kassiber 47 - Dezember 2001

was bisher geschah



15. Mai



"Kleingärtners Tod - tut das Not?" (I)

Anläßlich der Bürgerschaftsdebatte über einen Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur sogenannten Süderweiterung des Technologieparks demonstrieren draußen einige Dutzend KleingärtnerInnen für den Erhalt ihrer Parzellen. Doch es nützt alles nichts, die große Koalition lehnt den Antrag ab. Damit bleibt es beim Beschluß, den Technologiepark an der Universität in Richtung Süden zu erweitern. Das Hochtechnologie- und Dienstleistungszentrum Bremen brauche nämlich weiteres "Bauerwartungsland", um es ansiedlungswilligen Firmen anbieten zu können. Dafür müßten allerdings die "Gute Ernte", "Kornblume", "Harmonie" und "Schwachhausen", Kleingartenvereine mit 770 Parzellen auf 54 Hektar, umgepflügt werden.



16. Mai



Alle Schrubber stehen still ... (I)

Vor der Bürgerschaft demonstrieren 500 RaumpflegerInnen aus dem öffentlichen Dienst für die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen. Gefordert wird der Erhalt der Arbeitsplätze - noch etwa 1.000 städtische Reinigungskräfte arbeiten an Schulen, Kindertagsstätten, an der Universität und in der Justiz - und die soziale Absicherung der Beschäftigten. Seit fast eineinhalb Jahren gibt es jetzt schon keinen gültigen Tarifvertrag mehr, denn der Senat plant, wie in den meisten anderen öffentlichen Gebäuden auch, diese Arbeiten künftig an billigere, weil schlechter zahlende Privatfirmen zu vergeben. (So liegt der Stundenlohn im öffentlichen Dienst bei rund 20 Mark brutto, bei den Privatfirmen aber nur bei 14 bis 16 Mark.) Dagegen hatte es in den vergangenen Wochen schon Warnstreiks an verschiedenen Schulen gegeben (s. kassiber 46, Juli 2001, S. 15f).



Stärker sensibilisiert

221 Straftaten "mit rechtsextremistischem, fremdenfeindlichen und antisemitischem Hintergrund" hat die Bremer Polizei im vergangenen Jahr bearbeitet, so Noch-Innensenator Bernt Schulte (CDU) anläßlich der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2000. Die PKS erfasse allerdings, anders als die Tatzeitstatistik, nur die im Kalenderjahr bearbeiteten (Verdachts-)Fälle, die Taten könnten auch schon in den Jahren zuvor begangen worden sein.

In der PKS 1999 seien nur 79 entsprechende Straftaten aufgezählt worden, doch der Trend entspräche dem im gesamten Bundesgebiet. Tatsächlich habe es nicht unbedingt mehr Straftaten gegeben, sondern zur "Zunahme der Delikte dieses Kriminalitätsphänomens" hätten neben Nachahmungstaten ein intensiviertes Kontrollverhalten der Strafverfolgungsbehörden (z.B. im Zusammenhang mit der ausgefallenen NPD-Kundgebung am 1. Mai 1999) sowie ein "aktiveres Anzeigenverhalten der stärker sensibilisierten Bevölkerung" geführt. Überwiegend habe es sich dabei um sogenannte Propagandadelikte, Volksverhetzungen und Beleidigungen gehandelt. Darüber hinaus seien neun Gewaltdelikte "im Zusammenhang mit Rechtsextremismus" registriert worden. Die Aufklärungsquote habe bei 50,7 Prozent gelegen.



17. Mai



Unternehmerfreiheit nach Gutsherrenart

Mit Schlips und Kragen protestieren auf dem Marktplatz rund 250 zumeist mittelständische UnternehmerInnen, unter ihnen Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU), gegen die von der Bundesregierung geplante Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes. Die PDS Bremen, die, wie einige GewerkschafterInnen, zum Gegenprotest aufläuft, wertet die Demonstration "freier Bremer Unternehmer ... für Unternehmerfreiheit" unter dem Motto "Freiheit statt Bevormundung" als "nicht überraschend". Schließlich geschehe es das erste Mal seit rund 20 Jahren, daß in diesem Land eine Reform auf den Weg gebracht werde, die nicht mit Einbußen für die abhängig Beschäftigten verbunden sei und gleichzeitig der Arbeitgeberseite neuen Freiheiten beschere. "Selbst wenn das geplante Reformgesetz keine grundlegenden Verbesserungen für die Betriebsvertretungen bringt, verzichtet es immerhin auf Verschlechterungen - und das ist neu. Die Unternehmerverbände demonstrieren nicht, weil ihre Beschäftigten neue Mitbestimmungsrechte bekommen sollen, sondern weil die bestehenden nicht abgebaut werden." Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei aus gewerkschaftlicher Sicht zwar mehr als enttäuschend, doch verhindere er zumindest einen Rückfall in die Unternehmerfreiheit nach Gutsherrenart, als die innerbetrieblichen Machtverhältnisse noch durch die Preußische Gesindeordnung geregelt wurden.



18. Mai



Arbeitsamtsrazzien (I)

ErmittlerInnen des Arbeitsamts und BeamtInnen der Bereitschaftspolizei durchsuchen in den frühen Morgenstunden fünf Bäckerein. Dabei werden unter anderem auch 23 nicht-deutschen Arbeiter kontrolliert, von denen acht keine Arbeitsgenehmigung vorweisen können. Nach Behördenangaben haben drei aus der Türkei stammende Asylbewerber gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Auf jeden Fall abgeschoben werden sollen zwei Männer: Ein Bulgare, der in einer Backstube in der Neustadt festgenommen wird und der bereits 1995 abgeschoben werden sollte, sowie ein türkischer sogenannter Illegaler aus einer Bäckerei in Walle.



21. Mai



Herbe Enttäuschung

Für den Parlamentarismus in der zunehmend wahlabstinenten Jugend zu werben, lud die Bremische Bürgerschaft im vergangenen Dezember rund 100 Jugendliche ein, auf daß die lernten, wie denn der "politische Alltag" funktioniere. Das Projekt, "Jugend im Parlament" (JiP) genannt, unterbot in seinen "Debatten" ohne Schwierigkeiten das eines jeden Gemeinschaftskundeunterrichts (oder wie heißt das heute?). Dabei waren die Jungen und Mädchen durchweg demokratisch gesonnen und gaben sich ganz staatsmännisch, wollten Interessen vertreten und gründeten, wie ihre Bürgerschaftsvorbilder, Ausschüsse. Und glaubten allen Ernstes, daß die Erwachsenen ihre Resolutionen in "bessere" Politik umsetzen würden.

Doch, fünf Monate später, die Enttäuschung. Auf der heutigen Abschlußveranstaltung mußten die Nachwuchsabgeordneten resümieren, daß es sich bei "Jugend im Parlament" um eine "Alibiveranstaltung" gehandelt habe. "Mit ihr sollte der bremischen Öffentlichkeit und den an ihr beteiligten Jugendlichen Wahrnehmung und Beachtung ihrer Interessen durch die Regierenden vorgetäuscht werden." Das Problem liege allerdings nicht in der Einrichtung Parlament, sondern an deren Abgeordneten, ihrer "Ignoranz, Borniertheit und [der] Durchsetzung der eigenen parteipolitischen Interessen". Die PolitikerInnen hätten zwar immer dann, wenn Positionen aus den JiP-Resolutionen in bestehende Parteikonzepte paßten, diese besonders betont, daraus praktisch aber nichts folgen lassen. Daraus folge: "Wenn es eine Fortsetzung von JiP geben sollte, muß dies dann auch offiziell politische Bildung genannt werden. Mit Einflußnahme auf die Politik hat dies nämlich nichts zu tun."



22. Mai



Tiefer gelegt

Das stadteigene Weserstadion, dem mittelständischen SV Werder Bremen quasi zur vollständigen Nutzung überlassen, soll für rund 55 Millionen Mark ausgebaut werden. Man erhofft sich damit, so der Senat in seinem entsprechenden Beschluß, den Zuschlag für einige Spiele der im Jahre 2006 in Deutschland ausgetragenen Fußballweltmeisterschaft - Bosnien-Herzegowina gegen Costa Rica oder so. Mehr als die Hälfte der Investitionen, nämlich 30 Millionen Mark, gingen in den Ausbau der Nordtribüne. Dort sollen VIP-Logen, Büroräume, Ladenlokale und Restaurants entstehen - die Gelder würden angeblich ausschließlich privat aufgebracht werden. Anders hingegen bei der Tieferlegung des Stadionrasens um zwei Meter, durch die weitere Sitzreihen aufgestellt werden und die Kapazität des Stadions von derzeit 36.000 auf 44.000 Plätze erhöht werden könne. Das würde zum einen den Auflagen des Weltverbandes FIFA gerecht werden, zum anderen dem SV Werder ermöglichen, den Zuschauerschnitt zwecks Mehreinnahmen von 33.000 auf künftig 35.500 hochzutreiben. Das ist natürlich Quatsch, da die müden Kicker heutzutage nicht wegen - sondern trotz - ihrer derzeit vorgetragenen Spielkünste vielleicht gerade einmal gegen die Bazis soviele ZuschauerInnen locken, daß einmal pro Saison das "Ausverkauft" droht. Alberner noch ist das Vertragswerk, mit dem der Öffentlichkeit verkauft werden soll, daß es sich hier nicht um eine reine Subvention grün-weißen Mittelstands handelt: Denn bis zu 7,5 Millionen Mark würde der SV Werder in den nächsten zehn Jahren in den Stadtsäckel zurückzahlen, wenn er denn solange durchgängig in der Champions-League spielte ...



25. Mai



Naziaufmarsch rechtmäßig

Der geplante Aufmarsch von NPD und Kameradschaften am 23. Juni in Vegesack wird durch das Stadtamt nicht verboten werden, erklärt Innenstaatsrat - und nach der Rücktrittsankündigung Bernt Schultes quasi -senator - Kuno Böse (CDU). Ein Verbot "ohne rechtlichen Hintergrund" sei inakzeptabel. Daß die Faschist(inn)en sich nicht danebenbenähmen, dafür würden die genau festgelegte Marschroute sowie Bekleidungsvorschriften - so dürften keine Springerstiefel getragen werden - sorgen.



26. Mai



Sexistischer Mord

Eine Frau wird in ihrer Wohnung in der Lindenhofstraße von ihrem ehemaligen Lebensgefährten ermordet. Der Täter flüchtet anschließend mit dem gemeinsamen zweijährigen Sohn, die fünfjährige Tochter seines Opfers läßt er in der Wohnung zurück. Am frühen Morgen wird der Mann, der die 30jährige auch in den Zeiten ihrer Liebesbeziehung wiederholt mißhandelt haben soll, nach einer bundesweiten Fahndung am Flughafen Hannover-Langenhagen festgenommen.



27. Mai



Sexistische Angriffe (I)

Eine Frau wird gegen 2 Uhr in der Bismarckstraße von einem Mann überfallen. Der Täter war aus einem Gebüsch zwischen der Stader Straße und der Benningsenstraße plötzlich aus einem Gebüsch herausgesprungen und hatte die auf dem Heimweg befindliche 33jährige zu Boden gerissen. Die Frau leistet heftige Gegenwehr, der Täter flüchtet, als sich ein Taxi nähert.



28. Mai



Gut oder böse?

Anläßlich der Grundsteinlegung für die Halle 7 auf der Bürgerweide durch Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) demonstriert die Industriegewerkschaft Bauen - Agrar - Umwelt (IG BAU) gegen oder für - ja, was denn eigentlich? Gegen die dortigen miserablen Arbeitsbedingungen oder eher, wie so oft und ganz sozial- beziehungsweise nationaldemokratisch, für deutsche Arbeitsplätze zuerst für Deutsche? Jedenfalls hat die IG BAU anderenorts schon des öfteren Schlägertrupps zusammengestellt, die nichts als die nicht-deutschen Kollegen im Visier hatten, auch ist die Zusammenarbeit der Gewerkschaft mit den Ermittlungsgruppen gegen Schwarzarbeit der Arbeitsämter wie auch ihre Denunziationsbereitschaft gegenüber Polizei und anderen Behörden berüchtigt.

So protestiert man nun dagegen, daß auf der Großbaustelle vor allem nicht-deutsche Arbeiter zu Niedriglöhnen beschäftigt werden. Und irgendwie wird der Berichterstatter das Gefühl nicht los, daß es hier mehr um die "Ausländer" als um die miesen Löhne geht. Deshalb stellt IG-BAU-Sekretär Klaus Rahns gegenüber dem Weser-Kurier klar: "Vorige Woche wurde der letzte deutsche Arbeiter von der Baustelle abgezogen, nun sind nur noch Kolonnen mit ausländischen Bauarbeitern vor Ort, die unter dem tariflichen Lohn arbeiten. Es geht nicht an, daß auf einer öffentlichen Baustelle solche Verhältnisse herrschen." Ja, aber natürlich haben "wir", so Rahns, "als Gewerkschafter nichts gegen ausländische Arbeiter".

Allerdings, so Rahns bei einem Pressetermin mit SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Jens Böhrnsen am 1. Juni weiter, seien inzwischen 1.500 deutsche Bremer Bauarbeiter arbeitslos gemeldet, während die Zahl der hier bei billigen Sub-Unternehmen beschäftigten ausländischen Werkvertragarbeiter ständig zunehme. Er zweifele denn auch an, daß die beim Bau der Halle 7 beschäftigten 130 türkischen Arbeiter tatsächlich den tariflichen Mindestlohn von 18,87 Mark pro Stunde erhielten. Vielmehr sei davon auszugehen, daß sie 2.000 bis 2.500 Mark netto monatlich erhielten, für die sie dann allerdings 250 Stunden arbeiten müßten - das mache gerade einmal zehn Mark pro Stunde.



29. Mai



Legale Drogen

Auch der Konsum legaler Drogen erfreut sich hierzulande weiterhin starker Beliebtheit, wenn auch mit leicht rückläufiger Tendenz, wie der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure einräumen muß. 5,8 Liter Schnaps - Korn, Weinbrand, Likör und dergleichen mehr - trank der/die durchschnittliche BundesbürgerIn im vergangenen Jahr, das heißt alle, vom gerade geboren Säugling bis zur über 100jährigen, wurden in diese Rechnung einbezogen. Ein Minus von einem Centiliter, während beim Bier immerhin rund zwei Liter weniger zu verzeichnen waren. Aber auch die 125,5 Liter sind noch sehr beachtlich. Während beim Weinkonsum immerhin eine Steigerung um einen auf 19 Liter zu verzeichnen war, mußte auch die Sektindustrie einen Rückgang um 0,3 auf 4,6 Liter verzeichnen. Das zu verhindern, haben die Damen aus der Redaktion ihr Möglichstest getan!



Asylrecht bei geschlechtsspezifischer Verfolgung gefordert

Aktivistinnen des Vereins "Nimba - Afrikanische Kunst und Kultur" übergeben der Sozial- und Frauensenatorin Hilde Adolf (SPD) 200 Unterschriften gegen die Beschneidung junger Mädchen und Frauen. Gefordert wird, den von Genitalverstümmelung Bedrohten ein Asylrecht in Deutschland zu gewähren.

Die "Female Genital Mutilation" (FGM) ist in verschiedenen Bereichen Afrikas und vereinzelt auch in Asien traditionelle Praxis. Eng damit verbunden ist der soziale Status der Frau in den betreffenden "Volksgruppen". Verweigert sie sich diesem Brauchtum, werden sie und ihre Familie sozial geächtet. So entsteht ein enormer Druck, sich doch verstümmeln zu lassen.



30. Mai



Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie

Auf dem Gelände des Zentralkrankenhauses Bremen-Ost findet ein Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie mit Lesungen und Gesprächen statt. Zwischen 1938 und 1944 waren fast 1.000 PatientInnen der Nervenklinik in Bremen-Ellen im Rahmen der sogenannten Euthanasie in andere Anstalten verlegt worden. Über 700 überlebten die mörderische NS-Psychiatrie und -Gesundheitspolitik nicht. Die meisten von ihnen starben in einer Tötungsanstalt wie Hadamar oder Meseritz, einige in der Bremer Nervenklinik eines gewaltsamen Todes.



Alle Schrubber stehen still ... (II)

Vor dem Parkhotel, dort findet die jährliche Mitgliederversammlung der Sparkasse Bremen statt, protestieren rund 40 RaumpflegerInnen gegen die geplante Entlassung aller 146 bei der Sparkasse beschäftigten Reinigungskräfte. Die Sparkasse plant, künftig Firmen mit den Arbeiten zu beauftragen, die vor allem sozial nicht abgesicherte sogenannte 630-Mark-Kräfte beschäftigen.



1. Juni



Sexistische Angriffe (II)

Gegen 13.30 Uhr wird eine Joggerin auf dem Jan-Reimers-Weg kurz vor der Autobahnbrücke von einem Mann überfallen. Der jungen Frau gelingt es, den Täter in die Flucht zu schlagen.



2. Juni



Schulzentrum Holter Feld besetzt

Am frühen Abend besetzen etwa 50 Jugendliche das Schulzentrum Holter Feld, um gegen dessen geplanten Abriß zu protestieren. Die Stadt hatte die Schule vor zwei Jahren für 28 Millionen Mark an die benachbarte DaimlerChrysler AG verkauft, die den Gebäudekomplex jetzt abreißen lassen will, um einen Parkplatz daraus zu machen. Die Abrißkosten in Höhe von drei Millionen Mark will die Stadt tragen. Das Jugendbündnis "Widerstand jetzt!", das zu der Besetzungsaktion unter dem Motto "Privatisierung ist Diebstahl" aufgerufen hatte, protestiert gegen alle geplanten Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich und fordert die Rücknahme des Verkaufs und die weitere Verwendung durch alte und neue NutzerInnen. Denn das Schulzentrum sei unter anderem durch seine Ausstattung mit wertvollen Maschinen einzigartig in Bremen gewesen. Nunmehr würden die SchülerInnen an anderen, unsanierten Schulen "zusammengepfercht".



4. Juni



Abschiebung ausgesetzt

Bundesweit wurden Anfang vergangenen Jahres Tausende von staatenlosen Flüchtlingen aus dem Libanon unter den Generalverdacht gestellt, sich ein Bleiberecht und Sozialhifeleistungen mit Hilfe falscher Angaben erschlichen zu haben. So hat auch die Bremer Innenbehörde nicht nur eine rassistische Kampagne angezettelt, sondern auch angekündigt, mehr als 500 kurdische LibanesInnen abschieben zu wollen. Probates Mittel zur Abschiebung der "Asylbetrüger" ist deren Zwangstürkisierung aufgrund obskurer Unterlagen aus der Türkei, um sie dann dorthin verbringen zu können (vgl. kassiber 46, Juli 2001, S. 12f und 16).

Das Verwaltungsgericht stoppt jetzt die für den 6. Juni, 8 Uhr, geplante "Teilabschiebung" der seit zwölf Jahren hier lebenden kurdisch-libanesischen Familie Sado in die Türkei und gibt ihr einen vierwöchigen Aufschub. Die Ausländerbehörde wollte den Vater und zwei 16 und 18 Jahre alte Kinder der achtköpfigen Familie sofort abschieben, die Mutter sollte mit den vier kleineren Kinder vorerst bleiben können. Erst kürzlich war für den zehnjährigen, hirngeschädigten Sohn ein Asylantrag gestellt wurde, weil dessen notwendige medizinische Versorgung in der Türkei nicht möglich wäre. Nach Angaben des Anwalts der Familie Sado, Jan Sürig, begründete das Gericht den Abschiebeaufschub mit dem laufenden Asylantrag. Der Abschiebeschutz für den Vater sei damit begründet worden, daß er laut Grundgesetz und Europäischer Menschenrechtskonvention das Recht habe, mit seiner Familie zusammenzuleben. Die Innenbehörde kündigt ein Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht an.

Die Ausländerbehörde weigert sich, das Urteil des Verwaltungsgerichts anzuerkennen, erteilt den Sados nicht, wie üblich, eine Duldung für einen Monat, sondern nur eine "Grenzübertrittsbescheinigung" für 20 Tage. Nach Angaben Jan Sürigs hat die zuständige Sachbearbeiterin bei der Ausländerbehörde die Verweigerung der Duldung damit erklärt, daß sie "vom Senator eine anderslautende Anweisung" erhalten habe.

Der künftige Innensenator Kuno Böse (CDU) hatte sich vor einigen Wochen des "Falls" persönlich angenommen und wollte mit der Abschiebung des Vaters und der beiden älteren Kinder, trotz des laufenden Asylverfahrens, "ein Exempel statuieren", so Jan Sürig. Mit dieser Familienspaltung sollte einen Präzedenzfall geschaffen werden, "natürlich in der Hoffnung, daß bald der Rest der Familie folgt". Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei somit "die erste Niederlage für Böse, bevor er überhaupt Senator ist".



Sexistische Angriffe (III)

Eine als Prostituierte arbeitende Frau wird gegen drei Uhr in der Goethestraße von einem Mann mit einem Hammer niedergeschlagen und schwer verletzt. Die 32jährige war zuvor von dem Täter auf dem Straßenstrich in der Humboldtstraße angesprochen worden und mit ihm in die Goethestraße gegangen. Dort zog der Mann plötzlich den Hammer aus der Tasche und schlug auf die Frau ein.



7. Juni



Ermittlungen gegen Nazi

Bei einer Verkehrskontrolle in Vegesack beschlagnahmt die Polizei bei einem Faschisten zwei Gaspistolen, einen Drehkranz für Wasserabsperrhähne (der als Schlagring verwendet wird) sowie mehrere indizierte CDs mit rechtsradikaler Musik. Der 18jährige war betrunken Auto gefahren und hatte außerdem keinen Führerschein. Nach Polizeiangaben wird nun nicht nur wegen der Verkehrsdelikte, sondern auch wegen Verbreitung volksverhetzender Veröffentlichungen ermittelt.



Abschiebehaftgesetz gefordert

421 Menschen wurden im vergangenen Jahr von Bremen aus abgeschoben, rund 400 von ihnen hatten zuvor in Abschiebehaft gesessen. Die dortigen miserablen Bedingungen verbessern zu wollen, ist ein heikles Unterfangen, schließlich geht es linksradikalen wie menschenrechtlerischen AntirassistInnen ja eigentlich darum, daß erst niemand in Abschiebehaft genommen - und schon gar nicht abgeschoben - wird.

Bündnis 90/Die Grünen bringt jetzt einen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft ein, der die bisherige "Grauzone" Abschiebehaft - bisher behelfen sich die Büttel hier mit dem "Erlaß für das Polizeigewahrsam" - rechtsstaatlich und für die Betroffenen etwas erträglicher gestalten soll. Schließlich werde beim Polizeigewahrsam von einem "Aufenthalt" von höchstens 48 Stunden ausgegangen, die Abschiebehaft aber dauere zumeist deutlich länger, in Einzelfällen bis zu sechs Monaten. "In Bremen wird die Abschiebehaft vorschnell angeordnet", so der innenpolitische Sprecher der bündnisgrünen Bürgerschaftsfraktion, Matthias Güldner, "die teilweise extrem langen Aufenthalte sind nicht vertretbar". Abschiebehaft dürfe nur als Ultima Ratio eingesetzt werden, zuvor müsse künftig nach einem "abgestuften Modell" verfahren werden, schließlich "haben wir es in diesen Fällen nicht mit Schwerverbrechern zu tun, sondern mit Menschen, deren einziges Vergehen darin besteht, keinen gültigen Aufenthaltstitel zu besitzen. Sie landen in der Abschiebehaft, wo die Bedingungen deutlich schlechter sind als im Knast." Mit dem Abschiebehaftgesetz sollen Standards festlegt werden, auf die sich die Betroffenen berufen können: Besuchsrecht, Anspruch auf soziale und medizinische Betreuung, Kontakte zu RechtsanwältInnen sowie einklagbare Beschwerderechte.

Der künftige Innensenator Kuno Böse (CDU) erklärt tags darauf, daß die Innenbehörde bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereitet habe, der mit den Fachverwaltungen abgestimmt sei und demnächst der Innendeputation und dem Senat vorgelegt werde.



9. Juni



Gegen Abschaffung des Landespflegegelds

4.000 blinde oder sehbehinderte Männer und Frauen sowie ihre Begleitpersonen protestieren mit einer Kundgebung auf dem Goetheplatz, zu der bundesweit mobilisiert wurde, gegen die vom Senat geplante Abschaffung des Landespflegegeldgesetzes. In der Beschlußvorlage von Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD), die in der kommenden Woche von der Bürgerschaft verabschiedet werden soll, ist dennoch eine "Besitzstandsregelung" für die derzeit 786 blinden Bremer ZahlungsempfängerInnen das Landespflegegeld vorgesehen. Sie sollen weiterhin 750 Mark monatlich erhalten. Neue AntragstellerInnen würden künftig aber keine Leistungen - die werden derzeit einkommens- und vermögensunabhängig gewährt - mehr bekommen.

Nicht weiter schlimm, erklärte Adolf am 22. Mai, denn das Landespflegegeld erhalte eigentlich eh nur, wer es nicht brauche: "Durch Behinderung bedingte Mehraufwendungen" würden mittlerweile weitestgehend durch die Pflegeversicherung oder Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (wie der Blindenhilfe) aufgefangen. Wer Anspruch auf Unterstützung durch die Pflegeversicherung habe, dem werde das Landespflegegeld ohnehin um die entsprechende Beträge angerechnet. Und bei SozialhilfeempfängerInnen werde eben die Sozialhilfe um das Landespflegegeld gekürzt.



10. Juni



Sielwallhaus-Aktionswoche

Mit dem allwöchentlichen "Sonntags-Frückstück", diesmal an der Weser, geht die Aktionswoche des Sielwallhauses und zahlreicher das Haus nutzender Gruppen zu Ende. Ab dem 5. Juni waren viele der Aktivitäten, die ansonsten im Haus stattfinden, auf die Straße getragen worden: das Antifa-Café direkt vor das Sielwallhaus, das Punk-Café auf den Marktplatz, die Siebdruckwerkstatt und "Volx-Küche" auf den Ziegenmarkt und als Bühne für das samstägliche Konzert diente der hauseigene Balkon. Alle Beteiligten gaben sich redlich Mühe, Öffentlichkeitsarbeit nach dem Motto "So schlimm sind wir doch gar nicht" für den von Rotstiftpolitik und Mieterhöhung bedrohten Autonomentreff zu machen (vgl. kassiber 46, Juli 2001, S. 24ff.). So wurden sogar die Überbleibsel der After-concert-Bierdosenschlacht sogleich in bereitgestellte Gelbe Säcke entsorgt, um sodann zu einer ziemlich lautstarken spontanen Kurzdemonstration aufzubrechen.



NPD-Mitgliederversammlung im Hotel Ibis

Im Hotel Ibis am Rembertiring findet die Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Bremen der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) statt. Anwesend sind etwa 30 FaschistInnen, darunter viele junge Skinheads, manch einer mit Kampfhund, der NPD-Landesvorsitzende Jörg Wrieden, der NPD-Kreissverbandsvorsitzende Michael Kurzeja sowie Florian Cordes, Landesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN) Niedersachsen. Cordes findet nach dem Faschistentreffen seinen bereits am Vortag in der Nähe geparkten Wagen (weißer Seat mit dem Kennzeichen VER-AB 645) von unbekannten AktivistInnen tiefergelegt und entglast vor.



12. Juni



Geißel der Arbeitsplatzvernichtung

Den Kampf gegen illegale Beschäftigung und "Schwarzarbeit" zu effektivieren, mühen sich Politik, Polizei, Arbeitsämter und andere mehr schon seit vielen Jahren, davon zeugen nicht nur die unendlichen Pressekampagnen zum "Sozialleistungsmißbrauch", sondern auch regelmäßig stattfindende Razzien vor allem auf Baustellen und in Restaurants. Damit das alles künftig noch viel besser klappt, beschließt der Senat auf seiner heutigen Sitzung, die Einrichtung einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Arbeit (GEA). Die soll, so Bald-Innensenator Kuno Böse (CDU), die "bislang auf viele Verwaltungszweige verteilten Kompetenzen bündeln", auf daß "Schwarzarbeit" und illegaler Beschäftigung, die "sich in erschreckender Weise zur modernen Geißel der Arbeitsplatzvernichtung ausgeweitet" hätten, künftig ein Riegel vorgeschoben werde.

Unter Federführung des Senators für Inneres hätten der Senator für Finanzen, der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, der Senator für Wirtschaft und Häfen und der Senator für Bau und Umwelt in den vergangenen Monaten die Einrichtung einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vorbereitet, um diese gemeinsam mit den zuständigen Behörden des Bundes, den Kammern und den Versicherungsträgern noch intensiver gegen illegale Tätigkeiten vorgehen zu lassen. Denn dieses Verhalten sei, so Böse, nicht nur "sozialschädlich", denn es führe "zu enormen Steuer- und Sozialbeitragsausfällen der öffentlichen Kassen - ganz zu schweigen von dem kriminellen Umfeld, in dem Menschen vorwiegend aus den östlichen Nachbarstaaten unter Verstoß gegen jede ausländerrechtliche und arbeitsrechtliche Bestimmung illegal auf deutschen Baustellen arbeiten."

Im GEA-Konzept vorgesehen ist unter anderem - wegen "der im zunehmenden Maße festgestellten organisierten Einschleusung ausländischer Arbeitnehmer" - eine enge Kooperation mit dem für die "Bekämpfung der Ausländerkriminalität" zuständigen Kommissariat 55. Mit dem Stadtamt werde ein ständiger Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern der EG Schwarzarbeit und der GEA sichergestellt. Das Amt für Soziale Dienste richte eine Verbindungsstelle ein, welche die von der GEA festgestellten Vorfälle des "Sozialleistungsmißbrauchs" sowie Auskunftsersuchen der GEA an die zuständigen Abteilungen des Sozialamtes weiter vermittle und die in den Dienststellen des Amtes für Soziale Dienste aufgenommenen Anzeigen und Hinweise auf illegale Beschäftigung und "Schwarzarbeit" an die GEA weiterleite. Stationiert sein werde die GEA in der Stephanitorwache, dort sollen auch die meisten der von den anderen Behörden entsandten MitarbeiterInnen ihre Büros haben.



14. Juni



Nazi geoutet

Etwa 20 autonome AntifaschistInnen informieren mit rund 1.000 Flugblättern die BewohnerInnen der Straße Im Hollergrund und der Umgebung über einen ihrer Nachbarn, den militanten Nazi Andreas Hartfiel. Der wohnt Im Hollergrund 25, ist stellvertretender Vorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN) Niedersachsen und derzeit mit dem Aufbau einer JN-Struktur in Bremen beschäftigt. Außer den ganzen Stadtteil Horn-Lehe mit Nazipropaganda zu übersähen, versucht Andreas Hartfiel junge Leute aus der Nachbarschaft für seinen "Club" zu gewinnen, um sie dann in organisierte Natistrukturen einzubinden.



15. Juni



Einen Abend lang angeeignet

Rund einhundert Autonome, Punks und StudentInnen "eignen sich für einen Abend lang" die Räumlichkeiten der ehemaligen Kfz-Zulassungsstelle an der Georg-Bitter-Straße an. Nicht nur, um dort ein Konzert zu veranstalten und gemeinsam zu feiern, sondern auch, wie es im Flugblatt etwas pathetisch heißt, "unserer Vorstellung von selbstbestimmter unkommerzieller Kultur Raum zu geben". Das sei "eine Kultur, die von uns selbst bestimmt wird, die auf Solidarität, Gleichberechtigung und Autonomie basiert. (...) Die Notwendigkeit, neue gemeinsame Formen des Zusammenlebens zu finden, die Entfremdung zwischen uns zu überwinden, das patriarchale Denken, den Leistungszwang, das Gewinnstreben, die verinnerlichten autoritären Strukturen, die zwischenmenschliche Kälte. Die Notwendigkeit, andere Wege zu gehen, den inneren Willen zu erkennen, zu Phantasie und Kreativität zurückzufinden, Freiräume zu schaffen, sich zu wehren, Widerstand zu leisten, zu kämpfen, zu träumen, zu geben, zu leben."

Autonomes Lebensgefühl - theoretisch nicht ganz sattelfest. Das braucht auch einigermaßen selbstbestimmte Wohn- und Kulturräume - die jetzt, wie von vornherein geplant, nur vorübergehend besetzte frühere Kfz-Zulassungsstelle ist nur eine von vielen in Bremen ungenutzt leerstehenden Immobilien: Potentielles Terrain, selbstverwaltete unabhängige Strukturen und Zentren zu schaffen, die es ermöglichen, "unsere Vorstellungen von Kultur und Politik umzusetzen". Den zahlreichen Versuchen der vergangenen Jahre, sich per Besetzung neue Räume zu verschaffen, steht aber bundesweit eine rigorose Räumungspolitik gegenüber. Und aktuell ist das subkulturelle und autonome Milieu durch die Sparpolitik des Bremer Senats akut bedroht. So droht zum Beispiel dem Sielwallhaus die Streichung der spärlichen Staatsknete wie auch eine massive Mieterhöhung.

Die sofort nach Beginn der Aktion von einem besorgten Anwohner per Notruf alarmierte Polizei verzichtet auf eine Räumung und beschränkt sich darauf, das Geschehen bis etwa 4 Uhr morgens zu beobachten.



18. Juni



"Kleingärtners Tod - tut das Not?" (II)

18.000 Unterschriften gegen die vom Senat im vergangenen November beschlossene Süderweiterung des Technologieparks übergeben VertreterInnen der Bremer Gartenfreunde sowie des BUND an Bürgermeister Henning Scherf. Die von den Senatsplänen bedrohten 770 Parzellen müßten dauerhaft gesichert, der "unkontrollierte Flächenfraß", mit dem immer neue Gewerbegebiete ausgewiesen würden, aufhören und "einer intelligenten, bürgernahen Politik und Stadtentwicklung Platz machen".



19. Juni



Anklage gegen NPD-Vorsitzenden erhoben

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Volksverhetzung in drei Fällen gegen den Bremer NPD-Landesvorsitzenden Jörg-Hendrik Wrieden. Der hatte im Juli vergangenen Jahres der Lokalredaktion der "taz" eine Pressemitteilung der inzwischen verbotenen Nazi-Skin-Organisation "Blood & Honour" von zu Hause aus zugefaxt, die als Aufruf zur Gewalt gegen Polizeibeamte interpretiert wird. Und im November 2000 faxte er eine rassistische Grafik. Bei einer Hausdurchsuchung am 12. Dezember letzten Jahres wurden bei Jörg Wrieden, er wohnt in der Lüssumer Heide in Blumenthal, verschiedene rassistische und antisemitische Elaborate sowie sein Computer, auf dem sich weitere Nazipropaganda befand, beschlagnahmt.



Verkauf von zwölf Prozent städtischer Immobilien

Die Stadt Bremen, ihr gehört rund ein Drittel der Fläche der Stadtgemeinde, will in den kommenden Jahren erhebliche Teile ihres Immobilienbestandes verkaufen. Vom Senat beauftragte Beratungsunternehmen gingen in ihren Gutachten von "Optimierungsmöglichkeiten bei den Liegenschaften" - soll heißen: Verramsch - "in einem ersten Schritt von rund zwölf Prozent aus". Das entspricht 210 Gebäuden mit etwa 225.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche. Möglich sei dies unter anderem dadurch, daß seit 1993 mehr als 15 Prozent des Personals in der bremischen öffentlichen Verwaltung "abgebaut" und damit Räume frei wurden. Ganze Gebäude könnten durch behördeninterne Umorganisationen geräumt werden. Die Ressorts Bildung und Wissenschaft, Inneres, Kultur und Sport sowie Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales seien jetzt beauftragt worden, entsprechende Bestandsanalysen und Standortentwicklungspläne vorzulegen.



20. Juni



Ausgewichen

Der gegen 4 Uhr vom Atomkraftwerk Unterweser (Esenshamm) gestartete Castor-Transport erreicht am Nachmittag weitgehend ungestört die französische Grenze, um von dort aus weiter zur britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield zu fahren. Das hat mit dem massiven Polizeiaufgebot zu tun, allein in der Wesermarsch und in Oldenburg sind mehrere Hundertschaften unterwegs, zum anderen mit einem miesen Trick der Einsatzleitung. Denn der Castor nahm ab Hude nicht die übliche Strecke über Bremen, wo unzählige AktivistInnen seiner harrten, sondern bog in Richtung niedersächsischer Provinz - Oldenburg und weiter Richtung Meppen - ab. Zwischen Hude und Oldenburg gelangten kurzzeitig einige Menschen auf die Schienen, in Oldenburg versuchten etwa 80 Leute, teilweise aus Bremen, sich dem Transport entgegenzustellen, scheiterten aber am großen Polizeiaufgebot.

Der hiesige Anti-Castor-Widerstand, der "sehr gerne mal einen Castor-Trasnport in Bremen blockiert hätte", wertet die "Streckenverlegung als Erfolg unserer Mobilisierung. Die Gegenseite sah sich gezwungen, einen großen Umweg zu fahren und die Transportstrecke massiv zu schützen, da sie in Bremen mit starken Widerstand gerechnet haben. Und das zu recht!"



21. Juni



Rote Karte für den Innensenator

Viele hundert Menschen, darunter zahlreiche junge SchülerInnen, protestieren am Aktionstag unter dem Motto "Rote Karte für den Innensenator" gegen die geplante Abschiebung von rund 500 libanesischen KurdInnen. Dabei ist die Begründung für die vor rund eineinhalb Jahren von der Innenbehörde angezettelten rassistischen Kampagne - die "falschen Libanesen" stammten in Wirklichkeit aus der Türkei und seien mithin "Asylbetrüger" - schon längst in sich zusammengebrochen. Nichtsdestotrotz soll den kurdischen LibanesInnen jetzt zum Verhängnis werden, daß sie vor zehn bis 15 Jahren die Türkei als Transitland auf ihrer Flucht vor dem Bürgerkrieg im Libanon genutzt haben. Per "Zwangstürkisierung" versuchen Innensenator, Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für die Massendeportation in die Türkei zu schaffen.

Die DemonstrantInnen fordern die sofortige Beendigung der rassistischen Hetzkampagne und erklären sich solidarisch mit den Betroffenen. Denn: "Die Leute wollen hierbleiben - Wir wollen, daß die Leute hierbleiben!"

Parallel zu den Aktionen stoppt die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts die geplante Abschiebung der Familie Chaboo in die Türkei per einstweiliger Verfügung. Zwar gebe es Anhaltspunkte für das Bestehen einer türkischen Staatsangehörigkeit, doch aus einer Abschrift des türkischen Personenstandsregisters und Interpol Beiruts ergäben sich verschiedene Ungereimtheiten, so daß eine Ausweisung zur Zeit nicht gerechtfertigt sei.



23. Juni



Naziaufmarsch in Vegesack

130 Nazis marschieren unter dem Schutz von 1.500 PolizistInnen, davon 600 aus anderen Bundesländern, durch Vegesack. Während das Bündnis "Bremen-Nord gegen Rechts" fernab der Route eine Kundgebung - Hauptrednerin: die Kriegstreiberin und Ausländerbeauftragter der Bundesregierung Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen) aus Bremen - und "Rock gegen Rechts" zelebriert, versuchen über hundert autonome AntifaschistInnen, allerdings erfolglos, direkt an die Nazis heranzukommen (vgl. kassiber 46, Juli 2001, S. 37).



25. Juni



Böse nominiert neuen Innenstaatsrat

Noch-Innenstaatsrat und Bald-Innensenator Kuno Böse (CDU) nominiert seinen Nachfolger und künftigen Stellvertreter: Thomas vom Bruch soll's werden, derzeit noch Geschäftsführer der CDU-Bürgerschaftsfraktion. vom Bruch, 1961 in Bremen geboren, erinnert mit seiner Vita irgendwie an Böses Vorgänger Goehler. Zwar hat es vom Bruch nicht wie Goehler bis zum General gebracht, doch große Teile seiner bisherigen Karriere bei der Bundeswehr absolviert. Als Offiziersanwärter hatte er sich zu zwölf Jahren verpflichtet, danach, 1992 bis 1994, arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bundeswehr-Universität Hamburg. Dort promovierte er im Bereich Betriebspädagogik. Anschließend wurde vom Bruch Abteilungsleiter der Holsten-Brauerei in Hamburg. 1995 kehrte er an die Weser zurück. Zunächst war er anderthalb Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion, seit dem 1. Mai 1997 ist er Fraktionsgeschäftsführer.



26. Juni



Berufung abgewiesen

Die Jugendkammer II des Landgerichts lehnt die Berufung von L., der am 22. Februar zu einer Jugendstrafe von drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt wurde, ab. Das Jugendschöffengericht Blumenthal war damals zu der Auffassung gekommen, daß das 21jährige Mitglied der faschistischen "Kameradschaft Bremen-Nord" - gemeinsam mit dem ebenfalls verurteilten Marcel S. (19) - einen Sprengstoffanschlag auf ein Flüchtlingswohnheim vorbereitet hatte (vgl. kassiber 45, Mai 2001, S. 9).

Beide sind aktive Nazis, die an zahlreichen faschistischen Angriffen und Anschlägen beteiligt waren (vgl. kassiber 44, März 2001, S. 6f). L. bezeichnete sich selbst in einem auf seinem Computer gefundenen "politischen Testament" als Hitler-Anhänger, der den "Judenstaat" BRD bis in den Tod bekämpfen wolle. Ende Oktober vergangenen Jahres waren von der Polizei in seiner Wohnung unter anderem hochexplosives Acetonperoxyd, eine Hülse, die als Rohrbombe dienen, sowie eine Dose mit Hunderten von Unterlegscheiben, mit denen der Sprengkörper gefüllt werden sollte, beschlagnahmt worden (vgl. kassiber 44, März 2001, S. 6f). Die Bombe hätte bei ihrer Zündung noch in etwa 20 Metern Umkreis tödliche Wirkung gehabt, weiter entfernt hätte es für Menschen noch schwere Verletzungen gegeben.

Gegen die Verurteilung hatte L. Berufung eingelegt, weil, so sein Anwalt Edwin Hartung, "wir" drei Jahre "für zu hoch halten". Die Haftstrafe müsse verkürzt und in eine Bewährungsstrafe umgewandelt werden (das geht bei drei Jahren nicht). Die 2. Jugendkammer des Landgerichts geht allerdings davon aus, daß L. seine faschistische "Gesinnung" keineswegs geändert hat. Daß er versucht habe, ins sogenannte Aussteigerprogramm des Bremer Verfassungsschutzes zu kommen, habe lediglich dazu gedient, sich im Hinblick auf die Landgerichtsentscheidung in ein besseres Licht zu rücken.



27. Juni


Demonstration gegen Entlassungen

500 ArbeiterInnen des Instandhaltungswerks Sebaldsbrück der Deutschen Bahn AG demonstrieren gegen die vom Bahnvorstand geplanten Massenentlassungen. Von den 18 Instandhaltungswerken sollen acht geschlossen und eins verkauft werden. Damit würden 5.900 Arbeitsplätze "wegfallen", in Bremen 650 von den derzeit 900 gestrichen werden. Bundesweit beteiligen sich 11.000 ArbeiterInnen an den Warnstreiks, zu denen die Gewerkschaft Transnet (ehemals GdED) aufgerufen hatte.



Rüstung sichert Bremer Arbeitsplätze (I)

Ein großer Tag für die Bremer Rüstungsschmiede STN Atlas Elektronik. Erst kann man in Rendsburg den ersten Zug des weltweit modernsten Flugabwehrsystems kurzer Reichweite an die Bundeswehr übergeben - bis 2003 wird STN gemeinsam mit der Münchner Krauss-Maffei Wegmann insgesamt 50 Waffenträger und 20 Fahrzeuge im Wert von rund 300 Millionen Mark liefern. Dann auch noch eine frohe Botschaft aus Berlin: Der Haushaltsausschuß des Bundestags hat nach Angaben des Bremer Bundestagsabgeordneten Volker Kröning (SPD) jetzt noch für dieses Jahr die Mittel für einen weiteren Großauftrag freigegeben. Damit könne STN Atlas Elektronik (die Bremer Ingenieurgemeinschaft Schneider und Koch ist hier Subunternehmer) mit der Produktion von 70 "Schwergewichts-Torpedos" für die U-Boot-Klasse 212A der Bundesmarine beginnen.

Diese Wunderwerke bremischer Kriegswaffenproduktion zeichneten sich gegenüber ihren Vorgängerinnen durch höhere Geschwindigkeiten und größere Reichweiten aus. Dadurch erhoffe sich die Marine einer "Verbesserung" bei einer künftigen Über- als auch Unterwasserseekriegführung (vgl. "Die unauffällige Vorbereitung eines Angriffskriegs" in diesem kassiber). In der Beschlußvorlage des Verteidigungsministeriums werde auf die Sicherung ansonsten gefährdeter "hochwertiger Arbeitsplätze" und die damit einhergehenden steigenden Exportchancen hingewiesen. Das Verteidigungsministerium weiß offiziell von den InteressentInnen Australien, Spanien, Portugal, Türkei und Griechenland.



Eckhard Mordhorst wird neuer Polizeipräsident

Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) kam, sah und mobbte - allerdings mit reichlicher Unterstützung der Bremer ChristdemokratInnen. Nun wird er selbst bald Innensenator sein, der künftige Innenstaatssekretär wurde bereits benannt, allein ein Nachfolger für den am 13. März zur Rücktrittserklärung gezwungenen Polizeipräsidenten Rolf Lücken (noch bis 31. August im Amt) stand noch aus. Heute wird Eckhard Mordhorst (55) nominiert, bisher Leiter der Kriminalpolizei und seit fünf Jahren stellvertretender Polizeipräsident. Witze über Namen sind ja eigentlich verboten, aber es sei schon einmal vorsorglich darauf hingewiesen, daß ab Herbst die zentralen Funktionen bremischer Innenpolitik von den Herren Böse (Innensenator), Bruch (Innenstaatssekretär) und Mordhorst (Polizeipräsident) besetzt werden.



Jugendschutz

Mehr als 1.000 unzulässige Internet-Angebot habe "jugendschutz.net", die Zentralstelle der Länder für Jugendschutz im Internet, im vergangenen Jahr bearbeitet, verkündet Hilde Adolf (SPD) in ihrer Funktion als Jugendsenatorin. "Jugendschutz", das klingt viel besser als "Zensur", und schließlich gehe es ja eigentlich auch nur um Pornographie und Nazis - wer will da etwas dagegen haben? 550 deutsche Anbieter, die ungeschützt Pornographie im Internet präsentierten, seien von der Zentralstelle in Mainz angeschrieben und um Änderung ihres Angebotes gebeten worden. "Etwa 90 % von ihnen haben die monierten Web-Sites geändert, uneinsichtige Anbieter aber sind zwecks Einleitung von Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren an die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder abgegeben worden", so Adolf. Zusätzlich seien 250 Fälle von harter Pornographie (Kinder-, Gewalt- und Tierpornographie) recherchiert und an das Bundeskriminalamt weitergeleitet worden. Im Bereich rechtsextremer Angebote hätte "jugendschutz.net" 250 Web-Sites erfaßt. In erfolgversprechenden Fällen seien hier auch ausländische Host-Provider angeschrieben und um Sperrung der Angebote gebeten worden.

Etwa die Hälfte der Verstöße sei von "jugendschutz.net" selbst recherchiert worden, der Rest basiere auf Hinweisen von Internet-Nutzern. Bei der vor zwei Jahren von "jugendschutz.net" eingerichteten Online-Meldestelle seien allein seit Anfang diesen Jahres mehr als 1.000 Beschwerden eingegangen. Von InternetsurferInnen seien insbesondere pornographische Angebote ohne Alterskontrolle, kinderpornographische Darstellungen, rechtsextreme Angebote und sogenannte Tasteless-Sites (zynisch kommentierte Bilder von schwer verletzten oder verunstalteten Menschen) gemeldet worden.



30. Juni



Sexistische Angriffe (IV)

Eine 20jährige Frau wird vor ihrem Haus in der Hemmstraße von einem Mann überfallen. Der Täter hatte die Radfahrerin zuvor mit seinem PKW verfolgt und dann gepackt und mit einer umgebogenen Gabel bedroht. Die Besatzung eines zufällig vorbeifahrenden Streifenwagens kommt, durch die Schreie der Frau alarmiert, ihr zu Hilfe und nimmt den Täter fest.



2. Juli



Großrazzia

Auf der Suche nach einem vermutlich entführten Mädchen durchsuchen PolizistInnen alle 180 Wohnungen des Kattenturmer Hochhauskomplexes, in dem die Zehnjährige zuletzt gesehen wurde. Nachdem etwa 90 Prozent der BewohnerInnen dies am 29. Juni mehr oder weniger freiwillig über sich ergehen lassen mußten, werden heute die restlichen Wohnungen, deren BewohnerInnen nicht anwesend sind, gewaltsam geöffnet.

Diese 180 Durchsuchungen finden auch bei vielen Link(sradikal)en Beifall, schließlich gehe es ja um ein junges Mädchen. Den Verstand zu gebrauchen, statt ihn immer wieder zugunsten des "Bauches" auszuschalten, sei ihnen unter anderem die Lektüre verschiedener kassiber-Artikel der vergangenen Jahre zur Kampagne "Innere Sicherheit" anempfohlen.



"Wir sind PKK"

Ihm Rahmen der derzeitigen sogenannten Friedensoffensive der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) demonstrieren vor der Bürgerschaft rund 200 KurdInnen gegen das sogenannte PKK-Verbot und bekennen sich: "Wir sind PKK!"



Ökodorf erhält neuen Vertrag

Die Existenz des Ökodorfs der ehemaligen Weidedamm-BesetzerInnen an der Lesum scheint nach langwierigen Verhandlungen, in denen diverse Zugeständnisse gemacht wurden, gesichert. Nach Angaben von Klaus Möhle, Dorfbewohner, Vorsitzender des Vereins "Grüner Weidedamm" und bündnisgrüner Bürgerschaftsabgeordneter, werde der Vertrag ab 2003 jährlich regulär verlängert. Dafür verpflichte sich der Verein als Vertragspartner gegenüber der Stadt unter anderem dazu, 3.000 Quadratmeter der bisher genutzten Fläche an die abzugeben und künftig maximal 36 DorfbewohnerInnen (sowie schätzungsweise 150 Hunde) zuzulassen.



Totalverweigerer in Bundeswehrarrest (I)

Die Bundeswehr verhängt gegen Kai S. aus Bremen, der sich am heutigen Tag seiner Einberufung in die Schwaneweder Lützow-Kaserne als Totalverweigerer erklärt und alle Befehle verweigert hat, einen ersten "Disziplinararrest" von sieben Tagen. Direkt daran anschließend wird ein weiterer Arrest von 14 Tagen gegen Kai S. verhängt.



4. Juli



Neuer Uni-AStA

Nachdem die Wahlen zum Studierendenrat (SR) der Universität wegen miserabler Wahlbeteiligung um zwei Tagen verlängert wurden, ergibt sich nach Auszählung der von 10,5 Prozent der StudentInnen abgegebenen Stimmen folgendes Ergebnis: Die "linken" Listen, insbesondere die Sozis vom "AStA für alle", können ihre Mehrheit ausbauen, während Naturwissenschaftlerliste und die CDU-StudentInnenorganisation Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) Sitze verlieren. Der 25köpfige Studierendenrat setzt sich jetzt wie folgt zusammen: "AStA für alle" (8 Sitze), Naturwissenschaftlerliste (4), Antirassistische Liste (4), "Knatsch - basisdemokratische Linke" (2), Radikale Linke (2), Feministische Liste (2), "Aktivenliste" (2) und RCDS (1).



Alle Schrubber stehen still ... (III)

Im Abschluß der Verhandlungen zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bremen e. V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) über einen Tarifvertrag für die Reinigungskräfte im öffentlichen Dienst wird der Innenreinigungs-Tarifvertrag von 1993, so die Gewerkschaft ver.di, "rückwirkend ab 1. Januar 2000 im wesentlichen wieder in Kraft gesetzt". Allerdings sei keine Mindestquote für die Eigenreinigung erreicht worden, eine Beschränkung für die Vergabe von Aufträgen an private Reinigungsfirmen gibt es also nicht.



"Zuwanderung begrenzen"

Auch Bremens künftiger Innensenator Kuno Böse ist mit dem heute vorgelegten Bericht der Zuwanderungskommission der Bundesregierung, besser bekannt als "Süssmuth-Kommission", sehr zufrieden. Die von der Kommission genannte Zahl von jährlich insgesamt 50.000 ZuwandererInnen - nämlich nach den Verwertungskriterien "nützlichen AusländerInnen" - sei eine realistische Zahl, auf die Deutschland sich einstellen könne. Bremen hingegen habe mehr als genug Nicht-Deutsche und brauche auch keine zusätzlichen "Fachkräfte", "wie das Beispiel der 'Green Card' in Bremen zeigt: Bis Mai 2001 haben im Land Bremen lediglich 10 (davon keiner in Bremerhaven) Computer-Spezialisten und andere Fachkräfte eine Arbeitserlaubnis nach der im Sommer vergangenen Jahres erlassenen Green-Card-Regelung der Bundesregierung erteilt bekommen".

Im übrigen könne Böse "die heutigen Äußerungen von Bundesinnenminister Schily nur unterstreichen: Zuwanderung muß einhergehen mit einer verstärkten Bekämpfung der illegalen Einwanderung, einer Beschleunigung der Asylverfahren und einer vorrangigen Integration der hier bereits rechtmäßig lebenden ausländischen Mitbürger". Also: Viele Ausländer raus!

Nach offiziellen Angabe leben derzeit in Bremen rund 81.000 Nicht-Deutsche, in Bremerhaven 13.000. Im Jahr 2000 wurden im Bundesland Bremen 1.114 Asylanträge gestellt. Die Zahl der Einbürgerungen lag im vergangenen Jahr bei 2.083 Personen.



7. Juli



Grundrecht auf Leben eingeschränkt

"Kleiner Lauschangriff", Videoüberwachung (zweijähriger "Modellversuch" am Hauptbahnhof), verdeckte Ermittlungen und anderes mehr - über alle Erfordernisse der "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" für das neue Bremer Polizeigesetz konnten sich SPD und CDU schnell einigen (vgl. kassiber 43, Oktober 2000, S. 25ff). Nur beim "finalen Rettungsschuß" hakte es. Doch dieses Problem konnte nun durch die Fraktionsvorsitzenden der Großen Koalition, Jens Eckhoff (CDU) und Jens Böhrnsen (SPD), ebenfalls beseitigt werden. Man habe sich auf einen in das Polizeigesetz einzufügenden Passus geeinigt, das Grundrecht auf Leben einzuschränken. Das sei nämlich Voraussetzung, so Eckhoff, "überhaupt einen Rettungsschuß abgeben zu können". Doch der dürfe vom polizeilichen Einsatzleiter nicht angeordnet werden. Vielmehr müsse der dem schließlich Todesschützen erklären: "Der Schuß ist freigegeben!" Die Entscheidung, wann der tödliche Schuß abzugeben ist, habe der Schütze zu treffen. Daß der anschließend keine Scherereien kriege, werde durch die Formulierung, daß dies "zulässig" sei, geregelt - "nicht rechtswidrig", wie von den Sozis vorgeschlagen, fand die CDU nicht so gut.

Im neuen Entwurf, der der Bürgerschaft in ihrer Augustsitzung zur zweiten Lesung und Beschlußfassung vorgelegt werden soll, heißt es jetzt, der Schußwaffengebrauch eines Polizisten sei "auch dann zulässig, wenn es [d.h. dieses Handeln] unvermeidbar zum Tode des Angreifers führt; insofern wird das Grundrecht auf Leben (nach Art. 2 Grundgesetz) eingeschränkt".



8. Juli



Rüstung sichert Bremer Arbeitsplätze (II)

Ein Wertenverbund von Blohm & Voss (Hamburg), Lürssen (Bremen) und Thyssen-Nordseewerke (Emden) hat nach Angaben des Bremer Bundestagsabgeordneten Volker Kröning, zugleich SPD-Berichterstatter für den Wehretat, den 1,7 Milliarden Mark schweren Auftrag für fünf neue Korvetten vom Typ 130 für die Bundesmarine erhalten. Daran könnte sich, so Kröning, ein weiterer Auftrag anschließen, denn fünf Korvetten seien im europäischen Maßstab wohl "zu wenig". Wegen der künftigen Orientierung der Marine auf den "Randmeerschutz" (vgl. "Die unauffällige Vorbereitung eines Angriffskriegs" in diesem kassiber) seien die Korvetten aus militär- wie auch industriepolitischen Gründen (höhere Exportchancen) dem Bau neuer Fregatten vorzuziehen.

Auch für die STN Atlas Elektronik, als Subunternehmerin am Korvettenauftrag beteiligt, hat sich Kröning kräftig ins Zeug gelegt. Er habe im Haushaltsausschuß darauf gedrängt, das sogenannte KZO-Drohnen-Projekt für das Heer auf dieses Jahr vorzuziehen und den 700-Millionen-Mark-Auftrag an STN zu vergeben. Damit werde die Vormachtstellung des Bremer Unternehmens auf dem Weltmarkt gesichert.

Und der 618 Millionen Mark schwere Auftrag für das weltraumgestützte Aufklärungs-Radarsystem "SAR-Lupe" werde wohl im November an ein Konsortium unter Führung des zur Fuchs-Gruppe gehörenden Bremer Raumfahrt-Unternehmen OHB System vergeben (vgl. "Kriege werden vorbereitet - unter anderem von der Universität Bremen" in diesem kassiber).



10. Juli



Vorsicht!

Die "zunehmende Gewaltbereitschaft" bedrohe immer öfter auch die HüterInnen von Gesetz und Ordnung. Deshalb müßten künftig auch in Bremen Kontrollen mit der Hand an der Waffe abgewickelt werden. Der designierte Innensenator Kuno Böse (CDU) startet heute eine "Informationskampagne 'Sicherheit braucht sichere Kontrollen'", die, so die Innenbehörde, den Menschen vermitteln soll, wie Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte bei Kontrollen vorgehen und warum auch die Hand an der Waffe in bestimmten gefährlichen Situationen notwendig ist. Denn "die Häufung von Gewalttaten gegen Polizisten erfordert professionelles Vorgehen und besonderen Schutz, um das Risiko für die Polizeibeamten möglichst gering zu halten", so Böse. Aber "es wird an der Weser keine 'amerikanischen Verhältnisse' und keine amerikanischen Polizeimethoden geben. Zu einer bürgernahen und kommunikativen Polizei gibt es keine Alternative."

"Um Missverständnissen vorzubeugen", die zu einstweiligen Erschießungen der Kontrollierten führen könnten, "und eine möglichst hohe Kooperationsbereitschaft zu erreichen", gibt es jetzt eine Broschüre "Sicherheit braucht sichere Kontrollen" mit Tips, wie die BürgerInnen sich bei Kontrollen verhalten sollen. "Dazu gehören u.a. das Vermeiden von hektischen Bewegungen und der unangekündigte Griff in die Jackentasche oder in das Handschuhfach."



Sexistische Angriffe (V)

Eine auf dem Straßenstrich Cuxhavener Straße arbeitende Frau wird gegen 2.30 Uhr von einem Mann vergewaltigt. Die 30jährige war mit dem Täter in dessen Auto zu einem in der Nähe gelegenen Platz gefahren. Statt dort den vereinbarten Preis zu bezahlen, hält der Mann ihr eine Pistole an den Kopf und vergewaltigt die Frau.



14. Juli



Strafanzeige gegen RassistInnen erstattet

Die Innenbehörde will rund 500 kurdische LibanesInnen, gegen die sich seit anderthalb Jahren eine rassistische Kampagne richtet, aus Bremen abschieben lassen. Da die Betroffenen aber staatenlos sind, bedient man sich allerlei illegaler Mittel, ihnen eine angebliche türkische Staatsbürgerschaft nachzuweisen - um sie dann in die Türkei deportieren zu können. Nachdem in letzter Zeit einiges über die Methoden, derer sich deutsche Stellen im Zusammenspiel mit türkischen Behörden bedienen, öffentlich wurde, erstatten jetzt VertreterInnen des AntiRassismusBüro Bremen (ARAB) und der Flüchtlingsinitiative Bremen Strafanzeige gegen einige der daran Beteiligten: den deutschen Generalkonsul in Izmir wegen mittelbarer Falschbeurkundung, einen Beamten der Ermittlungsgruppe 19 der Kriminalpolizei Bremen wegen Anstiftung zur mittelbaren Falschbeurkundung, eine Beamtin beim Senator für Inneres wegen mittelbarer Falschbeurkundung und versuchter Nötigung sowie unbekannte Mittäter und/oder Teilnehmer an den in Frage kommenden Straftaten.

Die Betreffenden hatten mit nachweislich gefälschten Papieren die Abschiebung einer kurdisch-libanesischen Familie aus Habenhausen zu erzwingen versucht. Die von der Innenbehörde vorgelegten Bescheinigungen, mit denen bewiesen werden soll, daß die Kinder der Familie auf eine Grundschule in Izmir gegangen sind, seien nach Aussage von türkischen Experten "dilettantische Fälschungen". So sollen zum Beispiel drei der Kinder bis zum Jahr 1994 in Izmir zur Schule gegangen sein. Tatsächlich leben sie aber seit Oktober 1988 in Deutschland.



19. Juli



Weitere Beutekunst erbeutet

Eine Bremer Delegation nimmt in den Räumen der Obersten Zollbehörde in New York zwölf wertvolle Zeichnungen entgegen, die 1943 - wg. Luftangriffen - wie viele andere Werke auch aus der Bremer Kunsthalle in das Schloß Karnzow (Mark Brandenburg) ausgelagert wurden. Der Großteil der insgesamt 50 bedeutenden Gemälde, 1.715 Zeichnungen und Aquarelle sowie etwa 3.000 Druckgraphiken wurde dann von der Roten Armee beschlagnahmt und in die UdSSR transportiert. Das sei eines der schlimmsten Verbrechen der "Siegermacht" gewesen, lehrt uns die "Beutekunst"-Debatte und also ist auch von solchen Kleinigkeiten wie dem faschistischen Angriffskrieg, von der Shoah und dergleichen mehr in aktuellen Verlautbarungen aus Kunsthalle und Kulturbehörde keine Rede.

Ein kleines Stück der kriminellen Machenschaften habe nun mit Hilfe des US-Zolls aufgeklärt werden können, wenngleich der Großteil bremischen Kulturguts noch immer verschollen sei. Die zwölf Zeichnungen - unter anderem von Dürer, Rembrandt und Ruisdael - waren zuletzt 1993 bei einer Ausstellung im Nationalmuseum von Baku zu sehen gewesen. Natürlich sah die ehemalige Sowjetrepublik Aserbeidschan damals keinen Anlaß, die Werke an die Nachfolger der Täter zurückzugeben. Da traf es sich glücklich, daß die Zeichnungen gestohlen wurden und 1997 wieder in den USA auftauchten, wo sie dann vom US-Zoll beschlagnahmt wurden. Nach einigen Verhandlungen in Straf- und Zivilprozessen vor US-amerikanischen Gerichten wurden sie schließlich dem Kunstverein Bremen zugesprochen.



20. Juli



Demonstration "G8 mordet nicht nur in Genua" (I + II)

Einige Stunden nach der Ermordung des Demonstranten Carlo Giuliani durch die italienische Polizei während des G8-Gipfels in Genua findet am späten Abend eine erste Demonstration in Bremen statt. Rund 70 Autonome protestieren gegen den brutalen Polizeieinsatz in der italienischen Hafenstadt und bekunden ihre Solidarität mit den dort demonstrierenden "GlobalisierungsgegnerInnen". Die Demonstration löst sich gegen Mitternacht in der Nähe des italienischen Konsulats am Sielwall 54 auf.

Am 21. Juli findet eine weitere Demonstration mit etwa 120 TeilnehmerInnen statt, die sich am Mittag zur Auftaktkundgebung vor dem inzwischen von der Polizei massiv bewachten italienischen Konsulat trifft und dann aus unerfindlichen Gründen durch ein Gewirr kleiner Straßen zur Sielwallkreuzung zieht.



21. Juli



No pasaran

Die "Brigade No Pasaran" bekennt sich zu einem "Besuch" des italienischen Konsulats am Sielwall, bei dem "einige Scheiben der Haustür zu Bruch" gehen. "Dieser Anschlag ist die Reaktion auf einen Mord an einem Demonstranten gegen den G8-Gipfel in Genua. Dieser Mord macht deutlich, daß die Herrschenden nun auch in aller Öffentlichkeit vor Morden nicht mehr zurückschrecken, um ihre Machtposition zu erhalten, und die Repräsentanten dieser Macht zu schützen. Dieser Mord ist der extremste Ausdruck einer Politik, wie sie schon lange im Vorfeld der Gipfel (Genua, Göteborg, Davos, Seattle usw.) praktiziert wurde. Verschärfte Kontrollen an den Grenzen, Ausreiseverbote, Einreiseverbote sind nur ein paar Beispiele, wie versucht wurde, den Widerstand der Globalisierungsgegner zu kriminalisieren. Wir lassen uns nicht kriminalisieren und einschüchtern. Solidarität mit den Gefangenen in Schweden, Italien und anderswo."



23. Juli



Totalverweigerer in Bundeswehrarrest (II)

Die Bundeswehr verhängt gegen den totalen Kriegsdienstverweigerer Kai S. aus Bremen, der bereits seit drei Wochen in der Schwanewede Kaserne im Arrest sitzt, einen dritten "Disziplinararrest" - diesmal 21 Tage. Nach Angaben des Bremer Freundeskreis "Non Serviam!" (lat.: Ich werde nicht dienen), der Kai S. unterstützt, ist der Arrest "vollkommen unzulässig, denn Disziplinarstrafen dürfen nur verhängt werden, wenn dadurch eine Verhaltensänderung zu erwarten ist. Bei einer Gewissensentscheidung, wie sie totale Kriegsdienstverweigerer treffen, ist das nicht der Fall. Da die Bundeswehr auch ein sofortiges Dienstverbot aussprechen könnte, kann der Arrest nur als gezielter Versuch bezeichnet werden, konsequente Kriegsdienstverweigerer durch Zwang dazu zu bringen, gegen ihr Gewissen zu handeln."



28. Juli



Demonstration "G8 mordet nicht nur in Genua" (III)

Mehr als 200 Männer und Frauen demonstrieren am Vormittag für die Solidarität mit den Inhaftierten in Genua. Von den beim G8-Gipfel festgenommenen "GlobalisierungsgegnerInnen" befinden sich noch etwa 280 in Haft, darunter knapp 20 Deutsche. Bei den Polizeieinsätzen in Genua war ein Demonstrant ermordet sowie mindestens 500 verletzt worden.



31. Juli



Sexistische Angriffe (VI)

Eine Radfahrerin wird kurz vor Mitternacht in der Arberger Heerstraße von einem Mann überfallen. Der Täter taucht plötzlich zwischen geparkten Lastwagen auf und reißt die junge Frau vom Rad. Die 17jährige wehrt sich mit Tritten und Schlägen und kann flüchten.



3. August



Italienisches Konsulat besetzt

15 Männer und Frauen besetzen am Vormittag das italienische Konsulat am Sielwall, vor dem Gebäude versammeln sich noch einmal ungefähr 40 Leute. Sie protestieren damit gegen die brutalen Polizeieinsätze während des G8-Gipfels in Genua, bei denen ein Demonstrant erschossen und zahlreiche AktivistInnen schwer verletzt wurden. Diese Einsätze sollten von einer internationalen Kommission untersucht werden. Außerdem wird die sofortige Freilassung aller inhaftierten "GlobalisierungsgegnerInnen" gefordert, die von ihnen gespeicherten Daten müßten umgehend gelöscht werden. Unter anderem sitzen auch drei BremerInnen in italienischen Knästen. Ihnen werden zwar keine konkreten Vorwürfe gemacht, trotzdem drohen ihnen als Mitgliedern eines konstruierten "black block" hohe Haftstrafen.



4. August



Demonstration "G8 mordet nicht nur in Genua" (IV)

Erneut findet im "Viertel" eine Demonstration gegen die Polizeieinsätze während des G8-Gipfels in der vergangenen Woche in Genua statt. Die 150 TeilnehmerInnen, die unter anderem am italienischen Konsulat vorbeiziehen, fordern vor allem die sofortige Freilassung der noch inhaftierten etwa 50 "GlobalisierungsgegnerInnen".



6. August



Hiroshima-Gedenktag

Einige Dutzend AktivistInnen verschiedener Bremer Friedensinitiativen versammeln sich am 56. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt Hiroshima auf dem Marktplatz.



Nationaler Konsens

Auch Bremens künftiger Innensenator Kuno Böse (CDU) begrüßt den heute von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung, in der Presse zumeist als "Zuwanderungsgesetz" bezeichnet. Schily habe darin zahlreiche Forderungen und Gesetzesinitiativen der Unionsparteien aus den vergangenen Jahren mit aufgenommen, die von den rot-grünen Mehrheiten im Bundestag beziehungsweise Bundesrat bislang abgelehnt worden seien. Sollte es dem Bundesinnenminister gelingen, sich mit seiner Forderung - ("überflüssige") Ausländer raus! - in der Berliner Regierungskoalition wie auch bei den SPD-regierten Ländern durchzusetzen, "wären wir einen Riesenschritt weiter", so Böse. "Die Forderung der Unionsseite nach einem nationalen Konsens in Sachen gesteuerter Zuwanderung, aber auch bei der Lösung des Problems abgelehnter Asylbewerbern und illegalen Grenzübertritten, scheint langsam in Sichtweite zu kommen." Auch bei der Beschleunigung der Asylverfahren und Abschiebungen sieht sich Böse einig mit Schily: "Zu begrüßen ist zudem die strikte Durchsetzung der Ausreisepflicht rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber und illegal eingereister Ausländer."



Brewed in Bremen

Bremens größter Drogendealer, die Brauerei Beck & Co., soll für 3,5 Milliarden Mark an die belgische Interbrew verkauft werden. Eine gute Entscheidung der Anteilseigner, meinen auch der Präsident des Senats, Bürgermeister Henning Scherf (SPD), und Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU). Sie biete Gewähr, "die große Tradition des Unternehmens am Standort Bremen fortzusetzen, die erfolgreichen Strategien seines Managements aufzugreifen und die Sicherung des Standortes sowie der Arbeitsplätze bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen". Interbrew werde "die große Marke Beck's auf den internationalen Märkten weiter stärken und neue Vertriebswege erschließen".



14. August



Olympiabewerbung

Die von der Hamburger Handelskammer vorgelegte "Machbarkeitsstudie" für eine Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2012 trifft auch bei den Bremer Pfeffersäcken und PolitikerInnen auf große Begeisterung. Zumal Bremen im Konzept für die "Hanse-Olympiade" die Rolle des wichtigen Juniorpartners spielen soll. Vorgesehen ist danach in Bremen unter anderem der Bau eines sogenannten Olympia Dome, eine Halle für 20.000 BesucherInnen, in der verschiedene Wettbewerbe ausgetragen werden sollen. Weitere Austragungsorte sollen unter anderem die Hansestädte Lübeck, Rostock und Wismar sein.

Am 29. August "verständigen" sich Hamburgs Erster Bürgermeister Ortwin Runde und Bremens Bürgermeister Henning Scherf über die Beteiligung Bremens an der Hamburger Bewerbung. Die beteiligten Behörden der Länder sollten gemeinsam mit dem Sport und der Wirtschaft die Vollendung der Bestandsaufnahme und des Soll-Ist-Abgleiches an Sportstätten rasch vorantreiben. Dies gelte ebenso für die vorhandene und die noch zu schaffende Infrastruktur.



15. August



Weg mit dem PKK-Verbot

Unbekannte setzen um kurz nach 19 Uhr den Asphalt auf der Martinistraße (Höhe Pieperstraße) vermutlich mit Hilfe von Benzin auf eine Länge von zehn Metern in Brand. Die AktivistInnen hinterlassen ein Transparent mit der Aufschrift "Weg mit dem PKK-Verbot" und flüchten.



Totalverweigerer in Bundeswehrarrest (III)

Die 3. Kammer des Truppendienstgericht (TDG) Nord der Bundeswehr stimmt dem vierten Arrestantrag gegen den Totalverweigerer Kai S. aus Bremen zu. Der soll nun weitere 21 Tage im Disziplinar-Arrest in der Schwaneweder Weser-Geest Kaserne verbringen. Bisher waren insgesamt 42 Tage Arrest verhängt worden.



20. August



Global Action Day

Etwa 600 Männer und Frauen, darunter viele aus Hamburg, Oldenburg und anderen norddeutschen Städten, demonstrieren am Global Action Day für die sofortige Freilassung aller Gefangenen von Genua. Dort sind noch immer 41 Menschen, darunter drei BremerInnen, in Haft. Alle wurden erst nach den Demonstrationen gegen den G8-Gipfel festgenommen. Da es den italienischen Behörden an konkreten Beweisen mangelt, sollen sie vor allem wegen Mitgliedschaft in einer krimenellen Vereinigung, dem konstruierten "Schwarzen Block", angeklagt werden.

Die Polizei ist nach offiziellen Angaben mit 250 BeamtInnen anwesend und versucht mehrmals, größere Gruppen der Demonstration einzukesseln. Denn, so der designierte Innensenator Kuno Böse (CDU) tags darauf, "hier wurde das Demonstrationsrecht mißbraucht. Ganz offensichtlich hatten nicht wenige der ... Teilnehmer aus dem linksextremistischen und autonomen Umfeld keine friedlichen Absichten." Nur durch den "ausgewogenen, aber konsequenten" Einsatz der Polizei seien "schlimmere Ausschreitungen verhindert" worden.



24. August



Jagdsaison

Innenstaatsrat Kuno Böse (CDU) legt einen Zwischenbericht der diesjährigen polizeilichen Sommeroffensive gegen DrogengebraucherInnen vor. Da die Kontaktpolizisten des Polizeireviers Neustadt in den letzten Monaten "vermehrt von verunsicherten Bürgern auf die Treffpunkte der Drogenkonsumenten in der Neustadt" angesprochen worden seien, hätten sich die Büttel in diesem Sommer nicht nur auf die "Bekämpfung der offenen Drogenszenen" im Steintor und Ostertor beschränkt, sondern in einer "groß angelegten Aktion" auch die Neustädter Junkies durch die Gegend gejagt. Nach den ersten vier Wochen könne die Polizei für die Neustadt "ein positives Zwischenergebnis" vorweisen: 600 Personenkontrollen wurden durchgeführt, wobei über 50 Gramm Heroin, mehr als 500 Gramm Marihuana und über 100 Gramm Opium beschlagnahmt worden seien. Gegen 50 DrogengebraucherInnen wurde Strafanzeige gestellt, 20 wurden vorläufig festgenommen.



Hungerstreik gegen Abschiebung

Im Abschiebeknast auf dem Gelände des Polizeipräsidiums in der Vahr treten zwei tamilische Flüchtlinge in den Hungerstreik. Sie sollen am 27. beziehungsweise 31. August in den Folterstaat Sri Lanka abgeschoben werden. Einer der beiden sollte bereits am 8. August deportiert werden, die Abschiebung scheiterte daran, daß die Direktion des Bundesgrenzschutz aufgrund einer Reisewarnung des Auswärtigen Amts die Sicherheit der ihn "begleitenden" BGS-BeamtInnen gefährdet sah. Also nicht mal ein Kurztrip für die deutschen AbschieberInnen - während man Krieg und Folter dem Flüchtling durchaus zumuten wollte.

Am 27. August treten tamilische Flüchtlinge auf dem Marktplatz in einen täglichen Sitzstreik für einen Abschiebestopp nach Sri Lanka. Tags darauf werden die beiden Flüchtlinge aus der über sechswöchigen Abschiebehaft entlassen.



29. August



Böse ist Innensenator

Der bisherige Innenstaatsrat Kuno Böse (CDU) wird von der Bürgerschaft nun auch offiziell zum Senator für Inneres, Kultur und Sport gewählt - praktisch hatte er das Amt bereits seit der Rücktrittsankündigung von Bernt Schulte (CDU) Mitte Mai übernommen. Bei seiner ersten Amtshandlung ernennt er Thomas vom Bruch (CDU) zum neuen Staatsrat beim Senator für Inneres, Kultur und Sport - zuständig für den "Geschäftsbereich" Inneres. Staatsrätin Elisabeth Motschmann (CDU) bleibt für den Bereich Kultur zuständig.



Willi Leow


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kombo(p) - 20.06.2002