Der Fisch

Neben dem KuK-Symbol findet sich auf vielen Veröffentlichungen ein Fisch. Die Abbildung des Fisches stammt aus der Zeit des Bauernkrieges und verweist darauf, daß der Kampf um fortschrittliche gesellschaftliche Veränderung ein historischer Prozeß ist.
Für das Jahr 1525 prophezeien Astrologen im Sternzeichen des Fisches den Weltuntergang. Eine Sintflut soll die Erde heimsuchen. Die Möglichkeit der sich zu diesem Zeitpunkt entwickelnden Drucktechnik nutzend, beginnen findige Zeitgenossen, die Kunde des Unheils zu vermarkten.
Allein im Jahre 1523 werden in Deutschland einhundertfünfzig verschiedene Hefte und Blätter mit entsprechenden Prognosen vertrieben. Zu diesen Durckwerken gehört auch die "Pratica vber die grossen vund manigfeltigen Coniction der Planeten im Jar 1524 erscheinen un ungezweiffelt vil wunderbarlicher ding geperen werden.", die von Hieronymus Höltzel 1523 in Nürnberg herausgegeben wird. Der Holzschnitt, mit dem Nürnberger Druck illustriert ist, interpretiert die vorausgesagte Sintflut als kommenden Volksaufstand.
Über den ängstlichen Gestalten von Kaiser, Papst, Kardinal und Bischöfen zieht sich schweres Unwetter zusammen. Ihnen gegenüber zieht, unter einem aufgegangenen Stern, ein Bauernhaufen heran. Die Bauern sind mit Sensen, Dreschflegeln Hacken und Spießen bewaffnet. Ihre kriegerische Absicht wir durch den Anführer deutlich, der eine Fahne voranträgt. Der Fahne fehlt zwar das Zeichen des "Bundschuhs", doch rufen auf der Anhöhe oberhalb des Bauernhaufens ein Trommler und ein Pfeifer eindeutig zum Kampf. Die Sintflut wird als Aufstand der unteren Gesellschaftsklassen gegen die feudalen Herrscher und den Klerus gedeutet. Im Juni 1524 beginnt der große deutsche Bauernkrieg, Revolution im Deutschen Reich.

Holzschnitt von Hieronymus Höltzel, 1523, Nbg

1991 entsteht mit dem Gemälde "Um alles!" eine Interpretation der mittelalterlichen Bildkomposition. Ein riesiger blauer Fisch fährt aus einer Feuerbrunst auf und stürzt sich mit unverkennbarer Kampfeslust auf eine in düsteren, grauen Farben erscheinende Landschaft. Voll Grimm ist der Rachen des Fisches geöffnet und läßt blitzende Raubtierzähne erkennen. Die Rückenflossen gleichen den Spitzen züngelnder Flammen. Im Begriff zur Faust geballt zu werden, ist die Seitenflosse zu Hand mutiert.
Statt göttlicher Sintflut, in der die alte Ordnung untergeht, lodert auf dem Bild ein Flammenmeer. Als uraltes Symbol gilt das Feuer als Zeichen des Lichtes und der Freiheit. In der historischen Arbeiterbewegung wird es als Metapher für den zu erstreitenden Sozialismus übernommen.
Das Feuer der Revolution steckt die alte Welt in Brand. Dieser Zusammenhang wird durch die zu Sturm gewinkelte rote Fahne im Mittelpunkt der Feuerglut unterstrichen.
Vor dem Zentrum des Feuers befinden sich die einzigen menschlichen Gestalten auf dem Gemälde. Keine große Volksmenge drängt hier gegen die alte Ordnung vor, sondern es erscheint ein Vortrupp von drei Personen. Sie sind mit grünen Militärjacken bekleidet und tragen über ihren Gesichtern schwarze Masken. Mit dem schußbereit in den Händen hochgehaltenen Gewehr läßt die vorderste Figur Entschlossenheit erkennen. Unerschrocken zeigt sich auch die Figur, die mit ausgestrecktem Arm in Richtung Todeslandschaft zeigt.
Über dem Fisch, gleichsam in einem Sog wirbeln am nächtlichen Firmament seltsame Zeichen durcheinander. Die unheilverkündende Sternenkonstellation spielt jedoch keine Rolle mehr. Gleichwohl wird sie durch Mond und Sterne am Nachthimmel angedeutet. Von den weiteren Symbolen, die ursprünglich im Fisch abgebildet sind, sind am nächtlichen Firmament die Zeichen für weiblich und männlich und als schwarzer Schattenriß die menschliche Gestalt zu sehen. Die Menschenfigur im Fisch bezeichnet den neuen, zu schaffenden Menschen. Die alte Ordnung auf der rechten Bildhälfte ist menschenleer. Grau und düster erscheint diese unbewohnbare, nur schemenhaft zu erkennende Welt.
Den Hintergrund beherrschen drei mächtige Industrieschornsteine, die Rauchschwaden in die Luft speien. Abgase hüllen Himmel und Erde gleichsam in schlierige Dunkelheit. Vor diesem gigantischen Schloten ragt schwarz das kahle, tote Geäst abgestorbener Bäume aus der giftigen Brühe. Am rechten Bildrand stuft sich ein gigantisches betongraues Gebäude weit über das Bild hinaus in den Himmel.

Um alles!

Zurück