stiftungen haben das nicht mehr. Sie kennen keine Mitglieder mehr sondern nur noch Nutzer und werden von einem Stiftungsrat und einem Stiftungsvorstand gesteuert. Der Vorstand ist nicht der Basis sonder nur noch dem Stiftungsrat verantwortlich. Auf diese Weise lassen sich leicht unternehmerische Managementstrukturen durchsetzen.

Hinzukommt, daß in Stiftungen die Beschäftigten nicht mehr nach Tarif bezahlt werden brauchen und somit die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse dereguliert werden können. Dies gilt für die niedrigen Lohngruppen ebenso wie für die Bezahlung von Spitzengehältern von angeworbenen Professoren. Spitzengehälter der Professoren haben bei gleichbleibendem Personalkosten natürlich wieder Mittelstreichungen in anderen Bereichen zu folge oder können höhere Studiengebühren erfordern (was übrigens in Stiftungen auch ohne weiteres möglich ist.) Der Rechtsanspruch der StudentInnen auf einen Studienplatz an einer bestimmten Hochschule, der bisher noch besteht, würde ebenfalls verloren gehen, da sich die Stiftungen ihre NutzerInnen selbst aussuchen können.


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