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7.
Widerstand an der deutsch-polnischen Greneze
Die Idee über Widerstand
an der deutsch - polnischen Grenze zu schreiben entstand daraus, daß
es dazu kaum Veröffentlichungen gibt. Wir finden es wichtig aufzuzeigen,
daß es auch dort Menschen gibt , die sich gegen den rassistischen Normalzustand
wehren, und auf unterschiedlichste Art und Weise Widerstand leisten.
Das Sichtbar machen kann auch die Möglichkeit geben, sich in eigenen
Kämpfen auf andere zu beziehen, und Anstöße zum eigenen Handeln geben.
Unser Schwerpunkt liegt auf der Region Görlitz, Zittau, Frankfurt/Oder.
Um sich näher mit der Situation
auf der polnischen Seite der Grenze zu beschäftigen, hat für diesen
Artikel die Zeit nicht gereicht. Auch über FrauenLesben - Widerstand
haben wir nichts gefunden. Der Artikel ist Ergebnis einer relativ kurzen
Recherche, kann also auch nur einen Einblick in das Thema geben. Wir
sind sicher, daß es noch viel mehr zu erzählen gäbe !
Das Suchen nach Widerständigkeit,
brachte uns zu der Frage, was wir überhaupt unter Widerstand verstehen.
Wie weit, wie eng setzen wir den Rahmen, wie eindeutig muß eine antirassistische
Politik und Positionierung der Menschen sein, um ihr Handeln als Widerstand
zu sehen? Wir halten es für sinnvoll, den Widerstandsbegriff relativ
weit zu fassen, er mißt sich nicht nur an der Spektakularität der Aktionen,
an den Ergebnissen, sondern auch an der persönlichen Situation der Leute,
die dem System etwas entgegensetzen. Was für Einige nichts Besonderes
ist, kann für Andere ein Schritt sein, der Mut bedeutet. Es sind uns
auch Ansätze begegnet, die wir so nicht teilen würden und kritisieren.
Aber auch die Auseinandersetzungen und der Austausch über Mittel, Wege
und Ziele gehören zum Widerstand. Daher klammern wir diese Ansätze nicht
aus, sondern gucken, ob wir von ihnen lernen können.
Hier nun das Ergebnis unserer
Recherchen, chronologisch:
1993
Am 2. 10. 1993 gab es in
Frankfurt/Oder einen Sprengstoffanschlag der "Revolutionären Zellen"
auf die Stromversorgung des BGS (Bundesgrenzschutz). Parallel dazu wurden
in Rothenburg BGS - Fahrzeuge in Brand gesteckt. In ihrer Erklärung
greifen sie damit die staatliche Asylpolitik, die EG - Abschottung im
Rahmen des Schengener Abkommens, und die damit verbundene Aufrüstung
des BGS an. -Im Herbst 1993 fand eine "Grenztour zu den neuen Mauern",
organisiert von den Grünen statt. Sie erreichte eine hohe Medienwirksamkeit,
und deckte u.a. auf, daß auch Bundeswehrsoldaten an der Grenze eingesetzt
werden. Auch wenn wir die von den Grünen gemachte parlamentarische Politik
ablehnen, da wir u.a. denken, daß das System zu reformieren nicht die
Lösung ist, können auch in diesem Rahmen widerständige Aktionen stattfinden.
Aktionen, die dem rassistisch/nationalistischem Mainstream etwas entgegensetzen.
1994
1994 kommt es im Görlitzer
Knast zu einem Hungerstreik von Abschiebehäftlingen. Leider wissen wir
nicht mehr über den Verlauf. Gerade der Widerstand von MigrantInnen
und Flüchtlingen ist wenig Thema, obwohl es gerade in den Knästen immer
wieder zu Revolten kommt. - Im Sommer 1994 gab es in Görlitz und Zittau
einige Konzerte, sowie ein Kulturwochenende gegen Rassismus und Gewalt,
und ein Antifa- Straßenfest mit c.a. 600 BesucherInnen. -1994 gab es
außerdem eine Kampagne "Gegen den Terror" von verschiedenen Zittauer
Vereinen und Verbänden, die sich inhaltlich gegen rechte Übergriffe
und Behindertenfeindlichkeit richtet. -Am 19.11. wurde der 18jährige
Michael Gäbler von einem Faschisten erstochen. Kurz zuvor hatten Michael
und einige andere dem Faschisten Hausverbot auf einer Party erteilt,
weil er dort mit nationalistischen und sexistischen Sprüchen provozierte.
Aus diesem Grund fand am 10.12. eine überregionale Antifa-Demo mit mehreren
hundert Menschen statt.
1995
Es fand eine Info-Veranstaltung
zur "Machtergreifung der Nationalsozialisten" in Zittau statt. Parallel
dazu gab es einen Infostand im Ort. - Im Sommer 95 veranstalteten Gruppen
aus verschiedenen Städten eine antirassistische Fahrradtour entlang
der deutsch -polnischen Grenze. Ziel war es, die Arbeitsweise des BGS
zu beleuchten, Öffentlichkeitsarbeit gegen die "Festung Europa" zu machen
und sich mit antirassistischen Gruppen an der Grenze zu vernetzen und
auszutauschen. Mit Kundgebungen, Straßentheater, Nachtwanderungen, ...
wurde versucht, der herrschenden Politik etwas entgegenzusetzen.
1996
Von März bis April gab es
eine Ausstellung mit begleitender Lesung zur Situation von bosnischen
Kriegsflüchtlingen in Zittau. - Im April gab es einen Vortrag zur Situation
in Bosnien am Gymnasium von Zittau, durchgeführt von zwei AntifaschistInnen
aus Zittau. - Im November wurde ein Zeitungsartikel einer örtlichen
Antifaschistin gegen das Bürgertelefon des BGS in der Zittauer Zeitung
veröffentlicht. -Im November findet ein Theaterstück zum Thema " Illegalität"
in Zittau statt. -Im Dezember beginnt eine Veranstaltungsreihe zum Thema
"Menschen auf der Flucht", organisiert von verschiedenen Vereinen aus
Zittau und dem Landkreis. In diesem Rahmen fand auch eine Veranstaltung
zu frauenspezifischen Fluchtgründen statt.
1997
Vom 20.-25.5. macht eine
Delegation der PDS-Bundestagsgruppe zusammen mit anderen Gruppen und
Initiativen eine Tour entlang der deutschen Ostgrenze. Sie wollten damit
ihre Forderung nach gleichen Rechten für alle, unabhängig von Herkunft,
Staatsangehörigkeit, Geschlecht und Hautfarbe zum Ausdruck bringen.
Sie fuhren von Berlin aus über Löcknitz-Hintersee-Ahlbeck-Frankfurt/Oder-Guben-Bad
Muskau-Zittau-Oybin-Aue-wieder nach Berlin. - Im Dezember gaben einige
der Görlitzer TaxifahrerInnen eine Erklärung heraus, in der sie sich
gegen die laufenden Prozesse gegen TaxifahrerInnen wegen angeblicher
"Schleusertätigkeit" wehrten. Sie stellten klar, daß sie auch weiterhin
Menschen "ausländischen Aussehens" , mit viel Gepäck und nasser Kleidung,
schlechten Deutschkenntnissen u.s.w. zu ihrem Fahrtziel bringen werden,
ohne ihre Pässe zu kontrollieren. Für sie gilt : Kein Mensch ist illegal
!
1998
gab es einen Spendenaufruf
in der Zeitung "Südost", für die TaxifahrerInnen , dieProzesse haben.
Viele der Angeklagten bewegen sich am Existenzminimum.
Außerdem gibt es: In Görlitz und Zittau mehrere linke Einrichtungen,
die seit Jahren kontinuierliche politische Arbeit machen. Einige Bereiche
sind: - Beratung für Jugendliche zum Thema Zivildienst - Beratung und
Deutschunterricht für ausländische Menschen - politische und kulturelle
Veranstaltungen gegen Rassismus und zu anderen Themen - Eine Gruppe,
die sich "Antifaschistische GrenzgängerInnen" nennen. Es handelt sich
dabei um eine Gruppe AntifaschistInnen, die an der Ostdeutschen Grenze
Fluchthilfe (in die BRD ) organisieren. Sie nehmen Kontakt zu MigrantInnen
in anderen Ländern auf, und helfen ihnen, über die Grenze zu kommen.
Die Menschen werden ein Stück ins Inland begleitet, und bekommen Geld
und Kontaktadressen. Die "Antifaschistischen GrenzgängerInnen" wollen
damit der Europäischen Abschottungspolitik aktiv etwas entgegen setzen.
Wir möchten nochmal betonen,
daß dies nur ein Ausschnitt ist, das, was wir innerhalb von ca. 4 Wochen
rausgefunden haben. Es hat also absolut keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
und wäre sicher ergänzenswert.
Literaturhinweise:
Es gibt einen Reader zur
antirassistischen Fahrradtour 1995 (von den Gruppen, die mitgefahren
sind) und eine Broschüre, die die PDS-Fahrt dokumentiert.
WIDERSTAND IST MACHBAR , FRAU
NACHBAR !!!
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